Instagram-Influencer
Immer mehr Unternehmen setzen bei Werbung auf Instagram-Influencer. Doch Follower-Zahlen und Likes lassen sich leicht manipulieren. Zudem bergen die neuen Formate neue Probleme, die Firmen mehr schaden als nutzen können.
Warum immer mehr Firmen Internetstars als Werbebotschafter engagieren – und welche Gefahren diese Strategie birgt
Eein Burger, belegt mit Salat, saftigem Fleisch und Käse, zieht auf dem Bildschirm vorbei. Dann ein Teller mit Spaghetti, die mit Rucola, Paprika und Garnelen garniert sind. Stefanie Hofmann scrollt sich durch die Instagram-Seite eines Foodbloggers. Sie achtet penibel auf die Qualität der Fotos und liest auch die Kommentare, um zu sehen, wie der Blogger kommuniziert. Noch ein Blick auf die Abonnentenzahl: 8400. Stefanie Hofmann hat einen Kandidaten für eine neue Kampagne gefunden.
Die Marketingleiterin des Thüringer Unternehmens Born Feinkost, das unter anderem Senf und Gewürzsoßen produziert, sieht die sogenannten Instagram-Influencer ebenso als Werbekanal wie klassische Anzeigen – wenn man sie entspre- akribisch auswählt: „Instagram ist ein Medium, über das sich bestimmte Zielgruppen informieren – das kann man gut für sich nutzen, wenn’s passt.“
Beeinflusste Kaufentscheidung
Influencer sind Menschen, die in sozialen Medien wie Facebook, Youtube oder eben Instagram besonders viele Abonnenten, sogenannte Follower, haben. Meist erstellen sie Inhalte zu bestimmten Themen wie Mode, Fitness, Essen oder Technik und bauen zu ihren überwiegend jungen Fans eine emotionale Beziehung auf, die Freundschaft vorgaukelt. Das schafft Vertrauen: Schreibt ein Influencer über ein Produkt oder lichtet sich damit ab, hat das Einfluss auf die Kaufentscheidung der Follower. Die Botschaft des Bloggers wird als unabhängig und authentisch angesehen. Nur Freunde und Kundenbewertungen bei Online-Händlern sind glaubwürdiger, stellte eine Studie des Bundesverbandes für Digitale Wirtschaft 2017 fest.
Reichweite und Sichtbarkeit sind zwei Gründe, warum Marken für ihre Kampagnen gerne Influencer heranziehen. Diese erreichen mit einem Foto scheinbar Tausende, teils sogar Millionen von potenziellen Käufern. Für Stefanie Hofmann ist die Reichweite eines Influencers jedoch nicht der ausschlaggebende Punkt: „Wichtig ist uns vielmehr, dass es zwischenmenschchend
Weltweit nutzen 800 Millionen Menschen pro Monat Instagram
In Deutschland nutzen Instagram 15 Millionen Menschen pro Monat
lich passt und sich die Influencer mit den Produkten identifizieren. Kostenlose Produkte oder Geld zu bekommen, sollte bei ihnen nicht im Vordergrund stehen.“
Markt im Aufwind
Wer mit Influencern wirbt, umgeht die Probleme klassischer Online-Werbung. Denn Banner oder Pop-up-Fenster nerven das Gros der Surfer nur noch und lassen sich durch Adblocker bereits ganz einfach im Vorfeld ausblenden. Aber auch wer ohne Adblocker surft, nimmt Werbung kaum noch wahr – das Gehirn blendet sie einfach aus. Dass jemand eines der ständig aufpoppenden Fenster anklickt, passiert in aller Regel nur aus Versehen und zieht eher Ärger als Interesse nach sich.
Es ist also nicht verwunderlich, dass immer mehr Marken auf Influencer setzen. Eine Statista-Erhebung ergab, dass rund 70 Prozent der befragten deutschen Unternehmen in 2017 ein Budget für entsprechendes Marketing vorgesehen hatten. Für 2018 prophezeien Marktbeobachter weltweite Investitionen von mehr als einer Milliarde US-Dollar. Trifft dies zu, würde das Segment um ein Viertel wachsen.
Dabei verdienen die Internetstars oft schon jetzt hervorragend. Je nach Branche kostet ein Post mit werbendem Inhalt durchschnittlich 300 US-Dollar, berichtet das Fachmagazin Adweek. Lifestyle- und Modeblogger kassieren am meisten. Über den erfolgreichsten deutschen Modeblogger Daniel Fuchs heißt es, er bekomme 6000 Euro für ein Foto, auf dem er das Shirt einer bestimmten Marke trägt. Beweisen lässt sich das natürlich nicht. Seine aktuell 1,4 Millionen Follower könnten jedoch ein starkes Argument für Unternehmen sein, ihn zu solchen Preisen zu engagieren.
