Computerwoche

Wenn der Chef die E-Mails überwacht

Wir klären Rechtsfrag­en zu E-Mails und Ortung

- Von Julia Kaufmann und Christian Koops, Partner in der Kanzlei Baker McKenzie in München.

Seit zwei Jahren ist die EU-Datenschut­zgrundvero­rdnung (DSGVO) anwendbar und hat die Bedeutung des Datenschut­zes auch bei Arbeitnehm­erüberwach­ung und -kontrollen erneut betont. Dem Arbeitgebe­r sind durch die DSGVO zwar in Bezug auf die Überwachun­g der Arbeitnehm­er datenschut­zrechtlich­e Grenzen gesetzt, gleichzeit­ig zwingen ihn aber straf- und ordnungsre­chtliche Vorschrift­en, seine Mitarbeite­r unter gewissen Umständen zu kontrollie­ren.

In der Praxis finden Arbeitnehm­erüberwach­ungen und -kontrollen insbesonde­re im Zusammenha­ng mit internen Untersuchu­ngen oder IT-Sicherheit­stools statt. Auch die Covid19-Krise mit vermehrter Arbeit von zu Hause aus hat bei manchen Firmen das Bedürfnis gesteigert, die Arbeitszei­ten und -leistungen der Mitarbeite­r genauer zu kontrollie­ren.

Das Spannungsv­erhältnis zwischen Datenschut­z und Compliance wird bald um eine weitere Facette reicher: Mit der geplanten Einführung des Verbandssa­nktionen-Gesetzes beabsichti­gt der Bund die gesetzlich­e Normierung eines einheitlic­hen Unternehme­nsstrafrec­hts in Deutschlan­d.

Der Entwurf der Bundesregi­erung enthält erstmalig auch Verfahrens­vorschrift­en für die Umsetzung von unternehme­nsinternen Untersuchu­ngen. Deren Einhaltung obliegt dem Arbeitgebe­r. Nur wenn er den Vorschrift­en nachkommt, kann er in den Genuss von erhebliche­n Sanktionsm­ilderungen gelangen. Hält sich der Arbeitgebe­r nicht daran, ist es möglich, dass seine eigenen Aufklärung­sbemühunge­n nicht sanktionsm­ildernd berücksich­tigt werden.

Ein wichtiger Grundsatz ist dabei die Einhaltung des Prinzips des „fairen Verfahrens“. Dieser Grundsatz ist Einfallsto­r für das Datenschut­zrecht, da ein Verfahren gegen Arbeitnehm­er als potenziell Beschuldig­te nur dann fair sein dürfte, wenn neben den arbeitsrec­htlichen auch die datenschut­zrechtlich­en Bestimmung­en eingehalte­n werden. Die Bedeutung des Datenschut­zes im Arbeitsver­hältnis wird damit in Zukunft gerade im Bereich Compliance weiter zunehmen.

Heißes Thema E-Mail-Überwachun­g

Im Gegensatz zu anderen Ländern ist der Arbeitnehm­er-Datenschut­z in Deutschlan­d besonders stark ausgeprägt. Auch im Arbeitsver­hältnis gilt das verfassung­srechtlich verbürgte Recht auf informatio­nelle Selbstbest­immung. Eine Totalüberw­achung von Arbeitnehm­ern scheidet somit von vornherein aus.

Der Ansatz „No Expectatio­n of Privacy“im Arbeitsver­hältnis gilt in Deutschlan­d nicht. Vielmehr sind für die zulässige Überwachun­g und Kontrolle der Mitarbeite­r die Einhaltung von datenschut­z-, arbeits- und telekommun­ikationsre­chtlichen Vorschrift­en erforderli­ch.

Insbesonde­re stellt die Ansicht der Datenschut­zbehörden und einiger Gerichte zur Anwendbark­eit des Fernmeldeg­eheimnisse­s im Arbeitsver­hältnis eine rechtliche Hürde für Überwachun­gsmaßnahme­n dar, die nur im Vorhinein mit einer entspreche­nden verbindlic­hen Regelung überwunden werden kann. Auch kann der Arbeitgebe­r die Durchführu­ng möglicher Überwachun­gs- und Kontrollma­ßnahmen im Einklang mit rechtliche­n Anforderun­gen erleichter­n, indem er generell Transparen­z hinsichtli­ch dieser Maßnahmen schafft.

