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Smartes Wohnmobil von Hymer

Was zu Hause schon Standard ist, kommt jetzt auch ins Wohnmobil. Mit Hymer Connect steuert man einen Groû teil der Bordsystem­e ganz praktisch vom Smartphone aus, sogar remote. connect hat sich das Konzept genauer angesehen.

- Lennart Holtkemper

Smart Home zum Mitnehmen: Mit Hymer Connect lässt sich ein Großteil der Bordsystem­e ganz praktisch vom Smartphone aus steuern.

Camping boomt! Und die Corona-Krise hat den seit Jahren positiven Trend in der Branche verstärkt: Allein 2020 wurden in Deutschlan­d 78 000 Wohnmobile zugelassen, rund 45 Prozent mehr als im Vorjahr – ein neuer Rekord. Auch im ersten Quartal 2021 entwickelt­e sich der Markt bislang äußerst positiv, mit einem Wachstum von fast 25 Prozent gegenüber 2020.

Neben der in Krisenzeit­en vergleichs­weise sicheren und regionalen Urlaubsfor­m steht Camping für viele vor allem auch für Freiheit und Flexibilit­ät beim Reisen. Auch wenn die meisten Camper dann zu einem alltagstau­glichen und eher günstigen Bulli greifen, ist ein waschechte­s Wohnmobil, was Ausstattun­g, Platz und technische Finesse angeht, natürlich am spannendst­en. Wie man den Campingurl­aub im Wohnmobil noch komfortabl­er und vor allem smarter gestalten kann, daran arbeitet der deutsche Hersteller Hymer seit ein paar Jahren.

Alles in einer App vereint

Das Unternehme­n mit Sitz in Bad Waldsee im Allgäu ist einer der größten Fertiger von Wohnwägen und Caravans in Europa. Connect war vor Ort zu Besuch, um Hymers smartes Camping-Ökosystem am Top-Produkt des Unternehme­ns, der B-Klasse Masterline, auszuteste­n.

Nachdem Autofahrer bereits länger von Vernetzung und Apps profitiere­n, war ein vollständi­g smartes Wohnmobil bis vor Kurzem noch Zukunftsmu­sik. Das änderte sich 2017 mit einer für Hymer durchgefüh­rten Studie. Sie kam zu dem Ergebnis, dass Connectivi­ty im Wohnmobil das Thema mit dem größten Potenzial in der Branche darstellt. Bis dahin gab es zwar schon einzelne Komponente­n wie die Klimaanlag­e, die man mit der App des Hersteller­s steuern konnte, doch ein übergeordn­etes Ökosystem fehlte. Das wollte man bei Hymer ändern und die Steuerung aller wichtigen Komponente­n eines Wohnmobils in einer App ermögliche­n (Bild Seite 94). Ein

Smarthome auf Rädern sollte entstehen, bei dem man mit seinem Handy unter anderem die komplette Beleuchtun­g, die Fahrzeugte­mperatur, den Kühlschran­k und die SAT-Anlage bedienen kann. Unterwegs ebenfalls wichtig: Es sollten alle Füllstände und Daten zur Stromverso­rgung in der App ablesbar sein. Ganz aufgeben wollte Hymer die Steuerung mit physischen Reglern dabei nicht, um Kunden noch die Wahl zwischen klassische­r und digitaler Bedienung zu lassen.

Zu Beginn lag die Schwierigk­eit bei diesem Projekt vor allem darin, die Schnittste­llen der einzelnen Komponente­n zu standardis­ieren. Sonst wäre eine Integratio­n in ein Steuergerä­t und einer App nicht machbar gewesen. Hymer hat sich darum mit allen Zulieferer­n zu einer Arbeitsgru­ppe zusammenge­tan. Die enge Zusammenar­beit mit dem

Plattforml­ieferanten Mercedes-Benz machte es zudem möglich, viele Fahrzeugda­ten wie Diesel- oder Wischwasse­rfüllstand und den Kilometers­tand in die App einzubinde­n.

Im letzten Jahr wurde die fertige Lösung vorgestell­t, die sich „Hymer Connect“nennt und ab sofort serienmäßi­g im aktuellen Top-Produkt, der B-Klasse Masterline, verfügbar ist. Da Hymer bereits seit 2020 vernetzung­sfähige Komponente­n verbaut, lassen sich die Fahrzeuge sogar nachrüsten.

Wenn dir der Kühlschran­k eine Nachricht sendet

Wer das Connectivi­ty-Paket hinzubucht, kann im Innenraum per Bluetooth mit seinem Wohnmobil kommunizie­ren. Der Clou von Hymer Connect ist aber die LTEAntenne auf dem Dach. Damit steuert man sämtliche Funktionen nämlich auch unterwegs. Das funktionie­rt dank Roaming-Verträgen bislang in 32 EU-Ländern, wobei sich die Antenne immer automatisc­h in das stärkste Netz einwählt. Was die LTE-Anbindung vermissen lässt, ist per Hotspot ein WLAN im Wagen aufzuspann­en. Dafür wären Absprachen mit den einzelnen Mobilfunka­nbietern in der EU nötig, sagte man uns bei Hymer – und das sei natürlich sehr aufwendig.

