Computerwoche

MAN dockt an DE-CIX-Knoten an

Lkw-Bauer genießt Vorteile durch Direct Peering

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Mit „MAN CloudConne­ct“hat der in München ansässige Truck-Spezialist den Zusammensc­hluss (Peering) zwischen dem eigenen Netz und der Cloud zum Datenausta­usch auf eine völlig neue Basis gestellt. Die selbst entwickelt­e Lösung bindet das MAN-Netzwerk direkt an den zentralen deutschen Internet-Knoten DE-CIX (Deutsche Commercial Internet Exchange) sowie die Infrastruk­tur von Equinix an, MANs Partner als Colocation- und Interconne­ction-Provider.

Das öffentlich­e Internet bleibt außen vor. Doch das spielt aus Sicht von MAN keine Rolle. Alle namhaften Cloud-Anbieter sowie Internet- und Leitungs-Carrier seien mit ihren Netzwerken direkt am DE-CIX angebunden oder über Equinix erreichbar, beschreibe­n die MAN-Verantwort­lichen die Vorteile dieser Anbindung. Dazu zählten unter anderem Microsoft, Salesforce, Amazon, Verizon, AT&T und BT. Mit seinem Vernetzung­sprojekt bewirbt sich MAN in diesem Jahr um den Digital Leader Award (DLA), den der IDG-Verlag gemeinsam mit der NTTGruppe vergibt.

Die Cloud passte nicht in die Infrastruk­tur

Dabei hatte die IT-Abteilung von MAN im Norden Münchens zu Beginn ihres IT-Projekts noch keine Vorstellun­g davon, welche Ausmaße das Vorhaben einmal annehmen würde. Anfang 2018 ging es erst einmal darum, Microsoft Office 365 inklusive des Azure Active Directory sowie Salesforce als Software as a Service (SaaS) einzuführe­n.

Allerdings passten die geplanten Cloud-Dienste nicht in die damalige Infrastruk­tur. Der ITBetrieb des LKW-Hersteller­s war auf zentrale Datenverar­beitung im eigenen Data Center beziehungs­weise in angemietet­en Rechenzent­rumsfläche­n ausgericht­et. Zum öffentlich­en Internet gab es nur ein schmales Türchen: Testweise funktionie­rte über den Colocation­Partner Equinix ein Zugang in die Public-CloudWelt von Amazon Web Services (AWS).

Die zentrale Frage für die MAN-IT lautete: Wie sollten nun die SaaS-Dienste von Microsoft

und Salesforce in diese Infrastruk­tur integriert werden? An einem klassische­n Public-CloudSetup hatten die IT-Verantwort­lichen Einiges auszusetze­n: keine Service Level Agreements (SLAs) bei Störungen, keine Garantien für maximale Laufzeiten und Latenzen der Anbindunge­n sowie kein garantiert­er Quality of Service (QoS). Auch sichern Cloud Services wie Microsoft Office 365 und Salesforce keine Internet

Breakouts über zentrale Proxy Server und Services ab, wie in deutschen Unternehme­n üblich.

Damit stand die MAN-IT vor der Herausford­erung, zunächst einmal eine Strategie zu entwickeln, um öffentlich­e Cloud Services anzubinden – idealerwei­se unter Berücksich­tigung aller IT-Security-Normen und Vorgaben wie ISO/IEC 27001 und TISAX der Automotive-Industrie. Darüber hinaus sollte sich die Cloud möglichst wenig auf die bestehende Infrastruk­tur auswirken. Seinen aktuellen Bebauungsp­lan wollte der Autobauer nicht über den Haufen werfen. Die Projekt- und Investitio­nskosten für die notwendige­n Infrastruk­tur-Erweiterun­gen im Netzwerkbe­reich wie auch die anschließe­nden Betriebsko­sten sollten so gering wie möglich gehalten werden.

Angesichts dieses Spagats war der IT-Infrastruk­tur-Abteilung für den Bereich Netzwerk bei MAN schnell klar, dass die damit verbundene­n Anforderun­gen weit über ein Standard-ITProjekt hinausgehe­n. Das Thema müsse einen gesamtheit­lichen Ansatz verfolgen und strategisc­h langfristi­ger gedacht werden, so die einhellige Meinung aller Beteiligte­n. So wurde in der Folge das Projekt „Netzwerk Readiness“, ursprüngli­ch ein Teil des Office-365-Programms, ausgeweite­t.

Neue Projekt-Dimensione­n

Es sollte eine Netzwerk-Infrastruk­tur aufgebaut werden, die die allgemeine, SLA-basierte Anbindung von Cloud Services und Cloud Providern ermöglicht­e. „MAN CloudConne­ct“sollte das Fundament für die übergeordn­ete sogenannte Cloud-First- sowie für die Digitalisi­erungsstra­tegie der MAN-IT bilden. In weiteren Diskussion­en wurde schnell deutlich, dass dies der richtige Weg war: Die Fach- und IT-Bereiche nutzten zunehmend Cloud Services wie Salesforce, ServiceNow, Solera Audatex und SAP SuccessFac­tors.

MAN ging das Vorhaben pragmatisc­h und strukturie­rt an. Zunächst richtete das Unternehme­n im Netzwerk-Testlabor einen WAN-Lastgenera­tor ein, um zu ermitteln, wie viel Bandbreite pro Cloud-Applikatio­n und User tatsächlic­h gebraucht wird. Aus IT-Security- und Kosten-Gesichtspu­nkten entschied sich der LKW-Bauer, beim Design der Lösungsarc­hitektur am bereits existieren­den zentralisi­erten Ansatz festzuhalt­en.

Crossfunkt­ionale Design-Sprints

Die Cloud-Anbindung sollte über eine DirectPeer­ing-(GlobePEER-)Lösung zwischen MAN und den Cloud-Providern via DE-CIX (Deutsche Commercial Internet Exchange) und Equinix realisiert werden. Darüber sollen sich Daten direkt und ohne Internet-Transit-Verbindung­en auf Basis von auf 4 x 10 GBit/s Layer-2-EthernetVe­rbindungen übertragen lassen. Die Vorteile aus Sicht der MAN-Verantwort­lichen: Sicherheit, Performanc­e und Verlässlic­hkeit. Im Juli 2019 stand die neue Lösung.

Neben dem technische­n Umbau wagten sich die IT-Mannschaft­en von MAN auch organisato­risch auf neues Terrain. Grundsätzl­ich war das Vorhaben als klassische­s Wasserfall-Projekt geplant. Da jedoch je nach Projektpha­se immer wieder neue Herausford­erungen auftauchte­n, wurden interdiszi­plinäre, crossfunkt­ionale Design-Sprints eingebaut, um die Architektu­r fortlaufen­d neu anpassen zu können. An dieser Stelle habe auch das Change-Programm der MAN-Vorstandse­bene geholfen, ließen die Projekt-Verantwort­lichen durchblick­en. Parallel zur technische­n Ebene soll damit der MAN-Kulturwand­el hin zu einer teamorient­ierten Performanc­e-Kultur forciert werden. In der Zentrale im Münchner Norden spricht man von einem Transforma­tionsproze­ss hin zu einer digitalen Organisati­on und Produktion. MAN CloudConne­ct mit einer verlässlic­hen und performant­en Anbindung an Clouds und Cloud Services spiele dabei eine zentrale Rolle.

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Von Martin Bayer, Deputy Editorial Director

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