KI im Recruiting: Mit Algorithmen die optimalen Skills aufspüren
Ein neues Recruiting-Tool ermöglicht Arbeitgebern die schnelle Überprüfung von Kandidaten und berücksichtigt auch solche, die aufgrund ihres Lebenslaufs nicht ins Jobraster passen. Gründer Morten Babakhani erläutert sein Konzept.
CW: Wie ist Ihre Idee entstanden?
BABAKHANI: Im IT-Bereich und auch im Ingenieurwesen haben Unternehmen große Schwierigkeiten, ihre offenen Stellen zu besetzen. Es herrscht nach wie vor ein großer Fachkräftemangel. Unser Grundgedanke ist, dass Arbeitgeber nicht nur Bewerber berücksichtigen sollten, die aufgrund ihrer Ausbildung und ihres Lebenslaufs passen, sondern auch solche, die im klassischen Bewerbungsverfahren keine Chancen haben, aber dennoch vielversprechende Qualifikationen mitbringen.
CW: Worin unterscheidet sich Ihre Lösung von anderen digitalen Recruiting-Tools?
BABAKHANI: Mit „Flynne“haben wir ein vollautomatisiertes webbasiertes Recruiting
Tool mit integriertem Talent-Matching entwickelt. Wir sprechen aktive und passive Kandidaten an, denn wir wollen auch die erreichen, die nicht unbedingt auf Jobsuche sind, und zwar dort, wo sie sich gerade mit ihrem Smartphone oder Laptop aufhalten. Sie werden eingeladen, sich mit uns auf eine kurze digitale und unverbindliche Kompetenzreise (Competence Journey) zu begeben. Dabei können die Teilnehmer anhand von Fragen und Aufgaben ihr eigenes Potenzial testen. Wichtig ist zu erwähnen, dass wir keine soziodemografischen Daten erheben, um potenzielle Kandidaten nicht zu diskriminieren.
CW: Und wie funktioniert das genau?
BABAKHANI: Wir orientieren uns an den TopPerformern im suchenden Unternehmen. In einem Jobprofil werden deren wichtigsten Eigenschaften hinterlegt und die hierbei erhobenen Daten dazu verwendet, um benutzerdefinierte Algorithmen zu erstellen. Flynne wertet auf statistischen Korrelationen basierend aus, inwieweit der Kandidat zur ausgeschriebenen Stelle passt, und stellt den suchenden Unternehmen in Echtzeit einen passenden Kandidaten-Pool bereit. Darunter befinden sich sicherlich auch Quereinsteiger, die über gängige Recruiting-Methoden niemals zum Unternehmen gefunden hätten.
CW: Was passiert nach der Bereitstellung der Kandidaten?
BABAKHANI: Die Recruiter haben die Möglichkeit, sich weiter über Flynne mit den Kandidaten auszutauschen und die Bewerbung zu steuern. Zudem können Arbeitgeber über eine API-Schnittstelle die Daten in ihre Bewerbermanagementsoftware übertragen. Oder das Unternehmen vereinbart direkt ein Telefon- oder persönliches Interview zum Kennenlernen. Bei aller Automatisierung sollten Personaler am Ende immer auch ein persönliches Gespräch suchen.
CW: Wie sehen die ersten Ergebnisse aus?
BABAKHANI: Derzeit erreichen wir eine Conversion-Rate von bis zu 45 Prozent, das heißt, nahezu jede zweite Person, die diese Kompetenzreise beginnt, steht für ein Vorstellungsgespräch tatsächlich zur Verfügung. Fakt ist: Active Sourcing oder Headhunting würden länger dauern und wären auch deutlich kostenintensiver. Beispielsweise würden das Auswerten von 1.000 Profilen, die Ansprache geeigneter Kandidaten und das Arrangieren eines ersten Kennenlerngesprächs fast ein halbes Jahr dauern. Mit unserer Plattform sparen Arbeitgeber bis zu 85 Prozent Zeit und bis zu 80 Prozent Kosten im Recruiting-Prozess.