Apple iPad Pro
Das High-End-Tablet im ersten Check
Apple hat sein iPad Pro neu aufgelegt: Seit Juni sind zwei Varianten erhältlich – mit riesigem 12,9-ZollDisplay oder mit der im Apple-Sortiment neuen Displaygröße von 10,5 Zoll. Die Bildschirmdiagonale und die damit verbundene maximale Auflösung sind die einzigen Unterschiede – alle sonstigen Komponenten sind gleichwertig. Wir haben die kleinere Version ausprobiert.
Leicht anders, genauso leicht
Die Steigerung der Displaymaße von 9,7 auf 10,5 Zoll führt zu einer leichten Vergrößerung in Höhe und Breite, wobei der Bildschirm- rand etwas dünner wurde. Das neue iPad Pro bringt zwar fast 40 Gramm mehr auf die Waage als der Vorgänger mit 9,7 Zoll, fühlt sich aber keineswegs schwerer oder gar unhandlicher an, sondern lässt sich ausgezeichnet bedienen.
Die Tiefe bleibt unverändert bei 6,1 Millimeter, nur die Kameralinse steht relativ weit aus der Rückseite heraus – Kratzgefahr! Technisch entspricht die Optik dem iPhone 7, sodass mit dem neuen iPad Pro aufgenommene Fotos in jeder Lichtsituation die vom aktuellen Apple-Smartphone gewohnt hohe Qualität aufweisen. Schutz vor Kratzern sollen wie beim Vorgänger Einschubtaschen bieten, die Apple ab rund 150 Euro anbietet. Die sind trotz passendem Einschubfach für den separat erhältlichen Apple Pencil nicht sonderlich praktisch. Um es zu benutzen, muss man das iPad Pro komplett aus der Hülle ziehen. Die weiteren Apple-Zubehörprodukte Smart Keyboard und Smart Cover
geben das Display dank KlappAbdeckung zwar einfach frei, bedecken aber die Rückseite samt Kamera nicht. Für optimalen Schutz empfiehlt sich daher ein Case vom Drittanbieter wie Logitech – zumindest bis Apple eine eigene Alternative anbietet.
Verbesserungen mit Hertz
Dank neuem A10X-Prozessor will das neue Pro das bislang schnellste iPad aller Zeiten zu sein. Ob das zutrifft, klärt der Labortest im nächsten Heft. Im Praxischeck machte die verdoppelte Bildwiederholungsrate von 120 Hertz jedenfalls Eindruck: Das Gerät reagiert bei jedem Touch auf Anhieb, Apps laden ohne Wartezeiten, der Bildschirminhalt scrollt flüssig in alle Richtungen. So flüssig, dass Text beim Scrollen ohne Flimmern zu lesen ist und feine Satellitenbilder butterweich hin- und herschweben. Die in Internetberichten erwähnten Nebeneffekte der höheren Hertzzahl, etwa Übelkeit und Kopfschmerzen, konnten wir auch nach zahllosen Bildwechseln nicht bemerken. In Sachen Reaktionsgeschwindigkeit kommt zudem die geringere Latenzzeit des Apple Pencils zum Tragen: Gerade feine Zeichnungen gelingen mit dem Displaystift noch präziser, das Aufzeichnen von Notizen geht natürlicher von der Hand.
Für bessere Akkulaufzeit passt das iPad Pro die Bildwiederholfrequenz dynamisch an. Sind keine vollen 120 Hertz notwendig, da zum Beispiel nur statische Inhalte angezeigt werden, wird auf bis zu 24 Hertz heruntergeregelt, was Energie spart. Der Nutzer merkt von der Umstellung nichts.
Grafische Höhen
Seine Leistungsvorzüge beweist das iPad Pro unter anderem bei der Darstellung von Augmented-Reality-Inhalten. Die für Entwickler erhältliche Beta von AR Kit zeigt, wie gut sich virtuelle Inhalte auf dem Bildschirm beinahe lebensecht in die reale Welt integrieren lassen. Die beeindruckende Demo gibt einen Ausblick darauf, was mit dem iPad Pro in Verbindung mit iOS 11 möglich sein wird.
Auch Spiele setzt das Pro exzellent in Szene: Aktuelle Titel wie „Injustice 2“weisen keinerlei Ruckeln auf und sehen auch bei AirPlay-Übertragung auf einem großen Fernseher noch tadellos aus. Hier bewegt sich das Apple-Tablet durchaus auf dem Niveau gängiger Spielkonsolen. Lediglich das Bildformat, das 16:9-Fernsehern links und rechts schwarze Balken aufzwingt, stört ein wenig den Gaming-Genuss. Immerhin wird das Bild auf dem TV korrekt aufgezogen, wenn passende Breitbildvideos von Youtube, Netflix und Co via iPad aufs Apple TV gestreamt werden.
Nichts Neues gibt es beim Sound: Die vier Lautsprecher geben angesichts des dünnen Gehäuses ihr Bestes, aber letztlich lassen sich die Gesetze der Physik nicht aushebeln und bassstarke Wucht darf man bei so einem Gerät einfach nicht erwarten.
Noch kein Notebook-Ersatz
Als kabelgebundene Verbindungsmöglichkeiten bietet das Pro wie alle aktuellen iPads sowohl einen Lightning-Anschluss als auch den klassischen 3,5-mm-Klinken-Einbzw. Ausgang. Ein Lightning-aufUSB-Kabel ist im Lieferumfang enthalten. Damit bleibt Apple seiner uneinheitlichen Linie in Sachen Kabel und Stecker treu, Nutzer eines Macbook Pro benötigen für die Verbindung des iPad Pro mit ihrem Laptop wieder einen Adapter auf USB-C. Auch in Sachen SD-Karten geht wieder nichts ohne weiteres Zubehör.
Solch unnötige Unbequemlichkeiten verhindern, dass das iPad zum jetzigen Zeitpunkt ein vollwertiger Ersatz für ein Notebook sein kann. Zwar ist das Smart Keyboard in Windeseile angeschlossen und bedarf keiner weiteren Einrichtung. Doch was nützt die Convertible-artige Anmutung, wenn ich nicht per Plug-and-play auf eine simple USB-Festplatte zugreifen kann?
Fraglich, ob Apple bei diesem Thema je umschwenken wird. Wünschenswert wäre es, denn abgesehen von diesem Manko hätte das iPad Pro durchaus das Zeug zur PC- und iMac-Alternative. Erst recht mit iOS 11, das im Herbst erscheinen soll und unter anderem einen Dateibrowser und ein an Mac OS erinnerndes Dock mitbringen wird (siehe Seite 11). Wenn dann auf dem iPad Pro gleich mehrere Programme per Multitasking im Splitscreen aktiv sind, während als Bild-in-BildFenster ein Video läuft, steht das iOS-Tablet einem Notebook in fast nichts mehr nach. Microsoft Surface und andere 2-in-1-Convertibles dürfte es dann dem jetzigen Eindruck nach gar überholen.