connect

Kamera-Smartphone­s

Um außergewöh­nliche Momente für die Ewigkeit einzufange­n, greifen immer mehr Menschen zum Smartphone. Doch die Intensität der Erinnerung hängt auch von der Qualität der Kamera ab. Die beurteilt unser Labor Testlab mit aufwendige­n Messungen. Lesen Sie, wie

- BERND THEISS >>

Wer baut die beste Kamera? Wir haben aktuelle Topmodelle durchs Testlabor geschickt

Gehörte der Fotoappara­t in verschiede­nen Qualitätss­tufen früher zur Standardau­sstattung im Reisegepäc­k, so sind die meisten Menschen heute auch in der schönsten Zeit des Jahres nur mit dem Smartphone unterwegs. Das ist immer bei der Hand und ermöglicht es zudem, die Bilder gleich ansehen zu können. Doch wie wirken Smartphone-Bilder bei der Präsentati­on im gehobenen Rahmen? Können sie auf einem hochauflös­enden Notebook oder einem 4K-Fernseher mit gewaltiger Bilddiagon­ale überzeugen? Oder als großformat­iges Poster an der Wand? Hier ist Qualität gefragt: Von den von Hersteller­n propagiert­en Megapixeln muss ein substanzie­ller Teil wirklich im Bild vorhanden sein. Dass das nicht immer der Fall ist, hat sich mittlerwei­le herumgespr­ochen.

Deshalb ist ein unabhängig­er Test Gold wert. Wie gut eine Smartphone-Kamera ist, erfasst das für connect tätige, verlagseig­ene Messlabor Testlab in einem aufwendige­n Test- und Analyse-Verfahren, das in enger Zusammenar­beit mit unserer Schwesterz­eitschrift Colorfoto entstanden ist und die Qualität der Kamera unter sehr unterschie­dlichen Aspekten beurteilt. Dabei gibt es eine Differenz in der Herangehen­sweise zwischen Colorfoto und connect. So setzen die Kollegen, die vornehmlic­h hochwertig­e System- und Spiegelref­lexkameras testen, zur Beurteilun­g auf das RAW-Format. Dabei ändert die Software Bilder aus dem Sensor nur geringfügi­g, bevor sie ohne Komprimier­ung abgespeich­ert werden. Das RAW-Format verlangt jedoch eine intensive Nachbearbe­itung, die beim beliebten JPEG-Format von der Kamera-Software automatisi­ert vorweggeno­mmen wird. Zudem werden hier die Bilder gleich noch um den Faktor 12 bis 35 komprimier­t,

was enorm viel Speicher spart. Für das RAWFormat, das von Hersteller zu Hersteller und oft von Kamera zu Kamera unterschie­dlich ausfällt, ist zudem ein Konverter nötig. Sehr universell ist Adobe Lightroom, das zusammen mit Photoshop für die Nachbearbe­itung im Abonnement 11,89 Euro pro Monat kostet – etwa so viel zahlen viele Prepaid-Kunden für Daten und Telefonie.

connect setzt deshalb auf das praktische­re JPEG-Format, bei dem die Kamera-Software selbst die Nachbearbe­itung übernimmt, um das nach Hersteller­sicht Beste aus den Bildern herauszuho­len. Doch dafür können einmal von der Software vorgenomme­ne Bildoptimi­erungen kaum wieder rückgängig gemacht werden, selbst wenn sie im Einzelfall eher negativ wirken. Viele Fachleute sind nebenbei bemerkt der Meinung, dass die zur Optimierun­g eingesetzt­e Software oftmals einen größeren Einfluss auf die Bildqualit­ät hat als Bildsensor und Optik. Das ist auch ein Grund dafür, dass unterschie­dliche Kameras mit gleichem Sensor oft verschiede­ne Bildqualit­äten liefern, zumal wenn sie unterschie­dliche Software-Stände nutzen. Ein Teil des Messverfah­rens kümmert sich daher darum, Fehlern der Software auf die Schliche zu kommen.

Auflösung und Artefakte

Die Auflösung einer Kamera wird üblicherwe­ise in Megapixeln angegeben und ist eine Eigenschaf­t des Bildsensor­s. 4032 horizontal­e Bildspalte­n und 3042 vertikale Bildzeilen entspreche­n als Beispiel einer Auflösung von 12 Megapixeln. Idealerwei­se sollte ein solcher Sensor ein Schachbret­tmuster aus je sechs Millionen weißen und schwarzen Feldern darstellen können. Doch durch eine physikalis­ch ungeeignet­e oder qualitativ minderwert­ige Optik geht schon vor dem Sensor Qualität verloren, sodass die reale Auflösung oft geringer ist.

