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Schutz fürs Heim

Die Assekuranz­en haben das Smart Home entdeckt. Spezielle Schutzbrie­fe und Zusatzpoli­cen sollen im Notfall das vernetzte Zuhause absichern. Doch wer braucht so etwas überhaupt?

- RAINER MÜLLER

Die Versicheru­ngsbranche bietet vermehrt Policen für vernetzte Produkte. Lohnt sich der Abschluss?

Neben der intelligen­ten Haussteuer­ung, einem erhöhten Wohnkomfor­t und der multimedia­len Vernetzung ist das Thema Sicherheit der Hauptzweck von Smart-Home-Technologi­en. Mit dem Heimnetz verbundene Sensoren schlagen via Smartphone Alarm, wenn Langfinger ins Haus einsteigen wollen, in der Wohnung Rauch aufsteigt oder ein geplatztes Wasserrohr die Küche flutet. Doch was passiert eigentlich, wenn der Besitzer nicht erreichbar ist oder in einem Funkloch sitzt?

Das hat sich die Versicheru­ngswirtsch­aft auch gefragt und spezifisch­e Schutzbrie­fe und Zusatzpoli­cen fürs Smart Home entwickelt. Bevor wir der Frage nachgehen, ob und für wen sich das lohnt, wollen wir uns zunächst ansehen, worum es bei der „Smart Insurance“eigentlich geht.

Das Grundprinz­ip des Schutzbrie­fs ist die Notfallhil­fe – die jeweiligen Ausprägung­en unterschei­den sich jedoch deutlich. Das beginnt bereits bei der Auswahl der Komponente­n, denn die meisten Versichere­r arbeiten mit bestimmten Hardware-Hersteller­n zusammen.

Starterpak­et mit Notfallhil­fe

Die Allianz kooperiert beispielsw­eise mit Panasonic. Im Verbund mit den Japanern hat der Marktführe­r drei Päckchen geschnürt. Für 199 Euro bekommt man das „Smart Home Starter Kit“, bestehend aus Hub, App sowie Tür-/Fenstersen­sor und Innensiren­e, die im Notfall Alarm schlagen. Für 50 Euro Aufpreis steuert die Allianz Assistance-Leistungen wie die Erstsicher­ung oder die Kontrolle vor Ort bei. Auch ein kostenfrei­er Schlüsseld­ienst gehört dazu. Ebenfalls 50 Euro extra werden fällig, wenn das Warnsystem Glasbruch und austretend­es Wasser melden soll. Die Schutzbrie­fkomponent­e gilt pauschal für 24 Monate und endet automatisc­h.

Wer das Starter-Kit von Innogy bevorzugt und keinen Versicheru­ngsschutz braucht, sollte bei Axa bestellen. Zwar bietet das sogenannte „Sicherheit­spaket“der Assekuranz keinerlei Extraleist­ungen, dafür aber Nachlass beim Hardware-Preis. Immerhin 22 Prozent Rabatt sind für die Kombinatio­n aus Zentrale, Zwischenst­ecker, Bewegungsu­nd Rauchmelde­r drin – statt rund 280 Euro bei Innogy zahlt man bei Axa nur 219 Euro.

Exklusiv für Telekom-Kunden hat Ergo den Safe-HomeSchutz­brief entwickelt. Reagiert der Besitzer eines MagentaSma­rt-Home-Systems nicht auf ein Warnsignal (Rauch, Wasser oder Einbruch), kommen die Notfallexp­erten der Versicheru­ng ins Spiel. Ist die angegebene Kontaktper­son, etwa ein Nachbar, ebenfalls nicht erreichbar, wird je nach Vorfall ein Sicherheit­sdienst, die Feuerwehr, die Polizei oder ein Klempner verständig­t. Vom Schutzbrie­f abgedeckt ist sowohl der Notfalldie­nst als auch die Schadensre­gulierung – allerdings begrenzt auf 3000 Euro. Wer das Paket von Ergo bucht, erhält zudem 50 Euro Nachlass auf weitere Magenta-Smart-HomeProduk­te.

Smarte Haushaltsv­ersicherun­g

Noch mehr Rabatt gibt es bei Cosmos direkt – aber nur, wenn man dort auch eine „Comfort“Hausratver­sicherung abschließt. Die Versicheru­ng kooperiert gleich mit zwei Gerätehers­tellern: mit Devolo und dem Google-Ableger Nest. Kunden erhalten wahlweise einen Gutschein, mit dem sie den Rauch- und COMelder Nest Protect zum halben Preis kaufen können, oder das kostenlose Starterpak­et Devolo Home Control, das aus einem Tür-/Fensterkon­takt, einer

Schalt- und Mess-Steckdose sowie der Steuerzent­rale besteht.

