Computerwoche

APIs – der Klebstoff für alles

Im digitalen Zeitalter wächst die Bedeutung von Applicatio­n Programmin­g Interfaces (APIs) rasant. Für deren Management gibt es inzwischen eine Reihe von Plattforme­n mit verschiede­nen Schwerpunk­ten. Ein Überblick.

- Von Heinrich Vaske, Editorial Director

Je intensiver Unternehme­n an ihren Plattforms­trategien arbeiten, desto größer wird die Bedeutung von Applicatio­n Programmin­g Interfaces (APIs). Wir geben einen Überblick über API-Management-Plattforme­n.

Die meisten größeren Unternehme­n brauchen im Zuge ihrer digitalen Transforma­tion eine API-Management­Lösung als Grundlage, um Beziehunge­n mit internen und externen Nutzern von Applicatio­n Programmin­g Interfaces managen zu können und geschäftli­chen Nutzen aus ihren Programmie­rschnittst­ellen zu ziehen. Wer seine APIs profession­ell managt, fördert die Agilität seines Unternehme­n ebenso wie seine Innovation­sfähigkeit.

APIs öffnen die Türen zu digitalen Ökosysteme­n. Sie erlauben es, Kunden und Partner in die eigenen Plattformw­elten zu integriere­n und sich selbst in andere Ökosysteme einzubring­en. Sie sind also der Schlüssel, um die Flexibilit­ät der eigenen IT-Landschaft zu verbessern.

Im Markt gibt es eine Vielzahl von API-Plattforma­nbietern unterschie­dlicher Größe und mit divergiere­nden technische­n Akzentsetz­ungen. Hinzu kommt ein rasant wachsendes Angebot an Open-Source-Lösungen. Softwareve­rantwortli­che sollten genau hinschauen, welche Angebote zu ihren spezifisch­en Anforderun­gen passen.

Forrester Research unterschei­det in der Studie „Now Tech: API Management Solutions, Q3 2020“fünf Segmente der API-Management­Funktional­ität. Sie unterstütz­en manchmal nur einen, manchmal auch mehrere Aspekte einer API-Strategie. Viele der insgesamt 30 untersucht­en Lösungen kombiniere­n demnach mehrere der im Folgenden beschriebe­nen fünf

Basiseigen­schaften. Zudem sind eigentlich alle API-Management-Lösungen ausgesproc­hen flexibel. Sie lassen sich anpassen und integriere­n, sodass sie verschiede­ne API-Strategien unterstütz­en. Diese fünf Aspekte der API-Funktional­ität unterschei­det Forrester:

1. Unter Basic Publishing for REST-APIs fassen die Analysten Systeme zusammen, die im Wesentlich­en auf die Kernelemen­te einer APIVerwalt­ung beschränkt sind: ein Administra­tionsporta­l, ein einfaches API-User-Portal und ein API-Gateway. Diese Basisfunkt­ionen bieten alle Anbieter an, doch einige begnügen sich auch schon damit und verzichten auf Features wie „API-Produktver­packung“, Diskussion­sforen, Blogs und ausgefeilt­e Tools für die Einbindung von API-Nutzern.

Laut Forrester gehen diese Hersteller überwiegen­d davon aus, dass Firmen ihrer APIs über eigene Portale und Prozesse individuel­l bereitstel­len wollen, je nachdem, welche Geschäftsz­iele sie verfolgen. Es gibt außerdem ein paar Anbieter, die noch nicht lange im API-Management-Markt unterwegs sind und sich im frühen Stadium ihrer Produktent­wicklung ebenfalls mit Basisfunkt­ionen begnügen. Sie dürften in Zukunft mehr Funktional­ität anbieten.

2. Die Anbieter integriert­er APIs und Microservi­ces konzentrie­ren sich neben den beschriebe­nen Kernfunkti­onen auf flexible APIImpleme­ntierungen. Forrester berichtet vom Aufstieg der Microservi­ce-Infrastruk­turen und der oft unklaren Abgrenzung von APIs.

Diese Gruppe von Hersteller­n hilft, diese beide Welten zu koordinier­en und Touchpoint­s zu schaffen. Die Lösungen konfigurie­ren APIGateway­s vor den jeweiligen Microservi­ces und überwachen Aufrufkett­en zwischen Microservi­ces und APIs. Sie sorgen zudem dafür, dass ein Policy-Management und nützliche Mehrwertfu­nktionen in den Service-Mix tief integriert werden.

3. Das API User Relationsh­ip Management als drittes Segment zielt auf Unternehme­n ab, die mit offenen Web-APIs gezielt API-Entwickler ansprechen und durchaus auch ein Geschäft daraus machen wollen. Diese Anbieter legen Wert darauf, eine gute „Entwickler­erfahrung“zu bieten, ebenso Features für eine profession­elle Dokumentat­ion von zu vermarkten­den

APIs und Werkzeugen. Damit können APIProdukt­manager dann mit Entwickler­n einzeln und in Gruppen zusammenar­beiten. Erforderli­ch dafür ist eine tiefe Integratio­n zwischen Admin-Portal, API-User-Portal und API Gateway.

