Die Pandemie hat einmal mehr eklatante Mängel bei der Digitalisierung offenbart. Wo hakt es? „Wir bauen mehr Glasfaser aus als je zuvor“
Wir müssen aufhören, mit der Zukunft zu fremdeln. Digitalisierung sowie neue Technologien und Arbeitsformen bieten mehr Chancen als Risiken. Viele haben das bereits erkannt, doch an der Geschwin digkeit bei der Umsetzung hapert es. Wir müssen die digitale Transformation unse res Landes beschleunigen, denn durch die Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Pandemie ist das Leben ins Digitale gewandert. Und damit ist die Aufgabe der Datennetze wichtiger als jemals zuvor: Sie halten das Land am Laufen. Ohne leis tungsstarke Netze sind Arbeiten von zu Hause im Firmennetzwerk und digitales Lernen undenkbar. Ohne funktionierende Telekommunikationsnetze gibt es keine Streamingangebote, keine Videokonferen zen und keinen digitalen Fortschritt. Die gute Nachricht ist: Die Netze sind in den vergangenen zwölf Monaten stabil geblieben und beweisen, dass wir in Deutschland eine breit aufgestellte und leistungsfähige Infrastruktur haben. Den noch dürfen wir das gemeinsame Ziel nicht aus den Augen verlieren: ein flä chendeckendes GigabitNetz bis 2025. Daran bauen wir ganz zuvorderst – ge meinsam mit vielen anderen. Aber dazu bedarf es wichtiger Weichenstellungen: Wir müssen im Festnetz wie auch im Mobilfunkausbau an dem Grundsatz des privatwirtschaftlichen Infrastruktur ausbaus festhalten. Das heißt: Förderung nur dort, wo nachweislich kein eigenwirt schaftlicher Ausbau absehbar ist. Zugleich brauchen wir klare und faire Regeln – zum Beispiel für die Mitnutzung passiver Infra strukturen. Beschleunigte Genehmigungs verfahren für den Netzausbau sind ebenso hilfreich.
Trotz vieler Klagen schreitet der Gigabit-Ausbau voran. Ist das hohe Tempo nicht überdimensioniert, wenn andernorts noch Mangel herrscht?
Vodafone ist der GigabitMotor in Deutschland. Von rund 28 Millionen
GigabitAnschlüssen in Deutschland sind 22 Millionen von Vodafone – wir stellen also 8 von 10 GigabitAnschlüssen, in den Städten genauso wie auf dem Land. Und diese Anschlüsse werden mehr denn je genutzt. In unseren Netzen hat sich das übertragene Datenvolumen in den letzten Monaten teilweise verdoppelt. Der Fest netzanschluss ist die Hauptschlagader ei nes jeden Haushalts, und deshalb benötigt Deutschland das Gigabit in der Stadt und auf dem Land. Unser GigabitAusbau hat dem Wettbewerb Beine gemacht, und das Gigabit ist vom teuren Nischenprodukt zum erschwinglichen Allgemeingut ge worden – zumindest für VodafoneKunden. Wir haben die GigabitVision für alle ver fügbar gemacht.
Sie haben Ihre Kooperation mit der Telekom um zehn Jahre verlängert und damit den Zugriff auf deren VDSLund das Glasfasernetz. Wie sieht’s mit Ihren eigenen Glasfaserplänen aus?
Wir verstärken auch weiterhin unser Netz mit eigener Glasfaser. Wir haben seit 2019 bundesweit über 900 GlasfaserAusbau maßnahmen für mehr als 200 000 Haus halte und Unternehmen initiiert und viele davon bereits fertiggestellt. Im neuen Ge schäftsjahr werden mehrere Zehntausend Haushalte und Unternehmen dazukom men. Künftig bauen wir mehr Glasfaser aus als je zuvor, auch in unserem gigabit schnellen Kabelnetz. Mit noch mehr Glas im Kabel machen wir uns dort stärker, wo die meisten Menschen uns nutzen. Mit Glasfaser für Firmen und Gemeinden bringen wir Highspeed dahin, wo man ihn am nötigsten hat – aufs Land.
Sie haben vor einigen Jahren Kabel Deutschland und Unitymedia gekauft. Beim Kabelnetz müssen sich in einem Netzabschnitt alle Nutzer die Kapazität teilen. Ist Glasfaser mit konstant hohen Bandbreiten nicht besser?
Bei beiden Technologien geht es darum, die Leistung durch Segmentierungen noch besser zum Kunden zu bekommen. Bei den meisten unserer Kunden liegt die
CEO Vodafone Deutschland gebuchte Geschwindigkeit am Anschluss an, aber es gibt auch Netzsegmente, die tatsächlich stark ausgelastet sind. Nicht zuletzt durch Corona. Das ist uns be wusst, und wir haben ausreichend Aus baureserven und Möglichkeiten, dem entgegenzuwirken, das Kabel also noch leistungsstärker zu machen, als es heute schon ist. Wir verkleinern laufend die Netzsegemente und rollen zurzeit DOC SIS 3.1 im Upstream im kompletten Netz aus, wodurch wir die Kapazität erhöhen und künftig höhere UploadGeschwin digkeiten einführen können. Mit DOC SIS 4.0 schrauben wir das Tempo im Kabelnetz künftig auf bis zu 10 Gigabit/s im Down und auf bis zu 6 Gigabit im Upstream hoch. Das glasfaserbasierte Kabelnetz ist und bleibt die wichtigste GigabitInfrastruktur in Deutschland. Denn es bringt Gigabit schnell, breit und vor allem bezahlbar für jedermann.
Die TKG-Novelle sieht vor, die Umlagefähigkeit zu kippen. Damit wären Mieter nicht mehr verpflichtet, einen im Haus installierten Kabelanschluss zu bezahlen. Ihre Meinung dazu?
Es ist gut, dass Deutschland einen breiten öffentlichen Diskurs zur Umlagefähig keit führt. Am Ende geht es darum, ob der TVAnschluss für zwölf Millionen Menschen teurer wird. Und wir von ei nem der günstigsten TVMärkte Europas zu einem der teuersten werden wollen. Das Umlagemodell funktioniert, weil es auf einem Solidaritätsgedanken beruht und zu günstigen Preisen führt. Die Um lagefähigkeit schwächt den Wettbewerb nicht, sie stärkt ihn. Denn sie ist techno logieneutral. Vermieter entscheiden frei, wie ihre Mieter versorgt werden. Nicht umsonst hat sich jüngst – neben zahlrei chen Verbänden und Wissenschaftlern – sogar der Bundesrat parteiübergreifend und klar gegen die von der Bundesregie rung geplante ersatzlose Streichung der Umlagefähigkeit positioniert. Die Strei chung der Umlage schadet Millionen und hilft am Ende nur einem Unternehmen.