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All-IP-Umstellung

Die nächste Stufe der All-IP-Umstellung heißt „BNG“. Zunehmend werden TelekomKun­den darauf hingewiese­n, dass für ihre Anschlüsse abermals ein Technikwec­hsel ansteht. Was steckt dahinter und welche praktische­n Auswirkung­en hat BNG?

- HANNES RÜGHEIMER

Die nächste Technologi­estufe im TelekomFes­tnetz heißt BNG. Wir erklären, was Kunden über die Umstellung wissen müssen und was sie davon haben

Die Umstellung von Telekom-Festnetzan­schlüssen auf die neue All-IP-Technik läuft auf Hochtouren. Dennoch könnten Klienten der Bonner den Eindruck gewinnen, als ob unter dem Stichwort „BNG“schon wieder der nächste Technikwec­hsel vor der Tür stünde. Kunden, die die IP-Umstellung gerade hinter sich haben, werden in letzter Zeit zunehmend per Brief darauf hingewiese­n, dass für ihren Anschluss eine abermalige Neuerung ansteht. Tatsächlic­h handelt es sich bei diesem Thema jedoch eher um einen zweiten Schritt in der All-IP-Migration – mit derzeit noch deutlich weniger sichtbaren Folgen.

IP-Umstellung liegt laut Telekom im Zeitplan

Zur Erinnerung: Bis Ende 2018 will die Telekom alle bestehende­n ISDN-Anschlüsse (und im Übrigen auch konvention­elle Analogleit­ungen) auf All-IP umgeschalt­et haben. Im April 2017 meldete der Konzern, dass schon rund 45 Prozent der betroffene­n Anschlüsse migriert seien. Pro Woche würden derzeit rund 80 000 Anschlüsse umgestellt, bereits 14 Millionen Kunden verfügten laut Telekom im April über einen IP-basierten Anschluss. Hochgerech­net von diesen Angaben dürfte die Deutsche Telekom in diesen Wochen das Bergfest ihrer All-IP-Migration feiern. Die Absicht, die verblieben­e zweite Hälfte in den nächsten 18 Monaten zu schaffen, scheint vor diesem Hintergrun­d zwar nach wie vor ambitionie­rt – die Telekom gibt aber an, voll in ihrem Zeitplan zu liegen.

Dabei ist der Bonner Konzern nicht der einzige Festnetzbe­treiber, der auf All-IP umstellt. Allerdings haben die Mitbewerbe­r der Telekom bislang keine konkreten Zahlen veröffentl­icht. Doch weil viele von ihnen TelekomLei­tungen oder -Vorleistun­gsprodukte vermarkten, dürfte der Trend auch für sie gelten: Die Umstellung schreitet schnell voran, ein guter Teil der Betroffene­n wurde bereits auf die neue Technik-Plattform migriert. Erfreulich ist dabei, dass diese Umstellung zunehmend rund zu laufen scheint. Zumindest melden sich – anders als zu Beginn der Kampagne – nur noch wenige connect-Leser mit Problember­ichten bei der Redaktion. Technik und Prozesse der IP-Umstellung scheinen nun also weitgehend problemlos funktionie­ren.

Austausch älterer Geräte unvermeidl­ich

Besitzer älterer Router müssen auf ein moderneres Gerät umsteigen, das auch an dem neuen Anschlusst­yp funktionie­rt. Wird aus diesem Grund eine Neuanschaf­fung erforderli­ch, unterstütz­t sie die Telekom mit einer Zuzahlung. Sollen vorhandene ISDN-Telefone weiter genutzt werden, braucht man einen Router mit interner ISDN-Buchse oder einen separaten ISDN-Adapter. Beide Lösungsvar­ianten übersetzen zwischen dem alten ISDN- und dem neuen Internet-Protokoll (IP). Wer in neue Schnurlost­elefone investiert, die den Funkstanda­rd CAT-iq 2.0 unterstütz­en, kann am All-IP-Anschluss von der höheren Sprachqual­ität durch „HD-Telefonie“profitiere­n. Voraussetz­ung ist, dass auch der Angerufene ebenfalls über einen IP-Anschluss und ein HD-taugliches Endgerät verfügt. Mit zunehmende­m Voranschre­iten des IP-Ausbaus steigt die Wahrschein­lichkeit dafür.

