APIs – der Klebstoff für alles
Im digitalen Zeitalter wächst die Bedeutung von Application Programming Interfaces (APIs) rasant. Für deren Management gibt es inzwischen eine Reihe von Plattformen mit verschiedenen Schwerpunkten. Ein Überblick.
Je intensiver Unternehmen an ihren Plattformstrategien arbeiten, desto größer wird die Bedeutung von Application Programming Interfaces (APIs). Wir geben einen Überblick über API-Management-Plattformen.
Die meisten größeren Unternehmen brauchen im Zuge ihrer digitalen Transformation eine API-ManagementLösung als Grundlage, um Beziehungen mit internen und externen Nutzern von Application Programming Interfaces managen zu können und geschäftlichen Nutzen aus ihren Programmierschnittstellen zu ziehen. Wer seine APIs professionell managt, fördert die Agilität seines Unternehmen ebenso wie seine Innovationsfähigkeit.
APIs öffnen die Türen zu digitalen Ökosystemen. Sie erlauben es, Kunden und Partner in die eigenen Plattformwelten zu integrieren und sich selbst in andere Ökosysteme einzubringen. Sie sind also der Schlüssel, um die Flexibilität der eigenen IT-Landschaft zu verbessern.
Im Markt gibt es eine Vielzahl von API-Plattformanbietern unterschiedlicher Größe und mit divergierenden technischen Akzentsetzungen. Hinzu kommt ein rasant wachsendes Angebot an Open-Source-Lösungen. Softwareverantwortliche sollten genau hinschauen, welche Angebote zu ihren spezifischen Anforderungen passen.
Forrester Research unterscheidet in der Studie „Now Tech: API Management Solutions, Q3 2020“fünf Segmente der API-ManagementFunktionalität. Sie unterstützen manchmal nur einen, manchmal auch mehrere Aspekte einer API-Strategie. Viele der insgesamt 30 untersuchten Lösungen kombinieren demnach mehrere der im Folgenden beschriebenen fünf
Basiseigenschaften. Zudem sind eigentlich alle API-Management-Lösungen ausgesprochen flexibel. Sie lassen sich anpassen und integrieren, sodass sie verschiedene API-Strategien unterstützen. Diese fünf Aspekte der API-Funktionalität unterscheidet Forrester:
1. Unter Basic Publishing for REST-APIs fassen die Analysten Systeme zusammen, die im Wesentlichen auf die Kernelemente einer APIVerwaltung beschränkt sind: ein Administrationsportal, ein einfaches API-User-Portal und ein API-Gateway. Diese Basisfunktionen bieten alle Anbieter an, doch einige begnügen sich auch schon damit und verzichten auf Features wie „API-Produktverpackung“, Diskussionsforen, Blogs und ausgefeilte Tools für die Einbindung von API-Nutzern.
Laut Forrester gehen diese Hersteller überwiegend davon aus, dass Firmen ihrer APIs über eigene Portale und Prozesse individuell bereitstellen wollen, je nachdem, welche Geschäftsziele sie verfolgen. Es gibt außerdem ein paar Anbieter, die noch nicht lange im API-Management-Markt unterwegs sind und sich im frühen Stadium ihrer Produktentwicklung ebenfalls mit Basisfunktionen begnügen. Sie dürften in Zukunft mehr Funktionalität anbieten.
2. Die Anbieter integrierter APIs und Microservices konzentrieren sich neben den beschriebenen Kernfunktionen auf flexible APIImplementierungen. Forrester berichtet vom Aufstieg der Microservice-Infrastrukturen und der oft unklaren Abgrenzung von APIs.
Diese Gruppe von Herstellern hilft, diese beide Welten zu koordinieren und Touchpoints zu schaffen. Die Lösungen konfigurieren APIGateways vor den jeweiligen Microservices und überwachen Aufrufketten zwischen Microservices und APIs. Sie sorgen zudem dafür, dass ein Policy-Management und nützliche Mehrwertfunktionen in den Service-Mix tief integriert werden.
3. Das API User Relationship Management als drittes Segment zielt auf Unternehmen ab, die mit offenen Web-APIs gezielt API-Entwickler ansprechen und durchaus auch ein Geschäft daraus machen wollen. Diese Anbieter legen Wert darauf, eine gute „Entwicklererfahrung“zu bieten, ebenso Features für eine professionelle Dokumentation von zu vermarktenden
APIs und Werkzeugen. Damit können APIProduktmanager dann mit Entwicklern einzeln und in Gruppen zusammenarbeiten. Erforderlich dafür ist eine tiefe Integration zwischen Admin-Portal, API-User-Portal und API Gateway.