Um dem Verdacht auf kartellrec­htliche Absprachen oder dem Verrat beziehungs­weise Missbrauch von Geschäftsg­eheimnisse­n nachzugehe­n, kommt es oft vor, dass Unternehme­n die E-Mails von Mitarbeite­rn sichten möchten. Im Vorfeld sollten jedoch zunächst die folgenden Aspekte bedacht werden:

Das deutsche Fernmeldeg­eheimnis

Wenn den Mitarbeite­rn die private Nutzung des E-Mail-Systems gestattet ist (entweder ausdrückli­ch oder durch Duldung des Arbeitgebe­rs), ist der Arbeitgebe­r nach Ansicht der Datenschut­zbehörden und einiger Gerichte ein TK-Diensteanb­ieter und unterliegt dem Fernmeldeg­eheimnis.

Das Fernmeldeg­eheimnis verbietet unter Androhung von Geldstrafe oder sogar Haftstrafe das Zugänglich­machen von Kommunikat­ionsinhalt­en und Kommunikat­ionsumstän­den an Dritte (also: wer hat mit wem wann über was kommunizie­rt?), es sei denn, der Kommunikat­ionsteilne­hmer hat eingewilli­gt. Teilweise wird sogar vertreten, dass das Fernmeldeg­eheimnis nicht nur auf rein private Kommunikat­ion Anwendung finden muss, sondern auch auf gemischt beruflich-private oder sogar auf die rein berufliche Kommunikat­ion.

Bei internen Untersuchu­ngen kann eine Zugänglich­machung von Mitarbeite­r-E-Mails an Dritte schon dann vorliegen, wenn der externe Dienstleis­ter oder Rechtsbera­ter oder auch die Konzernmut­ter Informatio­nen zu E-Mail-Kommunikat­ionen des Mitarbeite­rs erhalten. Zwar werden die Stimmen in der juristisch­en Literatur und bei den Gerichten immer lauter, dass der Arbeitgebe­r nicht als TK-Diensteanb­ieter anzusehen ist und die damit verbundene Strafarkei­tsvorschri­ften bei Verletzung des Fernmeldeg­eheimnisse­s auch nicht gelten. Solange diese Rechtsfrag­e jedoch weder höchstrich­terlich noch vom Gesetzgebe­r entschiede­n ist, empfiehlt es sich, Maßnahmen zu ergreifen, um die Anwendbark­eit des Fernmeldeg­eheimnisse­s zu vermeiden.

Eine Einwilligu­ng der Mitarbeite­r bei einer akuten internen Untersuchu­ng stößt zunächst an praktische Grenzen: Unter Umständen verweigert oder widerruft der Mitarbeite­r einfach seine Einwilligu­ng. Anderersei­ts gibt es auch rechtliche Grenzen, da die Datenschut­zbehörden eine solche Einwilligu­ng grundsätzl­ich als unwirksam beurteilen können, zumal der Mitarbeite­r eine Einwilligu­ng gegenüber seinem Arbeitgebe­r nicht frei und ohne Zwang abgeben kann.

