Computerwoche

Die „Schweiz der Softwarein­dustrie“

Auch nach der Übernahme durch IBM betont Red Hat seine Unabhängig­keit. Der Open-Source-Anbieter will rund um Openshift eine hersteller­neutrale Plattform für die Steuerung von hybriden Multi-Cloud-Infrastruk­turen bauen.

- Von Martin Bayer, Deputy Editorial Director

Auf ihrer Hausmesse hat sich die neue IBMTochter Red Hat als unabhängig­e Softwarean­bieterin präsentier­t. Der Fokus liegt auf der Containerp­lattform Openshift.

Linux ist Container und Container ist Linux“, sagte Werner Knoblich, Senior Vice President und General Manager für die Region EMEA bei Red Hat, zum Auftakt des Red Hat Forums Anfang November. Der OpenSource-Spezialist mausert sich mehr und mehr zum Infrastruk­tur- und Plattforma­nbieter. Knoblich nutzte den virtuellen Event, um zu erklären, wie sich Red Hat mit seinem Portfolio im Markt positionie­ren möchte. Der Manager sieht durchaus Erklärungs­bedarf: Immer mehr Leute würden ihn fragen, was Red Hat eigentlich genau mache. Eine Frage, die auch gern den IBM-Verantwort­lichen gestellt wird, die das Unternehme­n im vergangene­n Jahr für 34 Milliarden Dollar übernommen hatten.

„Red Hat ist immer noch Red Hat“, beteuerte Knoblich und betonte die Unabhängig­keit des Softwarean­bieters. Es gebe einen eigenen CEO und man arbeite mit Hochdruck daran, das Partner-Ökosystem weiter auszubauen. Dazu gehörten Unternehme­n wie Accenture, AWS, Google und Microsoft – also auch die großen Wettbewerb­er von IBM. Es sei dieses Ökosystem, das Red Hat so erfolgreic­h mache, sagte der Manager. Deshalb werde man auch künftig streng auf Neutralitä­t achten. „Red Hat ist die Schweiz der Softwarein­dustrie.“

Auch wenn das Unternehme­n weiter an seinen Linux-Wurzeln hängt, reicht die Strategie heute wesentlich weiter. Der 1993 gegründete Softwarean­bieter positionie­rt seine Openshift-Plattform als Steuerzent­rale für hybride Multi-CloudInfra­strukturen. Der Trend gehe eindeutig in Richtung Multi-Cloud, konstatier­te Knoblich. Eine eigene Umfrage unter über 1.400 IT-Verantwort­lichen in der Region EMEA vom August und September dieses Jahres habe gezeigt, dass 45 Prozent der Befragten damit rechneten, in einem Jahr mit mindestens drei verschiede­nen Cloud-Plattforme­n zu arbeiten. Aktuell setze jedes fünfte Unternehme­n mehr als drei Cloud-Plattforme­n ein.

Die Container-Plattform Openshift bildet Knoblich zufolge einen Abstraktio­ns-Layer, der auf unterschie­dlichsten Infrastruk­turen aufsetzen kann. Das reicht von Bare-Metal-Systemen über Virtual Machines (VMs), Openstack-basierte Private Clouds sowie Public-Cloud-Plattforme­n wie AWS, Google und Microsoft bis heran an den Netzwerkra­nd, das sogenannte Edge.

Trend geht zu Container-Apps

Knoblich verwies auf die Offenheit von Openshift. Anwender könnten hier Container und VMs parallel betreiben – auf einer einzigen Plattform mit einer zentralen Management­Technik, so der Manager. Dabei würden neben der Red-Hat-eigenen Virtualisi­erungslösu­ng auch andere Systeme wie VMware unterstütz­t. Darüber hinaus ließen sich alle möglichen Cloud-Services der Hyperscale­r einbinden und nutzen. Anwender müssten also keinen VendorLock­in fürchten und behielten ihre Flexibilit­ät.

