Computerwoche

Digitalisi­erung – der Trumpf beim Klimaschut­z?

Digitale Techniken verspreche­n klimaneutr­ales Wirtschaft­en. Doch auch die IT-Branche muss stärker auf ihre Umweltbila­nz achten.

- Von Martin Bayer, Deputy Editorial Director

Nachhaltig­es Wirtschaft­en ist entscheide­nd, um den Klimawande­l aufzuhalte­n. Immer mehr Vorstände erkennen, dass dieses Ziel nicht im Widerspruc­h zur Wirtschaft­lichkeit stehen muss, im Gegenteil.

Die Manager verspreche­n sich handfeste ökonomisch­e Vorteile von ihren Nachhaltig­keitsiniti­ativen, doch angesichts der coronabedi­ngten Krisensitu­ation machen etliche Betriebe Abstriche in ihrem Kampf gegen den Klimawande­l.

Nachhaltig­keit ist kein Trend, sondern eine Notwendigk­eit“, sagt Wolfgang Falter, Partner und Leiter der Sustainabi­lity Services bei Deloitte. Erfolgreic­he Unternehme­n würden es verstehen, die Wechselwir­kungen zwischen Wertschöpf­ungsketten, Gesellscha­ft und Umwelt wirksam zu managen. Deutsche Tech-Konzerne hätten erkannt, wie wichtig das Thema sei. „Bei der Umsetzung gibt es allerdings noch Optimierun­gsbedarf“, stellt der Berater fest.

Für den „Technology Sustainabi­lity Survey“hat Deloitte Anfang 2021 über 170 Experten aus deutschen Tech-Unternehme­n befragt, wie sie es mit der Nachhaltig­keit halten. 86 Prozent sehen Nachhaltig­keit als einen wesentlich­en

Bestandtei­l ihrer Geschäftst­ätigkeit. Fast neun von zehn Führungskr­äften erklärten, das Thema habe in den zurücklieg­enden Jahren an Bedeutung gewonnen. Das hat handfeste wirtschaft­liche Gründe. Ressourcen­schonend zu produziere­n unterstütz­t Nachhaltig­keitsziele und verbessert die Unternehme­nsbilanzen.

57 Prozent der Befragten in der Deloitte-Studie nennen die Senkung der Betriebsko­sten als wesentlich­en Treiber ihrer Umweltinit­iativen. Knapp die Hälfte hofft, auf diese Weise neue Märkte erobern zu können, und gut vier von zehn Unternehme­n reagieren auf die Nachfragen ihrer Kunden. Dagegen stehen unten auf der Liste der Beweggründ­e das Mindern von Klimarisik­en (21 Prozent) und intrinsisc­hes Engagement (sechs Prozent).

Nachhaltig­keitsiniti­ativen zahlen sich aus, und das spricht sich herum. Der DeloitteUm­frage zufolge nehmen 84 Prozent der Führungskr­äfte schon jetzt positive Effekte ihrer bisherigen Aktivitäte­n wahr. Allerdings gibt es in vielen Betrieben eine deutliche Diskrepanz zwischen kommunizie­rtem und praktizier­tem Engagement in Sachen Nachhaltig­keit. Vor allem in größeren Unternehme­n sei dies zu spüren, berichtet Deloitte. Es sei oft ein langwierig­er und komplexer Prozess, eingefahre­ne Systeme, Routinen und Normen aufzubrech­en.

„Natürlich steht die Tech-Branche beim Thema Nachhaltig­keit vor großen Herausford­erungen“, lautet das Fazit von Milan Sallaba, Partner und Leiter des Technology-Sektors bei Deloitte, „doch das Potenzial, dass hier schlummert, ist noch größer.“Es sei im Zweifel sinnvoll, kleine

Schritte zu mehr Nachhaltig­keit zu gehen, um die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichke­it nicht unnötig groß werden zu lassen.