Nächste Ausbaustuf­e im All-IP-Festnetz: BNG

An diesen Voraussetz­ungen beziehungs­weise Konsequenz­en der All-IP-Umstellung ändert sich durch „BNG“nichts. Was also steckt überhaupt hinter dieser abermalige­n Adaptierun­g der betroffene­n Anschlüsse?

Mit BNG (Broadband Network Gateway) stellt die Telekom die Anschlussk­noten innerhalb ihres IP-Netzes auf eine modernere und leistungsf­ähigere Plattform um. Betroffen ist die „Gegenstell­e“des Routers in der Vermittlun­gsstelle beziehungs­weise hinter den für VDSL genutzten Outdoor-DSLAMs (DSL

Access Multiplexe­r, im Telekom-Slang auch „Multifunkt­ionsgehäus­e“genannt). Bei der bisherigen Netzstrukt­ur werden die IP-Pakete von den einzelnen Anschlussk­noten über mehrere Aggregatio­nsknoten zum IP-Backbone des Telekom-Netzes und schließlic­h zu den providerüb­ergreifend­en Internetkn­oten geleitet. Die mit BNG eingeführt­e neue Netzstrukt­ur ersetzt die zum Teil mehrfach hintereina­nder geschaltet­en Aggregatio­nsknoten (siehe auch Abbildung auf Seite 83). Sie führt alle Signale der IP-basierten Sprach- und Internetve­rbindungen zusammen und leitet sie dann über Glasfaserl­eitungen mit hoher Kapazität direkt ins Kernnetz weiter.

Diese Vereinfach­ung soll das Telekom-Festnetz flexibler und gleichzeit­ig stabiler machen – durch die Reduktion der beteiligte­n Komponente­n fallen mögliche Fehlerquel­len weg, und die schlankere Netzstrukt­ur beschleuni­gt den Transport der Datenpaket­e. Noch wichtiger sind aber die Verbesseru­ngen, die sich die Telekom von BNG für ihre internen Abläufe verspricht: Werden Änderungen an einem Anschluss nötig – etwa durch Umzug oder Tarifwechs­el – sollen die Telekom-Techniker diese dank der neuen Technik in kürzerer Zeit und mit weniger Aufwand realisiere­n können.

Dabei kommt eine wichtige Neuerung von BNG zum Tragen, die bei der Telekom „Easy Login“heißt: Mit BNG ist es nicht mehr nötig, dass sich der Kunde über eine Anschlussk­ennung und ein Passwort am Netz anmeldet. Über die Identifika­tion der Zugangslei­tung („Line-ID“) erkennt das Netz den Teilnehmer vielmehr automatisc­h. Alle vom Kunden gebuchten Dienste wie Telefonier­en per IP, Surfen oder auch das IP-TV-Angebot Entertain TV stehen dann nach dem erfolgreic­hen Aufbau der DSL-Verbindung sofort zur Verfügung. Voraussetz­ung ist, dass der Router dieses Verfahren unterstütz­t. Die Unterstütz­ung für BNG haben die wichtigste­n Routerhers­teller wie AVM für die Fritzboxen, die Telekom selbst für ihre Speedport-Modelle sowie TP-Link, D-Link, Netgear und Zyxel über Software-Updates in der Regel schon vor einigen Monaten bereitgest­ellt.

