Backup & Recovery Horizont weitet sich – vom Data Center über die Cloud ins Edge
Immer komplexere IT-Infrastrukturen aus On-Premises- und Cloud-Komponenten, neue Architekturparadigmen wie Microservices, IoT und Edge-Computing sowie große Herausforderungen im IT-Sicherheitsbereich rücken das Thema Backup & Recovery wieder in den Mittelpunkt des Interesses. Einfach nur wichtige Daten regelmäßig auf ein externes Speichermedium zu schieben, reicht nicht mehr aus.
Ganze Systeme, Anwendungslandschaften und Prozesse absichern sowie schnell wiederherstellen – das sind die Anforderungen, die Anwender heute an ihre Backup-&-Recovery-Systeme stellen. Dafür entwickeln die Anbieter ihre Portfolios laufend weiter. Neue Funktionen sollen beispielsweise erlauben, weitverzweigte heterogene Landschaften abzusichern, individuelle SicherungsPolicies für unterschiedliche Systeme, Daten und Anwendungen festzulegen oder mit zentralen Dashboards alle mit Backup & Recovery verbundenen Prozesse im Blick zu behalten. Angesichts der vielfältigen Funktionsumfänge, die sich laufend verändern, sowie der unterschiedlichen Historie und Schwerpunkte der einzelnen Anbieter, fällt es oft schwer, hier den Durchblick zu behalten und die richtige Lösung zu finden. Gartner hat in einem aktuellen „Magic Quadrant for Center Backup and Recovery Solutions“das Lösungsportfolio verschiedener Anbieter sowie deren Standing im Markt bewertet. Als Marktführer sortieren die Analysten folgende Anbieter im LeaderQuadranten ein: Cohesity, Commvault, Dell Technologies, IBM, Rubrik, Veeam und Veritas Technologies. Eine interessante Mischung – gestandene Backup-Spezialisten wie Dell,
IBM und Veritas werden von Newcomern wie Cohesity, Rubrik und Veeam herausgefordert.
Cohesity
Cohesity hat sich von einem Visionär zu einem der Marktführer entwickelt. Zentrale BackupLösung des in San José beheimateten US-Anbieters ist „DataProtect“als Bestandteil der übergeordneten „Data Platform“. Dabei handelt es um eine Art Software-defined-Lösung, mit deren Hilfe Anwender verschiedene Workloads rund um ihr Datenmanagement steuern können sollen. Cohesity adressiert als Kunden den gehobenen Mittelstand sowie Konzerne. Es sollen möglichst viele Cloud- und HardwareInfrastrukturen unterstützt sowie unterschiedliche Datenplattformen unter seinem BackupSchirm vereint werden. Seit 2019 werden beispielswiese Oracle RAC und SAP Hana mit eingebunden. Im Mai vergangenen Jahres hat Cohesity zudem Imanis Data übernommen, um auch Daten aus NoSQL-Datenbanken wie MongoDB, Cassandra und Couchbase in seine Backup-Welt zu integrieren.
Stärken: Zu den Stärken der Backup-Plattform zählen die Gartner-Analysten „Helios“, ein SaaS-basiertes Cockpit, über das Anwender verteilte Backup-Landschaften zentral überwachen und steuern könnten. Integriert sind hier Funktionen wie Kapazitätsmanagement und Problemanalysen, aber auch Security-Features wie zum Beispiel eine Ransomware-Erkennung. Dazu kommt eine breite Hardware-Unterstützung. Das erleichtere es, das BackupSystem im eigenen Unternehmen zu skalieren. Auch bei Service und Support habe der Anbieter viele Punkte bei seinen Kunden gesammelt, heißt es in dem Analystenbericht.
Schwächen: Arbeiten müssen die CohesityVerantwortlichen noch an ihrer Software. Eine hohe Taktfrequenz in den Releases der DataPlatform hat laut Gartner zu einer vergleichsweise hohen Zahl von Fehlern geführt. Etliche Anwender hätten sich bereits über Probleme im Betrieb beschwert. Auch das Reporting könne besser sein, heißt es. Vor allem Detailtiefe und Funktionalität ließen noch zu wünschen übrig. Außerdem müsse das Startup noch an seiner Marktdurchdringung arbeiten.