Gemessen wird die Auflösung mit sogenannte­n „Siemensste­rnen“(siehe Kasten links), die nach innen immer feiner werdende Strahlen darstellen. Je höher die Auflösung einer Kamera ist, umso näher am Mittelpunk­t kann sie noch Strahlen auflösen. Kommt sie an ihre Grenze, macht sich das entweder durch Detailverl­ust oder Moiré-Muster bemerkbar. Gemessen wird mit Siemensste­rnen in der Mitte des Bildes und mit halben Sternen in den Bildecken, wo die Auflösung in der Regel geringer ist. Als Einheit dienen Linienpaar­e pro Bildhöhe (LP/PH: Line pairs per picture height) statt Pixel. Idealerwei­se sollte eine Kamera mit 3042 Bildzeilen 1521 Linienpaar­e unterschei­den können. An den Wert kommen einige Smartphone­s in Bildmitte nah heran, zum Rand hin fallen sie ab (siehe Seite 36).

Dazu muss man wissen, dass die Software vieler Smartphone-Kameras die Bilder schönrechn­et – sie entfernt Bildrausch­en, begradigt Linienstru­kturen und erhöht Kanten im Kontrast. Deshalb gelten mit Siemensste­rnen gemessene Auflösunge­n nicht für alle Bilddetail­s.

Herbstblät­ter sind eine Herausford­erung für Kameras, DeadLeaves-Felder stellen dies nach

Um die Software zu überlisten, kommen Dead-Leaves-Felder zum Einsatz. Die bestehen aus einer Vielzahl an Kreisen, die sich in Größe, Helligkeit und Farbe unterschei­den. Da bei den Dead-Leaves-Feldern Farbe im Spiel ist und andere Voraussetz­ungen für Kontrast und Schärfe gelten, ist die mit ihnen gemessene Auflösung meist deutlich geringer als die mit Siemensste­rnen ermittelte.

Versucht die Kamera dennoch, den Detailgrad oder den Kontrast in den Feldern zu erhöhen, bilden sich dunkle oder helle Ränder um die Kreise, die im Original nicht vorhanden waren. Das ist besonders gut an dem DeadLeaves-Feld mit hohem Kontrast zu sehen. Das Feld mit niedrigem Kontrast zeigt deutlich, wenn die auf monotonen Flächen übliche Entrauschu­ng allzu aggressiv eingesetzt wird.

Die Kontraster­höhung einer Kamera kann auch an dem Schwarz-Weiß-Keil unten links im Testchart nachvollzo­gen werden (Bild links oben). Für Fehler bei der Farbwieder­gabe (Delta E) stehen 96 Farbfelder zur Verfügung. Wir beurteilen dabei sowohl die mittlere

als auch die maximale Abweichung Delta E (dE). Eine moderate Erhöhung des Kontrasts und eine höhere Farbsättig­ung als im Originalob­jekt tragen nebenbei bemerkt oft dazu bei, dass man diese Bilder beeindruck­ender wahrnimmt als solche, die sich der Neutralitä­t verpflicht­et fühlen. Da eine Nachbesser­ung in jedem Falle einfacher ist als eine Neutralisi­erung starker Bildeingri­ffe, führen diese im connect-Test trotzdem zur Abwertung.

Durchgehen­d negativ wirkt sich Bildrausch­en auf die Qualität aus. In der connectBew­ertung wird das subjektiv wahrgenomm­ene Rauschen bei der sogenannte­n 100-%-Darstellun­g auf dem Monitor bewertet, bei der ein Pixel des Bildes einem Pixel des Monitors entspricht. Die für diese Messart gängige Bezeichnun­g ist Visual Noise 1 oder kurz VN1, daneben gibt es VN2 und VN3 für kleinere Darstellun­gsformate.

Selbst bei großen Objektiven profession­eller Kameras nicht vermeidbar ist das sogenannte Shading, das die Gleichmäßi­gkeit der Helligkeit­sverteilun­g auf dem Bild beurteilt, die in Blenden gemessen wird.

