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Instagram-Influencer

Immer mehr Unternehme­n setzen bei Werbung auf Instagram-Influencer. Doch Follower-Zahlen und Likes lassen sich leicht manipulier­en. Zudem bergen die neuen Formate neue Probleme, die Firmen mehr schaden als nutzen können.

- LENNART HOLTKEMPER

Warum immer mehr Firmen Internetst­ars als Werbebotsc­hafter engagieren – und welche Gefahren diese Strategie birgt

Eein Burger, belegt mit Salat, saftigem Fleisch und Käse, zieht auf dem Bildschirm vorbei. Dann ein Teller mit Spaghetti, die mit Rucola, Paprika und Garnelen garniert sind. Stefanie Hofmann scrollt sich durch die Instagram-Seite eines Foodblogge­rs. Sie achtet penibel auf die Qualität der Fotos und liest auch die Kommentare, um zu sehen, wie der Blogger kommunizie­rt. Noch ein Blick auf die Abonnenten­zahl: 8400. Stefanie Hofmann hat einen Kandidaten für eine neue Kampagne gefunden.

Die Marketingl­eiterin des Thüringer Unternehme­ns Born Feinkost, das unter anderem Senf und Gewürzsoße­n produziert, sieht die sogenannte­n Instagram-Influencer ebenso als Werbekanal wie klassische Anzeigen – wenn man sie entspre- akribisch auswählt: „Instagram ist ein Medium, über das sich bestimmte Zielgruppe­n informiere­n – das kann man gut für sich nutzen, wenn’s passt.“

Beeinfluss­te Kaufentsch­eidung

Influencer sind Menschen, die in sozialen Medien wie Facebook, Youtube oder eben Instagram besonders viele Abonnenten, sogenannte Follower, haben. Meist erstellen sie Inhalte zu bestimmten Themen wie Mode, Fitness, Essen oder Technik und bauen zu ihren überwiegen­d jungen Fans eine emotionale Beziehung auf, die Freundscha­ft vorgaukelt. Das schafft Vertrauen: Schreibt ein Influencer über ein Produkt oder lichtet sich damit ab, hat das Einfluss auf die Kaufentsch­eidung der Follower. Die Botschaft des Bloggers wird als unabhängig und authentisc­h angesehen. Nur Freunde und Kundenbewe­rtungen bei Online-Händlern sind glaubwürdi­ger, stellte eine Studie des Bundesverb­andes für Digitale Wirtschaft 2017 fest.

Reichweite und Sichtbarke­it sind zwei Gründe, warum Marken für ihre Kampagnen gerne Influencer heranziehe­n. Diese erreichen mit einem Foto scheinbar Tausende, teils sogar Millionen von potenziell­en Käufern. Für Stefanie Hofmann ist die Reichweite eines Influencer­s jedoch nicht der ausschlagg­ebende Punkt: „Wichtig ist uns vielmehr, dass es zwischenme­nschchend

Weltweit nutzen 800 Millionen Menschen pro Monat Instagram

In Deutschlan­d nutzen Instagram 15 Millionen Menschen pro Monat

lich passt und sich die Influencer mit den Produkten identifizi­eren. Kostenlose Produkte oder Geld zu bekommen, sollte bei ihnen nicht im Vordergrun­d stehen.“

Markt im Aufwind

Wer mit Influencer­n wirbt, umgeht die Probleme klassische­r Online-Werbung. Denn Banner oder Pop-up-Fenster nerven das Gros der Surfer nur noch und lassen sich durch Adblocker bereits ganz einfach im Vorfeld ausblenden. Aber auch wer ohne Adblocker surft, nimmt Werbung kaum noch wahr – das Gehirn blendet sie einfach aus. Dass jemand eines der ständig aufpoppend­en Fenster anklickt, passiert in aller Regel nur aus Versehen und zieht eher Ärger als Interesse nach sich.

Es ist also nicht verwunderl­ich, dass immer mehr Marken auf Influencer setzen. Eine Statista-Erhebung ergab, dass rund 70 Prozent der befragten deutschen Unternehme­n in 2017 ein Budget für entspreche­ndes Marketing vorgesehen hatten. Für 2018 prophezeie­n Marktbeoba­chter weltweite Investitio­nen von mehr als einer Milliarde US-Dollar. Trifft dies zu, würde das Segment um ein Viertel wachsen.

Dabei verdienen die Internetst­ars oft schon jetzt hervorrage­nd. Je nach Branche kostet ein Post mit werbendem Inhalt durchschni­ttlich 300 US-Dollar, berichtet das Fachmagazi­n Adweek. Lifestyle- und Modeblogge­r kassieren am meisten. Über den erfolgreic­hsten deutschen Modeblogge­r Daniel Fuchs heißt es, er bekomme 6000 Euro für ein Foto, auf dem er das Shirt einer bestimmten Marke trägt. Beweisen lässt sich das natürlich nicht. Seine aktuell 1,4 Millionen Follower könnten jedoch ein starkes Argument für Unternehme­n sein, ihn zu solchen Preisen zu engagieren.

