Digitaler Fortschritt geht auch ohne neue ERP-Generation
Viele Unternehmen sparen in der Coronakrise an ihrer Business-Software. SAP konnte ihnen bislang nicht klarmachen, warum ein S/4-HanaUmstieg ihre Geschäfte ankurbeln wird.
Es ist kein Wunder, dass Europas größtes Softwarehaus in der Coronakrise Federn lassen muss. Nur wenige Tage, bevor SAP die Katze aus dem Sack ließ und die zweite Gewinnwarnung seit April veröffentlichte (siehe Seite 6), tagte der SAP-Anwenderverein DSAG, und die Stimmung unter den virtuell Teilnehmenden war alles andere als euphorisch. 43 Prozent der Anwender legen demnach ihre S/4-Hana-Umstellungspläne erstmal auf Eis. Ihr Grund sollte den Walldorfern eine Warnung sein: Die Kunden sehen für diese teuren Softwareprojekte keinen konkreten Business Case. Außerdem bedeutet für viele die Umstellung auf die neue Software, egal ob klassisch on-Premises oder in der Cloud, noch lange keinen signifikanten Digitalisierungsfortschritt. Den erwarten die Anwender eher von Lösungen für Prozessoptimierung und Automatisierung. Sie investieren also verstärkt in Technologien wie Enterprise Service Management, Process Mining oder auch Robotic Process Automation (RPA).
Natürlich: Irgendwann werden die SAP-Kunden zwangsläufig auf die nächste Softwaregeneration wechseln – nur eben jetzt erstmal nicht. Zu groß sind die Unsicherheiten in der Coronakrise. Warum das so ist, wird deutlich, wenn man auf neueste Ergebnisse unserer Marktforschungskollegen von IDG Research Services schaut. Demnach sehen 37 Prozent von 655 befragten CIOs und Business-Entscheidern ihre Geschäftsmodelle durch Covid-19 negativ beeinflusst, weitere 25 Prozent sehen diese sogar teilweise oder komplett ausgehebelt. In 43 Prozent der Betriebe wurden die Investitionsbudgets spürbar zusammengestrichen, auch die IT-Budgets mussten in knapp 40 Prozent der Fälle bluten. Dass eine aufwendige SAP-Migration unter diesen Umständen erst einmal auf Eis liegt, überrascht wohl niemanden – außer vielleicht ein paar SAP-Aktionäre.
Herzlich, Ihr