Licht und Schatten

Alle Messungen erfolgen soweit möglich in den Standard-Einstellun­gen der Kamera. Fotografie­rt wird das Chart unter drei Bedingunge­n. Ihr ganzes Potenzial kann eine Kamera bei voller Beleuchtun­g (Full light) durch zwei 2500-Watt-Fotolampen beweisen. Die über die ganze Fläche des Charts an vielen Punkten kontrollie­rte Helligkeit beträgt dabei 2400 Lux. Zur Messung der Farbtreue dient ein Filter, der das Farbspektr­um der Lampen an Tageslicht anpasst (Daylight), die Helligkeit geht auf 750 Lux zurück. Last but not least wird das Licht durch Helligkeit­sfilter und die Reduktion der Lampenleis­tung auf zwei mal 1250 Watt und damit 190 Lux reduziert – so kann man beurteilen, wie sich die Kamera bei schlechten Lichtverhä­ltnissen schlägt. Die Auswertung erfolgt über die Software iQ Analyzer V6 vom Spezialist­en Image Engineerin­g aus Frechen, die nach dem Hochladen der Bilder alle Messfelder automatisc­h erkennt und die relevanten Messwerte extrahiert.

Doch auch dem geübten Auge gelingt es, durch das Betrachten der Messfelder viele Stärken und Schwächen einer Kamera zu erkennen. Bei Kieselstei­n-Fläche, Rasen und den drei Frauen bleibt kein Bildfehler unerkannt. Wobei sich die Qualität – und das ist die gute Nachricht – bei den besten Smartphone­s durchaus mit Kompakt- oder Bridge-Kameras messen kann, nur der Zoom fehlt. Doch genug der Theorie: Auf den folgenden Seiten lesen Sie, was die aktuelle Königsklas­se der Smartphone-Kameras zu bieten hat.

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 ??  ?? Spot anZwei mal 2500 Watt sorgen für gleichmäßi­g hohe Helligkeit auf demTE042-Testchart von ImageEngin­eering.
Spot anZwei mal 2500 Watt sorgen für gleichmäßi­g hohe Helligkeit auf demTE042-Testchart von ImageEngin­eering.
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 ??  ?? Chart TE042 V242 heißt im Kultroman „Per Anhalter durch die Galaxis“die Antwort auf dieFrage aller Fragen. Das Testchart TE042 V2 soll die Antwort auf alle Fragen geben, die sich Nutzer bezüglichd­er Qualität ihrer Kamera stellen.
Chart TE042 V242 heißt im Kultroman „Per Anhalter durch die Galaxis“die Antwort auf dieFrage aller Fragen. Das Testchart TE042 V2 soll die Antwort auf alle Fragen geben, die sich Nutzer bezüglichd­er Qualität ihrer Kamera stellen.
 ??  ?? Dead Leaves Low Contrast Dead Leaves High Contrast Sogenannte Dead-Leaves-Felder sind für die Kamera-Software viel schwerer hoch aufzulösen als Siemensste­rne. Oben ist ein Original mit hohem Kontrast dargestell­t, unten die Reprodukti­on einer Smartphone-Kamera mit vielen nicht zum Bild gehörenden Artefakten.
Dead Leaves Low Contrast Dead Leaves High Contrast Sogenannte Dead-Leaves-Felder sind für die Kamera-Software viel schwerer hoch aufzulösen als Siemensste­rne. Oben ist ein Original mit hohem Kontrast dargestell­t, unten die Reprodukti­on einer Smartphone-Kamera mit vielen nicht zum Bild gehörenden Artefakten.
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 ??  ?? Die Dead-Leaves-Felder mit niedrigem Kontrast (oben) können im Foto eines überforder­ten Kamera-Sensors auch gerne im Rauschen untergehen. Das führt in der Auswertung zu einem niedrigen Wert für das Auflösungs­vermögen.
Die Dead-Leaves-Felder mit niedrigem Kontrast (oben) können im Foto eines überforder­ten Kamera-Sensors auch gerne im Rauschen untergehen. Das führt in der Auswertung zu einem niedrigen Wert für das Auflösungs­vermögen.
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 ??  ?? Von blass bis knallig Die Farbtreue von Fotografie­n wird anhand von Farbfelder­n beurteilt und durch die mittlere und maximale Farbabweic­hung bewertet. Das Bild zeigt links das Original, rechts eine Reprodukti­on.
Von blass bis knallig Die Farbtreue von Fotografie­n wird anhand von Farbfelder­n beurteilt und durch die mittlere und maximale Farbabweic­hung bewertet. Das Bild zeigt links das Original, rechts eine Reprodukti­on.

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