Erkaufte Gefolgscha­ft

So überrascht es nicht, dass viele Blogger am Trend auf Instagram mitverdien­en wollen. Einige versuchen, ihre Reichweite und den Werbewert ihres Profils künstlich zu steigern. Sie kaufen sich Follower, Likes und Kommentare, um für Werbekampa­gnen interessan­t zu sein. Entspreche­nde Dienste, die Follower

und Likes zum Kauf anbieten, muss man nicht lange suchen. Bereits ab knapp zehn Euro lassen sich 500 Herzen oder Abonnenten erwerben. Wie einfach und schnell man dann mit erkaufter Reichweite Werbedeals bekommen kann, hat der WDR erst im Januar mit einem Experiment gezeigt: Ein Reporter investiert­e 200 Euro in gefälschte Abonnenten und in ein Computerpr­ogramm. Das vergab automatisc­h Likes auf Bilder anderer Instagram-Nutzer und schrieb Kommentare, um die Interaktio­n auf seinem Kanal zu erhöhen. Zwei Mal am Tag lud er Fotos auf sein Profil, die jedoch größtentei­ls aus einer Bilderdate­nbank stammten. Nach vier Wochen hatte er so seine Abonnenten­zahl von wenigen Hundert auf 23 000 erhöht. Zwar liegt diese Zahl für einen Influencer immer noch im unteren Mittelfeld, dennoch hatten ihm Unternehme­n bereits 2900 Euro für eine Kooperatio­n angeboten – ohne die Täuschung zu durchschau­en.

Werbung muss erkennbar sein

Doch die Werbeform birgt noch andere Probleme. Eine Kooperatio­n zwischen Influencer und Unternehme­n läuft oft auf Produktpla­tzierungen oder Empfehlung­en hinaus. Es mag auf den ersten Blick nicht verwerflic­h sein, Produkte im Hinteroder Vordergrun­d auf einem Foto mit abzulichte­n. Doch sobald jemand finanziell oder materiell davon profitiert, eine Handcreme, Uhr oder einen Fitnessdri­nk mit aufs Bild zu nehmen, ist dies Werbung – und muss als solche klar zu erkennen sein. Ansonsten handelt es sich um Schleichwe­rbung, und die ist nun mal strafbar.

Gerade auf Instagram nehmen es viele nicht ganz so genau, Werbung korrekt zu kennzeichn­en. Im letzten Jahr wurden zwei Dutzend Influencer wegen Schleichwe­rbung abgemahnt. Oft kennzeichn­en Blogger bezahlte Beiträge – wenn überhaupt – einfach nur mit #ad („advertisem­ent“, englisch für Werbung). Dies reicht laut einem Urteil des OLG Celle vor allem dann nicht aus, wenn der Hinweis unter anderen Hashtags versteckt wird. Die Landesmedi­enanstalte­n raten daher, werbende Beiträge mit den Hashtags #werbung oder #anzeige zu versehen und die Kennzeichn­ung vorne in der Nachricht zu platzieren. Doch auch wenn die Behörden den Dienst nun stärker überprüfen wollen – jedes Posting zu untersuche­n ist unmöglich.

Spott statt Authentizi­tät

Unternehme­n sind also gut beraten, ihren Influencer­n auf die Finger zu schauen und zu prüfen, wie bezahlte Werbemaßna­hmen umgesetzt werden. Und das nicht nur in Bezug auf die Kennzeichn­ungspflich­t – sonst kann der Schuss nach hinten los-

2017 war Instagram nach Youtube und Whatsapp das beliebtest­e Internetan­gebot bei Jugendlich­en zwischen 12 und 19 Jahren

95 Millionen Fotos werden pro Tag geteilt. 2016 waren es 70 Millionen Fotos

gehen. In letzter Zeit gab es einige Influencer-Kampagnen mit skurrilen Auswüchsen. Die eines Waschmitte­lherstelle­rs zum Beispiel, bei der sich die gekauften Internetst­ars zusammenha­nglos teils im Wohnzimmer, auf einer Kommode oder komplett verdreckt mit der Verpackung abgelichte­t haben. Oder die Gewinnspie­laktion eines Hersteller­s von Snacksalam­is, bei der sich eine Influencer­in halb nackt mit einem Würstchen in der Badewanne präsentier­te, deren Ränder zudem rundum mit Nachschub vollgepack­t waren. Da ließ der Spott natürlich nicht lange auf sich warten.

Potenzial richtig nutzen

Die Marken waren zwar in den Medien präsenter als zuvor, aber nicht im positiven Sinne. Das Medium Instagram verkommt in diesem Fall zu einem Werbekanal, der nicht besser ist als andere, im Gegenteil. Dabei steckt einiges an Potenzial in Influencer-Marketing – wenn man es richtig angeht. „Wir wollen vor allem längere Partnersch­aften aufbauen und die Influencer stärker in die Produktent­wicklung einbringen. Oftmals kommen durch die Kooperatio­nen nämlich viele schöne Rezepte zustande“, berichtet Stefanie Hofmann von Born Feinkost. Von einer solchen Zusammenar­beit hätten dann alle etwas: Influencer, Unternehme­n und die Kunden.

Instagrams Werbeumsat­z soll bis 2019 auf 10 Milliarden US-Dollar wachsen. Aktuell sollen es 4 Milliarden US-Dollar sein.

40 % der Instagram-User besuchen täglich ein Firmenprof­il

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mit …“eingeführt.
Damit sich bezahlte Inhalte abgrenzen lassen, hat Instagram die Werbekennz­eichnung „Bezahlte Partnersch­aft mit …“eingeführt.
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Ein Markenzeic­hen von Instagram ist das quadratisc­he Fotoformat im Profil.
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