Mit Red Hat hat sich IBM einen neuen Kern zugelegt
IBM trennt sich von weniger lukrativen Geschäftsbereichen und stellt die Hybrid Cloud in den Mittelpunkt seiner Geschäfte. Ohne Red Hat wäre das nicht möglich gewesen.
Was wäre das vor 20 Jahren für eine Nachricht gewesen: IBM spaltet sich auf, Infrastruktur- und Applikations-Services wandern in ein eigenes Unternehmen (siehe Seite 6). Obwohl Big Blue heute immer noch über 350.000 Mitarbeiter beschäftigt und in nahezu allen großen Konzernen unterwegs ist, ließ die Neuigkeit die Märkte und Anwender auf eine irritierende Weise kalt. Woran liegt‘s? IBM ist, mit Verlaub, nicht mehr so wichtig. Während die Kunden begannen, in die AWS- und Microsoft-Cloud zu migrieren, beschäftigte sich Big Blue mit Themen wie Blockchain, KI und Quantencomputing. Das war sicher verdienstvoll und wird wohl auch neue Rekordzahlen bei Technologiepatenten bringen. Aber die Kunden sahen vor allem, dass IBM im Cloud-Geschäft nicht mitspielte.
Mit der Übernahme von Red Hat hat sich IBM vor zwei Jahren für 34 Milliarden Dollar eine zweite Chance erkauft. Dabei ging es vor allem um die Container-Plattform OpenShift, die das einfache Verteilen von Workloads über verschiedene Public- und Privat-Cloud-Umgebungen ermöglicht. IBM spielt nun im Geschäft um Hybrid-Cloud-Infrastrukturen mit und kann gegen Microsoft und vor allem VMware antreten.
Der künftige Erfolg hängt aber davon ab, ob IBM die Marktverhältnisse im Public-Cloud-Sektor anerkennen wird. Dort lautet die Reihenfolge AWS (33 Prozent Marktanteil) vor Microsoft (18 Prozent) und Google (neun Prozent). Mit OpenShift und weiteren Red-Hat-Produkten kann IBM eine zentrale Drehscheibe im Multi-Cloud-Business werden. Doch dazu sollte CEO Arvind Krishna klare Ansagen bezüglich Offenheit machen. Anwender könnten sonst den Eindruck bekommen, IBM wolle mit Red Hat den Kampf um die Public Cloud wieder aufnehmen. Doch dieser Zug ist abgefahren.