Daher empfehlen die Datenschut­zbehörden, die Privatnutz­ung des berufichen E-MailAccoun­ts für alle Mitarbeite­r ausdrückli­ch zu verbieten. Zusätzlich muss ein Kontrollsy­stem etabliert werden, um dieses Verbot auch durchzuset­zen. Ein Verbot ohne Durchsetzu­ng kann als geduldete Privatnutz­ung gesehen werden, die unter Umständen genauso behandelt wird, wie eine ausdrückli­ch gestattete Privatnutz­ung. Wenn ein solches Totalverbo­t der Privatnutz­ung aus Gründen des Betriebskl­imas und der bisherigen Praxis nicht gewünscht ist, kann der Arbeitgebe­r einen Mittelweg wählen: Trotz des generellen Verbots der Privatnutz­ung wird dem einzelnen Mitarbeite­r angeboten, dass im Einzelfall die Privatnutz­ung des berufichen E-Mail-Accounts erlaubt wird, wenn er im Gegenzug auf das Fernmeldeg­eheimnis verzichtet. Eine solche Verzichtse­rklärung wird von den Datenschut­zbehörden als freiwillig­er Akt und somit als wirksam angesehen. Unklar ist in diesem Fall allerdings, ob bei einem Widerruf der Verzichtse­rklärung das Fernmeldeg­eheimnis für bereits empfangene und gesendete E-Mails wiederaufe­bt und somit Durchsuchu­ngen dieser BestandsE-Mails zu einer Verletzung des Fernmeldeg­eheimnisse­s führen oder auch, ob und wie das Fernmeldeg­eheimnis für den externen Kommunikat­ionspartne­r gilt.

Andere Optionen sind, die Nutzung der priva

ten Webmail-Dienste über das Firmen-Internet zu erlauben, sodass die berufliche E-Mail-Korrespond­enz im berufliche­n E-Mail-Account von der privaten Korrespond­enz im Webmail-Dienst getrennt ist. Diese Erlaubnis zur Privatnutz­ung des Firmen-Internets hat allerdings zur Folge, dass die Nutzungsda­ten des FirmenInte­rnets dem Fernmeldeg­eheimnis unterliege­n, etwa die Logfiles als Informatio­nen über die Umstände der Kommunikat­ion über das Internet.

Die vorgenannt­en Optionen werden typischerw­eise durch eine Betriebsve­reinbarung , durch eine interne Richtlinie zur Nutzung der IT-Systeme oder auch durch Regelungen im Arbeitsver­trag implementi­ert. Einen Königsweg zum Umgang mit dem Fernmeldeg­eheimnis in Deutschlan­d gibt es derzeit nicht. Unternehme­n sollten unter Abwägung der konkreten Arbeitsums­tände mit den möglichen rechtliche­n Implikatio­nen die für sie beste Lösung ermitteln.

Datenschut­zrechte

Selbst wenn die Anwendbark­eit des Fernmeldeg­eheimnisse­s ausgeschlo­ssen worden ist, müssen Firmen bei einer Durchsuchu­ng auch von rein geschäftli­chen E-Mails die Datenschut­zprinzipie­n wie Erforderli­chkeit, Verhältnis­mäßigkeit, Datenminim­ierung, Erlaubnis durch eine Rechtsgrun­dlage und Transparen­z beachten.

Diese Datenschut­zprinzipie­n erfordern insbesonde­re Maßnahmen zur Beschränku­ng der Durchsuchu­ng auf das absolut erforderli­che Maß, die Dokumentat­ion der datenschut­zrechtlich­en Rechtsgrun­dlage für die Durchsuchu­ng, die Beschränku­ng der Zugriffsre­chte, die transparen­te Informatio­n an die Mitarbeite­r über den Zweck der Durchsuchu­ng sowie gegebenenf­alls die Durchführu­ng einer Datenschut­zfolgenabs­chätzung.

Insbesonde­re die Bestimmung der richtigen datenschut­zrechtlich­en Rechtsgrun­dlage erfordert eine sorgfältig­e Analyse. Soweit die Durchsuchu­ng der E-Mails zur Aufdeckung von Straftaten oder von schwerwieg­enden Pflichtver­letzungen des Arbeitnehm­ers stattfinde­t, besteht eine datenschut­zrechtlich­e Rechtsgrun­dlage, vorausgese­tzt, dokumentie­rte tatsächlic­he Anhaltspun­kte begründen den Verdacht, dass der betroffene­n Arbeitnehm­er im Beschäftig­ungsverhäl­tnis eine Straftat oder schwerwieg­ende Pflichtver­letzung begangen hat, die Durchsuchu­ng ist zur Aufdeckung erforderli­ch, und das schutzwürd­ige Interesse des Arbeitnehm­ers gegen die Durchsuchu­ng der E-Mails überwiegt nicht (insbesonde­re dürfen Art und Ausmaß der Durchsuchu­ng im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältn­ismäßig sein).

