Blick in die Mobilfunknetze
Neben der Transfergeschwindigkeit spielt bei Internetverbindungen für schnelle Datenübertragung auch die Latenz eine gewichtige Rolle. Lesen Sie, was es mit dieser oft vergessenen Größe auf sich hat und welcher Mobilfunker die geringsten Verzögerungen bie
Neben der Transfergeschwindigkeit spielt auch die Latenz eine gewichtige Rolle. Mit der connect-App prüfen wir, was es mit dieser oft vergessenen Größe auf sich hat und welcher Mobilfunker die geringsten Verzögerungen bietet
Wer von einem schnellen Mobilfunknetz spricht, der meint meist hohe Datenraten. Auch die Netzbetreiber werben gerne mit Maximalgeschwindigkeiten. Doch oft sind nicht geringe Datenraten schuld, wenn die Internetverbindung stockt – das kann auch an einer zu hohen Latenzzeit liegen.
Mal mehr, mal weniger relevant
Als Latenz versteht man bei der Datenübertragung in der Regel die Zeit, die zwischen dem Stellen einer Anfrage und der ersten sichtbaren Reaktion darauf vergeht. Übliche Latenzen liegen im Mobilfunk im zwei- bis dreistelligen Millisekundenbereich. Für kritische Aufgaben im kommenden 5G-Netz, etwa für das autonome Fahren oder die Fernsteuerung zeitkritischer Maschinen, sind zum Teil Latenzen von nur einer Millisekunde gefordert. Bei anderen Anwendungen spielt die Netzlatenz dagegen keine spürbare Rolle: Ob eine große Datei eine Zehntelsekunde schneller oder langsamer im Speicher ist oder der Videostart um einen Wimpernschlag verzögert erfolgt, fällt niemandem auf. Hier bestimmen Transferraten das Geschwindigkeitsempfinden. Für den Filmgenuss kommt es nur darauf an, dass die durchschnittliche Datenrate des Videos in der gewünschten Auflösung dauerhaft und zuverlässig überschritten wird, damit die Wiedergabe nicht ruckelt. Bei Webseiten müssen dagegen oft einzelne Elemente getrennt im Netz angefordert werden und der Download eines Teils zieht häufig weitere Anfragen an diverse Server nach sich – hier werden aus Zehntelsekunden schnell lange Sekunden. Noch kritischer wird es beim Online-Gaming: Trainierte Spieler schalten ihr Bewusstsein aus und reagieren reflexartig – dabei sind schon geringfügig höhere Latenzen ein Handicap. Grund genug, sich das Zeitmanagement der Netzbetreiber genauer anzusehen.
connect-App misst Latenz
Das ist nicht schwer, denn die connect-App protokolliert die Latenz im Rahmen des in regelmäßigen Abständen durchgeführten Connection-Tests mit, bei dem Verbindungdetails nach Standorten erfasst werden – das Einverständnis des Nutzers vorausgesetzt. Konnte das Smartphone beim zuständigen Server erfolgreich per DNS die IPAdresse abrufen, sendet es an diese in Folge zehn sogenannte Pings. Das sind kleine Echo-RequestAnfragen, auf die der angepingte Server unmittelbar mit einem Echo-Reply-Paket antwortet. Da beide Pakete extrem klein sind und der Server auf Echo-Request-Anfragen unmittelbar reagiert, spielen praktisch nur die Übertragungszeiten zum und vom Server eine Rolle. Fachleute sprechen vom Round Trip Delay (RTD) oder der Round Trip Time (RTT),
umgangssprachlich ist von der Latenz die Rede.
Erwähnenswert ist, dass die Ping-Zeiten gegen einen cloudbasierten Server gemessen werden. Das kann etwas höhere Werte bedingen, als sie Netzbetreiber gegen in ihrem eigenen Netz stationierte Server messen, doch die Methode dürfte deutlich näher an der tatsächlichen Kundenerfahrung liegen. Bei der NetzwetterMessung werden zehn Pings im Abstand von 200 Millisekunden (ms) abgesetzt und vermessen. Ins Ergebnis fließen sie nur bei stabiler Verbindung ein, also wenn alle zehn Echo-Requests eine Antwort erhielten. Aus den Schwankungen der Ping-Zeiten wird der Jitter als Standardabweichung berechnet.
Ergebnisse im Überblick
Die Ergebnisse verdeutlichen, warum das mobile Internet über GSM manchmal ein einziges Ärgernis ist: Die langsamsten zehn Prozent der GSM-Messwerte liegen abhängig vom Netzbetreiber bei 1 bis 1,8 Sekunden, die langsamsten fünf Prozent sogar bei 1,8 bis 3,7 Sekunden. Da braucht eine Webseite nicht viele sequenziell zu ladende Elemente, damit eine Ewigkeit vergeht, bis sie aufgebaut ist. Auch bei den schnellsten zehn Prozent kann von Tempo keine Rede sein: 123 ms braucht die Telekom, Vodafone kommt auf 157 und Telefónica landet bei 244 ms. Beim Thema Daten sind die Tage von GSM definitiv gezählt.
Dem 3G-Netz ist hingegen anzusehen, dass es für Daten ausgelegt ist und entwicklungstechnisch bei allen drei Netzbetreibern ausgereizt zu sein scheint. Mit Latenzwerten zwischen 62 (Telekom) und 75 ms (Telefónica) fallen die Schwankungen des Mittelwertes (Median) zwischen den Betreibern sehr gering aus. Auch die Schwankungen zwischen den schnellsten zehn Prozent unter 45 ms und den langsamsten zehn Prozent über 110 ms bleiben erstaunlich klein. Das bedeutet auch, dass man in Bezug auf Reaktionszeit im UMTS-Netz wenig Überraschungen zu erwarten hat
Einer der bei der Einführung von LTE laut gepriesenen Vorteile waren deutlich geringere Latenzzeiten. Das mag für den damaligen Entwicklungsstand richtig gewesen sein. Heute kann sich nur die Telekom mit 40 ms im 4GNetz gegenüber 62 ms bei 3G deutlich absetzen. Bei Telefónica und mehr noch bei Vodafone liegen die Latenzzeiten deutlich näher beieinander. Auch hier sind die Schwankungen wieder gering, wie niedrige Jitter-Werte und die vergleichsweise ähnlichen Ergebnisse für die langsamsten zehn Prozent (über 75 ms) und die schnellsten zehn Prozent (unter 35 ms) zeigen.
Für zeitkritisches Online-Gaming über Mobilfunk ist ein Wechsel zur Telekom auf jeden Fall eine Überlegung wert –nur hier kommt man auf eine Performance, die zwischen schnellem DSL und langsamem VDSL respektive Glasfaser liegt. Alle anderen können das Thema entspannt angehen: In den UMTS- und LTENetzen sind die Latenzen zu ausgeglichen, um ein entscheidendes Auswahlkriterium zu sein.