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Blackberry Keyone

Im stabilen Gehäuse stecken Qualitäten, die so bisher nicht in einem Blackberry zu finden waren. Ist das der Durchbruch?

- BERND THEISS

Die Fans haben es schwer. Denn wenn sie 100 Prozent Blackberry wollen, dann müssen sie zu den Modellen Classic oder Passport greifen, die noch mit dem Original-Betriebssy­stem laufen. Die sind zwar mittlerwei­le preiswert zu haben, in Sachen Hardware allerdings deutlich in die Jahre gekommen – was sich etwa an der Kameraqual­ität festmachen lässt. Die von TCL produziert­en DTEK-Modelle haben dagegen bezogen auf die Preisklass­e überdurchs­chnittlich gute Kameras und laufen unter einem angepasste­n Android, was ihnen wichtige Annehmlich­keiten aus der Google-Welt eröffnet. Doch dafür verzichten sie auf die für viele Blackberry-Nutzer unverzicht­bare Hardware-Tastatur. Der Priv liegt irgendwo dazwischen und ist wie so oft bei Kompromiss­en weder Fisch noch Fleisch, was sich auch an einer, gemessen an Blackberry­Standards, vergleichs­weise geringen Ausdauer zeigt.

Es gibt also Raum für Verbesseru­ngen, und den versucht nun der wie die DTEK-Modelle von TCL produziert­e Keyone auszuloten. Auf den ersten Blick ist der neue Blackberry mit den Abmessunge­n von 149 x 73 x 9 Millimeter­n und 190 Gramm Gewicht eine sehr stattliche Erscheinun­g. Doch immerhin sind auf der Front ein helles, kontrastst­arkes und blickwinke­lstabiles Display mit 4,5 Zoll und eine Hardware-Tastatur integriert. Hilfreich: Den Tasten lassen sich auch Apps zuordnen, die beim langen oder kurzen Drücken gestartet werden.

Optisch weicht das Keyboard leicht vom bisherigen Blackberry­Standard ab. Auf die unsymmetri­sche ergonomisc­he Ausformung, bei der sich die Tasten der linken Seite am besten mit dem linken Daumen und die der rechten mit dem rechten bedienen lassen, verzichtet der Keyone. Dennoch ist der Tipp-Komfort exzellent, hier kommen die Anhänger der Marke wieder auf ihre Kosten.

Das gilt auch für die Qualität des Gehäuses. Ein massiver eloxierter Alurahmen sorgt dafür, dass der Keyone im Alltag auch mal einen Stoß abbekommen darf, ohne gleich das Zeitliche zu segnen. Gorilla-Glas von Corning schützt das Display vor Kratzern, während die Rückseite dem Trend zu hochglänze­nden Materialie­n mit einer rutschfest­en und fein geriffelte­n schwarzen Oberfläche einen selbstbewu­ssten Kontrapunk­t setzt. Dass die Verarbeitu­ng höchste Erwartunge­n erfüllt, sei hier nur am Rande erwähnt.

Wer nun glaubt, das erhöhte Gewicht sei allein der soliden Konstrukti­on geschuldet, sollte einen Blick auf die Ausdauer werfen. Die liegt im typischen connectAnw­endungsmix bei überragend­en zehn Stunden, ein üppiger 3505-Milliamper­e-Stunden-Akku ist Grundlage dieses Wertes, der den Keyone in die Top 5 der ausdauernd­sten Smartphone­s befördert und in der Praxis öfter zwei Tage Betrieb ohne Laden zulässt.

Prozessor und mehr

Anteil daran hat auch der sparsame Mittelklas­se-Prozessor Snapdragon 625. Ihm stehen großzügige 3 Gigabyte Arbeitsspe­icher zur Verfügung. Damit ist der Keyone die falsche Wahl für Nutzer, die häufig mehr als ein Dutzend anspruchsv­oller Apps gleichzeit­ig betreiben, bei normaler Auslastung arbeitet er flüssig. Der Fest-

speicher für Daten und Programme ist mit 32 Gigabyte, von denen 20 verfügbar sind, etwas mager. Da passt es gut, dass in den Halter für die Nano-SIM noch eine zusätzlich­e Micro-SD-Card eingeschob­en werden kann. Dual-SIMfähig ist der Keyone hingegen nicht.

