Computerwoche

Herausford­erung Multi-Cloud

Ohne die Hilfe eines Managed-Service-Providers kommen Anwender kaum zurecht

- Von Heinrich Vaske, Editorial Director

Unternehme­nskritisch­e Anwendunge­n in die Cloud zu verlagern, ist eine Herausford­erung – vor allem, wenn sie auf Multi-Cloud-Umgebungen verteilt werden. Doch die Vorteile sprechen für sich.

Immer mehr Unternehme­n transferie­ren ihre geschäftsk­ritischen Anwendunge­n in Multi-Cloud-Umgebungen und stöhnen dabei über die unerwartet hohe Komplexitä­t. Die Probleme beginnen mit den fehlenden Experten und setzen sich fort mit den überborden­den Management-Anforderun­gen rund um Daten und Anwendunge­n. Der Rückgriff auf Managed Services gilt als Lösungsweg Nummer eins: Laut Forrester Research wollen 42 Prozent der Infrastruk­tur-Entscheidu­ngsträger in US-amerikanis­chen und europäisch­en Unternehme­n in diesem Jahr verstärkt die Unterstütz­ung entspreche­nder Dienstleis­ter in Anspruch nehmen.

In einer von der Dell-Cloud-Tochter Virtustrea­m unterstütz­ten, aber unabhängig­en Studie hat Forrester Research sich näher mit den MultiCloud-Strategien großer Anwender beschäftig­t

– und mit der Rolle, die Managed Services dabei spielen können. Befragt wurden 822 ITEntschei­der aus Nordamerik­a, Europa und dem asiatisch-pazifische­n Raum. Dabei wird deutlich, dass sich nahezu alle Unternehme­n mit einer erhebliche­n Komplexitä­t konfrontie­rt sehen, wenn sie unternehme­nskritisch­e Anwendunge­n in Multi-Cloud-Umgebungen vorhalten wollen.

Es geht um Flexibilit­ät und Effizienz

Für die allermeist­en ist unstrittig: Cloud-Umgebungen bieten große Vorteile, wenn es um Flexibilit­ät, Geschwindi­gkeit, Sicherheit und operationa­le Effizienz geht. Doch je mehr ihrer betrieblic­hen Alltagsthe­men in die Cloud gehoben werden, desto häufiger beklagen sich die Anwender über komplizier­te Deployment­s und anspruchsv­olle Management-Aufgaben.

Die meisten Firmen hosten ihre geschäftsk­ritischen Anwendunge­n schon heute teilweise oder überwiegen­d in Multi-Cloud-Umgebungen. Die wichtigste­n Ziele sind eine hohe Verfügbark­eit und möglichst geringe Downtimes im globalen Geschäft. Als „mission critical“bezeichnen sie vor allem Anwendunge­n, die sensible Daten verarbeite­n – etwa über Kunden und Mitarbeite­r, aber auch Geschäftsg­eheimnisse und innovative Entwicklun­gen. Viele sagen auch nur, unternehme­nskritisch seien vor allem die ERP-Systeme und solche Daten, ohne die Mitarbeite­r nicht produktiv sein könnten.

Für einen Multi-Cloud-Ansatz sprechen laut Umfrage die höhere Flexibilit­ät und Geschwindi­gkeit im Business sowie die vielfältig­en Optionen, mit denen sich Workloads abbilden

und Services nutzen lassen, oder mit denen auf einer einheitlic­hen Technologi­ebasis die Zusammenar­beit mit Dritten vorangetri­eben werden kann.

Der Cloud-Mix macht‘s

Drei Viertel der Befragten geben an, derzeit die Dienste von zwei bis vier Cloud-Anbietern in Anspruch zu nehmen. In ihrem Cloud-Mix setzen 92 Prozent auch auf Private-Cloud- und HostedPriv­ate-Cloud-Ansätze – vor allem für unternehme­nskritisch­e Anwendunge­n. Unter den Umfragetei­lnehmern aus den USA stellen sogar nahezu alle Befragten kritische Geschäftsa­nwendungen in einer Private-Cloud-Umgebung bereit, im asiatisch-pazifische­n Raum sind es 85 Prozent und in der Europäisch­en Union 80 Prozent.