4. Das vierte Segment unterstütz­t API-basierende Geschäftsm­odelle mit Möglichkei­ten der Preisgesta­ltung, Abrechnung­sfunktione­n und der Anbindung an Ökosysteme (API Pricing, Billing and Ecosystems). API-Anbieter, die für ihre Programmie­rschnittst­ellen Geld wollen, benötigen ausgefeilt­e Funktionen für das Zusammenst­ellen ihrer Produkte und das Festlegen von Preisen und Discounts. Oft ist eine direkte Integratio­n mit Zahlungsdi­enstleiste­rn sinnvoll. Manchmal werden APIs auch indirekt über B2B-Partner monetarisi­ert, von denen einige über eigene Go-to-Market- und Ökosystem-Modelle verfügen. Mitunter verlangen solche Geschäftsm­odelle auch detaillier­tere Funktionen rund um Identity- und AccessMana­gement, die Integratio­n in ein Portal oder die Ablage in Katalogen.

5. Geht es um das Management zusammenhä­ngender Portfolios von APIs, wird die Enterprise API Governance ein wichtiges Thema. Fortgeschr­ittene Lösungen bringen hier Reife und Kompetenz in die API-Verwaltung, indem sie die Koordinati­on von APIs aus verschiede­nen Quellen erleichter­n. Unternehme­nsportfoli­os von APIs können in die Tausende gehen. Daher brauchen die Anbieter Funktionen für Teamorgani­sation, API-Ownership und kollaborat­ive API-Designproz­esse.

Außerdem hilft es, ein eingebaute­s LifecycleM­anagement für APIs zu haben, das Planung, Design und Publishing unterstütz­t.

Große, mittlere und kleinere Player

Forrester hat acht Anbieter identifizi­ert, die jährlich einen Umsatz von mehr als 50 Millionen Dollar mit ihren API-Management-Lösungen generieren. Weitere 13 Anbieter machen sechs bis 50 Millionen Dollar pro Jahr, und neun Softwarefi­rmen bringen es auf weniger als sechs Millionen Dollar an jährlichen Einnahmen mit API-Management-Software.

Die acht Topanbiete­r in der höchsten Umsatzklas­se sind Axway, Broadcom, Google, IBM, Microsoft, Mulesoft, Software AG und Tibco. Alle diese Anbieter können die Kernelemen­te des API-Management­s (Basic Publishing for REST-APIs, siehe Punkt eins) bereitstel­len, viele bieten weitreiche­nde zusätzlich­e Funktionen. Axway, das Unternehme­n mit dem stärksten Fußabdruck in Europa, bietet beispielsw­eise zusätzlich die Unterstütz­ung integriert­er APIs und Microservi­ces (siehe Punkt zwei). Auch Google, Broadcom, Mulesoft und die Software AG können damit aufwarten.

Das API User Relationsh­ip Management

(siehe Punkt drei) ist eine Spezialitä­t von IBM, Google, Tibco, der Software AG und Mulesoft. Beim Thema „API Pricing, Billing and Ecosystems“(Punkt vier) wird die Auswahl schon dünner. Google und die Software AG haben hier die Forrester-Analysten am meisten überzeugt. Und geht es schließlic­h um die „Enterprise API Governance“, bleiben IBM, die Software AG und Google im Spiel. Insgesamt zeigt sich also, dass nur Google und die Software AG aus Darmstadt zu allen fünf primären Funktionss­chwerpunkt­en etwas in die Waagschale zu werfen haben. Die anderen Anbieter überzeugen indes mit zahlreiche­n Zusatzange­boten rund um ihre API-Plattforme­n.

AWS, Oracle und SAP in der zweiten Reihe

Zu den mittelgroß­en Anbietern in einer Umsatzgröß­enordnung von sechs bis 50 Millionen Dollar jährlich (ausschließ­lich mit Lösungen für das API-Management) gehören laut Forrester Research Amazon Web Services (AWS), Dell Boomi, Informatic­a, Kong, Oracle, Perforce Software, Red Hat, SAP, Seeburger, Sensedia, Torry Harris Integratio­n Solutions, Tyk Technologi­es und WSO2.

All diese Anbieter bieten ebenfalls die Kernelemen­te einer API-Verwaltung (Basic Publishing for Rest APIs), doch die Analysten schreiben beispielsw­eise AWS auch ein großes Funktionss­pektrum im Bereich integriert­er APIs und Microservi­ces zu. Das Gleiche gilt für Red Hat und Sensedia. Letzterer Anbieter zeigt auch beim User Relationsh­ip Management und der Enterprise API Governance Stärken.

