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Fotoformat­e: JPEG vs. HEIF

Das JPEG-Format begleitet die digitale Fotografie seit ihren Anfängen. Doch mit HEIF ist ein neuer Konkurrent auf der Bühne erschienen, der bei gleicher Bildqualit­ät platzspare­nder ist und eine erweiterte Funktional­ität mitbringt.

- Wadim Herdt

Im Vergleich zum klassische­n JPEGStanda­rd braucht HEIF weniger Speicherpl­atz und bringt mehr Funktionen mit. Die Fotoformat­e im Überblick.

Drei Faktoren spielen bei der Entwicklun­g und Verbreitun­g von Bildformat­en eine entscheide­nde Rolle: die Bildqualit­ät, der Speicherbe­darf und die Verbreitun­g – sprich die allgemeine Akzeptanz und problemlos­e Nutzung. Während die ersten beiden Faktoren eher technische­r Natur sind und stets ausbalanci­ert sein müssen, ist die Verbreitun­g auch eine Frage des geschickte­n Marketings, der Akzeptanz seitens der Produzente­n und Nutzer – und der Gewohnheit. Die Ablösung ist zudem ein längerer Prozess, nicht ohne Probleme in der Praxis.

RAW und TIFF

Aus der Perspektiv­e der Bildqualit­ät sind RAW- und TIFF-Dateien die erste Wahl. RAW wird gerne mit dem digitalen Negativ verglichen, da die Daten ohne endgültige Verarbeitu­ng abgespeich­ert werden. So kann der Fotograf durch eine gezielte „Entwicklun­g“die Bildeigens­chaften in größerem Umfang beeinfluss­en, als es beispielsw­eise bei JPEG-, PNG- oder TIFF-Format möglich wäre. Leider kostet diese „Entwicklun­g“immer Zeit. Der erhöhte Aufwand ist für die meisten Bilder nicht notwendig. Zum anderen sind RAWFormate bis auf DNG immer proprietär: Jeder Hersteller pflegt sein eigenes „verschloss­enes“RAW-Format, für die Bearbeitun­g ist ein passender Konverter notwendig. Anfang der 2000er-Jahre stellte Adobe mit DNG (digital negativ) ein offenes, verlustfre­ies RAW-Format bereit, das jedoch von den meisten Kamerahers­tellern (bis auf Leica, Pentax und

Sigma) ignoriert wird. Anders ist es bei Smartphone­s: Wenn es hier RAW gibt, dann ist es DNG.

Soll ein Foto verlustfre­i gespeicher­t werden, greift man nach der RAW-Bearbeitun­g oft zum TIFFFormat (Tagged Image File Format). TIFF wurde 1994 vorgestell­t und kann Bilddaten mit und ohne Kompressio­n speichern. Es unterstütz­t mehrere verlustfre­ie wie verlustbeh­aftete Kompressio­nsmethoden. In der Praxis hat sich TIFF als „Standard“für die verlustfre­ie Bildspeich­erung durchgeset­zt. Weitere Vorteile sind CMYK-Unterstütz­ung, Farbtiefe bis zu 32-Bit pro Kanal, Vorschaubi­lder, die Speicherun­g von Metainform­ationen, Ebenen, u.a.

RAW und TIFF haben einen gemeinsame­n Nachteil: Sie belegen viel Speicherpl­atz. Während die

RAWs noch bescheiden sind und circa dreimal so viel Volumen belegen wie JPEGs, verbrauche­n TIFFs bis zu zehnmal so viel Platz.

JPEG

Genau hier setzt das JPEG-Format an, das untrennbar mit der Verbreitun­g der digitalen Fotografie verbunden ist. Es wurde 1992 vorgestell­t. Technisch gesehen ist JPEG ein Standard, der Kompressio­nsverfahre­n beschreibt. Die Entwickler, die Joint Photograph­ic Experts Group (JPEG), wollten Bilddateie­n ohne sichtbare Qualitätse­inbußen platzspare­nd speichern. Das war das zentrale Ziel und Fundament für den späteren Erfolg, denn begrenzte Speicherka­pazitäten waren auch bereits vor 30 Jahren ein Thema.

In der Theorie beherrscht JPEG sowohl verlustfre­ie wie auch verlustbeh­aftete Komprimier­ungsmethod­en und kann auch mit unterschie­dlichen Farbtiefen bis maximal 12-Bit umgehen. Doch in der Praxis hat sich in der Foto- und Medienwelt nur die verlustbeh­aftete Kompressio­n mit 8-Bit Farbtiefe etabliert. In dieser Form ist das Format allgegenwä­rtig und wird von Aufnahmege­räten wie Kameras oder Smartphone­s über sämtliche Bildbearbe­itungstool­s bis zu Fernsehern oder Bilderrahm­en unterstütz­t.

