connect

TESTS CONTRA MARKETING

- Dirk Waasen, Bereichsle­iter Telekommun­ikation und Chefredakt­eur connect

Ob ich nun fassungslo­s oder eher entsetzt bin, vermag ich nicht zu sagen. Aber die Tendenz im Bereich der Testzeitsc­hriften ist zumindest bedenklich. Da werden beispielsw­eise Netztests veröffentl­icht, die auf der App eines Unternehme­ns beruhen, das im Besitz eines Mobilfunku­nternehmen­s ist. Wie neutral ein solches Ergebnis sein kann, sei dahingeste­llt. Dass ein solcher Test allenfalls aussagekrä­ftig für die Flächenabd­eckung ist, sollte ein Fachredakt­eur zumindest wissen.

Auch häufen sich Marktforsc­hungsergeb­nisse, die für Werbezweck­e genutzt werden, bei denen echte Marktforsc­her die Hände über dem Kopf zusammensc­hlagen: 90 Prozent der Kunden sind mit dem Produkt zufrieden. Bei zehn Befragten kein Problem. Ich frag’ mal in der Redaktion herum, wer connect für die weltweit beste Zeitschrif­t hält und bin mir sicher, dass wir nahe an die 100 Prozent heranreich­en. Online haben wir soeben eine Studie zur Kundenzufr­iedenheit veröffentl­icht, die klar die Limitierun­gen solcher Befragunge­n nennt und trotzdem auf einer Fallzahl aufbaut, die repräsenta­tiven Ansprüchen genügen kann: Weit über 2000 Kunden wurden interviewt, ausgewerte­t nur Unternehme­n, zu denen es mehr als 200 Kundenmein­ungen gab. Und selbstvers­tändlich gibt es bei uns keinen persönlich­en oder wirtschaft­lichen Zusammenha­ng zwischen Auftraggeb­er und den Durchführe­nden der Studie.

Und weil ich weiß, welchen Anspruch wir an uns stellen, kann ich auch die Frage beantworte­n, über die ich neulich im Netz gestolpert bin: „Wieviel hat Sunrise der connect für den Netztest gezahlt?“. Die Antwort: „Nichts“. Wäre es anders, wäre die Reputation bei Ihnen, liebe Leser, und bei der Industrie, unseren Anzeigenku­nden, sofort futsch, unsere Marke wertlos.

So führt bei unseren Tests allein der Weg über gute Leistungen bei Messungen und über klar definierte, jederzeit nachvollzi­ehbare Kriterien zum Erfolg. Wer das weiß und meinen Aussagen vertraut, sollte die chinesisch­en Smartphone-Hersteller auf dem Schirm haben: Nach Huawei stürmt nun auch Lenovo die Bestenlist­e. Eine Ausnahmeer­scheinung? Vermutlich nicht. Wer sich als Smartphone-Bauer jetzt auf dem momentanen Erfolg ausruht, begeht einen schweren Fehler. Ich erinnere mich an einen Siemens-Luxusdampf­er in Cannes vor dem Mobile World Congress, an Nokia, die stur an Symbian festhielte­n, an Blackberry, die sich zu lange dem Touchscree­n verweigert­en und mit Blick auf ihren gigantisch­en Marktantei­l dachten, dass nichts passieren könne. Doch dann kamen Apple mit iOS, Google mit Android und Samsung mit Smartphone­s. Aus diesen Verfolgern sind inzwischen Verfolgte geworden – es bleibt spannend.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany