„Keine Anzeichen, dass Preisniveau angehoben wird“
Dr Michael Opitz, Partner bei der Strategie- und Innovationsberatung Arthur D. Little
Drillisch soll die Mobilfunk- und Festnetzsparte der United-Internet-Tochter 1&1 Telekommunication SE schrittweise übernehmen. Der Mobilfunker ist seit Jahren im Mobilfunk-Discount-Segment unterwegs. 1&1 hat sich von Anfang an als Herausforderer der etablierten Netzbetreiber Telekom, Vodafone und Telefónica Deutschland positioniert. Wie passen diese unterschiedlichen Unternehmensstrategien zusammen? Aus unserer Sicht werden sich beide Strategien ergänzen. United Internet wird eine duale Strategie verfolgen: Mit der Marke Drillisch wird man sich im Discount-Segment positionieren. Mit 1&1 kann United Internet den Kernmarken der etablierten Netzbetreiber Konkurrenz machen. Eine solche Strategie verfolgen die Telekom und Telefónica hierzulande bereits. Reicht es, als „vierte Macht“auf dem Mobilfunkmarkt die vorhandenen Netzanteile von Telefónica zu nutzen oder muss United Internet in eine eigene Infrastruktur investieren? Drillisch hat einen langfristigen sogenannten MBA-MVNO-Vertrag mit Telefónica geschlossen. Die zur Verfügung gestellten Kapazitäten wachsen mit dem Ausbau des Netzes der Telefónica und können darüber hinaus von derzeit 20 Prozent auf bis zu 30 Prozent erhöht werden. Von daher besteht auf längere Sicht kein Bedarf für eigene Investitionen in eine MobilfunkInfrastruktur. Drillisch hat im Zuge der EPlusund O2-Fusion neben Netzanteilen auch Shops von Telefónica übernommen und bietet seitdem LTE zum Tiefstpreis an. Nach dem Zusammenschluss mit 1&1 wird die Kundenzahl enorm steigen. Kann der Angreifer auch weiterhin so preisgünstig agieren? Davon gehen wir aus. Drillisch wird weiter im Discount-Segment positioniert bleiben, wir sehen aus heutiger Sicht keine Anzeichen dafür, dass das Preisniveau im Gesamtmarkt durch den Zusammenschluss grundsätzlich angehoben wird. Vielmehr bietet sich für United die Chance, die etablierte Marke weiter auszubauen. Drillisch wird in seinen Shops in Zukunft auch DSL- bzw. Kombiprodukte anbieten können und sich so weiter vom originären Online-Discounter zum Mehrkanalunternehmen entwickeln können. Mit dem Zusammenschluss will Ralph Dommermuth ab 2020 150 Millionen jährlich, ab 2025 sogar 250 Millionen pro Jahr einsparen. Wo wird der Rotstift voraussichtlich angesetzt? Die wesentlichen Synergien resultieren insbesondere aus der besseren gemeinsamen Nutzung der heute bestehenden Leerkapazitäten des MBA-MVNO-Vertrages. Drillisch wird seine Abnahmeverpflichtungen leichter erfüllen können, wodurch weniger Kosten anfallen. Darüber hinaus entstehen Synergien auch aus volumenbedingten Preissenkungen bei Smartphone-Lieferanten, wo United Internet über gute bestehende Verträge verfügt. Von diesen wird auch Drillisch profitieren können. Natürlich wird es auch Synergien im Billing, Kundenservice oder bei der IT geben. Auch die Markenführung kann wesentlich präziser und überschneidungsfreier erfolgen. Beide Unternehmen sind natürlich schon sehr schlank aufgestellt, sodass diese Synergien nicht der große Hebel sein werden. Insgesamt steht mit United Internet ein ernst zu nehmender Herausforderer in den Startblöcken.