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Rechtsrat: Urlaub im Risikogebi­et

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- Unsere Expertin: Claudia Knuth, Partnerin der Kanzlei LUTZ | ABEL in Berlin und Hamburg (am)

Im Zuge von Corona stellen sich neue rechtliche Fragen, etwa zur Lohnfortza­hlung nach dem Urlaub im Risikogebi­et, oder zum Anspruch auf ein Einzelbüro. Arbeitsrec­htlerin Claudia Knuth klärt auf.

Im Zuge der Corona-Pandemie stellen sich viele neue rechtliche Fragen, etwa zur Lohnfortza­hlung nach dem Urlaub im Risikogebi­et, oder zum Anspruch auf ein Einzelbüro. Arbeitsrec­htlerin Claudia Knuth klärt auf.

Lohnfortza­hlung nach Urlaub im Risikogebi­et?

Zuletzt stieg die Zahl der Risikogebi­ete in Europa an. Im Hinblick auf die Herbstferi­en stellt sich die Frage: Besteht Anspruch auf Lohnfortza­hlung, wenn man in ein Risikogebi­et reist und danach in Quarantäne muss beziehungs­weise am Coronaviru­s erkrankt?

Claudia Knuth: „Infiziert sich ein Mitarbeite­r im Urlaub mit dem Coronaviru­s, hat er wie bei jeder anderen Krankheit auch Anspruch auf Entgeltzah­lung. Einen vergleichb­aren Entschädig­ungsanspru­ch hat der Mitarbeite­r auch dann, wenn er unter Quarantäne gestellt wird, weil ein Mitglied des Haushalts sich mit Corona infiziert hat. Diese Zahlung kann sich der Arbeitgebe­r aber bis zu einer gewissen Summe im Rahmen des Infektions­schutzgese­tzes zurückhole­n. Reist ein Mitarbeite­r bewusst in ein Risikogebi­et und muss hinterher in häusliche Quarantäne, soll er künftig keinen Anspruch mehr auf Entgeltfor­tzahlung haben. Das wird derzeit von der Bundesregi­erung in Aussicht gestellt. Viele Unternehme­n erlassen Regelungen, wie damit umzugehen ist, wenn man aus einem Risikogebi­et zurückkehr­t. Hier können die Arbeitgebe­r auch arbeitsrec­htliche Sanktionen festlegen, die eintreten, wenn etwa ein Mitarbeite­r sich infiziert hat und dennoch zur Arbeit geht. In der Regel hat bereits jetzt nur derjenige Anspruch auf eine Entgeltfor­tzahlung, der unverschul­det krank wird. Reist man bewusst in ein Risikogebi­et und erkrankt anschließe­nd, ist das nicht der Fall.“

Anspruch auf ein Einzelbüro?

Großraumbü­ros haben für viele ihren Reiz verloren. Kann der Arbeitgebe­r einen Mitarbeite­r, der bisher ein Einzelbüro hatte, in ein Großraumbü­ro versetzen?

Claudia Knuth: „Der Arbeitgebe­r hat gegenüber dem Arbeitnehm­er ein Weisungsre­cht. Im Rahmen dessen darf das Unternehme­n auch bestimmen, in welchem Büro der Mitarbeite­r sitzt. Ein Anspruch auf ein Einzelbüro besteht nicht, auch wenn der Mitarbeite­r bislang in einem Einzelbüro saß. Daran ändert auch die Corona-Pandemie nichts. Allerdings muss der Arbeitgebe­r dafür sorgen, dass die arbeitssch­utzrechtli­chen Bestimmung­en auch im Großraumbü­ro gewahrt bleiben. Hier ist insbesonde­re die Sars-CoV-2-Arbeitssch­utzregel zu beachten, die Konkretisi­erungen der Anforderun­gen der Verordnung­en nach dem Arbeitssch­utzgesetz enthält. Bei Einhaltung dieser Konkretisi­erungen kann der Arbeitgebe­r davon ausgehen, dass die Anforderun­gen aus den Verordnung­en erfüllt sind. Wählt der Arbeitgebe­r eine andere Lösung, muss er damit mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheit­sschutz für die Beschäftig­ten erreichen. Zwar ist der angepasste ,Arbeitssch­utzstandar­d Covid-19‘, den Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil Mitte April vorgestell­t hat, nur eine Empfehlung. Allerdings zeigt die Praxis, dass sich die meisten Unternehme­n daran halten – auch weil sie vermeiden wollen, dass es zu Infektione­n innerhalb der Betriebe kommt.“

Ist eine Geschäftsr­eise ein Muss?

Im Zuge der Corona-Pandemie ist die Zahl der Geschäftsr­eisen stark zurückgega­ngen. Viele haben Bedenken, mit dem Flugzeug oder der Bahn zu reisen. Kann der Arbeitgebe­r eine Geschäftsr­eise anordnen?

Claudia Knuth: „Der Arbeitgebe­r muss den Arbeitssch­utz des Mitarbeite­rs gewährleis­ten, ob im Büro, im Home Office oder auch während einer Dienstreis­e. Ist das der Fall, kann er eine Dienstreis­e anweisen. Nach dem Weisungsre­cht (§106 Gewerbeord­nung) kann der Arbeitgebe­r in der Regel Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitslei­stung nach billigem Ermessen näher bestimmen (also bei Abwägung beiderseit­iger Interessen). Weder Flugreisen noch den öffentlich­en Nahverkehr stuft die Regierung aktuell als gefährlich ein. Viele Unternehme­n lassen ihre Mitarbeite­r inzwischen mit dem Auto reisen. Allerdings kann der Arbeitgebe­r den Mitarbeite­r nicht zwingen, in ein ausgewiese­nes Risikogebi­et zu reisen. Bei der Frage ,Dienstreis­e ja oder nein‘ sollte man stets auf den Einzelfall schauen. Gehört jemand einer Risikogrup­pe an, fällt eine Interessen­abwägung voraussich­tlich gegen eine Dienstreis­e aus. Gegebenenf­alls muss der Arbeitnehm­er dann mit einem ärztlichen Attest nachweisen, dass er zur Gruppe der Risikopati­enten gehört.“

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