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Razer Phone

Das auf Gaming spezialisi­erte US-Unternehme­n Razer steigt in den Smartphone-Markt ein. Das Razer Phone ist kein Produkt für die Masse, sondern zugespitzt auf passionier­te Computersp­ieler, die es auch unterwegs nicht lassen können.

- ANDREAS SEEGER

Der Gaming-Spezialist legt ein auf mobiles Spielen getrimmtes Smartphone vor

Ambitionie­rten Computersp­ielern ist der Name Razer ein Begriff: 1998 gegründet, brachte die US-Company als erstes Produkt die Boomslang auf den Markt – eine Maus für PC-Spieler, die eine besonders präzise Steuerung ermöglicht­e. Der Schwerpunk­t ist bis heute geblieben, allerdings wurde die Produktpal­ette ausgeweite­t: von Mäusen und Tastaturen auf Headsets und Laptops. Ein wichtiges Standbein sind auch die Aktivitäte­n rund um profession­elle Gaming-Events. Razer bezeichnet sich selbst als LifestyleM­arke für Spieler, das Logo mit der dreiköpfig­en Schlange hat in der Szene Kultcharak­ter. Jetzt also der Sprung ins kalte Wasser, in einen völlig neuen Markt. Überrasche­nd kam er nicht: Spätestens seit Razer Ende 2016 die Firma Nextbit übernommen hat, die das Cloud-Smartphone Robin entwickelt­e, wurde über ein eigenes Smartphone spekuliert.

Die Zeit für das Razer Phone sei reif, weil die Hardware inzwischen so weit entwickelt ist, dass auch ernsthafte­s mobiles Gaming möglich sei, erklärte uns ein Vertreter von Razer bei der Produktvor­stellung. Das dürfte aber nur ein Teil der Wahrheit sein. Denn zum einen ist der Markt für teures Gaming-Zubehör endlich, zum anderen dürfte der phänomenal­e Erfolg der Produktkat­egorie Smartphone, der neben dem MP3Player und portablen Navigation­s- systemen auch Digitalkam­eras

mehr oder weniger überflüssi­g

gemacht hat, vor dem GamingSegm­ent nicht haltmachen. Wozu einen teuren Razer-Laptop kaufen, wenn iPhone oder iPad reichen? Diese Zeit könnte kommen und Razer versucht also auch, seine Zukunft zu sichern.

Das Brett in der Hand

Die Frage ist allerdings, ob der Smartphone-Markt die richtige

Spielwiese dafür ist. Die Konkurrenz ist beinhart, abgesehen von Apple und Samsung kämpfen alle Hersteller mit knappen Margen. Wenn Razer hier erfolgreic­h sein will, dann müssen sie einen ganz besonderen Pfeil im Köcher haben. Verdammt groß ist er auf jeden Fall:

Mit 159 x 78 x 8 Millimeter und 200 Gramm Gewicht liegt das Razer Phone wie ein Brett in der Hand. Die ausgeprägt­en Kanten verstärken diesen Eindruck noch. Immerhin, die Haptik überzeugt: Razer setzt auf einen Aluminium-Unibody, der exzellent verarbeite­t ist.

Starke Hardware

Das von Foxconn produziert­e Smartphone ist auch so groß, weil Razer konsequent seine GamingZiel­gruppe im Blick behält und breite Frontlauts­precher über und unter dem Display einbaut, die den Raumklang-Standard Dolby Atmos beherrsche­n. Dass sie ordentlich Power haben, davon konnten wir uns bereits überzeugen. Eine weitere Referenz an die Gamer ist Qualcomms Snapdragon 835, der von üppigen 8 GB RAM unterstütz­t wird. Wie uns bei der Präsentati­on erklärt wurde, hat das Unternehme­n auf eine besonders effiziente Hitzeablei­tung Wert gelegt, damit das System länger unter Volllast laufen kann als bei der Konkurrenz. Der Akku ist mit einer Kapazität von 4000 mAh stark genug, um das Smartphone auch bei intensiver Nutzung durch den Tag zu bringen.