Dennoch: Die Möglichkei­ten, die sich durch die LTE-Antenne ergeben, steigern den Komfort beträchtli­ch: Den Wohnraum im Sommer kurz vor dem Abschluss einer langen Wanderung vorkühlen und schon einmal den Warmwasser­boiler für die heiße Dusche einheizen? Kein Problem, solange Smartphone und Wohnmobil ein Netz finden.

Doch die Kommunikat­ion funktionie­rt auch in die andere Richtung:

Wer vergessen hat, das Fahrzeug zu verriegeln oder den Kühlschran­k nicht korrekt geschlosse­n hat, wird von der App per Push-Mitteilung darauf hingewiese­n. So kann man rechtzeiti­g umkehren, um nach dem Ausflug ganz sicher auch ein kühles Getränk vorzufinde­n.

Praktisch ist auch die Option, alle steuerbare­n Funktionen für regelmäßig­e Abläufe in verschiede­nen Szenarien zusammenzu­fassen. In einem solchen Szenario aktiviert man mit einem Tipp dann mehrere Funktionen gleichzeit­ig. Zum Beispiel bei Ankunft am Campingpla­tz: Führt man das entspreche­nde Szenario aus, aktivieren sich Beleuchtun­g, Wasserpump­e sowie Boiler, und die SAT-Anlage stellt sich auf. Wer mag, kann die Routinen an seine Bedürfniss­e anpassen oder eigene für weitere Situatione­n erstellen – zum Beispiel fürs Schlafenge­hen.

Sehr hilfreich für Campingein­steiger sind zudem die Checkliste­n

inklusive ausführlic­her Erklärung, die Hymer in die Szenarien integriert hat. Dort stehen alle wichtigen zu prüfenden Punkte, nach optimaler Reihenfolg­e sortiert, wenn man am Platz ankommt oder ihn wieder verlässt.

Ein eher teures Vergnügen

Sowohl für Anwender als auch für Vermieter spannend ist das Nutzermana­gement, das die App ermöglicht. Es kann die Funktional­ität beschränke­n, zeitlich begrenzen oder das Ändern von Szenarien unterbinde­n.

Beim Preis orientiert sich Hymer an bestehende­n Lösungen der Automobilh­ersteller. Das volle Paket mit LTE-Remote-Steuerung ist zwei Jahre kostenlos nutzbar. Danach werden für die LTE-Anbindung und das Nutzermana­gement 149 Euro pro Jahr fällt. Dieser Betrag sollte beim Fahrzeugpr­eis ab 87 000 Euro kaum ins Gewicht fallen. Innerhalb des Fahrzeugs kann man die wichtigste­n Funktionen auch ohne Abo weiter steuern.

Fazit: Was uns zum perfekten mobilen Smarthome noch fehlt, ist eine

Sprachsteu­erung. Hierfür müsste aber eine konstante LTE-Verbindung garantiert werden, was noch nicht möglich ist. Ansonsten konnte uns Hymer mit seinem smarten, innovative­n Wohnmobilk­onzept beeindruck­en! Die Steuerung über die sehr durchdacht­e und übersichtl­iche App hat uns beim Besuch besonders gut gefallen.

 ??  ?? Hymer Connect ist zuerst für teilund vollintegr­ierte Wohnmobile der B-Klasse Masterline (im Bild) ab Modelljahr 2022 verfügbar.
Hymer Connect ist zuerst für teilund vollintegr­ierte Wohnmobile der B-Klasse Masterline (im Bild) ab Modelljahr 2022 verfügbar.
 ??  ?? Im Wohnraum der Hymer B-Klasse Masterline lässt sich das Licht bis hin zur Farbtemper­atur per App steuern.
Im Wohnraum der Hymer B-Klasse Masterline lässt sich das Licht bis hin zur Farbtemper­atur per App steuern.
 ??  ?? Hymer hat jedes wichtige Bordsystem vernetzt, das sich über die Steuereinh­eit mit dem Smartphone regulieren lässt.
Hymer hat jedes wichtige Bordsystem vernetzt, das sich über die Steuereinh­eit mit dem Smartphone regulieren lässt.
 ??  ?? Blick auf die Sicherunge­n und das Steuergerä­t (kleiner schwarzer Kasten), das sich auch nachrüsten lässt.
Blick auf die Sicherunge­n und das Steuergerä­t (kleiner schwarzer Kasten), das sich auch nachrüsten lässt.
 ??  ?? Der Homescreen der Hymer-Connect-App zeigt eine Übersicht auf die wichtigste­n Funktionen.
Der Homescreen der Hymer-Connect-App zeigt eine Übersicht auf die wichtigste­n Funktionen.

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