Erkaufte Gefolgschaft
So überrascht es nicht, dass viele Blogger am Trend auf Instagram mitverdienen wollen. Einige versuchen, ihre Reichweite und den Werbewert ihres Profils künstlich zu steigern. Sie kaufen sich Follower, Likes und Kommentare, um für Werbekampagnen interessant zu sein. Entsprechende Dienste, die Follower
und Likes zum Kauf anbieten, muss man nicht lange suchen. Bereits ab knapp zehn Euro lassen sich 500 Herzen oder Abonnenten erwerben. Wie einfach und schnell man dann mit erkaufter Reichweite Werbedeals bekommen kann, hat der WDR erst im Januar mit einem Experiment gezeigt: Ein Reporter investierte 200 Euro in gefälschte Abonnenten und in ein Computerprogramm. Das vergab automatisch Likes auf Bilder anderer Instagram-Nutzer und schrieb Kommentare, um die Interaktion auf seinem Kanal zu erhöhen. Zwei Mal am Tag lud er Fotos auf sein Profil, die jedoch größtenteils aus einer Bilderdatenbank stammten. Nach vier Wochen hatte er so seine Abonnentenzahl von wenigen Hundert auf 23 000 erhöht. Zwar liegt diese Zahl für einen Influencer immer noch im unteren Mittelfeld, dennoch hatten ihm Unternehmen bereits 2900 Euro für eine Kooperation angeboten – ohne die Täuschung zu durchschauen.
Werbung muss erkennbar sein
Doch die Werbeform birgt noch andere Probleme. Eine Kooperation zwischen Influencer und Unternehmen läuft oft auf Produktplatzierungen oder Empfehlungen hinaus. Es mag auf den ersten Blick nicht verwerflich sein, Produkte im Hinteroder Vordergrund auf einem Foto mit abzulichten. Doch sobald jemand finanziell oder materiell davon profitiert, eine Handcreme, Uhr oder einen Fitnessdrink mit aufs Bild zu nehmen, ist dies Werbung – und muss als solche klar zu erkennen sein. Ansonsten handelt es sich um Schleichwerbung, und die ist nun mal strafbar.
Gerade auf Instagram nehmen es viele nicht ganz so genau, Werbung korrekt zu kennzeichnen. Im letzten Jahr wurden zwei Dutzend Influencer wegen Schleichwerbung abgemahnt. Oft kennzeichnen Blogger bezahlte Beiträge – wenn überhaupt – einfach nur mit #ad („advertisement“, englisch für Werbung). Dies reicht laut einem Urteil des OLG Celle vor allem dann nicht aus, wenn der Hinweis unter anderen Hashtags versteckt wird. Die Landesmedienanstalten raten daher, werbende Beiträge mit den Hashtags #werbung oder #anzeige zu versehen und die Kennzeichnung vorne in der Nachricht zu platzieren. Doch auch wenn die Behörden den Dienst nun stärker überprüfen wollen – jedes Posting zu untersuchen ist unmöglich.
Spott statt Authentizität
Unternehmen sind also gut beraten, ihren Influencern auf die Finger zu schauen und zu prüfen, wie bezahlte Werbemaßnahmen umgesetzt werden. Und das nicht nur in Bezug auf die Kennzeichnungspflicht – sonst kann der Schuss nach hinten los-
2017 war Instagram nach Youtube und Whatsapp das beliebteste Internetangebot bei Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren
95 Millionen Fotos werden pro Tag geteilt. 2016 waren es 70 Millionen Fotos
gehen. In letzter Zeit gab es einige Influencer-Kampagnen mit skurrilen Auswüchsen. Die eines Waschmittelherstellers zum Beispiel, bei der sich die gekauften Internetstars zusammenhanglos teils im Wohnzimmer, auf einer Kommode oder komplett verdreckt mit der Verpackung abgelichtet haben. Oder die Gewinnspielaktion eines Herstellers von Snacksalamis, bei der sich eine Influencerin halb nackt mit einem Würstchen in der Badewanne präsentierte, deren Ränder zudem rundum mit Nachschub vollgepackt waren. Da ließ der Spott natürlich nicht lange auf sich warten.
Potenzial richtig nutzen
Die Marken waren zwar in den Medien präsenter als zuvor, aber nicht im positiven Sinne. Das Medium Instagram verkommt in diesem Fall zu einem Werbekanal, der nicht besser ist als andere, im Gegenteil. Dabei steckt einiges an Potenzial in Influencer-Marketing – wenn man es richtig angeht. „Wir wollen vor allem längere Partnerschaften aufbauen und die Influencer stärker in die Produktentwicklung einbringen. Oftmals kommen durch die Kooperationen nämlich viele schöne Rezepte zustande“, berichtet Stefanie Hofmann von Born Feinkost. Von einer solchen Zusammenarbeit hätten dann alle etwas: Influencer, Unternehmen und die Kunden.
Instagrams Werbeumsatz soll bis 2019 auf 10 Milliarden US-Dollar wachsen. Aktuell sollen es 4 Milliarden US-Dollar sein.
40 % der Instagram-User besuchen täglich ein Firmenprofil