TESTS CONTRA MARKETING
Ob ich nun fassungslos oder eher entsetzt bin, vermag ich nicht zu sagen. Aber die Tendenz im Bereich der Testzeitschriften ist zumindest bedenklich. Da werden beispielsweise Netztests veröffentlicht, die auf der App eines Unternehmens beruhen, das im Besitz eines Mobilfunkunternehmens ist. Wie neutral ein solches Ergebnis sein kann, sei dahingestellt. Dass ein solcher Test allenfalls aussagekräftig für die Flächenabdeckung ist, sollte ein Fachredakteur zumindest wissen.
Auch häufen sich Marktforschungsergebnisse, die für Werbezwecke genutzt werden, bei denen echte Marktforscher die Hände über dem Kopf zusammenschlagen: 90 Prozent der Kunden sind mit dem Produkt zufrieden. Bei zehn Befragten kein Problem. Ich frag’ mal in der Redaktion herum, wer connect für die weltweit beste Zeitschrift hält und bin mir sicher, dass wir nahe an die 100 Prozent heranreichen. Online haben wir soeben eine Studie zur Kundenzufriedenheit veröffentlicht, die klar die Limitierungen solcher Befragungen nennt und trotzdem auf einer Fallzahl aufbaut, die repräsentativen Ansprüchen genügen kann: Weit über 2000 Kunden wurden interviewt, ausgewertet nur Unternehmen, zu denen es mehr als 200 Kundenmeinungen gab. Und selbstverständlich gibt es bei uns keinen persönlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Auftraggeber und den Durchführenden der Studie.
Und weil ich weiß, welchen Anspruch wir an uns stellen, kann ich auch die Frage beantworten, über die ich neulich im Netz gestolpert bin: „Wieviel hat Sunrise der connect für den Netztest gezahlt?“. Die Antwort: „Nichts“. Wäre es anders, wäre die Reputation bei Ihnen, liebe Leser, und bei der Industrie, unseren Anzeigenkunden, sofort futsch, unsere Marke wertlos.
So führt bei unseren Tests allein der Weg über gute Leistungen bei Messungen und über klar definierte, jederzeit nachvollziehbare Kriterien zum Erfolg. Wer das weiß und meinen Aussagen vertraut, sollte die chinesischen Smartphone-Hersteller auf dem Schirm haben: Nach Huawei stürmt nun auch Lenovo die Bestenliste. Eine Ausnahmeerscheinung? Vermutlich nicht. Wer sich als Smartphone-Bauer jetzt auf dem momentanen Erfolg ausruht, begeht einen schweren Fehler. Ich erinnere mich an einen Siemens-Luxusdampfer in Cannes vor dem Mobile World Congress, an Nokia, die stur an Symbian festhielten, an Blackberry, die sich zu lange dem Touchscreen verweigerten und mit Blick auf ihren gigantischen Marktanteil dachten, dass nichts passieren könne. Doch dann kamen Apple mit iOS, Google mit Android und Samsung mit Smartphones. Aus diesen Verfolgern sind inzwischen Verfolgte geworden – es bleibt spannend.