Blackberry Keyone
Im stabilen Gehäuse stecken Qualitäten, die so bisher nicht in einem Blackberry zu finden waren. Ist das der Durchbruch?
Die Fans haben es schwer. Denn wenn sie 100 Prozent Blackberry wollen, dann müssen sie zu den Modellen Classic oder Passport greifen, die noch mit dem Original-Betriebssystem laufen. Die sind zwar mittlerweile preiswert zu haben, in Sachen Hardware allerdings deutlich in die Jahre gekommen – was sich etwa an der Kameraqualität festmachen lässt. Die von TCL produzierten DTEK-Modelle haben dagegen bezogen auf die Preisklasse überdurchschnittlich gute Kameras und laufen unter einem angepassten Android, was ihnen wichtige Annehmlichkeiten aus der Google-Welt eröffnet. Doch dafür verzichten sie auf die für viele Blackberry-Nutzer unverzichtbare Hardware-Tastatur. Der Priv liegt irgendwo dazwischen und ist wie so oft bei Kompromissen weder Fisch noch Fleisch, was sich auch an einer, gemessen an BlackberryStandards, vergleichsweise geringen Ausdauer zeigt.
Es gibt also Raum für Verbesserungen, und den versucht nun der wie die DTEK-Modelle von TCL produzierte Keyone auszuloten. Auf den ersten Blick ist der neue Blackberry mit den Abmessungen von 149 x 73 x 9 Millimetern und 190 Gramm Gewicht eine sehr stattliche Erscheinung. Doch immerhin sind auf der Front ein helles, kontraststarkes und blickwinkelstabiles Display mit 4,5 Zoll und eine Hardware-Tastatur integriert. Hilfreich: Den Tasten lassen sich auch Apps zuordnen, die beim langen oder kurzen Drücken gestartet werden.
Optisch weicht das Keyboard leicht vom bisherigen BlackberryStandard ab. Auf die unsymmetrische ergonomische Ausformung, bei der sich die Tasten der linken Seite am besten mit dem linken Daumen und die der rechten mit dem rechten bedienen lassen, verzichtet der Keyone. Dennoch ist der Tipp-Komfort exzellent, hier kommen die Anhänger der Marke wieder auf ihre Kosten.
Das gilt auch für die Qualität des Gehäuses. Ein massiver eloxierter Alurahmen sorgt dafür, dass der Keyone im Alltag auch mal einen Stoß abbekommen darf, ohne gleich das Zeitliche zu segnen. Gorilla-Glas von Corning schützt das Display vor Kratzern, während die Rückseite dem Trend zu hochglänzenden Materialien mit einer rutschfesten und fein geriffelten schwarzen Oberfläche einen selbstbewussten Kontrapunkt setzt. Dass die Verarbeitung höchste Erwartungen erfüllt, sei hier nur am Rande erwähnt.
Wer nun glaubt, das erhöhte Gewicht sei allein der soliden Konstruktion geschuldet, sollte einen Blick auf die Ausdauer werfen. Die liegt im typischen connectAnwendungsmix bei überragenden zehn Stunden, ein üppiger 3505-Milliampere-Stunden-Akku ist Grundlage dieses Wertes, der den Keyone in die Top 5 der ausdauerndsten Smartphones befördert und in der Praxis öfter zwei Tage Betrieb ohne Laden zulässt.
Prozessor und mehr
Anteil daran hat auch der sparsame Mittelklasse-Prozessor Snapdragon 625. Ihm stehen großzügige 3 Gigabyte Arbeitsspeicher zur Verfügung. Damit ist der Keyone die falsche Wahl für Nutzer, die häufig mehr als ein Dutzend anspruchsvoller Apps gleichzeitig betreiben, bei normaler Auslastung arbeitet er flüssig. Der Fest-
speicher für Daten und Programme ist mit 32 Gigabyte, von denen 20 verfügbar sind, etwas mager. Da passt es gut, dass in den Halter für die Nano-SIM noch eine zusätzliche Micro-SD-Card eingeschoben werden kann. Dual-SIMfähig ist der Keyone hingegen nicht.
An Funkstandards unterstützt er aber alles, was unterwegs von Nutzen sein kann. WLAN bei 2,4 und 5 GHz beherrscht er genauso wie Bluetooth, GSM, UMTS und LTE bis zu Cat 6 mit 300 Mb/s im Down- und 50 Mb/s im Upload. Dabei bietet der Keyone auch gute Funkeigenschaften. Nur bei UMTS schwächelt er etwas, was aber bei Kunden mit LTE-Vertrag wenig ins Gewicht fällt, da LTE mittlerweile der für Daten am weitesten verbreitete Funkstandard ist, während für Sprache auch GSM weit vorn liegt.
Neben der Hardware sollte natürlich auch das installierte Betriebssystem überzeugen. Hier bietet der Keyone Android 7.1.1 mit einigen interessanten Erweiterungen. Da ist etwa die DTEKApp, die den einfachen Zugriff auf Android-Sicherheits-Ressourcen zulässt und die gewählten Einstellungen auch beurteilt. Zusammen mit der Überwachung, wie oft einzelne Apps welche Berechtigungen nutzen, ist es sehr einfach, die Sicherheitseinstellungen und die verwendeten Apps den eigenen Bedürfnissen anzupassen. Praktisch: Die Leertaste der Tastatur dient auch als Fingerabdruckleser. Das vereinfacht es, das Smartphone abzusichern.
Typisch Blackberry ist der Hub, in dem sich die Kommunikationsstränge von E-Mails über Telefonate und Textnachrichten bündeln lassen. Damit bietet der Hub einen sehr guten Überblick. Leider ist es bei Blackberry unter Android nicht so einfach möglich, sich durch teilweises Verschieben eines geöffneten Programms einen partiellen Einblick in den Hub zu
verschaffen, etwa um nachzusehen ob eine neu eingegangene Nachricht von besonderem Interesse ist. Dieses unter Blackberry OS vorhandene Feature fehlt zur Perfektion.
Doch dafür entschädigt der Androide gleich auf zweifache Weise. Denn bisher hatten viele Blackberry-Nutzer oft ein zweites Smartphone dabei. Zum einen, um per Google Maps zu navigieren, zum anderen, um anständige Fotos zu schießen. Das ist beim Keyone Geschichte: Die eingebaute Kamera gehört zum Besten, was die Tester von connect je in den Fingern hatten. Wie gut sie ist? Qualitativ liegt sie zwischen der im großen Fototest in connect 7/17 mit „gut“bewerteten Kamera des LG G6 und der mit „sehr gut“bewerteten Kamera des Huawei P10 – der Keyone holt sich also auch hier eine Top-5-Platzierung.
Unterm Strich
Für einen Preis von 599 Euro bietet der Blackberry Keyone eine überragende Ausdauer, eine Top-Kamera und die universelle Erweiterbarkeit von Android als Betriebssystem, ohne sich eine nennenswerte Blöße zu geben. Damit landet er in den Top 10 der connectBestenliste.
Wer eine Alternative zu den sich immer ähnlicher werdenden Geräten der Top-Hersteller sucht, bekommt mit dem Blackberry Keyone ein Gerät, das äußerlich wie funktionell wohltuend anders ist, ohne dass Qualität oder Funktionalität darunter leiden. Angesichts der gebotenen Leistung erscheint der Preis günstig. Wer schon immer mal wissen wollte, wie sich eine Hardware-Tastatur auf die Smartphone-Bedienung auswirkt, hat jetzt eine tolle Gelegenheit zum Test.