DB Fernverkehr AG: Abgeschlossene Ökosysteme
Bernd Rattey, CIO der DB Fernverkehr AG, zeigt den internen Wandel am Beispiel der sogenannten Komfort-IT, eines eigenen „Ökosystems“. Dieses umfasst alle digitalen Prozesse und Dienste, die direkt an der Schnittstelle zum Kunden angesiedelt sind, darunter das Kunden-WLAN, die Reservierungsanzeigen, die Infomonitore, aber auch betriebliche Services wie die mobile Kasse des Bordservicepersonals oder verschiedene IoT-Services.
„Für mich zeigt das Beispiel der Komfort-IT unserer Züge, dass klassische Organisationsmodelle für das notwendige Zusammenspiel von Prozessen und IT nicht mehr ausreichen“, so Rattey. Während man früher einzelne Komponenten je Baureihe beschafft und verbaut habe, um erst danach einzelne Softwareprodukte zu erwerben oder zu entwickeln, könne man auf diese Weise dem heutigen Anspruch und der Vielfalt der Themen nicht mehr gerecht werden. „Wir benötigen für das Ökosystem der Komfort
IT heute ein Team, das Baureihe, Hardware und Software in ein Ökosystem integriert und alle Services auf Basis dieser Plattform baureihenübergreifend entwickelt“, sagt der CIO.
Bei so komplexen Organisationsstrukturen ist bei der IT-Leitung Fingerspitzengefühl gefragt: Die Mitarbeiter der Komfort-IT arbeiten in den vier funktionalen Bereichen Marketing, Engineering, Instandhaltung und IT. Jeder hat in der Vergangenheit autonom agiert sowie Dienstleister beauftragt und gesteuert. Die Menschen aus den Bereichen haben unterschiedliche Vorgehensmodelle gelernt: Wasserfall, agil, produktorientiert etc. Noch dazu sind sie unterschiedlichen Steuerungsmechanismen unterworfen. Der von Rattey und seinem Team aktuell pilotierte Ansatz umfasst drei wichtige Elemente: den Aufbau eines übergreifenden Team- beziehungsweise Produktgedankens über alle funktionalen Bereiche hinweg. Darüber hinaus ein am Fahrgast orientiertes Vision-Board zur Grundorientierung und last, but not least eine ProduktRoadmap, die eine Übersicht über die agilen Entwicklungsstränge des Produkts liefert und auf kleine wahrnehmbare Ergebnisse fokussiert. Auf die besonderen Herausforderungen dieses Projektbeispiels angesprochen, berichtet Rattey: „Wir müssen sicherstellen, dass die notwendige Top-down-Perspektive des Managements mit der agilen Bottom-up-Perspektive aus den Teams des Ökosystems vereint wird.“Die Produktentwicklung müsse so ins Portfolio integriert werden, dass sie eigenständig im Sinne des Gesamtportfolios agieren könne, ohne zu einem ungesteuerten „Selbstläufer“im Unternehmen zu werden. Das Team umfasst immerhin mehrere hundert Menschen – nur in der Summe der Fähigkeiten wird es seine Ziele erreichen können. „Es wird wichtig sein, mit positiven Erfahrungen in solchen Teams das Vertrauen im Unternehmen für weitere Anwendungsfälle aufzubauen“, sagt Rattey.