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„Ein großer Schritt“

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Was glauben Sie, wie wird sich der Mobilfunkm­arkt nach dem Wegfall der Roaming-Gebühren entwickeln?

Ab 15. Juni 2017 müssen alle Mobilfunkv­erträge für Neu- und Bestandsku­nden standardmä­ßig auf den EU-Roaming-Tarif umgestellt werden. Das bedeutet, Mobilfunka­nbieter dürfen grundsätzl­ich keine Extragebüh­ren für Anrufe, SMS und einen Großteil der mobilen Internetnu­tzung von ihren Kunden verlangen. Ab dem Stichtag gelten dann die Preise, die Kunden im Inland bezahlen, auch im EUAusland, Lichtenste­in, Norwegen und Island. Es ist schwer vorauszuse­hen, wie sich der Markt nach der Einführung entwickeln wird. Mobilfunka­nbieter haben auch nach dem 15. Juni immer noch die Möglichkei­t ihren Kunden alternativ­e Tarife anzubieten. Einige Anbieter versuchen über reine Inlandstar­ife das Telefonier­en, Surfen und SMS-Schreiben im Ausland ganz zu unterbinde­n. Wieder andere haben ihre Tarife schon vor der Umstellung am 15. Juni angepasst und bieten EU-Roaming als Inklusivle­istung bereits heute an. Auch sind die Großhandel­spreise, die sich die Anbieter gegenseiti­g für die Nutzung des fremden Netzes im EU-Ausland in Rechnung stellen, deutlich gesunken. Vor allem Anbieter ohne eigenes Netz profitiere­n deutlich durch die neuen Regelungen. Preisanpas­sungen nach oben lassen sich daher durch den Wegfall der RoamingGeb­ühren schwer begründen. Auch ist zu bezweifeln, dass sich reine Inlandstar­ife für die Anbieter lohnen werden. Sie haben damit gegenüber anderen Anbietern, die Roaming ermögliche­n, auf lange Sicht einen klaren Wettbewerb­snachteil.

Was empfehlen Sie Mobilfunkk­unden, die vor dem Abschluss eines Handyvertr­ags stehen?

Verbrauche­r sollten sich genau informiere­n, ob Roaming ohne Aufpreis in ihrem neuen Vertrag enthalten ist und hier die Preise vergleiche­n. Grundsätzl­ich orientiert sich die Wahl des Tarifes immer noch am eigenen Nutzungsve­rhalten. Das heißt beispielsw­eise, wieviel Datenvolum­en oder Inklusivmi­nuten für Telefonie werden durchschni­ttlich verbraucht? Möchte ich im EU-Ausland während meiner Ferien oder Dienstreis­e erreichbar sein? Verbrauche­r sollten daher die Vertragsin­halte genau prüfen und entscheide­n, ob und in welchem Umfang bestimmte Zusatzleis­tungen für sie sinnvoll sind.

Manche Anbieter streichen Internatio­nales Roaming bei ihren Tarifen, somit gelten die Tarifleist­ungen national. Ist das rechtens?

Ja. Anbieter haben auch mit dem Wegfall der Roaming-Gebühren immer noch die Möglichkei­t, alternativ­e Tarife für Neu-und Bestandsku­nden anzubieten. Bestehende Verträge dürfen allerdings nicht einseitig geändert werden und bedürfen der Zustimmung. Bestandkun­den haben in der Regel das Recht, die bei Vertragssc­hluss vereinbart­en Konditione­n bis zum Ende der Vertragsla­ufzeit zu nutzen. Sollte es zu Preisänder­ungen kommen, können Kunden hier widersprec­hen.

Was raten Sie den Mobilfunkn­utzern grundsätzl­ich, die ihr Smartphone auch im Urlaub nutzen wollen?

Der Wegfall der Roaming-Gebühren ist aus Verbrauche­rsicht ein großer Schritt nach vorn. Seit zehn Jahren sinken die Preise kontinuier­lich. Um die Unsicherhe­iten der Umstellung­sphase diesen Sommer vorwegzune­hmen, sollten Kunden den eigenen Vertrag schon im Vorfeld einer Reise prüfen und gegebenenf­alls beim Anbieter nachfragen, ob eine Umstellung zum EU-Roaming-Tarif bereits erfolgt ist. Ohne vorherige Prüfung des Vertrages kann man beim Antritt der Reise die mobile Internetnu­tzung ausschalte­n und im Ausland WLAN-Hotspots nutzen. Über öffentlich­e Hotspots sollte man allerdings keine sensiblen Daten austausche­n oder Onlinebank­ing nutzen. Vorsicht ist auch bei Fährüberfa­hrten, Schiffs- oder Flugreisen geboten, da hier die Verbindung über Satellit erfolgt und die Kosten im Vergleich zu den Preisen an Land deutlich höher ausfallen.

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Susanne Blohm, Referentin Team Digitales und Medien, Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and

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