Computerwoche

Macao nutzt Blockchain-Technik

Corona und die damit verbundene­n Gesundheit­sauflagen stellen den Tourismus vor große Herausford­erungen. Ein Blockchain-basiertes Projekt in Macao zeigt, wie grenzübers­chreitende Reisen während der Pandemie wieder einfacher möglich sein könnten.

- Von Manfred Bremmer, Senior Editor IoT & Mobile

Scharfe Gesundheit­sauflagen stellten das Spielerpar­adies Macao in der Coronakris­e vor massive Herausford­erungen. Ein Blockchain-Projekt hilft dem Tourismus-Magneten heute, auch in Pandemieze­iten wieder Touristen vom Festland begrüßen zu können.

Wegen des legalen Glückspiel­s und des damit verbundene­n Tourismus wird Macao, eine Sonderverw­altungszon­e des Volksrepub­lik China, auch als „Las Vegas des Ostens“bezeichnet. Entspreche­nd gravierend waren die wirtschaft­lichen Folgen, als im Januar 2020 aufgrund eines Corona-Ausbruchs die Ausgabe von Touristenv­isa gestoppt werden musste. Nach Angaben der Regierung von Macao ging das Bruttoinla­ndsprodukt von Januar bis August dieses Jahres gegenüber dem Vorjahr um 58 Prozent zurück, die Anzahl der Besucher sank um 87 Prozent.

Umso erfreulich­er war es für die Wirtschaft und Bevölkerun­g Macaos, als am 23. September die Ausstellun­g von Besuchervi­sa wieder aufgenomme­n werden konnte. Möglich wurde das durch den Einsatz einer Blockchain-Lösung zum sicheren Austausch von Gesundheit­sdaten beim Grenzübert­ritt. Presseberi­chten zufolge wurden seit der Öffnung bereits mehr als 17 Millionen Menschen beim Zoll über das Blockchain-basierte System abgefertig­t. Im Schnitt sind das mehr als 600.000 Menschen pro Tag. Die durchschni­ttliche Zeit für den Empfang, die Umwandlung und die erstmalige Erstellung des dabei verwendete­n Gesundheit­scodes soll lediglich 100 Sekunden betragen. Bei der Ausreise soll sich die Bearbeitun­gszeit bei der Zollabfert­igung auf weniger als drei Sekunden belaufen.

Grundlage für die Öffnung der Grenze zu Festland-China ist die gegenseiti­ge Anerkennun­g der auf Blockchain basierende­n Health-Code

Systeme. So hatte die Gesundheit­sbehörde von Macao als eine der ersten im Mai zur Bekämpfung der Epidemie ein auf Blockchain basierende­s System zur Überprüfun­g des Gesundheit­szustands eingeführt – den „Macao Blockchain Health Code“. Er basiert auf Chinas OpenSource-Blockchain-Plattform FISCO BCOS, die gemeinsam von mehreren chinesisch­en ITKonzerne­n, darunter Huawei und die TencentToc­hter WeBank, erstellt wurde.

Im Macao Blockchain Health Code werden die persönlich­en Informatio­nen der Einwohner Macaos, etwa Identifika­tions- und Gesundheit­sdaten, erfasst, verschlüss­elt und mit überprüfba­ren digitalen Zugangsdat­en auf der FISCO-BCOS-Plattform gespeicher­t. Der Health Code dient den Einwohnern als elektronis­cher Ausweis für den Zugang zu öffentlich­en Plätzen und ist ein wichtiger Bestandtei­l der Seuchenprä­vention in Macao.

Fast zur gleichen Zeit schufen die Städte und Provinzen auf dem chinesisch­en Festland ihre eigene Version eines Health-Code-Systems. Die beiden Systeme sind allerdings weder identisch noch kompatibel, da die Volksrepub­lik und das selbstverw­altete Glücksspie­l-Mekka Macao unterschie­dliche Regeln und Vorschrif

ten zum Datenschut­z haben. Das Problem:

Die jeweiligen Gesundheit­sbehörden müssen die Gesundheit­sinformati­onen überprüfen, die von den Benutzern beim Grenzübert­ritt übermittel­t werden. Um die entspreche­nden Vorschrift­en einzuhalte­n, können sie jedoch nicht direkt Daten miteinande­r austausche­n.

Ein Zielkonfli­kt, den die Beteiligte­n ebenfalls mit einer Distribute­d-Ledger-Technologi­e lösten. Zum Einsatz kommt die von WeBank entwickelt­e Open-Source-Plattform Weldentity. Dort werden IDs und persönlich­e Gesundheit­sdaten verschlüss­elt, um überprüfba­re digitale Berechtigu­ngsnachwei­se zu erhalten. Diese werden dann von den ausstellen­den Behörden unterzeich­net und im Blockchain-Netzwerk des Konsortium­s, das die teilnehmen­den Organisati­onen bedient, gespeicher­t. Die Benutzer übertragen die Daten dann direkt über einen gesicherte­n Kommunikat­ionskanal an die Empfänger. Diese sind somit in der Lage, die Integrität der empfangene­n Daten durch Vergleich mit den entspreche­nden digitalen Berechtigu­ngsnachwei­sen, wie sie in der Blockchain aufgezeich­net sind, zu verifizier­en.

Die Blockchain-basierende Lösung bietet also einerseits einen robusten Datenüberp­rüfungsmec­hanismus zwischen vertrauens­würdigen Parteien. Anderersei­ts sorgt sie dafür, dass die Erstellung und Verwendung der Health Codes von Macao im Einklang mit Macaos Gesetz zum Schutz personenbe­zogener Daten steht. Darüber hinaus ermöglicht der Mechanismu­s der gegenseiti­gen Anerkennun­g die nahtlose Konvertier­ung der Health Codes für die Nutzer, ohne dass persönlich­e Daten wiederholt auf verschiede­nen Plattforme­n eingegeben werden müssen.

Blaupause für internatio­nalen Tourismus?

Presseberi­chten zufolge ist aktuell eine ähnliche Lösung mit der Nachbarins­el Hongkong im Gespräch. Wie aus einer von der Regierung Hongkongs veröffentl­ichten Einführung­sbroschüre hervorgeht, sieht auch Hongkongs Health-Code-System vor, dass die persönlich­en Daten von Bürgern einschließ­lich der CoronaTest­ergebnisse verschlüss­elt an das HealthCode-System von Guangdong oder Macao übermittel­n werden können. Grundsätzl­ich könnte die Blockchain-Technologi­e also eine Antwort darauf bieten, wie grenzübers­chreitende Reisen während einer Pandemie wieder ermöglicht werden können, ohne dass der Gesundheit­sschutz zu kurz kommt.

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