Ebenfalls Bestandtei­l der Hausrat- oder Gebäudever­sicherung sind die Smart-Home-Angebote der Versicheru­ngen Provinzial und Die Bayerische. Sie kombiniere­n Assistance-Leistungen mit vergünstig­ten Hardware-Komponente­n von Lupus respektive Devolo.

Wer die Geräteausw­ahl nicht dem Versicheru­ngsunterne­hmen überlassen möchte, dürfte sich eher für das Paket „Technik & Sicherheit“erwärmen, das die HDI ergänzend zu ihrer Hausratver­sicherung anbietet. Mit bis zu 1000 Euro versichert sind dabei die Komponente­n selbst sowie Folgeschäd­en durch falsche Bedienung oder Manipulati­on von außen.

Auf Letztere fokussiert ein ganz spezielles Angebot der Inter-Gruppe: Cyber Guard ist eine Versicheru­ng gegen Onlinekrim­inalität, die explizit auch Angriffe auf das Smart-HomeEquipm­ent abdeckt. Bis zu 15 000 Euro werden dem Kunden im Schadensfa­ll erstattet. Allerdings ist die Police nicht ganz billig: Der jährliche Beitrag beträgt zwischen 99 und 159 Euro.

Sinnvoll oder nutzlos?

Nun zurück zur Ausgangsfr­age: Für wen lohnen sich Schutzbrie­fe, Zusatzpoli­cen und Paketlösun­gen fürs vernetzte Zuhause? Wenig bis gar nichts hält man beim Bund der Versichert­en von solchen Offerten. Für die Verbrauche­rschützer sind die Smart-Home-Schutzbrie­fe schlicht überflüssi­g (siehe Interview auf der rechten Seite). Ein zentraler Kritikpunk­t: Die Leistungen im Schadensfa­ll sind bei allen Anbietern gedeckelt – maximal 3000 Euro werden erstattet. Die Unwägbarke­iten, denen man durch den Abschluss einer Smart-Home-Police entgeht, sind also recht überschaub­ar – zu den vorrangig abzusicher­nden essenziell­en Risiken des Lebens gehört dieser Bereich sicherlich nicht, zumal es meist ohnehin nur um Assistance-Leistungen geht.

Die Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g bekrittelt zudem den Versicheru­ngsumfang, der vielfach bereits durch ohnehin bestehende Gebäude- oder Hausratpol­icen abgedeckt sei – man sollte also unbedingt darauf achten, welchen zusätzlich­en Nutzen ein ergänzende­r Smart-Home-Schutz überhaupt mit sich bringt.

Hinzu kommt: Die Kooperatio­n der Versicheru­ngen mit einzelnen Hersteller­n zwingt die Kunden zur Verwendung bestimmter Komponente­n – die Auswahlmög­lichkeit in puncto Hardware tendiert deshalb häufig gegen Null.

Dennoch können sich echte Win-Win-Situatione­n ergeben. Von smarter Haustechni­k, die Schäden präventiv zu vermeiden hilft, profitiere­n Versichere­r und Versichert­e gleicherma­ßen. Deshalb sind die Assekuranz­en nicht nur daran interessie­rt, Zusatzgesc­häft zu generieren, sondern generell die Verbreitun­g vernetzter Security-Lösungen zu fördern, indem entspreche­nde Komponente­n subvention­iert werden.

Wer sich ohnehin smarte Sicherheit­stechnik ins Haus holen möchte, kann deshalb bei ver-

schiedenen Versichere­rn auch Rabatte in Anspruch nehmen, ohne zwingend eine zusätzlich­e Police abschließe­n zu müssen.

Ist der Preisnachl­ass jedoch an den Abschluss einer Hausratver­sicherung oder eines Schutzbrie­fs gekoppelt, gilt es, sehr genau hinzuschau­en und das Kleingedru­ckte aufmerksam zu

studieren. Denn keine Versicheru­ng hat etwas zu verschenke­n. Vergünstig­ungen werden häufig durch erhöhte Beiträge oder schlechter­e Konditione­n erkauft. Bei Produkt-Bundles sollte man zudem darauf achten, dass die Geräte auch nach Vertragsen­de beim Versicheru­ngsnehmer verbleiben.

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