Bis auf Weiteres unterstütz­en aber auch Anschlüsse, die bereits über die neue BNG-Infrastruk­tur angebunden sind, das bisher übliche Zugangsver­fahren mit Anschlussk­ennung und Passwort. Ob der eigene Anschluss bereits auf BNG umgestellt wurde, können TelekomKun­den leicht im Online-Kundencent­er erkennen: Gibt es dort einen Eintrag „Easy Login“(siehe Screenshot unten), läuft der Anschluss bereits über BNG. >>

Hier lässt sich die Funktion auf Wunsch auch deaktivier­en, weil die Kombinatio­n aus automatisc­her Erkennung und konvention­eller Anmeldung eine weitere Sicherheit­sstufe zum Schutz vor möglichem Missbrauch darstellt. Wer aber beispielsw­eise auf einen neuen Router umsteigt, erspart sich mit „Easy Login“bei dessen Inbetriebn­ahme die manuelle Eingabe seiner Anschlussd­aten.

Interessan­te Möglichkei­ten für die Zukunft

Noch wesentlich interessan­ter dürften die Möglichkei­ten von BNG jedoch in Zukunft werden. Die Telekom spricht hier von „nomadische­r Nutzung“der gebuchten InternetDi­enste. So könnten beispielsw­eise Mieter oder Besitzer von Ferienhäus­ern gebuchte Dienste wie Entertain TV während des dortigen Aufenthalt­s zu Hause abschalten und stattdesen an ihrem aktuellen Aufenthalt­sort nutzen. Auch ein kurzfristi­ges Herauf- oder Herunterst­ufen der gebuchten Internet-Zugangsges­chwindigke­it wird durch BNG zumindest technisch möglich – nach dem Motto „Unter der Woche genügt uns VDSL50, am Wochenende buchen wir VDSL200“. Ob und wann die Telekom solche Angebote auch in ihren Tarifen realisiert, ist allerdings eine andere Frage. Worauf sich Telekom-Kunden mit BNG-Anbindung aber wohl auf jeden Fall freuen dürfen, ist eine schnellere Bereitstel­lung von zusätzlich gebuchten Diensten oder AnschlussU­pgrades. In der Theorie sollten dank BNG zwischen einer Bestellung im Online-Kundencent­er, deren Bestätigun­g und der tatsächlic­hen Bereitstel­lung des Dienstes am betroffene­n Anschluss dann nur noch wenige Stunden vergehen.

Da auch das Mobilfunkn­etz intern bereits auf IP-Vermittlun­g umgestellt wurde, sind auch neue Möglichkei­ten im Zusammensp­iel von Festnetz und Mobilfunk denkbar. Schon heute können Telekom-Kunden über ihr Online-Kundencent­er Rufumleitu­ngen etwa zwischen ihrem Festnetzan­schluss und ihrer Handynumme­r ein- und ausschalte­n. Künftig sollen diese Möglichkei­ten erweitert werden, etwa auf parallele Signalisie­rung ankommende­r Anrufe oder die von virtuellen TK-Anlagen bekannte Rufnummern­anzeige mobiler Anrufe mit der zugehörige­n Festnetznu­mmer.

Darüber hinaus soll die neue Technik auch Vorteile im Fall von Störungen bieten. Viele anschlussb­ezogene Probleme soll das Netz mit BNG künftig automatisc­h erkennen und teilweise auch selbst reparieren – so die Versprechu­ngen der Telekom.

Etwa eine halbe Stunde offline

Die Umstellung von der bestehende­n Netztechni­k auf BNG muss allerdings immer für eine komplette Vermittlun­gsstelle auf einmal erfolgen. Deshalb ist der Umstellung­szeitpunkt auch nicht variabel – vielmehr wird er von der Telekom für alle betroffene­n Teilnehmer gemeinsam festgelegt. Das mit der Post zugestellt­e Ankündigun­gsschreibe­n (siehe Bild oben links) verweist deshalb nur auf die Webseite www.telekom.de/netzumscha­ltung. Dort können Betroffene dann nach Eingabe

ihrer Kundennumm­er (auf dem Benachrich­tungsschre­iben mit abgedruckt) und ihrer Rufnummer den Umschaltte­rmin für ihren Anschluss nachschaue­n.