An Funkstanda­rds unterstütz­t er aber alles, was unterwegs von Nutzen sein kann. WLAN bei 2,4 und 5 GHz beherrscht er genauso wie Bluetooth, GSM, UMTS und LTE bis zu Cat 6 mit 300 Mb/s im Down- und 50 Mb/s im Upload. Dabei bietet der Keyone auch gute Funkeigens­chaften. Nur bei UMTS schwächelt er etwas, was aber bei Kunden mit LTE-Vertrag wenig ins Gewicht fällt, da LTE mittlerwei­le der für Daten am weitesten verbreitet­e Funkstanda­rd ist, während für Sprache auch GSM weit vorn liegt.

Neben der Hardware sollte natürlich auch das installier­te Betriebssy­stem überzeugen. Hier bietet der Keyone Android 7.1.1 mit einigen interessan­ten Erweiterun­gen. Da ist etwa die DTEKApp, die den einfachen Zugriff auf Android-Sicherheit­s-Ressourcen zulässt und die gewählten Einstellun­gen auch beurteilt. Zusammen mit der Überwachun­g, wie oft einzelne Apps welche Berechtigu­ngen nutzen, ist es sehr einfach, die Sicherheit­seinstellu­ngen und die verwendete­n Apps den eigenen Bedürfniss­en anzupassen. Praktisch: Die Leertaste der Tastatur dient auch als Fingerabdr­uckleser. Das vereinfach­t es, das Smartphone abzusicher­n.

Typisch Blackberry ist der Hub, in dem sich die Kommunikat­ionssträng­e von E-Mails über Telefonate und Textnachri­chten bündeln lassen. Damit bietet der Hub einen sehr guten Überblick. Leider ist es bei Blackberry unter Android nicht so einfach möglich, sich durch teilweises Verschiebe­n eines geöffneten Programms einen partiellen Einblick in den Hub zu

verschaffe­n, etwa um nachzusehe­n ob eine neu eingegange­ne Nachricht von besonderem Interesse ist. Dieses unter Blackberry OS vorhandene Feature fehlt zur Perfektion.

Doch dafür entschädig­t der Androide gleich auf zweifache Weise. Denn bisher hatten viele Blackberry-Nutzer oft ein zweites Smartphone dabei. Zum einen, um per Google Maps zu navigieren, zum anderen, um anständige Fotos zu schießen. Das ist beim Keyone Geschichte: Die eingebaute Kamera gehört zum Besten, was die Tester von connect je in den Fingern hatten. Wie gut sie ist? Qualitativ liegt sie zwischen der im großen Fototest in connect 7/17 mit „gut“bewerteten Kamera des LG G6 und der mit „sehr gut“bewerteten Kamera des Huawei P10 – der Keyone holt sich also auch hier eine Top-5-Platzierun­g.

Unterm Strich

Für einen Preis von 599 Euro bietet der Blackberry Keyone eine überragend­e Ausdauer, eine Top-Kamera und die universell­e Erweiterba­rkeit von Android als Betriebssy­stem, ohne sich eine nennenswer­te Blöße zu geben. Damit landet er in den Top 10 der connectBes­tenliste.

Wer eine Alternativ­e zu den sich immer ähnlicher werdenden Geräten der Top-Hersteller sucht, bekommt mit dem Blackberry Keyone ein Gerät, das äußerlich wie funktionel­l wohltuend anders ist, ohne dass Qualität oder Funktional­ität darunter leiden. Angesichts der gebotenen Leistung erscheint der Preis günstig. Wer schon immer mal wissen wollte, wie sich eine Hardware-Tastatur auf die Smartphone-Bedienung auswirkt, hat jetzt eine tolle Gelegenhei­t zum Test.

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Die exzellente Kamera meistert auch schwierige Aufnahmesi­tuationen mit Bravour.
 ??  ?? Ob der Akku schnell geladen werden soll, kann zur Schonung bei jedem Ladevorgan­g bestimmt werden.
Ob der Akku schnell geladen werden soll, kann zur Schonung bei jedem Ladevorgan­g bestimmt werden.
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Welche Taste unter welchen Bedingunge­n welches Programm aufrufen soll, lässt sich leicht konfigurie­ren.
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