„Selbst digital aktiv sein“
Ist die Reichweite eines Influencers für Unternehmen ein wichtiges Auswahlkriterium?
Das kommt darauf an, was ich erreichen möchte. Reichweite kann natürlich ein absolut valides Ziel sein, gerade wenn ich ein neues Produkt habe oder Konsumgüter verkaufe. Die Reichweite sollte man aber so gut es geht analysieren. Die Anzahl der Follower sagt erst einmal gar nichts aus. Manchmal ist es besser, nicht viele, sondern die richtigen Leute zu erreichen. Es gibt Influencer, die bedienen ein spezialisiertes Themenfeld mit qualitativ hochwertigen Beiträgen, aber wenig Reichweite. Wer jedoch solchen Influencern folgt, ist wirklich am Thema interessiert. Unternehmen müssen sich wie bei der klassischen Mediabuchung genau überlegen, ob sie auf Quantität oder Qualität setzen möchten.
Follower-Zahlen oder Likes lassen sich leicht fälschen und in die Höhe treiben. Platzt beim Influencer-Marketing also bald eine Blase?
Ich glaube tatsächlich, dass wir beim InfluencerMarketing auf Instagram bereits eine Blasenbildung haben. Dort gibt es vermeintliche Influencer, die die Zahl ihrer Follower jedoch mit unseriösen Methoden erhöht haben. Ob die Follower dann aus dem Ausland kommen, wird oft gar nicht hinterfragt. Instagram tut auch zu wenig, um das Fälschen von Kommentaren, Likes oder Follower-Zahlen zu unterbinden – das ist ein großes Problem auf dieser Plattform. Auf Youtube lassen sich zwar auch Abrufe fälschen, es fällt aber schwerer.
Also sollten Unternehmen aufpassen, welchen Influencer sie auf Instagram bezahlen?
In der Tat sollten sich Marken sehr genau anschauen, wem sie Verträge anbieten. Wir sind immer wieder verwundert, wie leichtgläubig manche Firmen sind. Dabei lassen sich Manipulationen oft bereits mit gesundem Menschenverstand erkennen. Wenn ein Profil viele Follower hat, sich aber kaum Kommentare, oder nur solche mit allgemeinen englischen Begriffen finden, sollte man hellhörig werden. Es gibt auch Software wie „Deep Social“, mit der sich Instagram-Follower analysieren lassen. Ich erinnere mich an einen Fall, wo wir die Follower einer Influencerin analysiert haben und herauskam, dass über 60 % aus Brasilien stammen. Das soll aber nicht heißen, dass Influencer grundsätzlich betrügen oder nicht sinnvoll sind.
Wird sich die Blasenbildung auch auf die Preise für Influencer-Marketing auswirken?
Ich glaube, dass Influencer-Marketing insgesamt teurer wird. Immer mehr Unternehmen entdecken, dass viele sogenannte Influencer gar keine tatsächliche Reichweite haben. Das Geld wird künftig zu denen wandern, die wirklich Einfluss haben, was den Preis erhöht. Influencer-Marketing wird dadurch aber nicht verschwinden. Da Influencer so authentisch sind und ihre Meinung ausführlich darlegen, haben sie einen Einfluss auf die Kaufentscheidung von Menschen.
Wie suche ich als Unternehmen nach passenden Influencern?
Am besten ist es, wenn man in den sozialen Netzwerken für die Marke aktiv ist und nach verwandten Themen sucht. Dabei stößt man automatisch auf Personen, die vielleicht interessant sein könnten. Ich würde jedem Entscheidungsträger raten, selbst digital aktiv zu sein. Leider haben die Marketingentscheider in Deutschland hier oft noch Defizite.
In welche Richtung wird sich die Werbeform Ihrer Meinung nach entwickeln?
Influencer-Marketing muss kreativer werden. Es reicht nicht, einfach einem jungen Menschen ein Produkt zu schicken, mit dem der sich dann irgendwie ablichtet. Was habe ich als Unternehmen denn davon? Bei Schmuck mag so etwas vielleicht noch funktionieren, aber bei anderen Dingen sieht das schnell merkwürdig bis abstrus aus. Zukünftig wird es so sein, dass sich Unternehmen nicht mehr einfach Influencer herauspicken, sondern Leute wie Testimonials in der klassischen Werbung aufbauen. Man arbeitet dann nicht nur einmal, sondern über Jahre zusammen und macht denjenigen zum Gesicht der Marke. Da sind wir allerdings noch in einem frühen Stadium und es wird Jahre dauern, bis wir so weit sind.