Samsung Z Fold 3 & Flip 3
Mit seiner dritten Foldable-Generation will Samsung das Falt-Smartphone im Massenmarkt etablieren. Ein riskanter Schritt, da niemand weiß, ob die Konsumenten ihn mitmachen. Können die neuen Falter überzeugen?
Unsere Foldables sind bereit für die breite Masse“, sagt Mario Winter, Vice President Marketing bei Samsung Electronics Deutschland. Mit der dritten Generation seiner Foldables will das Unternehmen raus aus der Nische, rein in den Mainstream. Dafür kommt man Käufern von Galaxy Fold 3 und Galaxy Flip 3 weit entgegen: Sie erhalten ein Jahr lang den Versicherungsschutz Samsung Care+, der versehentlich entstandene Schäden abdeckt, darunter den Austausch des Bildschirms, Wasserschäden und den Austausch der Rückabdeckung. Zwar ist die Versicherungsleistung an Bedingungen geknüpft, unter anderem ein Selbstbehalt in Höhe von 130 Euro (Fold 3) beziehungsweise 108 Euro (Flip 3), aber erkennbar wird hier der unbedingte Wille, die neue Smartphone-Kategorie Foldable salonfähig zu machen.
Für den Weltmarktführer ist das ein großer Schritt, der nicht ohne Risiko ist. Denn nach wie vor ist das Foldable ein großer weißer Fleck auf der Smartphone-Landkarte. Allen optimistischen Prognosen zum Trotz hat es sich bisher nicht durchsetzen können, und es ist auch unklar, ob es in naher Zukunft dazu kommen wird. Das liegt vor allem an den technischen Hürden: Scharnier und OLED stellen die Materialforschung vor neue Herausforderungen: Nach wie vor gibt es keinen Displayschutz, der so stabil ist wie Gorilla Glass und gleichzeitig so flexibel, dass er die Biegung mitmacht. Hinzu kommt, dass der aktuelle Formfaktor seit vielen Jahren etabliert ist – man bekommt die Kunden nur davon weg, wenn das Neue attraktiver ist und gleichzeitig keine Nachteile gegenüber dem Gewohnten hat.
Robust genug für den Alltag
Samsung sieht sich mit der dritten Foldable-Generation an diesem Punkt. Endlich hat man es geschafft, die Falter so robust zu bauen, dass sie den Alltag so souverän meistern wie ein klassisches Smartphone. Der augenscheinlichste Beweis dafür ist die Wasserdichtigkeit: Beide Modelle sind nach IPX8 zertifiziert, vertragen also einen Tauchgang. Angesichts der beweglichen Scharnierkonstruktion war das eine riesige Herausforderung, für die sich die Ingenieure eine clevere Lösung überlegt haben: Weil es zu aufwändig ist, das Scharnier selbst abzudichten, hat man den Schutz nach innen verlagert – durch das Scharnier kann Wasser eindringen, es kommt aber nicht bis zur empfindlichen Elektronik. Das ist auch der Grund, warum ein zertifizierter Schutz gegen Staub fehlt (üblich ist IP68 statt wie bei Samsung
IPX8): Das genormte Verfahren zur Ermittlung der Staubschutzklasse verträgt sich nicht mit dieser halbdurchlässigen Bauweise. Auch an anderer Stelle legt Samsung Wert auf die Widerstandsfähigkeit der neuen Foldables. Das Grundgerüst des Gehäuses besteht aus einer besonders harten Aluminiumlegierung, die Außenseiten werden vom neuesten Gorilla Glass Victus geschützt.
Ein Schwachpunkt bleiben aber die biegsamen OLEDs. Sie werden zwar von einer dünnen Glasschicht
geschützt, diese ist aber bei Weitem nicht so druckstabil und kratzfest wie das Displayglas bei einem klassischen Smartphone. Aus diesem Grund haben auch die neuen S Pen, die Samsung mit dem Fold 3 auf den Markt bringt, eine Stiftspitze, die bei zu viel Druck zurückfedert. Temperamentvolle Zeitgenossen könnten das Panel sonst beim schwungvollen Punktsetzen eindrücken.