Commvault
Der bereits seit 1996 existierende US-Anbieter Commvault richtet sich vor allem an größere Unternehmen. Das Backup-&-Recovery-Portfolio umfasst zwei Produktlinien: „Complete Backup & Recovery“und „Hyperscale“– letztere besteht aus einer Reihe spezieller Appliances. Commvault erweitert seit einigen Jahren seine klassische Produktpalette, die auf Softwareagenten und einem zentralen Steuerungsund Verwaltungs-Server beruht. 2019 kündigte der Hersteller mit „Commvault Metallic“eine Backup-as-a-Service-Offerte für mittelständische Kunden an. Außerdem wurde mit Hedvig ein Software-defined Storage-Anbieter übernommen. Darüber hinaus haben die Entwickler Funktionen geschaffen, um auch CloudUmgebungen aller Art tiefer in das Backup & Recovery einbinden zu können.
Stärken: Commvault unterstützt von allen betrachteten Lösungsanbietern die breiteste Palette an Applikationen, Datenbanken, Betriebssystemen, Storage-Geräten und CloudUmgebungen, stellt Gartner fest. Vor allem die Einbeziehung von Public-Cloud-Ressourcen wie Amazon Web Services (AWS) und Microsoft Azure helfe Kunden dabei, ihre Workloads rund um IaaS, PaaS und SaaS abzusichern.
Die Cloud-Orientierung spiegelt sich auch im Preismodell wider. Commvault offeriert ein Subscription-Modell, das bereits etliche Kunden nutzten. Das komme den Wünschen vieler Anwender entgegen, urteilen die Analysten.
Schwächen: Gerade die klassischen Commvault-Installationen können angesichts der zahlreichen Komponenten schnell unübersichtlich werden, warnt Gartner: Agenten für Client-Schnittstellen und Datenbewegungen, Konsolen für den operativen Betrieb und das zentrale Management und Monitoring sowie Tools für Orchestrierung, Suche und Compliance machten die Backup-Konstruktion durchaus komplex. Auch externe Abhängigkeiten machen dem Anbieter zu schaffen. So basiert die Hyperscale Appliance auf einem Red Hat File System. In Sachen Updates und Bug-Fixes muss sich Commvault also auf einen anderen Anbieter verlassen.
Dell Technologies
Das Software-Portfolio für Backup & Recovery aus dem Hause Dell besteht im Wesentlichen aus der Data Protection Suite, die Lösungen wie Avamar, NetWorker und den PowerProtect Data Manager umfasst. Die Texaner bieten darüber hinaus vorkonfigurierte Appliances an, in unterschiedlichen Produktreihen wie PowerProtect DD Series oder X Series. Dell ist weltweit vertreten und adressiert Kunden aus dem Mittelstand sowie Großunternehmen. Gartner zufolge investiert der Hersteller in die Weiterentwicklung seiner Produkte beispielsweise in neue Nutzeroberflächen beziehungsweise eine tiefere Integration mit VMware.
Stärken: Neben der starken globalen Marktpräsenz heben die Analysten die gute Produktqualität bei Dell hervor. Kunden würden nur von wenigen Problemen mit den aktuellen Software-Releases berichten. Auch technisch könnten die Lösungen überzeugen. Beispielsweise erlaube PowerProtect DD in Kombination mit der Data Protection Suite eine hohe Datenreduktionsrate. Das senke den Speicherbedarf und damit auch die Kosten.
Schwächen: In der Kritik steht die teilweise hohe Komplexität der Backup-&-RecoveryLösungen von Dell. Das betreffe gerade die Cloud-Werkzeuge, so die Analysten. Dazu gebe es zahlreiche Funktionsüberlappungen der Cloud-native Tools aus der Virtual Edition und den On-Premises-Werkzeugen, mit deren Hilfe sich auch Public-Cloud-Ressourcen integrieren ließen. Auch das Management und Monitoring der Lösungen ist offenbar nicht einfach. An einer einheitlichen Nutzererfahrung für OnPremises- und Cloud-Umgebungen werde noch gearbeitet. Kunden beklagen darüber hinaus hohe Wartungsgebühren.