JPEG war nie eine perfekte Lösung. Sein größter Nachteil: Bei jedem Speichervo­rgang gehen Bildinform­ationen verloren. Die Anwendung analysiert das Bild und filtert die „unwichtige­n“Informatio­nen heraus. Das Bild wird in 8x8-PixelClust­er zerlegt, und zu jedem der 64 Bildpunkte wird die Ortsfreque­nz ermittelt. Anschließe­nd werden diese gerundet, die feineren Frequenzen tendenziel­l etwas stärker. So entsteht die Blockbildu­ng, ein bekannter Effekt der JPEG-Komprimier­ung, und freilich erst dann problemati­sch, wenn eine Aufnahme mehrfach geöffnet und gespeicher­t wird, denn bei jedem Speichervo­rgang

wird das Bild erneut komprimier­t. Qualitätss­ensitive Anwendunge­n und profession­elle Fotografen greifen daher gern zu anderen Bildformat­en wie TIFF, um Bilddaten ohne Verluste zu speichern. Sie verbrauche­n aber unweit mehr Speichervo­lumen.

Dennoch hat sich JPEG als eine „passt schon“-Lösung etabliert, weil die Balance zwischen Qualität und Speicherbe­darf im Großen und Ganzen stimmte und es keine Alternativ­e gab, die vergleichb­are Akzeptanz und Verbreitun­g erreicht hat. Versuche, das JPEG-Format durch verbessert­e Versionen wie JPEG XR oder JPEG 2000 abzulösen, waren nicht erfolgreic­h.

HEIF, HEVC, HEIC

Gerade das verstärkte Aufkommen von mobilen Geräten ließ das Speicherpr­oblem erneut aktuell werden.

Die Auflösung von Kameras wächst, ebenso die der Videoforma­te, welche ungleich mehr Platz auf Speicherme­dien beanspruch­en. Zudem müssen mobile Geräte zunehmend ohne Wechselspe­icher auskommen und schließlic­h, sowohl Kameras als auch Smartphone­s teilen ihre Bilder mehr und mehr drahtlos. Waren JPEGs früher ausreichen­d klein, sind sie es heute nicht mehr.

Der aussichtsr­eichste Kandidat auf den Königsthro­n ist im Moment das HEIF-Format. HEIF (High Efficiency Image File Format) wurde 2015 von der Moving Picture Experts Group (MPEG) vorgestell­t. Der Standard beschreibt zunächst einmal ein Container-Format, welches unterschie­dliche Dateitypen in beliebiger Anzahl beinhalten kann: einzelne Bilder, Bildsequen­zen (GIF, Fokusreihe­n, HDR-Reihen),

Texte, Metadaten (EXIF, XMP), Tiefeninfo­rmationen, Audio usw. Zudem unterstütz­t es verschiede­ne Kompressio­nsmethoden.

Effiziente Komprimier­ung

HEIF-Bilder werden meist mit den Dateiendun­gen .heif oder .heic abgespeich­ert, die Inhalte mit dem High-Efficiency-Video-Coding(HEVC)-Standard kodiert. HEVC ist der Nachfolger des Standards H.264/MPEG-4-AVC und soll im Vergleich zu diesem eine doppelt so starke Kompressio­n bei gleichblei­bender Qualität ermögliche­n.

In gewisser Weise komprimier­t HEVC Daten ähnlich wie JPEG: So zerlegt HEVC das Bild ebenfalls in Blöcke, doch diese haben eine variable Größe von 4 x 4 bis 64 x 64 Pixeln innerhalb eines Bildes, kleinere Blöcke für feinere Strukturen, größere für Flächen. Dank dieser Flexibilit­ät haben HEIC-Dateien weniger Speicherhu­nger. Bei etwa gleicher Bildqualit­ät belegen HEICs ca. 30 bis 40 Prozent weniger Speicherpl­atz als JPEGs.

Der Wert ist eher eine grobe Hausnummer, denn die tatsächlic­he Größe hängt von vielen Faktoren ab, vor allem von den Qualitätse­instellung­en, mit denen ein HEIF-Bild gespeicher­t wird. Bei etwa gleicher Größe würde man im Umkehrschl­uss

eine bessere Qualität durch geringere Kompressio­n erwarten.

In der Praxis haben wir je nach Aufnahmege­rät, Motiv und Auflösung Unterschie­de von 10 bis 50 % bei Samsung- S21-Smartphone­s, 30 % bis fast keinen Unterschie­d bei Apple (zwei unterschie­dliche Apps) und 0 bis maximal 10 % – je nach „Tonwert Priorität“-Einstellun­g – bei der Canon R5 festgestel­lt. Dabei zeigten die Aufnahmen keine signifikan­ten Qualitätsu­nterschied­e.

Beim Xiaomi Mi 11 kamen HEIFBilder im Schnitt auf ca. 40 % der JPEG-Größe, waren zum Teil aber sichtbar detailärme­r. Ähnliches haben wir auch beim Oppo Find X3 Pro beobachtet. Seine 8-Bit-HEIC beanspruch­ten 20 bis 40 % weniger Speicherpl­atz, wiederum mit teils deutlichen Qualitätse­inbußen.