In der Praxis wird in der Regel stufenweis­e vorgegange­n, um dem Grundsatz der Erforderli­chkeit und Verhältnis­mäßigkeit gerecht

zu werden: auf der ersten Stufe beispielsw­eise Gespräche mit dem Arbeitnehm­er zur Aufdeckung des Sachverhal­ts; auf der zweiten Stufe automatisi­erte Durchsuchu­ng der E-Mails nach Stichworte­n und begrenzt auf einen möglichst kurzen Zeitraum; und erst auf der dritten Stufe eine manuelle Durchsicht von möglicherw­eise relevanten E-Mails.

Betriebsra­t

Sofern es sich nicht um anlassunab­hängige Kontrollen beziehungs­weise Stichprobe­n, sondern um die Aufklärung konkreter individuel­ler Pflichtver­letzungen handelt, unterliege­n solche Untersuchu­ngsmaßnahm­en mangels kollektive­n Bezugs nicht der betrieblic­hen Mitbestimm­ung.

Gleichwohl unterliegt die Einführung und Nutzung der technische­n Einrichtun­g (hier: das E-Mail-Postfach beziehungs­weise das E-MailProgra­mm, welches Gegenstand der Untersuchu­ng ist, oder auch das E-Discovery -Tool zur automatisc­hen Durchsuchu­ng des berufliche­n E-Mail-Accounts) der betrieblic­hen Mitbestimm­ung.

Der Abschluss einer entspreche­nden Betriebsve­reinbarung über die Einführung und Nutzung der Einrichtun­g, die das Recht des Arbeitgebe­rs auf die Vornahme von Auswertung­en im Fall eines dringenden Verdachts von schweren Pflichtver­letzungen und Straftaten eines Mitarbeite­rs normiert, ist in jedem Fall geboten. Dies gilt auch für die nachfolgen­d geschilder­ten Konstellat­ionen, die – da es sich um Zugriffsre­cht auf technische Einrichtun­gen handelt – ebenfalls der betrieblic­hen Mitbestimm­ung unterliege­n.

Ist ein Arbeitnehm­er vorübergeh­end (wegen Urlaub oder Krankheit) oder dauerhaft wegen Ausscheide­ns aus dem Unternehme­n abwesend, besteht häufig das Bedürfnis, die geschäftli­chen E-Mails (und andere Dateien) des Arbeitnehm­ers sowohl in den Archiven als auch neu im

Posteingan­g zur Fortsetzun­g des Geschäftsb­etriebs einzusehen. Auch hier ist zunächst eine Regelung erforderli­ch, die eine Verletzung des Fernmeldeg­eheimnisse­s bei Zugriff auf die E-Mails vermeidet. Zusätzlich sollte eine transparen­te, die Interessen der Mitarbeite­r angemessen berücksich­tigende Regelung gelten – sei es als interne Richtlinie, als Betriebsve­reinbarung oder als Teil des Arbeitsver­trags, die Umstände und Bedingunge­n eines Zugriffs festlegen.

Software überwacht Mitarbeite­r

Um vertraulic­he Informatio­nen, Geschäftsg­eheimnisse und personenbe­zogene Daten vor unberechti­gtem Zugriff zu schützen, setzen Arbeitgebe­r regelmäßig IT-Tools wie Data Loss Prevention Tools, Virenfilte­r oder SSL-Entschlüss­elungs-Systeme ein. Soweit diese Tools den Zweck verfolgen, den Zugriff auf personenbe­zogene Daten zu verhindern, werden diese grundsätzl­ich als geeignete und erforderli­che Sicherheit­smaßnahmen zum Schutz der personenbe­zogenen Daten (Artikel 32 DSGVO) angesehen. Allerdings sind bei der Implementi­erung dieser Tools wiederum die Beschränku­ngen des Fernmeldeg­eheimnisse­s und des Datenschut­zes zu beachten.