IBM
IBM fasst seine Backup-&-Recovery-Lösungen in der „Spectrum Protect Suite“zusammen. Hier finden sich Tools wie Spectrum Protect, Spectrum Protect Plus, und Spectrum Copy Data Management. Die Werkzeuge lassen sich mit einer Vielzahl von Applikationen verknüpfen. Wie Dell ist auch IBM weltweit vertreten, adressiert allerdings vorwiegend größere Unternehmen mit seinen Lösungen. Dem Hersteller geht es wie auch einigen anderen Anbietern darum, die Einsatzmöglichkeiten seiner Werkzeuge möglichst breit aufzufächern und diese mit anderen Lösungen zu integrieren.
Stärken: IBM ist mit seiner Backup-&-RecoveryLösung up to date, sagen die Analysten, zumindest was die Container-Technik betrifft. Sie verweisen auf die Container Storage Interfaces (CSIs), mit deren Hilfe Anwender mit den Backup-Tools Snapshots von Volumes in Containern anlegen könnten. Auch die starke Marktpräsenz direkt und über ein weit verzweigtes Partnernetz hebt Gartner hervor. Zu den weiteren Vorteilen zähle ein einfaches Preismodell.
Schwächen: IBM fehlt es an der Integration in andere Cloud-Infrastrukturen. Laut Gartner gibt es noch keine Snapshot-APIs für Amazon Elastic Compute, Microsoft Azure VMs oder die Google Compute Engine. Backups in Sharepoint, einige NoSQL-Datenbanken und Nutanix AHV VMs sind nur über Tools von Drittanbietern möglich. Das erhöhe die Komplexität im Betrieb von IBMs Backup-Suite, monieren die Gartner-Analysten. Ferner kritisieren sie IBMs Feature-Politik in den Tools. Teilweise müssten Kunden verschiedene Tools installieren, um eine bestimmte Funktionalität zu erhalten.
Rubrik
Rubrik hat es im aktuellen Gartner-Bericht erstmals in den Leader-Quadranten geschafft. Hauptprodukt ist Rubrik Cloud Data Management (RCDM), das auch die Basis für die Backup-Funktionen bildet. Flankierend gibt es einige weitere Funktionsblöcke wie „Polaris“, eine SaaS-Plattform, die Anwendern eine Art Management-Cockpit bietet, um Daten sichtbar zu machen und zu klassifizieren. Das soll unter anderem bei der Abwehr von RansomwareAttacken helfen. „Mosaic“ist darauf ausgerichtet, NoSQL-Workloads abzusichern.
Stärken: RCDM basiert auf einem eigenen proprietären File-System, dass Anwendern eine hohe Skalierung in Sachen Leistung und
Kapazitäten erlauben soll. Gartner berichtet von Kunden, die Backups von mehr als einem Petabyte in einem einzelnen Cluster fahren. Das Startup legt besonderen Wert auf Sicherheit. Mit „Polaris Radar“ließen sich die Backup-Umgebung laufend beobachten und Anomalien aufdecken. Backup-Daten werden in einem Format abgelegt, das nicht verändert werden kann. Das soll die Backups immun gegen Ransomware-Attacken machen.
Schwächen: Rubrik hat seine Stärken in der Cloud. Die Integration über Snapshot APIs in Storage Arrays anderer Hersteller sei noch ausbaufähig, sagt Gartner. Das hohe Schutzniveau habe darüber hinaus seinen Preis. RCDM benötige einen VM-Cluster mit mindestens vier Knoten in der Cloud, um dort Applikationen und Datenbanken abzusichern. Zudem unterstützt RCDM keine Wiederherstellung von Active-Directory-Objekten.
