SAMSUNG DeX: EINE RUNDE SACHE
Die Idee, ein leistungsstarkes Smartphone per Dockingstation zum Desktop zu erweitern, ist nicht neu. Aber Samsung hat sie mit DeX konsequent umgesetzt – einschließlich einer virtuellen Windows-Oberfläche.
Wer schon einmal versucht hat, eine verschachtelte Excel-Tabelle auf einem 5-Zoll-Bildschirm zu bearbeiten, kennt das Problem: Leistungstechnisch mag es kaum noch Grenzen für die Arbeit mit dem Smartphone geben, praxistauglich ist das aber nur bedingt. Das hat sich offenbar auch Samsung gedacht und seinem aktuellen Topmodell Galaxy S8 eine Dockingstation spendiert. Deren Name ist Programm: DeX steht für Desktop Experience.
Über das kleine runde Kästchen lässt sich das Smartphone per HDMI mit einem großen Bildschirm verbinden. Das Eingabegerät Finger wird durch Maus und Tastatur ersetzt – beides lässt sich ebenso via USB andocken wie externe Speichermedien. Hinzu kommen ein USB-C-Slot für die Stromversorgung sowie ein Netzwerkanschluss.
Mit der Projektion des Bildschirminhalts auf eine größere Fläche ist es freilich nicht getan, deshalb hat Samsung gleich noch eine eigene Oberfläche für seine Dockingstation programmiert, die nicht nur optisch Ähnlichkeiten mit einer Windows-Oberfläche hat, sondern sich auch in etwa so bedienen lässt – einschließlich Taskleiste, Fensteranordnung und DoppelklickFunktion.
In der Theorie klingt das alles ganz nett, doch kann das Desktop-Konzept der Koreaner auch in der Praxis überzeugen? Die Frage ist schnell beantwortet: Ja, kann es – und zwar erstaunlich gut. connect konnte DeX bereits zum Marktstart ausführlich unter die Lupe nehmen (siehe SamsungSonderheft in der Ausgabe 6/2017) und abgesehen von kleineren Kinderkrankheiten keine nennenswerten Schwächen erkennen.
Angepasste Oberfläche
Dabei sollte man natürlich berücksichtigen, dass es sich bei dem Dockingsystem nach wie vor um eine Android-Oberfläche handelt. Und dass sich nicht alle Apps aus dem Play Store gleichermaßen auf dem großen Bildschirm nutzen lassen. Manche Programme funktionieren gar nicht, etwa Mozillas mobiler Firefox-Browser. Andere Apps dagegen hat Samsung in Kooperation mit den jeweiligen Herstellern für den DeX-Einsatz optimiert. Dazu gehört neben einer Reihe von Google-Diensten und diversen ProduktivitätsTools von Adobe auch die Office-Familie von Microsoft, wobei diese im Gegensatz zur Verwendung auf dem Smartphone nur in Verbindung mit einem kostenpflichtigen Office-365-Abo nutzbar ist. Hintergrund ist die Beschränkung der Gratisversion auf ein maximal 10,1 Zoll großes Display.
Das bessere Continuum?
Apropos Microsoft: Die Idee, ein leistungsfähiges Smartphone per Dockingstation und entsprechenden Peripheriegeräten zu einem Desktop-ähnlichen Arbeitsgerät aufzurüsten, ist nicht neu. Ein vergleichbares Konzept namens Continuum hat die Windows-Company bereits vor mehr als zwei Jahren vorgestellt. Auch dieses System erhielt keine schlechten Kritiken – es hat aber ein paar kleinere und eine ganz gravierende Schwäche. Letztere ist, dass Continuum nur mit dem Betriebssystem Windows 10 Mobile kompatibel ist, das im Smartphone-Markt praktisch keine Relevanz mehr besitzt.
Doch auch der DeX-Benutzer muss nicht zwingend auf die vom PC gewohnte Windows-Oberfläche verzichten, zumindest nicht im beruflichen Umfeld. Das funktioniert mithilfe einer virtuellen Desktop-Infrastruktur, kurz VDI. Zu diesem Zweck kooperiert
Samsung eng mitVirtualisie rungsspezia listen. Ist im Unternehmen eine kompatible VDI-Lösung wie Amazon Work Spaces, Citrix Receiver oder VMware Horizon im Einsatz, lässt sich mit dem Galaxy S8 ein vollständiger Windows-Desktop als eigenständiger Arbeitsbereich innerhalb der DeX-Oberfläche nutzen – und zwar nicht nur an stationären Arbeitsplätzen, sondern als Remote-Anwendung praktisch an jedem beliebigen Ort, an dem sich ein Internetzugang findet. Optional wird der virtuelle Windows-Client automatisch gestartet, wenn sich das Smartphone mit der DeX-Station verbindet. Wie die Oberfläche aussieht, zeigt das Bild oben rechts.
Fazit
In Kombination mit Monitor, Tastatur und Maus erweitert Samsung DeX das Galaxy S8 zu einem Desktop-ähnlichen Arbeitsplatz. Die Oberfläche ist weitgehend intuitiv bedienbar und funktional erstaunlich ausgereift.
Den PC kann das Konzept zwar nicht vollständig ersetzen, für Routineaufgaben reicht es aber allemal. Und bei passender Infrastruktur lässt sich mithilfe der Desktop-Virtualisierung über das Smartphone sogar ein vollwertiger WindowsClient betreiben.