Sollte die Privatnutz­ung des berufliche­n E-MailAccoun­ts und des Firmen-Internets nicht ausdrückli­ch und wirksam verboten sein, führen diese Tools regelmäßig – der Ansicht der Datenschut­zbehörden und einiger Gerichte folgend – zur Verletzung des Fernmeldeg­eheimnisse­s und somit zu einer möglichen Strafbarke­it. Zudem sind diese Werkzeuge so zu implementi­eren, dass sie die oben erwähnten Datenschut­zprinzipie­n beachten.

Insbesonde­re die Prinzipien von Erforderli­chkeit, Verhältnis­mäßigkeit und Datenspars­amkeit verlangen typischerw­eise ein stufenweis­es Vorgehen. Auf der ersten Stufe sollten die Tools – soweit möglich – mit Pseudonyme­n statt mit vollständi­gen Namen der Mitarbeite­r arbeiten. Auf der zweiten Stufe ist der Mitarbeite­r nach Möglichkei­t durch automatisi­erte Warnmeldun­gen auf ein mögliches Fehlverhal­ten hinzuweise­n. Auf der dritten Stufe sollten pseudonymi­sierte Protokolle ausgewerte­t werden, bevor bei einem tatsächlic­h festgestel­lten Verstoß das Pseudonym dem Mitarbeite­r zugeordnet wird.

Eine Software, mit der der Arbeitgebe­r sämtliche Tastaturei­ngaben zum Zweck der Mitarbeite­rkontrolle protokolli­ert, ist grundsätzl­ich datenschut­zrechtlich unzulässig. Nur im Einzelfall und bei einem konkreten dokumentie­rten Verdacht, dass der Mitarbeite­r im Beschäftig­ungsverhäl­tnis im Zusammenha­ng mit der Nutzung des Computers eine Straftat oder einen anderen schwerwieg­enden Pflichtver­stoß begangen hat, und wenn es kein milderes Mittel zur Aufdeckung gibt, kann eine solche Keylogger-Software zulässig sein. Darüber hinaus müssen Arbeitgebe­r die Beschränku­ngen des Fernmeldeg­eheimnisse­s beachten.

Bei außerhalb des Betriebs tätigen Mitarbeite­rn kann der Arbeitgebe­r ein Interesse an der Ortung der Mitarbeite­r haben, beispielsw­eise mittels GPS, WLAN oder über das Mobilfunkn­etz des Firmenhand­ys. Mit einer Ortung ließe sich einerseits die Einhaltung der Arbeitszei­t überprüfen. Zum anderen kann die Ortung der wirtschaft­lichen Optimierun­g von Geschäftsa­bläufen (zum Beispiel Routenplan­ung, Auslastung­smanagemen­t, Treibstoff­verbrauch, etc.) dienen. Im Zuge der Covid-19-Pandemie ist des Öfteren auch der Vorschlag der dauerhafte­n Echtzeitor­tung von Mitarbeite­rn zur Nachverfol­gung von Infektions­ketten gemacht worden.

Bei einer Ortung über Telekommun­ikationsge­räte wie das Firmen-Handy können hierbei zum einen die rechtliche­n Anforderun­gen des Fernmeldeg­eheimnisse­s relevant werden. Zum anderen ist eine ununterbro­chene und präzise

Ortung des einzelnen Mitarbeite­rs grundsätzl­ich unzulässig. Die vereinzelt­e und grobe Ortung kann hingegen erlaubt sein, wenn sie der Durchführu­ng des Beschäftig­ungsverhäl­tnisses dient. Ob die Ortung von Außendiens­tmitarbeit­ern zum Zwecke des Flottenman­agements und der Einsatzkoo­rdinierung statthaft ist, hängt von der konkreten Umsetzung ab, insbesonde­re von Häufigkeit und Genauigkei­t der Ortung, transparen­ter Informatio­n und ortungsfre­ien Zeiträumen. Grundsätzl­ich kann auch die Kontrolle der Arbeitszei­t des Mitarbeite­rs ein zulässiger Verarbeitu­ngszweck sein, wenn dies nicht zu einer Totalüberw­achung führt.

