Schummeln im Home Office: Arbeitgeber müssen Regelverstöße beweisen
Viele Mitarbeiter sind im Home Office und entziehen sich so weitgehend der Kontrolle über ihre Arbeitszeiten. Viele Führungskräfte wüssten allzu gern, ob die Beschäftigten diesbezüglich ihren Pflichten nachkommen.
Es mehren sich Berichte über Fälle von Beschäftigten, die trotz angeordneter Arbeit im Home Office kaum erreichbar sind oder während ihrer Arbeitszeit auch Tätigkeiten für andere Arbeitgeber nachgehen, um sich einen Nebenverdienst zu verschaffen. Wer im Home Office seine Arbeitszeit eigenmächtig reduziert, weil es keiner bemerkt, begeht eine erhebliche Pflichtverletzung. Diese stellt regelmäßig einen sogenannten wichtigen Grund gemäß Paragraf 626 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dar und kann auch im erstmaligen Fall eine außerordentliche fristlose Kündigung nach sich ziehen.
Arbeitsrechtler sprechen dann von einem Arbeitszeitbetrug zu Lasten des Arbeitgebers. „Sicherlich muss es sich dabei um mehr als ein paar Minuten handeln, die einmal versehentlich zu wenig gearbeitet werden“, sagt Michael Fuhlrott, Arbeitsrechtler und Professor an der Hochschule Fresenius in Hamburg. „Wer hier aber bewusst handelt, riskiert damit seinen Arbeitsplatz“, warnt Fuhlrott und verweist auf entsprechende Urteile des Bundesarbeitsge-richts (zum Beispiel BAG, Urteil vom 9. 6. 2011 – 2 AZR 381/10).
Der Arbeitgeber muss allerdings in einem späteren Kündigungsschutzprozess den Arbeitszeitbetrug darlegen und im Zweifel auch beweisen. „Hierfür wird es nicht genügen, dass der Arbeitnehmer schlecht erreichbar war oder etwa am Vormittag beim Bäcker gesehen wurde“, so Fuhlrott. „Der Arbeitnehmer wird im Home Office seine Pausen regelmäßig selbst einteilen können. Vorgaben des Arbeitgebers wie feste Zeiten für die Erreichbarkeit oder tägliche Abstimmungsmeetings per Telefon oder Video dürfen aber angeordnet werden“, so der Arbeitsrechtler. „Wird der Arbeitnehmer aber während seiner Arbeitszeit bei einem zweistündigen Einkaufsbummel beobachtet oder geht er sogar einem Zweitjob nach, ist die Grenze definitiv überschritten“, so Fuhlrott weiter.
Detektiveinsatz nur bei konkretem Verdacht
Der Einsatz eines Detektivs zur Gewinnung von Beweismitteln einer Pflichtverletzung ist im deutschen Arbeitsrecht nur ausnahmsweise möglich. Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) erlaubt einen solchen Einsatz gemäß Paragraf 26 Absatz 1 nur dann, wenn konkrete Verdachtsmomente eines Arbeitszeitbetrugs im Raum stehen. „Das kann etwa der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer dauerhaft im Home Office kaum erreichbar ist, dafür keine Erklärung abgeben kann und insbesondere noch weitere Umstände wie etwa eine stark verminderte Produktivität hinzutreten“, so Fuhlrott. In einem solchen Fall kann ein Detektiveinsatz, also eine heimliche Überwachung des Arbeitnehmers, zulässig sein.
Fuhlrott rät jedoch zur Vorsicht: „Insbesondere eine anlasslose Überwachung von Arbeitnehmern ins Blaue hinein, ohne einen solchen auf Tatsachen gestützten Verdacht, stellt eine erhebliche Persönlichkeitsrechtsverletzung des Betroffenen dar.“Selbst wenn sich in einem solchen Fall eine Pflichtverletzung durch die anlasslos durchgeführte Überwachung dokumentieren lässt, wird diese als Beweismittel in einem Arbeitsgerichtsverfahren nicht verwertet werden dürfen, wie das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung (zum Beispiel im Urteil vom 29.6.2017 – 2 AZR 597/16) urteilt. Daneben drohen dem Arbeitgeber empfindliche Bußgelder der jeweiligen daten-schutzrechtlichen Aufsichtsbehörde.