Ohne Entwickler wird der digitale Wandel schwierig
Dass IT-Profis fehlen, ist keine originelle Erkenntnis. Dass es bis heute nicht gelang, Grundlegendes zu ändern, bereitet Sorgen. Im Zuge der Digitalisierung wachsen nun die Risiken.
An den Arbeitskräftemangel in der IT haben wir uns über die Jahre gewöhnt. Es geht ja immer irgendwie weiter: Wir automatisieren, lagern aus, beauftragen IT-Dienstleister, rationalisieren mit Low-Code oder kaufen Funktionalität per Standardsoftware zu. Was wir dabei übersehen, ist, dass sich die Rahmenbedingungen gerade massiv verändern. Jeder Konzern muss heute in viel größerem Maßstab als je zuvor Software entwickeln, um seine angestammten Produkte und Dienstleistungen digital aufwerten oder neue Geschäftsmodelle umsetzen zu können.
Software ist überall: als eigenständiges Produkt, eingebettet in Hardware, oder als Plattform für Transaktionen – sie entscheidet über den Geschäftserfolg. Höchste Zeit, dass sich nicht nur die großen Unternehmen, sondern auch der deutsche Mittelstand als Säule der hiesigen Wirtschaft mit der professionellen und sicheren Erstellung von Software beschäftigen (Seite 26). Eigentlich ist ja alles angerichtet: Rechenund Speicherleistung stehen in beliebigem Ausmaß in der Cloud bereit. Daten zu sammeln und zu bearbeiten, ist kein Hexenwerk mehr. Und auch an viele Anwendungen und Algorithmen – Stichwort: OpenSource-Code – können Firmen herankommen.
Was fehlt, sind Experten (Seite 34). Wie dieses Problem beseitigt werden kann, darüber ist in den letzten Jahren viel geredet worden. Doch zu wenig ist passiert. Deutschland ist für ausländische IT-Profis unattraktiv. Die Unis bilden lieber Eliten aus, als in der Breite zu fördern. In den Schulen wird immer noch nicht programmiert, junge Mädchen haben weiterhin keine Lust auf IT. Es zeichnet sich ab, dass irgendwann die Arbeit auswandern wird – dorthin, wo die Fachkräfte sind. Deutschland kann sich Untätigkeit schon lange nicht mehr leisten.
Herzlich, Ihr
Heinrich Vaske, Editorial Director