Im Home Office kommt das informelle Lernen zu kurz
Wenn Mitarbeiter im Home Office etwas vermissen, dann ist es der schnelle, informelle Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen. Unternehmen sollten etwas tun, damit diese wichtige Art des Lernens nicht zu kurz kommt.
Nick Petch, Head of Learning Experience beim Trainingsanbieter imc, unterscheidet zwischen zwei Lernarten: Beim formalen Lernen wird ein vorher definierter Inhalt zu einem bestimmten Zeitpunkt gepaukt, unabhängig davon, ob das Wissen gerade gebraucht wird oder nicht. Informelles Lernen geschieht dagegen eher unbewusst, etwa „wenn wir googeln, bei Wikipedia nachlesen oder zum Kollegen nebenan gehen, um konkret etwas zu erfragen.“
Dieses informell erworbene Wissen können Mitarbeiter unmittelbar nutzen, da sie die Information genau in dem Moment erhalten, in dem sie sie brauchen. Laut Petch können sich Menschen solche Informationen oft besser merken, als irgendeinen Stoff, den sie im Rahmen einer Weiterbildung gelernt haben. Studien zeigen, dass mittlerweile fast 70 Prozent der Kompetenzerweiterung im betrieblichen Kontext durch informelles Lernen geschehen. „Es ist wichtig, eine ausgewogene Mischung aus formalem und informellem Lernen zu finden“, betont Petch. Beides müsse aufeinander aufbauen: „Beim formalen Lernen bekomme ich die Werkzeuge an die Hand, beim informellen Lernen kann ich dann aussuchen, welches Werkzeug ich wann und wie nutze.“
Sitzen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Home Office, kommt bei ihnen das informelle Lernen häufig zu kurz. Darum gibt Lernexperte Petch drei Tipps, wie es auch remote und auf viele Standorte verteilt gelingen kann, von informellem Lernen zu profitieren:
1. Informelle Lerninhalte sichtbar machen
Behalten Sie informell erhaltene Informationen, die auch anderen helfen könnten, nicht für sich.
Teilen Sie Ihr Wissen in internen Blogs oder Wikis. Eine weitere Möglichkeit sind regelmäßige Feedback-Runden per Webkonferenz, zum Beispiel nach abgeschlossenen Projekten, bei denen die gewonnenen Erkenntnisse miteinander geteilt und für alle dokumentiert werden.
2. Coaching und Mentoring
Nutzen Sie Möglichkeiten zum regelmäßigen Austausch. Ein (abteilungsübergreifendes) Coaching und Mentoring kann auch online stattfinden. Kontaktieren Sie diejenigen im Unternehmen, die Neuerungen immer als erste anwenden oder in einem Fachgebiet sehr erfahren sind. Meist freuen sich Kolleginnen und Kollegen, wenn sie als Experten gelten und geben gerne ihre Expertise in einem Telefonat oder Chat weiter.
3. Eine offene Lernkultur etablieren
Fehlt es bei Ihrem Arbeitgeber an einer offenen Lernkultur und ist die Weitergabe von Wissen nicht fest im Denken jedes Mitarbeitenden verankert, fällt es schwer, informelles Lernen ins Home Office zu transportieren. Gehen Sie dann mit gutem Beispiel voran und teilen Sie neue Informationen mit allen, die davon profitieren könnten. Kontaktieren Sie Kollegen, die ihr Wissen anscheinend wie einen Schatz horten. Regen Sie an, sich regelmäßig virtuell zu treffen, um sich unkompliziert austauschen zu können. Oft verblassen mit der Zeit anfängliche Vorbehalte, die manche Personen gegen informelle Wissensvermittlung haben, und es gelingt nach und nach, eine offene Lernkultur zu etablieren.