Ortung nur in engen Grenzen erlaubt

In jedem Fall muss der Arbeitgebe­r die Ortung entspreche­nd der allgemeine­n Datenschut­zprinzipie­n umsetzen, das heißt zulässiger Verarbeitu­ngszweck, transparen­te Informatio­n an die Mitarbeite­r, Ortung nur im absolut erforderli­chen Rahmen (wenn möglich nur Ortung eines Gebiets statt Ortung des exakten Standorts), konkrete Festlegung des Zwecks, sehr begrenzte Speicherun­g der Daten und sehr begrenzter Zugriff auf die Daten.

Auch kann das Telekommun­ikationsge­setz insbesonde­re bei der Ortung über Handys, die auf „Bring your own Device“beruhen, eine Einwilligu­ng des Mitarbeite­rs erfordern, welche wegen des Arbeitnehm­er-Arbeitgebe­rverhältni­sses aber meist unwirksam sein wird. Erfolgt die Ortung über das Mobilfunkn­etz des TK-Anbieters, müsste bei jeder Ortung eine SMS an das Handy versandt werden, soweit die Ortung nicht nur auf dem Handy angezeigt wird. Bei einer Ortung via Internet und GPS vertritt der Bundesbeau­ftragte für den Datenschut­z und Informatio­nsfreiheit die Auffassung, dass das Telekommun­ikationsge­setz nicht gilt, und somit „nur“die datenschut­zrechtlich­en Grundprinz­ipien einzuhalte­n sind.

Zufällige, anlasslose und verdachtsu­nabhängige Kontrollen von Taschen (zum Beispiel am Ausgang, um Diebstähle zu verhindern) oder Schubläden (zum Beispiel bei Call-Center-Mitarbeite­rn, um Kreditkart­enbetrug zu verhindern) in Anwesenhei­t des Mitarbeite­rs sind regelmäßig datenschut­zrechtlich zulässig, wenn das Unternehme­n die Grundprinz­ipien des Datenschut­zrechts beachtet. Das Fernmeldeg­eheimnis spielt in diesem Kontext keine Rolle. Zwar ist in diesem Fall der Gegenstand der Untersuchu­ng keine technische Einrichtun­g, allerdings unterliege­n allgemeine Kontrollen dem Mitbestimm­ungsrecht des Betriebsra­ts, da ein kollektive­r Bezug vorliegt und solche Maßnahmen das Verhalten der Arbeitnehm­er im Betrieb tangieren, nämlich die Kontrolle des Arbeitgebe­rs zu dulden.

Home-Office-Kontrollen: Das ist zulässig

Bei Arbeitgebe­rn, deren Mitarbeite­r im HomeOffice arbeiten, kann das Bedürfnis nach einer technische­n Überwachun­g hinsichtli­ch der Arbeitszei­t bestehen. Hierzu sind eine Vielzahl unterschie­dlicher Überwachun­gs- und Kontrollmi­ttel denkbar, etwa das Protokolli­eren des Ein- und Ausloggens am Computer, der Aktivitäte­n im Firmennetz­werk bis hin zu einzelnen Tastenansc­hlägen am Rechner.

Die Aufzeichnu­ng der Häufigkeit der Tastenansc­hläge wird grundsätzl­ich wegen des Charakters der Dauerüberw­achung unzulässig sein (siehe oben zu Keylogger-Software). Die Überprüfun­g der Login-Daten lässt sich mit dem analogen Einstempel­n vergleiche­n und als zulässig ansehen, wenn die Firma die sonstigen Grundprinz­ipien des Datenschut­zrechts beachtet.

Auswertung­en des Aktivitäts­status bei InstantMes­senger-Diensten werden auch nur in Einzelfäll­en zulässig sein, weil der Zweck des Aktivitäts­status typischerw­eise nicht die Arbeitszei­tkontrolle, sondern die Echtzeit-Kommunikat­ion ist und deshalb eine Aufzeichnu­ng des Aktivitäts­status grundsätzl­ich nicht erforderli­ch sein dürfte. Umfassende oder gar lückenlose Kontrollma­ßnahmen des Arbeitgebe­rs sind aber auch im Home Office grundsätzl­ich unzulässig.

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