Cybermobbing
Cybermobbing ist ein Problem, das vor allem Kinder und Jugendliche trifft. Lesen Sie, was es mit Mobbing im Cyberspace auf sich hat und was Sie dagegen unternehmen können.
Cybermobbing betrifft vor allem Kinder und Jugendliche. Wir erklären, was es damit auf sich hat und was Sie dagegen unternehmen können
Das Smartphone vibriert, eine Sprachnachricht trudelt über Whatsapp ein: „Wir freuen uns auf dich, du bist unser nächstes Mobbingopfer“, dröhnt es aus dem Lautsprecher. Die Adressatin: eine Schülerin, die zum Halbjahr die Klasse wechselt. Über soziale Netzwerke werden längst nicht mehr nur Nettigkeiten ausgetauscht, wie die JIM-Studie (Jugend, Information, [Multi-]Media) des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest von 2016 bestätigt. Hier gaben ein Drittel aller 12- bis 19-Jährigen an, dass in ihrem Umfeld schon einmal jemand über das Internet oder das Handy gemobbt wurde. Mindestens 1,4 Millionen Schüler sollen laut aktuellen Forschungen des „Bündnis gegen Cybermobbing“bereits betroffen sein.
Was ist Cybermobbing?
Klar ist: Wo Menschen aufeinander treffen, kommt es immer wieder zu Konflikten. Mobbing dagegen ist ein gezieltes Schikanieren, Belästigen und Ausgrenzen über einen längeren Zeitraum. Als Gruppenphänomen („mob“, englisch für „Pöbel, Menge“) hat es seinen Ursprung oft in der Schule. Man spricht von Cybermobbing, wenn die Angriffe über soziale Netzwerke oder das Smartphone laufen. „Die häufigsten Formen sind Beleidigungen, Beschimpfun- gen, Verbreitung von Gerüchten, aber auch Erpressung“, beobachtet Bruno Lux, Leiter der Staatlichen Schulberatungsstelle für Niederbayern. Da praktisch jeder Jugendliche ein Smartphone besitzt, sind vor allem erniedrigende Bilder und Videos leicht aufgenommen und schnell über verschiedene soziale Kanäle versandt. „Cybermobbing hat in den letzten Jahren nicht zuletzt durch die Verbreitung sozialer Netzwerke und Messenger wie Whatsapp oder Snapchat stark zugenommen“, so Lux.
Die ständige Präsenz der digitalen Welt und damit auch der Schikane führt zu einer immerwährenden Belastung. Depressionen, Essstörungen oder Isolation sind nur einige Symptome, das Selbstwertgefühl sinkt. Betroffene Schüler wollen nicht mehr in den Unterricht – die Noten rutschen ab. Einige Opfer nehmen sich vor Scham sogar das Leben.
Treffen kann es übrigens jeden. Täter suchen sich Personen aus, die in irgendeiner Weise anders sind als sie. Mit ihrem Handeln wollen sie ihr eigenes Selbstbewusstsein aufwerten und andere dominieren. „Täter wollen mächtig sein, sind aber oft feige, gefühllos und zeigen eine geringe Selbstkontrolle“, weiß Bruno Lux. Sie zum Aufhören zu bewegen, kann schwer sein.
Wie handelt man?
„Betroffene sollten, so schwer es auch sein mag, ruhig bleiben. Die einzig sinnvolle Antwort ist: Hör auf, ich mache Screenshots“, schlägt Lux vor. Beweismaterial sammeln ist also wichtig, um je nach Ausmaß auch rechtliche Schritte einleiten zu können. Auf jeden
Fall sollten Betroffene eine Vertrauensperson kontaktieren. Beistand und gemeinsames Handeln sind essenziell.
Für viele Opfer ist es jedoch schwer, sich zu öffnen, da sie große Scham empfinden. Eltern müssen also wachsam sein und bei ihrem Kind auf Veränderungen achten. Wird das Smartphone plötzlich zur Nebensache? Oder zieht sich das Kind zurück, klagt oft über Kopf- und Bauchschmerzen? Dann könnte Cybermobbing eine Ursache sein.
Prävention ist alles
Am besten ist es natürlich, wenn es gar nicht erst soweit kommt. Deswegen ist es wichtig, Jugendlichen frühzeitig den sinnvollen Umgang mit den eigenen Daten beizubringen. Wer wenig über sich preisgibt, verringert auch die Angriffsfläche. Wer dagegen lustig persönliche Bilder online stellt, muss damit rechnen, dass diese auch mal negativ kommentiert werden.
Die Schule spielt bei der Prävention natürlich auch eine wichtige Rolle, da viele Cybermobbingfälle genau dort beginnen – offline. Wird hier bereits genügend getan? Bruno Lux ist an vielen Schulen, auch an Grundschulen, unterwegs, um die Lehrer über aktuelle Trends in den sozialen Netzwerken zu informieren, sie für das Thema zu sensibilisieren und ihnen Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Im Rahmen des Anti-MobbingProjekts in Bayern gibt es auch speziell ausgebildete Lehrer, die man schwerpunktmäßig präventiv einsetzt. Eine bundesweit geregelte Prävention ist bislang aber noch Fehlanzeige – es kommt also auf Bundesland und Schule an, ob und welche Vorsorgemaßnahmen ergriffen werden.
Doch nicht nur junge Menschen sind von Cybermobbing betroffen, auch am Arbeitsplatz häuft sich das Problem. Auslöser sind oft Neid oder Konflikte mit der Persönlichkeit des Opfers. Geschulte Kontaktleute und Aufklärung gibt es in Firmen so gut wie nie – Arbeitnehmer sind also noch mehr auf sich gestellt als Schüler. Dabei können Arbeitsausfälle aufgrund von Mobbing erheblichen wirtschaftlichen Schaden verursachen. Eine gesetzliche Regelung zum Umgang mit Mobbing für Schulen, Unternehmen und Plattformbetreiber wäre ein äußerst sinnvoller Schritt.