Nokia 7 Plus
Mit seinem eleganten Gehäuse und dem beeindruckenden 18:9-Display kratzt das Nokia 7 Plus an der Oberklasse. Und das zu einem Preis, der aufhorchen lässt.
Es ist egal, ob man sich für die schwarze oder die weiße Variante des Nokia 7 Plus entscheidet – bei beiden umranden auffällige Kupferstreifen das Display, die Kameraeinheit und den Fingerabdrucksensor. Sie sorgen für einen hohen Wiedererkennungswert und unterstreichen die exzellente Anfassqualität des aus einem 6000er-Aluminiumblock gefrästen Gehäuses. Gut gefallen hat uns die matte Keramikbeschichtung des Metalls, die der ohnehin wertigen Oberfläche noch mehr Eleganz verleiht.
Das Glas auf der Frontseite (Gorilla-Glas 3) ist zu den Rändern hin abgerundet und geht fließend in einen markanten Rahmen über. Auch die Rückseite fällt sanft ab, wodurch das Nokia 7 Plus gefällig in der Hand liegt. Ein Handschmeichler ist das Smartphone aber nicht, dazu ist der breite Rahmen zu kantig herausgeschliffen. Außerdem ist das 7 Plus schlicht zu groß. Nokia baut zwar ein 18:9-Display ein, lässt aber oben und unten vergleichsweise breite Streifen, sodass das Gehäuse für einen modernen 6-Zöller nicht gerade kompakt ausfällt. Sowohl ein Huawei P20 Pro (6,1 Zoll) als auch ein Oneplus 6 (6,3 Zoll) sind kleiner gebaut – dafür aber auch teurer.
Weitere Kritikpunkte sind die mit 1,5 Millimetern deutlich herausstehende Kameraeinheit auf der Rückseite und die fehlende IP-Zertifizierung, die man in dieser Preisklasse durchaus erwarten darf. In der Summe überwiegt der positive Eindruck aber deutlich: Design, Haptik und Verarbeitung bewegen sich beim Nokia 7 Plus auf Oberklasse-Niveau, was in Anbe-
tracht einer UVP von 399 Euro eine beachtliche Leistung ist.
Das letzte Quäntchen fehlt
Das 6 Zoll große IPS-LCD bietet eine Auflösung von 2160 x 1080 Pixeln und erfüllt in Bezug auf Leuchtkraft, Kontrast und Blickwinkelstabilität alle Ansprüche, die man in dieser Preisklasse haben darf, geht allerdings auch nicht darüber hinaus. Das Gleiche gilt für den Speicher (64 GB) und für den Chipsatz. Nokia setzt mit dem Snapdragon 660 auf Qualcomms Spitzenmodell der 600er-Serie. Das Mitte 2017 vorgestellte SoC wird im modernen 14-Nanometer-Verfahren gefertigt und bietet eine Performance auf dem Niveau des 2016er-High-End-Modells Snapdragon 821, das unter anderem im Google Pixel XL eingebaut wurde. Die Grafikleistung liegt aber darunter. Im Alltag läuft das System in Kombination mit 4 GB RAM flüssig und spult alle Tasks verzögerungsfrei ab, auch die Kamera startet gedankenschnell. Bei intensivem Multitasking und grafiklastigen Apps fällt die Leistung aber hinter die aktuellen 800er-Modelle zurück, dessen sollte man sich bewusst sein. Das letzte Quäntchen Geschwindigkeit fehlt dem 7 Plus.
Kamera mit nur einer Schwäche
Die Qualität der Fotos zeigt dagegen klar, wo die Stärken des SoC liegen, denn die rechenintensive Bildsignalverarbeitung meistert das Nokia 7 Plus beeindruckend. Mit 57,7 Prozent ist die Qualität etwas besser als bei den in connect 6/18 getesteten Mittelklässlern Huawei P20 Lite (55,6 Prozent) und Samsung Galaxy A8 2018 (55,7 Prozent). Diesen hat das 7 Plus auch die Zoom-Optik voraus: Beim Nokia hat der Fotograf die Wahl zwischen dem für Smartphones typischen weitwinkeligen Bildausschnitt und einer TeleBrennweite, die das Motiv zweifach vergrößert. Beide Kameras knipsen mit maximal 12 Megapixeln, dabei ist die Zoom-Optik wenig überraschend lichtschwächer (f/2.6 statt f/1.8), was man in dunkler Umgebung bedenken sollte. Die hochauflösende 16-MegapixelFrontkamera hält das hohe Niveau, auch wenn der Abstand zu einem Top-Telefon wie Huaweis P20 Pro spürbar bleibt.
Ein umfangreiches Set an Features rundet den guten Eindruck ab: Neben Zeitraffer- und Zeitlupen-Videos sind ein Bokeh-Modus mit Hintergrundunschärfe und ein Profi-Modus implementiert. Letzterer bietet allerdings vergleichsweise wenige Möglichkeiten und zeigt damit die einzige nennenswerte Schwäche der Kamera auf: Die Einstellungstiefe ist begrenzt und die Benutzeroberfläche nicht sehr ansprechend gestaltet – Hersteller wie Samsung oder Huawei bieten bis runter in die Mittelklasse mehr.
Gute Leistung im Testlab
Das Nokia 7 Plus ist Dual-SIMfähig, man kann entweder eine Micro-SD-Karte oder eine zweite SIM-Karte einsetzen. Die Akustik und die Funkeigenschaften überzeugen durch die Bank, im UMTS-Netz werden sogar sehr gute Ergebnisse erreicht. Bei der Ausdauermessung enttäuscht der 6-Zöller ebenfalls nicht, auch wenn wir in Anbetracht seines mächtigen 3800-mAh-Energieriegels eine noch höhere Laufzeit erwartet hätten. Doch wir wollen nicht meckern: Mit 7:40 Stunden im Alltagsmix bietet es üppige Reserven. Ein 18-Watt-Schnellladenetzteil gehört erfreulicherweise zum Lieferumfang, genauso wie gute In-Ears und eine transparente Schutzhülle.
Das führt uns zu einem klaren Fazit: Bei diesem Smartphone stimmt nicht nur das Preis-Leistungs-Verhältnis, mit dem markanten Gehäuse und den garantierten Updates schafft es Nokia sogar, eigene Akzente zu setzen. Hinzu kommt eine starke Kameraausstattung mit ZoomOptik. Damit ist das 7 Plus eines der interessantesten Mittelklasse-Modelle, die aktuell verfügbar sind. Wer Zweifel hatte, ob HMD mit den Ambitionen auf die weltweite Nummer Drei ernst zu nehmen ist, wird mit diesem Phone eines Besseren belehrt.