Computerwoche

Die virtuelle Arbeitswel­t ist noch ziemlich fragil

Die Mitarbeite­r ins Home-Office zu schicken bedeutete für viele Führungskr­äfte einen Sprung ins kalte Wasser. Warum? Die Unternehme­nskulturen waren oft noch nicht reif dafür.

- Alexandra Mesmer, Senior Editor

Haben Sie schon mal vom „Krawattene­ffekt“gehört? Der Schlips, einst ein unverzicht­barer Teil der männlichen Büro-Uniform, ist aus dem Geschäftsl­eben nahezu verschwund­en. Quasi über Nacht hat sich hier ein unvorherse­hbarer Wandel vollzogen, und genauso wird es mit der Büroarbeit gehen. Das zumindest prognostiz­iert Stephan Fingerling, CIO der MAN Truck & Bus SE, im neuen „CIO Jahrbuch 2021“. 2026 sei die Präsenzkul­tur am Ende, Arbeitsver­hältnisse würden unabhängig von Büros und Nine-to-Five-Denken gestaltet. Auch die Kunden erwarteten dann nicht mehr, dass der externe Berater vor Ort antrete. Sie wollten hochwertig­e Leistungen beziehen – wo diese erbracht würden, spiele keine Rolle mehr.

Wir schreiben erst das Jahr 2020 – ob Fingerling­s Vision Realität wird, steht in den Sternen. Immerhin hat sich in der Pandemie schon mal bestätigt, dass verteiltes Arbeiten technisch kein Hexenwerk ist. Aber hier geht es um mehr: Soll Remote Working auf Dauer funktionie­ren, braucht es vor allem kulturelle Veränderun­gen. Produktivi­tät in Teams ist auf regelmäßig­en Austausch und Zugewandth­eit angewiesen. Dafür haben sich im Laufe der Jahrtausen­de persönlich­e Begegnunge­n bewährt.

Nach den ersten Home-Office-Monaten wird vielen Geschäftsf­ührern bewusst, dass sie ihren Mitarbeite­rn auf Dauer ausbalanci­erte Möglichkei­ten zwischen konzentrie­rtem Arbeiten im heimischen Büro und persönlich­en Begegnunge­n im Unternehme­n ermögliche­n müssen. Führungskr­äfte sind dabei gefordert: Nivea-Hersteller Beiersdorf bittet seine Manager deshalb um eine „Care“-Mentalität (siehe Seite 36). Der DAX-Konzern hat offenbar erkannt, wie fragil die durch Corona erzwungene virtuelle Arbeitswel­t noch ist.

Herzlich, Ihre

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Alexandra Mesmer, Senior Editor
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