Razer Phone
Das auf Gaming spezialisierte US-Unternehmen Razer steigt in den Smartphone-Markt ein. Das Razer Phone ist kein Produkt für die Masse, sondern zugespitzt auf passionierte Computerspieler, die es auch unterwegs nicht lassen können.
Der Gaming-Spezialist legt ein auf mobiles Spielen getrimmtes Smartphone vor
Ambitionierten Computerspielern ist der Name Razer ein Begriff: 1998 gegründet, brachte die US-Company als erstes Produkt die Boomslang auf den Markt – eine Maus für PC-Spieler, die eine besonders präzise Steuerung ermöglichte. Der Schwerpunkt ist bis heute geblieben, allerdings wurde die Produktpalette ausgeweitet: von Mäusen und Tastaturen auf Headsets und Laptops. Ein wichtiges Standbein sind auch die Aktivitäten rund um professionelle Gaming-Events. Razer bezeichnet sich selbst als LifestyleMarke für Spieler, das Logo mit der dreiköpfigen Schlange hat in der Szene Kultcharakter. Jetzt also der Sprung ins kalte Wasser, in einen völlig neuen Markt. Überraschend kam er nicht: Spätestens seit Razer Ende 2016 die Firma Nextbit übernommen hat, die das Cloud-Smartphone Robin entwickelte, wurde über ein eigenes Smartphone spekuliert.
Die Zeit für das Razer Phone sei reif, weil die Hardware inzwischen so weit entwickelt ist, dass auch ernsthaftes mobiles Gaming möglich sei, erklärte uns ein Vertreter von Razer bei der Produktvorstellung. Das dürfte aber nur ein Teil der Wahrheit sein. Denn zum einen ist der Markt für teures Gaming-Zubehör endlich, zum anderen dürfte der phänomenale Erfolg der Produktkategorie Smartphone, der neben dem MP3Player und portablen Navigations- systemen auch Digitalkameras
mehr oder weniger überflüssig
gemacht hat, vor dem GamingSegment nicht haltmachen. Wozu einen teuren Razer-Laptop kaufen, wenn iPhone oder iPad reichen? Diese Zeit könnte kommen und Razer versucht also auch, seine Zukunft zu sichern.
Das Brett in der Hand
Die Frage ist allerdings, ob der Smartphone-Markt die richtige
Spielwiese dafür ist. Die Konkurrenz ist beinhart, abgesehen von Apple und Samsung kämpfen alle Hersteller mit knappen Margen. Wenn Razer hier erfolgreich sein will, dann müssen sie einen ganz besonderen Pfeil im Köcher haben. Verdammt groß ist er auf jeden Fall:
Mit 159 x 78 x 8 Millimeter und 200 Gramm Gewicht liegt das Razer Phone wie ein Brett in der Hand. Die ausgeprägten Kanten verstärken diesen Eindruck noch. Immerhin, die Haptik überzeugt: Razer setzt auf einen Aluminium-Unibody, der exzellent verarbeitet ist.
Starke Hardware
Das von Foxconn produzierte Smartphone ist auch so groß, weil Razer konsequent seine GamingZielgruppe im Blick behält und breite Frontlautsprecher über und unter dem Display einbaut, die den Raumklang-Standard Dolby Atmos beherrschen. Dass sie ordentlich Power haben, davon konnten wir uns bereits überzeugen. Eine weitere Referenz an die Gamer ist Qualcomms Snapdragon 835, der von üppigen 8 GB RAM unterstützt wird. Wie uns bei der Präsentation erklärt wurde, hat das Unternehmen auf eine besonders effiziente Hitzeableitung Wert gelegt, damit das System länger unter Volllast laufen kann als bei der Konkurrenz. Der Akku ist mit einer Kapazität von 4000 mAh stark genug, um das Smartphone auch bei intensiver Nutzung durch den Tag zu bringen.
Reaktionsschnelles IGZO-Display
Das Herzstück des Razer Phone ist aber das 5,7 Zoll große Display mit der ultrascharfen Auflösung von 2560 x 1440 Pixeln und der IGZO-Technologie von Sharp. Die setzt im Gegensatz zu herkömmlichen LCDs nicht auf Silizium für die Matrix aus Dünnschichttransistoren (TFT), sondern auf eine Mischung aus Indium, Gallium, Zink und Sauerstoff (Oxygen), wodurch sich neben einer dünneren Bauweise vor allem eine höhere Reaktions
geschwindigkeit realisieren lässt. Das Display hat eine Bildwiederholrate von 120 Hertz – doppelt so viel wie die meisten Smartphones. In den Systemeinstellungen bietet der Hersteller die Möglichkeit, sie manuell anzupassen – auch das ist nicht selbstverständlich. Allerdings werden Frameraten jenseits der 60 Hertz von den meisten Apps und Inhalten gar nicht unterstützt, Youtube-Clips zum Beispiel werden mit maximal 60 fps abgespielt. Auch Spiele unterstützen 120 fps nicht nativ, Razer kooperiert daher mit Publishern, um die Framerate bei ausgewählten Titeln freizuschalten. Bei der Produktvorstellung wurden unter anderem Madfinger Games, Square Enix und Tencent genannt. Wir hatten die Gelegenheit, das 3-DRennspiel Riptide mit 120 Hertz anzuspielen und haben nur marginale Unterschiede bemerkt. Es spielt sich gefühlt ein bisschen flüssiger, die Objekte fließen weicher über das Display. Das war es dann aber auch schon.
Als Betriebssystem ist Android 7.1.1 installiert, Razer übernimmt die Version fast unverändert von Google und installiert nur eine Handvoll Apps, unter anderem die Vollversion des Nova Launchers. Für ein Smartphone, das Ende 2017 mit nativem Android-System in den Handel kommt, ist die Version nicht mehr ganz frisch, zumal damit auch ein Schlaglicht auf den Software-Support geworfen wird. Wird Razer monatlich Sicherheitspatches ausliefern? Wir bezweifeln das. Zu kritisieren ist auch die fehlende Klinkenbuchse. Immerhin gehört ein Klinkenadapter zum Lieferumfang.
Preise und Fazit
Der interne Speicher fasst 64 GB und kann per Micro-SD erweitert werden – für ein Smartphone, das 749 Euro kostet, geht das in Ordnung. Auch die Kamera-Ausstattung klingt zumindest auf dem Papier gut: Ein Gespann aus Weitwinkelund Normalbrennweite gibt dem Fotografen viele Freiheiten bei der Bildgestaltung. Seit dem 14. November ist das Razer Phone erhältlich. Wir sind gespannt, ob es seine Nische finden wird. Erfahrungsgemäß tun sich Neueinsteiger besonders schwer mit der Vertriebsstruktur sowie der Software-Qualität und dem -Support. Wenn sich Razer hier keine Patzer erlaubt, dann stehen die Chancen gar nicht mal so schlecht.