4. Das vierte Segment unterstützt API-basierende Geschäftsmodelle mit Möglichkeiten der Preisgestaltung, Abrechnungsfunktionen und der Anbindung an Ökosysteme (API Pricing, Billing and Ecosystems). API-Anbieter, die für ihre Programmierschnittstellen Geld wollen, benötigen ausgefeilte Funktionen für das Zusammenstellen ihrer Produkte und das Festlegen von Preisen und Discounts. Oft ist eine direkte Integration mit Zahlungsdienstleistern sinnvoll. Manchmal werden APIs auch indirekt über B2B-Partner monetarisiert, von denen einige über eigene Go-to-Market- und Ökosystem-Modelle verfügen. Mitunter verlangen solche Geschäftsmodelle auch detailliertere Funktionen rund um Identity- und AccessManagement, die Integration in ein Portal oder die Ablage in Katalogen.
5. Geht es um das Management zusammenhängender Portfolios von APIs, wird die Enterprise API Governance ein wichtiges Thema. Fortgeschrittene Lösungen bringen hier Reife und Kompetenz in die API-Verwaltung, indem sie die Koordination von APIs aus verschiedenen Quellen erleichtern. Unternehmensportfolios von APIs können in die Tausende gehen. Daher brauchen die Anbieter Funktionen für Teamorganisation, API-Ownership und kollaborative API-Designprozesse.
Außerdem hilft es, ein eingebautes LifecycleManagement für APIs zu haben, das Planung, Design und Publishing unterstützt.
Große, mittlere und kleinere Player
Forrester hat acht Anbieter identifiziert, die jährlich einen Umsatz von mehr als 50 Millionen Dollar mit ihren API-Management-Lösungen generieren. Weitere 13 Anbieter machen sechs bis 50 Millionen Dollar pro Jahr, und neun Softwarefirmen bringen es auf weniger als sechs Millionen Dollar an jährlichen Einnahmen mit API-Management-Software.
Die acht Topanbieter in der höchsten Umsatzklasse sind Axway, Broadcom, Google, IBM, Microsoft, Mulesoft, Software AG und Tibco. Alle diese Anbieter können die Kernelemente des API-Managements (Basic Publishing for REST-APIs, siehe Punkt eins) bereitstellen, viele bieten weitreichende zusätzliche Funktionen. Axway, das Unternehmen mit dem stärksten Fußabdruck in Europa, bietet beispielsweise zusätzlich die Unterstützung integrierter APIs und Microservices (siehe Punkt zwei). Auch Google, Broadcom, Mulesoft und die Software AG können damit aufwarten.
Das API User Relationship Management
(siehe Punkt drei) ist eine Spezialität von IBM, Google, Tibco, der Software AG und Mulesoft. Beim Thema „API Pricing, Billing and Ecosystems“(Punkt vier) wird die Auswahl schon dünner. Google und die Software AG haben hier die Forrester-Analysten am meisten überzeugt. Und geht es schließlich um die „Enterprise API Governance“, bleiben IBM, die Software AG und Google im Spiel. Insgesamt zeigt sich also, dass nur Google und die Software AG aus Darmstadt zu allen fünf primären Funktionsschwerpunkten etwas in die Waagschale zu werfen haben. Die anderen Anbieter überzeugen indes mit zahlreichen Zusatzangeboten rund um ihre API-Plattformen.
AWS, Oracle und SAP in der zweiten Reihe
Zu den mittelgroßen Anbietern in einer Umsatzgrößenordnung von sechs bis 50 Millionen Dollar jährlich (ausschließlich mit Lösungen für das API-Management) gehören laut Forrester Research Amazon Web Services (AWS), Dell Boomi, Informatica, Kong, Oracle, Perforce Software, Red Hat, SAP, Seeburger, Sensedia, Torry Harris Integration Solutions, Tyk Technologies und WSO2.
All diese Anbieter bieten ebenfalls die Kernelemente einer API-Verwaltung (Basic Publishing for Rest APIs), doch die Analysten schreiben beispielsweise AWS auch ein großes Funktionsspektrum im Bereich integrierter APIs und Microservices zu. Das Gleiche gilt für Red Hat und Sensedia. Letzterer Anbieter zeigt auch beim User Relationship Management und der Enterprise API Governance Stärken.