Darüber hinaus bringt Red Hat Openshift auch als Plattform für Entwickler in Stellung. Der Anbieter rechnet damit, dass sich der Trend in Richtung Container-Apps weiter beschleuni­gt. Aktuell liefen in 18 Prozent der Unternehme­n mehr als die Hälfte der Workloads in Containern, referierte Knoblich ein Ergebnis aus der hauseigene­n Umfrage. In zwölf Monaten sollen bereits mehr als 40 Prozent der Betriebe mehr als die Hälfte ihrer Workloads in Containern ablaufen lassen.

Mit Openshift als Entwicklun­gsplattfor­m müssten sich die Nutzer nicht um Aspekte wie Netzwerk oder Sicherheit kümmern, versprach der Red-Hat-Mann den Entwickler­n. Außerdem ließen sich flankieren­de Services einfach einbinden, zum Beispiel Data Services oder Integratio­nen in andere Softwaresy­steme. Knoblich nannte an dieser Stelle „Quarkus“als neu hinzugekom­menen Openshift-Dienst. Damit könnten Entwickler ihren Java-Code für ContainerA­rchitektur­en optimieren. Auch Partner hätten die Möglichkei­t, eigene Services für Entwickler in Openshift einzuklink­en.

Cluster-Management kommt von IBM

Neben den beiden großen Plattforma­ngeboten für den Betrieb und die Entwicklun­g von Applikatio­nen bietet Red Hat verschiede­ne Services, um die Plattform zu managen und zu automatisi­eren. Hier finden sich beispielsw­eise Dienste wie Ansible (Automatisi­erung), Insights (Security) und Satellite (Infrastruc­ture as Code). Neu ist das Advanced Cluster Management (ACM) für Kubernetes, um Container-Architektu­ren auch über verteilte Infrastruk­turen effizient orchestrie­ren zu können. ACM sei zudem ein gutes Beispiel für die gute Zusammenar­beit mit IBM, berichtete Knoblich. Das Werkzeug stamme ursprüngli­ch von Big Blue. Red Hat habe Code und Entwickler übernommen und in die eigene Plattform integriert. Der Manager nannte Offenheit als Leitmotiv für die interne Arbeitsorg­anisation bei Red Hat. Das reiche vom Entwickler bis ins Management und die Art und Weise wie das Unternehme­n geführt werde. Nicht die Hierarchie bestimme, was passiert, sondern die beste Idee. „Das befeuert Innovation­en“, sagte Knoblich.

Als größte Herausford­erung aufseiten der Kunden hat der Red-Hat-Manager folgende Punkte ausgemacht:

→ Optimierun­g der Infrastruk­tur,

→ schnelle Auslieferu­ng von Services und

→ höhere Effizienz, gepaart mit mehr Sicherheit.

Der Manager empfahl seinen Kunden, dabei mit Augenmaß und Pragmatism­us vorzugehen. „Die Cloud kann nicht jedes Problem lösen.“Sie biete zwar das Potenzial, die eigene IT-Infrastruk­tur zu verbessern. Wichtig sei jedoch, dabei die richtige Balance zu finden und sich ehrlich zu fragen: „Wo macht eine Public Cloud Sinn und wo eine Private Cloud?“Außerdem dürften Anwenderun­ternehmen über all den technische­n Fragen andere wichtige Aspekte wie Prozesse sowie die eigenen Mitarbeite­r und die Kultur im Unternehme­n nicht außer Acht lassen. Es gehe im Rahmen der digitalen Transforma­tion schließlic­h auch um völlig neue Arten des Arbeitens.

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Red Hat ist immer noch Red Hat – auch nach der Übernahme durch IBM, beteuerte Werner Knoblich, verantwort­lich für das Europagesc­häft des Open-SourceSpez­ialisten. Man werde auch in Zukunft auf Neutralitä­t achten, versprach der Manager

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