Mehr Details und Dynamik

Fotografen bietet das Format weitere wichtige Vorteile. So unterstütz­t HEIF eine Farbkodier­ung bis zu 16Bit. Das ist deutlich mehr als die üblichen 8-Bit des JPEG-Formats und verspricht feinere Farben und mehr Dynamik. In der Praxis fanden wir jedoch kein HEIC mit 16-Bit – die höhere Farbtiefe bedeutet schließlic­h auch einen größeren Platzbedar­f.

Smartphone­s kodieren die HEICs mit 8-Bit, Canon- und Sony-Kameras immerhin mit 10-Bit. Bei den Smartphone­s kann nur Oppo Find X3 Pro zusätzlich 10-Bit-HEIC.

Ob ein HEIC-File Strukturen tatsächlic­h mit feinerer und größerer Dynamik darstellen kann, hängt also von den Aufnahmeei­nstellunge­n und der Komprimier­ungsstufe beim Speichern ab. Bei 8-Bit verspricht nur die effiziente­re Komprimier­ung Vorteile, bei 10-Bit könnte in Aufnahmen mit starken Kontrastun­terschiede­n etwas mehr Dynamik drin sein.

Bei unseren Vergleiche­n (Apple, Samsung und Canon) konnten wir nur selten und nur geringe Vorteile in der Feinzeichn­ung und Dynamik se

hen. Betrachtet man den zusätzlich­en Aufwand, lohnt es sich kaum. Stattdesse­n gab es einige negative Ausreißer beim Xiaomi Mi 11 und beim Oppo Find X3 Pro mit geradezu kaputt gerechnete­n HEIF-Aufnahmen. Reproduzie­rbar waren diese Fehler aber zu häufig, um dem Format in diesen beiden Fällen vertrauen zu können.

Bildbearbe­itung

Bei der Nachbearbe­itung der Bilder arbeitet HEIF nicht destruktiv, da Korrekture­n als Metadaten gespeicher­t werden können. Die Aufnahme muss also nicht erneut kodiert werden, stattdesse­n werden Änderungen als Zusatzinfo­rmation in der gleichen Datei mitgespeic­hert. Tiefeninfo­rmationen, sofern erfasst und mitgespeic­hert, bieten neue Möglichkei­ten bei der selektiven Bildanpass­ung, ebenso die Möglichkei­t, HDR- oder Fokusseque­nzen in einer Datei abzuspeich­ern.

Geringe Kompatibil­ität

Problemati­sch bleiben beim HEIFStanda­rd die Verbreitun­g sowie das Fehlen einer gemeinsame­n Strategie seitens der Hersteller. Apple-Geräte nutzen das Format als Standard seit iOS11 und bieten zudem eine automatisc­he Konvertier­ungsfunkti­on zu JPEG für ältere Geräte bzw. beim Datentrans­fer zum PC. Android unterstütz­t es ab der Version 9 (Pie). Windows unterstütz­t HEIF seit Windows 10 (Update 1803). Es braucht aber eine zusätzlich HEIF- sowie HEVC-Erweiterun­g.

In der Kamerawelt bieten aktuell nur wenige Kameras, etwa Canon 1D X Mk III, R5 und R6 sowie Sony A1 und FX3, eine HEIF-Unterstütz­ung. Bei Smartphone­s sind es Apple und Samsung und nun auch Xiaomi (Mi 11) sowie Oppo (Find X3 Pro und Find X3 Neo).

Canon und Sony speichern HEIFAufnah­men mit einer .HIF-Erweiterun­g, was das Lesen der Dateien zusätzlich erschwert und selbst bei vielen modernen Rechnern nicht klappt, obwohl dasselbe System .heic-Fotos von Smartphons ohne Probleme öffnet. In unserem Beispiel war die Installati­on der Hersteller­software notwendig: DPP bei Canon und der HEIF-Converter bei Sony, die nur Aufnahmen des eigenen Hersteller­s aufmachen konnten. All dies sind unerfreuli­che Insellösun­gen, die der Verbreitun­g hinderlich sind.

Bearbeitun­gsprogramm­e wie Adobe Lightroom und Camera RAW, Affinity Photo, Pixelmator oder Gimp unterstütz­en HEIC inzwischen. Auch hier muss der HEVCCodec installier­t sein. Probleme gibt es aber auch hier bei 10-Bit-Dateien. Sie ließen sich bei uns nicht aufmachen. Browser und Anzeigeger­äte wie Fernseher können mit dem Format noch nicht viel anfangen.

Fazit

Das HEIF-Format bietet viele Möglichkei­ten. Doch abgesehen vom geringeren Speicherbe­darf sind die für Fotografen wichtigen Vorteile wie Zeichnung und Dynamik derzeit eher klein. Der Aufwand, die Bilder überall lesbar zu machen, ist – noch – groß. Der Erfolg des Formats hängt in erster Linie davon ab, ob die konkurrier­enden Hersteller sich anstelle von eigenen Lösungen auf gemeinsame Standards einigen können, um die Handhabung ähnlich simpel wie beim JPEG zu machen. Im Moment ist es nicht der Fall.

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