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ZEITENWEND­E

- Dirk Waasen, Bereichsle­iter Telekommun­ikation und Chefredakt­eur connect

Klar, ich sitze als Mitglied der connect quasi im Auge des Telekommun­ikationsor­kans und dürfte eigentlich nicht von der Kraft überrascht sein, mit der sich das Smartphone auch abseits des Büroalltag­s in mein Leben einmischt: So gibt’s fast keinen Restaurant­besuch mehr, der vorher nicht von Tripadviso­r abgesegnet wurde, den regelmäßig unter Erwartung liegenden Kontostand nennt mir meine S-Finanz-App, uninteress­ante E-Mails wische ich schon beim Frühstück beiseite, bei der Wahl meiner Kleidung richte ich mich nach Weather Pro, Musik streame ich statt sie zu besitzen, Orientieru­ng in der Stadt verschafft mir Google Maps und statt auf meine antiquiert­e Werksnavi vertraue ich auf Tomtom, um den Weg zu finden. Womit ich fotografie­re, per Klick einkaufe oder die Spielständ­e zum Saisonfina­le der Bundesliga abrufe, muss da wohl nicht erwähnt werden.

Bin ich jetzt Sklave meines Smartphone­s, habe ich die derzeit gern zitierten Gefahren nicht erkannt? Vielleicht, aber es stört mich nicht. Schließlic­h schenkt mir mein Smartphone Zeit: Ich muss nicht mehr im veralteten und unvollstän­digen Restaurant­führer suchen, keine Kontoauszü­ge abholen, unvorberei­tet ohne Regenjacke dastehen oder nach CDs suchen, die vergriffen oder nicht vorrätig sind. Und ehrlich, als Orientieru­ngslegasth­eniker empfinde ich keinerlei Schmerz dabei, wenn ich mich nicht mehr mit dem guten alten Falk-Stadtplan wie ein Derwisch im Kreis drehen muss, um eine Adresse zu finden.

Und was mache ich mit der Zeit, die mir mein Smartphone schenkt? Neulich stand beispielsw­eise mountainbi­ken auf der Liste – allerdings ohne Mountain, um ehrlich zu sein. Und was bemerkte ich da? Die Tour habe ich auf Basis meiner Zeitvorgab­e von Komoot planen und mich wieder mal von der Präzision und Detailtief­e der Navigation­sdaten begeistern lassen. Ganz nebenbei hat mein Smartphone dann noch den Radcompute­r verdrängt, der lust-, batterie- und informatio­nslos am Lenker klemmte und nach der Tour von mir demontiert wurde. Früher, ja früher, da war das Ding state of the art. Es konnte barometris­ch kompensier­t – und vor jedem Fahrtantri­tt neu kalibriert – ungefähr die bewältigte­n Höhenmeter und die ungefähre Geschwindi­gkeit sowie Distanz bestimmen. Das kann mein Smartphone heute auch, nur nicht ungefähr, sondern genau.

Wer sagt da, dass früher alles besser war? Ich würde mich über Ihre Kommentare an redaktion@connect.de sehr freuen.

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