Üppiges Angebot von SAP und Seeburger
Aus deutscher Sicht sind auch SAP und Seeburger interessant. Beide bieten zusätzlich
zu ihrer reinen API-Management-Plattform Anwendungs- und Datenintegration, Microservice-Runtime, Services für andere CloudDienste, Platform as a Service, Prozessautomatisierung und Soap-Unterstützung. Seeburger zeigt zudem Stärken bei der Umsetzung von B2B-Partnerschaften. Auch AWS, Oracle, Dell Boomi, Informatica und Red Hat haben jede Menge Zusatzfunktionen zu bieten. Bei AWS betrifft das vor allem die Cloud Infrastructure Platform, PAAS, externes API-Monitoring, Runtime-API-Management und die Unterstützung anderer Cloud-Dienste.
Zu den Unternehmen mit weniger als sechs Millionen Dollar Jahresumsatz mit APIManagement zählt Forrester unter anderem Adobe und F5. Beide bieten Kernelemente der API-Verwaltung, Adobe tut sich zudem mit einem PAAS-Angebot und der Soap-Unterstützung hervor.
Wie Forrester abschließend ausführt, haben Softwareentwickler heute großen Einfluss darauf, wie B2B-Partnerschaften ausgestaltet und Wertschöpfungsketten integriert werden. Das betreffe Kunden- genauso wie Lieferantenund Partnerbeziehungen. Die SoftwareEntwicklung stehe im Zentrum des digitalen Wandels. Wer sich nicht genug Zeit für die Anbieterauswahl lasse, riskiere, dass er die Werte von APIs für das eigene Unternehmen nicht ausreichend nutzt. Manchmal würden Firmen dann gezwungen, eine zweite oder dritte Lösung zusätzlich anzuschaffen, was neue Probleme berge. Forrester empfiehlt daher folgende sorgfältig ausgeführte Planungsschritte:
1. Manager sollten ihre API-Geschäftsstrategie auf die Tagesordnung heben und abschließend festlegen. Die Programmierschnittstellen seien die Grundlage dafür, ein Ökosystems aufzubauen. Operative Exzellenz, Kundenfokussierung und (direkt oder indirekt) auch künftiger Umsatz hängen demnach maßgeblich von der API-Strategie ab.
Die Strategie entscheidet darüber, wie und wann ein Unternehmen APIs verwendet – für B2B-Beziehungen, Open-Web-Ansätze, interne Connections oder auch Produkt-APIs. Wichtig ist es also, Prioritäten für Bedürfnisse wie das Engagement mit API-Benutzern, die API-Produktdefinition oder die auf APIs aufbauenden Ökosysteme oder Geschäftsmodelle zu setzen. Die Unterstützung für jeden dieser (und anderer) Bereiche ist von Anbieter zu Anbieter sehr unterschiedlich.
2. Beschäftigen Sie sich mit der Organisation und dem Management Ihrer wachsenden Anzahl an APIs (siehe Aspekt 5). API-Governance ist wichtig, die ausgewählte Plattform sollte zum Planen, Entwerfen und Verwalten einer potenziell riesigen Sammlung von APIs taugen – vor allem in großen Unternehmen. Auch das Kontrollieren von APIs und die Planung seiner Lebenszyklen können hilfreiche Funktionen einer Management-Plattform sein. Manchmal eignen sich dafür aber auch andere Tools, etwa für das Architektur-Management oder für die kontinuierliche Integration und Bereitstellung.
3. Prüfen Sie, inwieweit Ihr API-Portal ein umfassendes Customizing und Branding braucht. In einigen Szenarien möchten Firmen ihr APIPortal für externe Adressaten kundenspezifisch mit Struktur, Content und Funktionen anpassen. Sie verfolgen beispielsweise ein einzigartiges Geschäftsmodell damit oder wollen die Nutzung komplexer APIs für Dritte vereinfachen. Manchmal geht es auch darum, das API-Publishing mit anderen digitalen Kanälen zu integrieren oder Entwicklern eine höchstprofessionelle Nutzungserfahrung zu geben. In solchen Fällen sind Out-of-the-Box-Lösungen nicht unbedingt geeignet. Dann kann es die beste Lösung sein, einen Do-it-yourself-Ansatz zu wählen und einen Anbieter, der sich ganz auf die grundlegende Veröffentlichung von REST-APIs spezialisiert hat.