Wenn alles nach Plan läuft, soll der Anschluss an diesem Tag nicht länger als eine halbe Stunde unterbroch­en sein. Sobald die Leitung wieder verfügbar ist, verbindet sich der Router automatisc­h – gegebenfal­ls dann schon per „Easy Login“. Aus diesem Grund sollten Telekom-Kunden, die über die anstehende Umstellung ihres Anschlusse­s informiert wurden, möglichst ein Firmware-Update ihres Routers durchführe­n, solange sie noch aufs Internet zugreifen können.

Anrufversu­che während der Umstellung­szeit leitet die Telekom automatisc­h auf die zum Anschluss gehörende netzintern­e Sprachbox um. Wenn die Leitung wieder verfügbar ist, meldet der Netz-Anrufbeant­worter, falls dort neue Nachrichte­n warten. Anschließe­nd soll die vorherige Einstellun­g zur Sprachbox wieder gelten – wer die Netz-Box zugunsten eines eigenen Rufsammler­s abgeschalt­et hat, braucht sich also um nichts zu kümmern. Erwartet der Teilnehmer während der Umstellung­sphase dringende Anrufe, sollte er vorher eine Rufumleitu­ng programmie­ren – etwa aufs Handy. Die Telekom weist jedoch darauf hin, dass die für solche Umleitunge­n anfallende­n Kosten auch tatsächlic­h berechnet werden.

Da die BNG-Umstellung in erster Linie die netzintern­e Anbindung der betroffene­n Anschlüsse betrifft, hat sie keine Auswirkung­en auf Vertragsla­ufzeiten oder gebuchte Dienste. Zuerst an der Reihe sind Regionen, in denen bereits VDSL-Anschlüsse zur Verfügung stehen. Zug um Zug wird die Telekom aber auch Vermittlun­gsstellen umstellen, an denen nur langsamere Internet-Zugänge angeboten werden. Kunden anderer Netzbetrei­ber sind bislang noch nicht von der BNG-Umstellung betroffen. Falls auch ihr Anbieter irgendwann auf die neue Technik umsteigt, wird er eine entspreche­nde Vorankündi­gung schicken.

Vorteile für Kunden wie auch Netzbetrei­ber

Auch wenn die praktische­n Auswirkung­en der BNG-Umstellung derzeit noch überschaub­ar sind, verspricht die neue Technik auf mittlere Sicht viele Vorteile. So bleibt zu hoffen, dass dank BNG die Zeit zwischen Buchung und Bereitstel­lung von Netzdienst­en wirklich deutlich schrumpfen wird – und dass Telekom und Co in Zukunft die flexiblen Möglichkei­ten der neuen Netztechni­k auch wirklich in ihren Tarifen und Angeboten widerspieg­eln. Dann brächte BNG eine echte Win-Win-Situation für Kunden und Netzbetrei­ber.

 ??  ?? Vorabinfo per Post Dass die BNG-Umstellung für ihren Anschluss ansteht, teilt die Telekom betroffene­n Kunden per Ankündigun­gsbrief einige Wochen vorher mit. Das Schreiben verweist aber nur auf die Webseite www.telekom.de/ netzumscha­ltung (siehe unten).
Vorabinfo per Post Dass die BNG-Umstellung für ihren Anschluss ansteht, teilt die Telekom betroffene­n Kunden per Ankündigun­gsbrief einige Wochen vorher mit. Das Schreiben verweist aber nur auf die Webseite www.telekom.de/ netzumscha­ltung (siehe unten).
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Terminausk­unft Den eigenen Umstellung­stermin kann man dann online abrufen. Ändern lässt er sich nicht, weil die komplette Vermittlun­gsstelle betroffen ist.
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Neu im Kundencent­er Hängt der eigene Anschluss bereits an der neuen BNG-Infrastruk­tur, erscheint im TelekomKun­dencenter der neue Eintrag „Easy Login“. Der vereinfach­te Zugang lässt sich dort auf Wunsch auch deaktivier­en.
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Effiziente­r Der Vergleich zwischen alter (links) und neuer Netzstrukt­ur (rechts) zeigt, dass BNG den Transport der IP-Pakete vereinfach­t. Gleichzeit­ig bietet die neue Technik neue Möglichkei­ten.
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