STARKES LINE-UP AUS FINNLAND NOKIA IST WIEDER IN DER SPUR
Auf dem Mobile World Congress hat Nokia nicht nur fünf Mobiltelefone vorgestellt, sondern auch neues Selbstbewusstsein demonstriert. Nokia-Chef Florian Seiche (Foto) sprach von einem „außergewöhnlichen“Wachstum und nannte eine beeindruckende Zahl: 70 Millionen Telefone habe man 2017 verkaufen können.
Dabei erwähnte der Nokia-Chef allerdings nicht, dass es sich bei den meisten Geräten gar nicht um Smartphones handelt, sondern um Feature Phones – also besonders günstige Einsteigergeräte mit einem proprietären Betriebssystem. Aber auch unabhängig davon ist die Comeback-Geschichte der Traditionsmarke, die im letzten Jahr ihren Anfang nahm, bisher erfolgreich. Die Strategie des finnischen Start-ups HMD Global, das hinter der wieder auferstandenen Marke Nokia steht, scheint bisher aufzugehen. Man kooperiert eng mit Foxconn, dem wichtigsten Auftragsfertiger der Welt. Mit Florian Seiche sowie vielen Ex-Nokianern steht zudem ein erfahrenes Management am Ruder, das seit vielen Jahren im Mobilfunkgeschäft aktiv ist. Und die neuen Geräte lassen erahnen, das die Erfolgsstory auch 2018 weitergehen wird.
Extrabreites Kraftpaket
Zum einen gefällt die Ausgewogenheit des Portfolios, denn vom kultigen Feature Phone Nokia 8110 bis zum High-End-Androiden 8 Sirocco ist für jeden Geschmack und Geldbeutel etwas dabei. Zum anderen beeindruckt die Kompromisslosigkeit bei der Software: Drei der frisch vorgestellten Android-Phones unterstützen Googles AndroidOne-Programm, bekommen also mindestens zwei neue AndroidVersionen. Eine solche Entschei- dung erfordert Mut, denn es ist nicht sicher, ob der Kunde von einem teuren Boliden wie dem Sirocco – in Deutschland startet der Verkauf ab April für 750 Euro – nicht etwas mehr erwartet als eine nackte Android-Version ohne Extras. Technisch und haptisch wird jedenfalls absolute Feinkost geboten: Das 5,5 Zoll große OLED-Display ist wie bei Samsung zu den Rändern hin gebogen und wird von einem Edelstahlrahmen eingefasst, der an den Seiten nur zwei Millimeter dünn ist. Trotz dieser filigranen Maße vermittelt das Sirocco hohe Stabilität und liegt satt in der Hand, wofür nicht zuletzt das hohe Gewicht verantwortlich ist. Zum absoluten Hingucker macht das Sirocco die Entscheidung von Nokia, trotz der gebogenen Seiten nicht auf das moderne 18:9-Display-Format, sondern auf das klassische 4:3-Format zu setzen, was das Gehäuse auffällig in die Breite zieht (142 x 73 Millimeter). Unter dem Display werkelt mit dem Snapdragon 835 zwar „nur“das 2017er Topmodell von Qualcomm, aber dessen Leistung dürfte auch in diesem Jahr noch locker allen Anforderungen genügen, zumal der Speicher mit 128 GB üppig ausfällt und die Zeiss-Doppeloptik mit lichtstarker f/1.7erBlende eine sehr gute Bildqualität verspricht. Bei uns hat das kompakte Kraftpaket im EdelLook jedenfalls einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
„Das Flaggschiff für alle“
Das Nokia 7 Plus gibt sich dagegen weniger auffällig, dürfte aber mit Blick auf die Verkaufszahlen die wichtigere Rolle spielen. Nokia spricht vom „Flaggschiff für alle“und
schnürt für 400 Euro ein attraktives Paket. Das mächtige 6-Zoll-Display, diesmal im 18:9-Format, lässt oben und unten nur schmale Ränder. Der in einem auffälligen Kupferton schimmernde Aluminium-Unibody überzeugt haptisch auf ganzer Linie und die Doppeloptik von Zeiss (12 Megapixel f/1.75, 13 Megapixel f/2.6) bietet dank unterschiedlicher Brennweiten einen zweifachen optischen Zoom, was dem Fotografen mehr Flexibilität beschert. Der Akku fasst knapp 4000 mAh und auch die Speicherausstattung fällt mit 4/64 GB ordentlich aus. Marktstart ist wieder der April.
Dann soll auch die zweite Generation des Nokia 6 starten, die mit 279 Euro noch mal deutlich günstiger ist. Im Vergleich mit dem gleichnamigen Vorgänger aus dem Jahr 2017 hat die Performance um 60 Prozent zugelegt, weil Nokia auf Qualcomms bewährtes MittelklasseSoC Snapdragon 630 wechselt. Beeindruckend: Auch auf diesem Preisniveau liefert der Hersteller einen Aluminium-Unibody, eine USB-C-Buchse und eine Zeiss-Optik mit.
Am untersten Ende der Smartphone-Skala ist das Nokia 1 angesiedelt, das für 99 Euro über die Ladentheke wandern soll. Nokia selbst spricht von einem „Durchbruch im Einsteigerbereich“. Ob das stimmt, wird man sehen. Der 4,5-Zöller (854 x 480 Pixel) ist jedenfalls eines der ersten Smartphones, das Googles neues Programm Android Go (siehe Seite 6) unterstützt, das eine flüssige Bedienung trotz schwacher Hardware garantiert. Eine weitere Besonderheit ist die austauschbare Kunststoffrückseite, die der Hersteller XpressOn-Cover nennt – Nokia-Fans dürfte dieser Name noch ein Begriff sein.
Auch die Neuauflage des 8110 (siehe Kasten oben) ist eine clevere Reminiszenz an vergangene Größe, die zeigt, dass das Management eine gute Balance aus Tradition und Hightech gefunden hat. Von Nokia wird in diesem Jahr noch die Rede sein, da sind wir uns sicher. (as)