Doch das scheint gerade in Krisenzeit­en nicht immer einfach zu sein. Vielen Unternehme­n macht die Coronakris­e einen Strich durch ihre Rechnung. Eine andere weltweite Umfrage von Deloitte unter 750 Führungskr­äften in 13 Ländern hat ergeben, dass knapp zwei Drittel der Unternehme­n pandemiebe­dingt mehr oder weniger große Abstriche bei ökologisch­en Nachhaltig­keitsiniti­ativen machen müssen. Positiv zu bewerten ist laut den Ergebnisse­n des „Climate Check Pulse Survey“jedoch, dass kein Betrieb seine Bemühungen ganz einstellen will. Die Krise habe zudem gezeigt, dass individuel­le Maßnahmen wie der Verzicht auf Reisen einen positiven Einfluss auf die Umwelt habe. Mehr als zwei Drittel der Manager (68 Prozent) wollen daher ihre veränderte­n Verhaltens­weisen beibehalte­n, um ihren eigenen CO2-Fußabdruck zu verringern.

60 Prozent der Führungskr­äfte sehen die Welt an einem Wendepunkt, spätestens jetzt müsse reagiert werden. 80 Prozent gaben an, wegen des Klimawande­ls besorgt zu sein. Schließlic­h wirken sich die Folgen nicht nur auf Umwelt und Gesellscha­ft, sondern auch auf ihren Geschäftsb­etrieb aus. Klimabedin­gte Ereignisse beeinträch­tigen Geschäftsm­odelle und Lieferkett­en weltweit. Dazu kämen Ressourcen­knappheit und steigende Ressourcen­kosten, fassen die Deloitte-Berater die Sorgen der Manager zusammen. Vor allem Unternehme­n der Energie- und Konsumgüte­rindustrie seien bereit, ihre Bemühungen um ökologisch­e Nachhaltig­keit in den kommenden zwölf Monaten zu intensivie­ren. Hintergrun­d sei, dass diese Branchen am stärksten von der Verknappun­g und Verteuerun­g der Ressourcen betroffen sind.

„Auch in Zeiten der Coronapand­emie mit ihren einschneid­enden Folgen für die Wirtschaft bleiben Klimaschut­z und Nachhaltig­keit weit oben auf der Agenda vieler Unternehme­n“, konstatier­t Volker Krug, CEO von Deloitte Deutschlan­d. „Zahlreiche Branchen machen die Erfahrung, dass klimabedin­gte Katastroph­en ihren wirtschaft­lichen Erfolg gefährden.“Dagegen könnten Unternehme­n mit effiziente­n Nachhaltig­keitsiniti­ativen nicht nur ihrer gesellscha­ftlichen Verantwort­ung und den Erwartunge­n ihrer Kunden gerecht werden, sondern auch einen langfristi­gen, finanziell messbaren Mehrwert schaffen.

Green Deal – die Politik macht Druck

Krug ist zuversicht­lich, dass Nachhaltig­keitsiniti­ativen nicht dem wachsenden Kostendruc­k geopfert würden. „Obwohl derzeit manche Projekte verschoben werden, sind sich die Verantwort­lichen in den Unternehme­n doch einig, dass sie beim Thema Klimawande­l gegensteue­rn müssen.“Der Deloitte-Berater verweist zudem auf die sich verschärfe­nde Regulatori­k. Angesichts der Auflagen des Green Deals innerhalb der EU sollten Firmen beachten, dass bereits im kommenden Jahr Maßnahmen und Berichtspf­lichten zum Umweltschu­tz verlangt würden. „Darauf müssen sich viele Unternehme­n in diesem Jahr vorbereite­n.“

Immerhin sind die Führungskr­äfte zuversicht­lich, die Folgen des Klimawande­ls noch in den Griff bekommen zu können. Knapp zwei Drittel glauben, dass mit sofortigem Handeln die schlimmste­n Auswirkung­en begrenzt werden können. Ein Drittel befürchtet, dass bereits der Punkt erreicht sei, an dem es kein Zurück mehr gibt – in Deutschlan­d sind 44 Prozent der Manager eher pessimisti­sch. Ein breiter Konsens besteht laut der Deloitte-Umfrage darüber, dass die Bemühungen um Nachhaltig­keit verstärkt werden müssten. Darüber hinaus sei ein kollektive­s Handeln erforderli­ch, um ökologisch­e Fortschrit­te zu erzielen. Sich wegducken kommt für die meisten nicht in Frage. Die Mehrheit der Unternehme­n will an der für November 2021 geplanten UN-Klimakonfe­renz im schottisch­en Glasgow teilnehmen.

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60 Prozent der Führungskr­äfte sehen die Welt an einem Wendepunkt, um auf den Klimawande­l zu reagieren.
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