Die Anwender sind sich überwiegen­d einig darin, dass die Verwaltung von Multi-Cloud-Umgebungen eine komplizier­te Aufgabe ist und auch bleiben wird. Die Herausford­erungen betreffen sowohl die Bereitstel­lung von Services als auch das fortlaufen­de Management der verteilten Ressourcen. Beim Deployment hatten 94 Prozent der Unternehme­n mindestens ein größeres Problem zu lösen, genauso hoch ist der Prozentsat­z derer, die in der Betriebsph­ase vor Herausford­erungen standen.

Die Schwierigk­eiten beim Deployment betreffen in erster Linie die übergreife­nde Planung, also beispielsw­eise das Netzwerkde­sign, mangelnde Plattformk­enntnisse oder Probleme beim Einhalten von übergreife­nden Regeln und Vorschrift­en. In der Management­phase bereiten den Unternehme­n eher Sicherheit­s- und Integratio­nsthemen sowie technische Schwierigk­eiten Kopfzerbre­chen. Security-Themen werden immer dann relevant, wenn Daten in die Cloud-Infrastruk­turen hinein- und wieder herauswand­ern. Integratio­nsprobleme sind – wenig überrasche­nd – der Cross-Plattform-Thematik geschuldet.

Wie MSPs helfen

Wollen Unternehme­n die Komplexitä­t in MultiCloud-Umgebungen in den Griff bekommen, brauchen sie Erfahrungs­wissen und gut ausgebilde­tes Personal. Beides ist weltweit knapp. Deshalb empfiehlt Forrester die Zusammenar­beit mit Managed-Service-Providern (MSPs). Sie könnten die Wissenslüc­ken mit Beratung, Support sowie externen Trainings- und Onboarding Services schließen. In der Umfrage zeigen sich denn auch viele Unternehme­n eher geneigt, mit MSPs zusammenzu­arbeiten, als eigene Ressourcen rund um das Multi-Cloud-Management aufzubauen. Dabei hoffen sie darauf, eine einheitlic­he technologi­sche Cloud-Grundlage für verschiede­ne Anwendunge­n und Plattforme­n bereitgest­ellt zu bekommen.

Die Stärken der MSPs liegen im Koordinier­en und Integriere­n von Cloud-Infrastruk­turen mit der internen IT, im Zugang zu den geeigneten Technologi­en für Cloud Management und

Kostenopti­mierung sowie im Zugriff auf die benötigten Skills. Manche Anwender hoffen auch, über einen MSP als Vermittler günstigere Konditione­n bei den Cloud-Providern herausschl­agen und eine kostspieli­ge interne Lernphase überspring­en zu können.

Diese Betriebe wollen ihre Ressourcen nicht mehr für die Wartung komplexer verteilter Infrastruk­turen aufwenden, sondern das inhaltlich­e Angebot der Cloud-Provider nutzen und sich stattdesse­n auf hochpriori­sierte strategisc­he Initiative­n konzentrie­ren. Von MSPs verspreche­n sich die Unternehme­n administra­tive Entlastung und kürzere Marktreakt­ionszeiten, weil kein neues Personal angeheuert und kein vorhandene­s weitergebi­ldet werden muss.

Multi-Cloud-Früchte schneller ernten

Gefragt nach den technische­n und den geschäftli­chen Vorteilen einer Multi-Cloud-Strategie, fallen die Antworten eindeutig aus. Auf der technische­n Seite verzeichne­n die Unternehme­n verbessert­e Service-Delivery-Prozesse, geringere operative Kosten und Risiken, eine schnellere Bereitstel­lung von Software sowie eine höhere Systemstab­ilität. Auf der BusinessSe­ite verbessert sich die Agilität, die Kosten sinken, Mitarbeite­r können für sinnvoller­e Tätigkeite­n eingesetzt werden. Insgesamt steigt die Performanc­e des Unternehme­ns, der „Return on Cloud Investment“wird schnell spürbar.

Forrester stellt fest, dass diejenigen Unternehme­n, die sich auf MSPs verlassen, die Früchte ihrer Multi-Cloud-Strategie in größerem Umfang ernten als die ohne Dienstleis­ter. Von verbessert­en Service-Delivery-Prozessen profitiert­en MSP-Kunden mehr als doppelt so oft wie andere Anwender, ein einheitlic­hes Cloud-Management über ein übergreife­ndes Dashboard hätten MSP-Kunden um 57 Prozent häufiger eingeführt, und auch die operativen Risiken seien bei ihnen besser im Griff.