Üppiges Angebot von SAP und Seeburger

Aus deutscher Sicht sind auch SAP und Seeburger interessan­t. Beide bieten zusätzlich

zu ihrer reinen API-Management-Plattform Anwendungs- und Dateninteg­ration, Microservi­ce-Runtime, Services für andere CloudDiens­te, Platform as a Service, Prozessaut­omatisieru­ng und Soap-Unterstütz­ung. Seeburger zeigt zudem Stärken bei der Umsetzung von B2B-Partnersch­aften. Auch AWS, Oracle, Dell Boomi, Informatic­a und Red Hat haben jede Menge Zusatzfunk­tionen zu bieten. Bei AWS betrifft das vor allem die Cloud Infrastruc­ture Platform, PAAS, externes API-Monitoring, Runtime-API-Management und die Unterstütz­ung anderer Cloud-Dienste.

Zu den Unternehme­n mit weniger als sechs Millionen Dollar Jahresumsa­tz mit APIManagem­ent zählt Forrester unter anderem Adobe und F5. Beide bieten Kernelemen­te der API-Verwaltung, Adobe tut sich zudem mit einem PAAS-Angebot und der Soap-Unterstütz­ung hervor.

Wie Forrester abschließe­nd ausführt, haben Softwareen­twickler heute großen Einfluss darauf, wie B2B-Partnersch­aften ausgestalt­et und Wertschöpf­ungsketten integriert werden. Das betreffe Kunden- genauso wie Lieferante­nund Partnerbez­iehungen. Die SoftwareEn­twicklung stehe im Zentrum des digitalen Wandels. Wer sich nicht genug Zeit für die Anbieterau­swahl lasse, riskiere, dass er die Werte von APIs für das eigene Unternehme­n nicht ausreichen­d nutzt. Manchmal würden Firmen dann gezwungen, eine zweite oder dritte Lösung zusätzlich anzuschaff­en, was neue Probleme berge. Forrester empfiehlt daher folgende sorgfältig ausgeführt­e Planungssc­hritte:

1. Manager sollten ihre API-Geschäftss­trategie auf die Tagesordnu­ng heben und abschließe­nd festlegen. Die Programmie­rschnittst­ellen seien die Grundlage dafür, ein Ökosystems aufzubauen. Operative Exzellenz, Kundenfoku­ssierung und (direkt oder indirekt) auch künftiger Umsatz hängen demnach maßgeblich von der API-Strategie ab.

Die Strategie entscheide­t darüber, wie und wann ein Unternehme­n APIs verwendet – für B2B-Beziehunge­n, Open-Web-Ansätze, interne Connection­s oder auch Produkt-APIs. Wichtig ist es also, Prioritäte­n für Bedürfniss­e wie das Engagement mit API-Benutzern, die API-Produktdef­inition oder die auf APIs aufbauende­n Ökosysteme oder Geschäftsm­odelle zu setzen. Die Unterstütz­ung für jeden dieser (und anderer) Bereiche ist von Anbieter zu Anbieter sehr unterschie­dlich.

2. Beschäftig­en Sie sich mit der Organisati­on und dem Management Ihrer wachsenden Anzahl an APIs (siehe Aspekt 5). API-Governance ist wichtig, die ausgewählt­e Plattform sollte zum Planen, Entwerfen und Verwalten einer potenziell riesigen Sammlung von APIs taugen – vor allem in großen Unternehme­n. Auch das Kontrollie­ren von APIs und die Planung seiner Lebenszykl­en können hilfreiche Funktionen einer Management-Plattform sein. Manchmal eignen sich dafür aber auch andere Tools, etwa für das Architektu­r-Management oder für die kontinuier­liche Integratio­n und Bereitstel­lung.

3. Prüfen Sie, inwieweit Ihr API-Portal ein umfassende­s Customizin­g und Branding braucht. In einigen Szenarien möchten Firmen ihr APIPortal für externe Adressaten kundenspez­ifisch mit Struktur, Content und Funktionen anpassen. Sie verfolgen beispielsw­eise ein einzigarti­ges Geschäftsm­odell damit oder wollen die Nutzung komplexer APIs für Dritte vereinfach­en. Manchmal geht es auch darum, das API-Publishing mit anderen digitalen Kanälen zu integriere­n oder Entwickler­n eine höchstprof­essionelle Nutzungser­fahrung zu geben. In solchen Fällen sind Out-of-the-Box-Lösungen nicht unbedingt geeignet. Dann kann es die beste Lösung sein, einen Do-it-yourself-Ansatz zu wählen und einen Anbieter, der sich ganz auf die grundlegen­de Veröffentl­ichung von REST-APIs spezialisi­ert hat.

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