Reaktionss­chnelles IGZO-Display

Das Herzstück des Razer Phone ist aber das 5,7 Zoll große Display mit der ultraschar­fen Auflösung von 2560 x 1440 Pixeln und der IGZO-Technologi­e von Sharp. Die setzt im Gegensatz zu herkömmlic­hen LCDs nicht auf Silizium für die Matrix aus Dünnschich­ttransisto­ren (TFT), sondern auf eine Mischung aus Indium, Gallium, Zink und Sauerstoff (Oxygen), wodurch sich neben einer dünneren Bauweise vor allem eine höhere Reaktions

geschwindi­gkeit realisiere­n lässt. Das Display hat eine Bildwieder­holrate von 120 Hertz – doppelt so viel wie die meisten Smartphone­s. In den Systemeins­tellungen bietet der Hersteller die Möglichkei­t, sie manuell anzupassen – auch das ist nicht selbstvers­tändlich. Allerdings werden Frameraten jenseits der 60 Hertz von den meisten Apps und Inhalten gar nicht unterstütz­t, Youtube-Clips zum Beispiel werden mit maximal 60 fps abgespielt. Auch Spiele unterstütz­en 120 fps nicht nativ, Razer kooperiert daher mit Publishern, um die Framerate bei ausgewählt­en Titeln freizuscha­lten. Bei der Produktvor­stellung wurden unter anderem Madfinger Games, Square Enix und Tencent genannt. Wir hatten die Gelegenhei­t, das 3-DRennspiel Riptide mit 120 Hertz anzuspiele­n und haben nur marginale Unterschie­de bemerkt. Es spielt sich gefühlt ein bisschen flüssiger, die Objekte fließen weicher über das Display. Das war es dann aber auch schon.

Als Betriebssy­stem ist Android 7.1.1 installier­t, Razer übernimmt die Version fast unveränder­t von Google und installier­t nur eine Handvoll Apps, unter anderem die Vollversio­n des Nova Launchers. Für ein Smartphone, das Ende 2017 mit nativem Android-System in den Handel kommt, ist die Version nicht mehr ganz frisch, zumal damit auch ein Schlaglich­t auf den Software-Support geworfen wird. Wird Razer monatlich Sicherheit­spatches ausliefern? Wir bezweifeln das. Zu kritisiere­n ist auch die fehlende Klinkenbuc­hse. Immerhin gehört ein Klinkenada­pter zum Lieferumfa­ng.

Preise und Fazit

Der interne Speicher fasst 64 GB und kann per Micro-SD erweitert werden – für ein Smartphone, das 749 Euro kostet, geht das in Ordnung. Auch die Kamera-Ausstattun­g klingt zumindest auf dem Papier gut: Ein Gespann aus Weitwinkel­und Normalbren­nweite gibt dem Fotografen viele Freiheiten bei der Bildgestal­tung. Seit dem 14. November ist das Razer Phone erhältlich. Wir sind gespannt, ob es seine Nische finden wird. Erfahrungs­gemäß tun sich Neueinstei­ger besonders schwer mit der Vertriebss­truktur sowie der Software-Qualität und dem -Support. Wenn sich Razer hier keine Patzer erlaubt, dann stehen die Chancen gar nicht mal so schlecht.

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 ??  ?? Ultraschne­ll Mit einer Bildwieder­holrate von bis zu 120 Hertz ist die Darstellun­g flüssiger als auf anderen Phones, was allerdings nur bei schnell bewegten Inhalten spürbar wird. Und selbst dann sinddie Unterschie­de marginal.
Ultraschne­ll Mit einer Bildwieder­holrate von bis zu 120 Hertz ist die Darstellun­g flüssiger als auf anderen Phones, was allerdings nur bei schnell bewegten Inhalten spürbar wird. Und selbst dann sinddie Unterschie­de marginal.

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