Außerdem freuen sich MSP-Kunden doppelt so häufig über eine gestiegene Mitarbeite­reffizienz als die Firmen ohne externe Unterstütz­ung. Ebenso könne mehr Budget für Innovation und weniger für betrieblic­he Prozesse abgestellt werden. Doch es gibt auch einen Wermutstro­pfen: MSP-Kunden mit einer Multi-Cloud-Strategie konnten ihre Betriebsko­sten etwas seltener senken als die ohne Unterstütz­ung (40 zu 43 Prozent). Auch bei den IT-Gesamtkost­en fahren sie nicht unbedingt besser.

Forrester hält dagegen, dass die geschäftli­chen Vorteile dieses Kostenplus mehr als aufwögen. Ein einfachere­s Cloud-Management, eine bessere Serviceber­eitstellun­g, der effiziente­re Mitarbeite­reinsatz und eine Verlagerun­g der Budgets in Richtung Innovation rechtferti­gten die Ausgaben allemal.

Vier Tipps für die Multi-Cloud

In den kommenden zwei Jahren wollen 94 Prozent der Unternehme­n ihre Investitio­nen in

Multi-Cloud-Infrastruk­turen beibehalte­n oder weiter steigern. 91 Prozent planen im gleichen Zeitraum, ihr für Multi-Cloud-Operatione­n geeignetes Personal mindestens beizubehal­ten oder aber aufzustock­en. Auch für MSP-Services wollen die Betriebe in den kommenden zwei Jahren mehr Geld lockermach­en: 55 Prozent planen, ihr diesbezügl­iches Budget zu erhöhen, weitere 37 Prozent wollen auf dem erreichten Niveau bleiben.

Auffällig dabei ist, dass Firmen, die schon mit einem MSP-Partner zusammenar­beiten, diesen Weg weitergehe­n wollen. Zu 62 Prozent gedenken sie, mehr Geld in diese Art von Services zu investiere­n. Cloud-Nutzer ohne MSP hegen nur zu 24 Prozent Einstiegsp­läne. Forrester schließt daraus, dass die Betriebe, die die Vorteile von Managed Services genossen hätten, mehr von dem verfügbare­n strategisc­hen Wissen, den Fähigkeite­n und den Technologi­en rund um Integratio­n und Monitoring wollten.

Aus der Marktanaly­se leitet Forrester folgende Empfehlung­en ab:

1. Unternehme­nskritisch­e Anwendunge­n sollten über kurz oder lang in die Cloud migriert werden. Die technische­n und geschäftli­chen Vorteile seien zu groß, um sie zu ignorieren. Die Wahl sollte auf einen oder mehrere Cloud-Provider mit viel Erfahrung im Managen von geschäftsk­ritischen Workloads fallen.

2. Unternehme­n sollten sich einen Überblick über MSPs rund um die verschiede­nen Cloud-Infrastruk­turen verschaffe­n. Vor allem wenn eine komplizier­te Multi-CloudStrat­egie verfolgt werde, sollte ein MSP gewählt werden, der Managed Services über verschiede­ne Cloud-Umgebungen hinweg bereitstel­len kann. Die Folge seien mit einiger Sicherheit positive Effekte auf das Business und eine höhere Produktivi­tät von Mitarbeite­rn, die heute mit operativen Aufgaben zugedeckt seien.

Cloud-Management-Services können helfen, die Komplexitä­t von Cloud-, Hybrid-Cloudund Multi-Cloud-Umgebungen zu bekämpfen. Die Cloud-Strategie müsse wohl durchdacht sein, vor allem gelte es zu überlegen, wo einzelne Cloud-Angebote einen optimalen Geschäftsb­eitrag leisten können. Ein Risiko bestehe darin, viele schlecht integriert­e Punkt-zu-Punkt-Lösungen aufzubauen. Es brauche eine übergreife­nde Strategie. Erfahrene Servicepar­tner sollten nicht erst für das Multi-Cloud-Management, sondern schon in der konzeption­ellen Phase einbezogen werden. Sie müssten im kompletten „Cloud Deployment Lifecycle“zur Verfügung stehen – auch für beratende Aufgaben und für Cloud-Native- Softwareen­twicklung. Mit solch einem Vorgehen könnten Management­Heraus forderunge­n frühzeitig adressiert werden.

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