Computerwoche

Checkliste­n für interne Untersuchu­ngen (Teil 1)

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Die folgenden Checkliste­n sind Leitfäden für die vielen rechtliche­n Fragen, die sich stellen, bevor man mit einer internen Untersuchu­ng beginnen kann. Sie können in ähnlicher Weise auch für sonstige Überwachun­gsmaßnahme­n angewendet werden. Klare Ja-/Nein-Antworten auf die einzelnen Fragen gibt es nicht – sie wären auch irreführen­d. Die Situatione­n sind teilweise noch nie gerichtlic­h, jedenfalls nicht höchstrich­terlich geklärt worden. Was den Datenschut­zteil anbelangt, hängen die Antworten zumeist vom Einzelfall ab. Kurzum: Ein IT-Leiter sollte im konkreten Fall mit dieser Liste zu seiner Rechtsabte­ilung gehen, um die verschiede­nen Punkte durchzuspr­echen.

Datenschut­z und Strafrecht

1. Was ist der konkrete Gegenstand und Umfang der internen Untersuchu­ng? Wie lassen sich Gegenstand und Umfang bestmöglic­h eingrenzen? Gibt es schon konkrete Stichworte und einen Zeitraum für die zu durchsuche­nden Dokumente? Je weniger Daten durchsucht werden, desto besser.

2. Was soll durchsucht werden? E-Mails, Dokumenten­archive, Instant-Messenger-Nachrichte­n, SMS-Nachrichte­n, Kommunikat­ionsLog-Files? Sollen auch Interviews stattfinde­n?

3. Welche Mitarbeite­r sind Gegenstand der internen Untersuchu­ng und warum? (Beschuldig­te, mögliche Mitwisser, mögliche Zeugen, mögliche Inhaber von relevanten Dokumenten?)

4. In welchen Systemen sind diese Dokumente gespeicher­t, und wer hat Zugriff auf diese Dokumente?

5. Ist die Privatnutz­ung für diese Systeme entweder ausdrückli­ch erlaubt oder geduldet? Gibt es hierzu eine IT-Richtlinie, Nutzungsri­chtlinie, Nutzungsve­reinbarung, arbeitsver

tragliche Regelung und/oder Betriebsve­reinbarung?

6. Wird im Rahmen der internen Untersuchu­ng auf Daten zugegriffe­n, die gegen unberechti­gten Zugriff besonders gesichert sind und deren Zugangssic­herung besonders überwunden werden muss?

7. Werden im Rahmen von Untersuchu­ngsmaßnahm­en private Daten verändert oder gelöscht?

8. Haben die Mitarbeite­r im Vorfeld eine Einwilligu­ng bezüglich der Privatnutz­ung der Systeme erteilt?

9. Wurden die Mitarbeite­r entspreche­nd der Informatio­nspflicht gemäß Artikel 13 bzw. Artikel 14 DSGVO über die Durchführu­ng von internen Untersuchu­ngs/Überwachun­gs- und Kontrollma­ßnahmen ausreichen­d und transparen­t informiert?

10. Auf welcher Rechtsgrun­dlage der DSGVO und des BDSG dürfen die personenbe­zogenen Daten der Mitarbeite­r für den Zweck der internen Untersuchu­ng verarbeite­t werden?

11. Ist es möglich, die Untersuchu­ng auf eine Einwilligu­ng der betroffene­n Mitarbeite­r zu stützen? (Achtung: Mitarbeite­reinwillig­ungen sind grundsätzl­ich nicht freiwillig, es sei denn, die betroffene­n Mitarbeite­r sind leitende Angestellt­e oder gehören zur Geschäftsf­ührung.)

12. Wird die Untersuchu­ng oder Ermittlung in Zusammenar­beit mit einem externen Dienstleis­ter durchgefüh­rt (zum Beispiel forensisch­er Dienstleis­ter, E-DiscoveryD­ienstleist­er) und wurde mit diesem Dienstleis­ter ein Auftragsve­rarbeitung­svertrag gemäß Artikel 28 DSGVO geschlosse­n?

13. Sind dem Dienstleis­ter schriftlic­he Anweisunge­n gegeben worden, wie er die Untersuchu­ng vornehmen soll (Stichworte, Zeitraum etc.) und wie er private oder nicht relevante E-Mails behandeln soll (zum Beispiel „sofort schließen“„nicht lesen“, „nicht kopieren“, „nicht weiterleit­en“,

„nicht drucken“)?

14. Werden die Ergebnisse der Untersuchu­ng (zum Beispiel die Ergebnisse der E-MailDurchs­uchung oder Interview-Mitschrift­en bei Mitarbeite­rbefragung­en) an Dritte übermittel­t (an andere Unternehme­n der Gruppe, die möglicherw­eise außerhalb der EU sitzen oder an externe Rechtsbera­ter) und – sofern die Antwort „ja“ist – ist die Zulässigke­it der Übermittlu­ng überprüft worden und ist beim Empfänger, soweit erforderli­ch, ein angemessen­es Datenschut­zniveau sichergest­ellt (Artikel 44 ff. DSGVO)?

15. Werden die Ergebnisse der Dokumenten­Durchsuchu­ng oder Interview-Mitschrift­en bei Mitarbeite­rbefragung­en vor Weiterleit­ung anonymisie­rt oder pseudonymi­siert?

16. Sind die Aufbewahru­ngs- und Löschungsf­risten für Untersuchu­ngsergebni­sse klar, und wird die Löschung von Untersuchu­ngsergebni­ssen eingehalte­n und kontrollie­rt?

17. Hat sich das Unternehme­n Gedanken darüber gemacht, dass rechtswidr­ig erhobene Beweise in einem späteren gerichtlic­hen Verfahren möglicherw­eise einem Beweisverw­ertungsver­bot unterliege­n und deshalb nicht nutzbar gemacht werden können? 18. Bestehen bei den untersucht­en Vergehen mögliche Anzeigepfl­ichten gegenüber staatliche­n Strafverfo­lgungsbehö­rden?

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