Veeam
Veeam hat sein Portfolio in den vergangenen Jahren kontinuierlich ausgebaut – auch durch Akquisitionen. Erst Anfang Oktober wurde für 150 Millionen Dollar Kasten übernommen, ein Spezialist für Kubernetes-basierende Backup&-Recovery-Dienste im Container-Umfeld. Das Backup-Portfolio basiert in erster Linie auf der „Availability Suite“. Darin enthalten: „Veeam Backup & Replication“sowie „Veeam One“, eine Kombination aus „Veeam Monitor“und „Veeam Reporter“für die Analyse und das Monitoring von Backup-Szenarien. Diese Kern-Suite wird von weiteren Backup-Diensten, beispielsweise für Office 365 und AWS sowie von Steuerungsund Management-Services wie dem Availability Orchestrator flankiert.
Stärken: Die Gartner-Analysten heben die Monitoring-, Reporting- und Diagnose-Fähigkeiten der Veeam-Lösung hervor. Damit seien Anwender in der Lage, Konfigurations- und Leistungsprobleme in ihren Infrastrukturen zu entdecken und mithilfe weiterer Features auch automatisch zu beheben. Als flexibel und kundenfreundlich bewertet Gartner das Lizenzmodell von Veeam. So lassen sich beispielsweise On-Premises-Lizenzen bei einem Umstieg in die Cloud mitnehmen. BackupDienste sind granular angelegt, zum Beispiel für Microsoft Exchange, Sharepoint und Office 365 – zugleich können Anwender ein gemeinsames zentrales Speicher-Repository für alle diese Microsoft-Angebote verwenden.
Schwächen: Die zahlreichen Tools und Dienste, die Veeam im Laufe der Jahre entwickelt oder zugekauft hat, können die Administration einer breit aufgefächerten Veeam-Installation durchaus komplex machen, warnen die Gartner-Analysten. Dazu kommen trotz aller Anstrengungen immer noch funktionale Lücken. So fehlt beispielsweise Backup-Support für DBaaS-Angebote (Database as a Service) wie die Amazon Relational Database Service (Amazon RDS) oder Azure SQL Datenbanken.
Veritas
Veritas ist ein alter Hase im Storage-Management- und Backup-&-Recovery-Geschäft. Der Klassiker im Backup-Portfolio ist „NetBackup“mit verschiedenen Software- und ApplianceAusprägungen. Für eher heterogen zusammengesetzte Infrastrukturen aus On-Premises-, Cloud- und virtualisierten Komponenten hat der Anbieter „BackExec“im Programm. Hier sind auch Tools für die Absicherung gegen Ransomware-Attacken integriert. Auch
Veritas baut sein Portfolio durch Übernahmen aus: 2019 wurde Aptare übernommen, ein Spezialist für das Monitoring und die Analyse von VMs sowie Speicher- und Backup-Umgebungen. Im September 2020 folgte mit Globanet ein Compliance-Experte.
Stärken: Veritas NetBackup skaliert hoch und eignet sich auch für großvolumige Backup-Szenarien. Einige Kunden arbeiten im PetabyteBereich und sichern mehr als 10.000 virtuelle Maschinen in einer einzigen Backup-Umgebung, berichtet Gartner. Darüber hinaus sei NetBackup via „CloudPoint“gut in verschiedene Clouds wie AWS, Azure und GCP integriert. Über native Snapshot-Features ließen sich dort eingerichtete virtuelle Instanzen sichern. Kunden könnten sich zudem auf ein global ausgebautes Firmen- und Partnernetz verlassen.
Schwächen: Für bestimmte Features müssen Veritas-Anwender auf Werkzeuge von Drittanbietern zurückgreifen, beispielsweise wenn es um Backups von SaaS-Diensten wie Office 365, Salesforce und die G Suite geht. Um ganz auf Nummer sicher zu gehen, müssen Anwender zusätzliche Backups einplanen, denn das primäre Backup durch NetBackup ist mit Ausnahme einer Tape-Sicherung nicht unveränderbar.