Modisch und hip: Galaxy Flip 3
Von den beiden Foldables ist das kompakte Flip 3 klar das massentauglichere Produkt. Zusammengeklappt ist es nur halb so groß (aber doppelt so dick) wie ein normales Phone und mit diesem ungewöhnlichen Formfaktor möchte Samsung eine modebewusste Zielgruppe erreichen, die im Smartphone mehr sieht als einen technischen Gegenstand. Entsprechend stehen sieben Farben zur Auswahl, zudem besondere Schutzhüllen mit Ringgriffen und Trägerriemen. Der Erstkontakt fällt durch die Bank positiv aus: Die Verarbeitung ist tadellos, der Klappmechanismus macht den Eindruck, auch nach zwei Jahren noch zuverlässig zu schnappen. Die Außenseiten werden fast vollständig von Gorilla Glass Victus überspannt, was in Verbindung mit dem Aluminiumrahmen eine hohe Anfassqualität garantiert.
Im Vergleich mit dem Vorgänger Flip 5G hat Samsung vor allem technisch aufgerüstet. Das OLED ist wieder 6,7 Zoll groß, schafft aber endlich eine hohe Bildwiederholrate von 120 Hertz. Neu ist auch das stark vergrößerte Außendisplay (4x größer als beim Vorgänger), auf dem man nun ganze Nachrichten lesen kann. Qualcomms Snapdragon 888 garantiert eine starke Performance und eine umfassende Connectivity von 5G bis Bluetooth 5.2. Das Kamerasystem übernimmt Samsung vom Galaxy S21+, allerdings nur das Ultraweitwinkel und das Weitwinkel – für mehr reicht der Platz nicht. Aus Platzgründen hält der
Hersteller auch die Akkukapazität niedrig: 3300 mAh sind auf diesem Ausstattungsniveau knapp kalkuliert und ein möglicher Schwachpunkt bei einem ansonsten überzeugenden Gesamtpaket.
Ziegelstein für Heavy User
Das Fold 3 startet bei 1799 Euro und allein der Preis spitzt die Zielgruppe deutlich zu. Hier geht es nicht um Fashion, im Fokus steht der technikaffine „Business User“, der sein Smartphone intensiv in jeder Lebenslage nutzt. Einem Durchbruch am Massenmarkt steht auch das Gewicht im Weg: 271 Gramm liegen schwer in der Hand. Das gestreckte Außendisplay (erstmals mit 120 Hertz) wirkt in Kombination mit dem 16 Millimeter dicken, ziegelsteinartigen Gehäuse unproportioniert – auch das dürfte einige Nutzer abschrecken. Entschädigt wird man mit einem Innendisplay, das auf Smartphones seinesgleichen sucht: Das OLED ist wieder 7,6 Zoll groß, sehr leuchtstark und stellt bewegte Inhalte mit 120 Hertz butterweich dar. Erstmals baut Samsung eine Under-Display-Kamera ein, sodass kein schwarzer Punkt die Draufsicht stört. Dass diese Technologie neu ist, sieht man den Selfies leider an: Das Bild wirkt sehr grob, die hochauflösenden Frontkameras der Mitbewerber bieten deutlich mehr. Die an die S21-Serie angelehnte Hauptkamera macht es besser: Drei Optiken mit jeweils 12 Megapixeln decken einen Brennweitenbereich von Ultraweitwinkel bis 2x Zoom ab. Wieder setzt Samsung auf Qualcomms Snapdragon 888, packt allerdings mehr Arbeitsspeicher drauf. Auch der interne Speicher ist größer: 256/512 GB sind dem Preis angemessen. Das kann man vom Lieferumfang nicht behaupten: Wie beim Flip 3 fehlt auch beim Fold 3 ein Netzteil.
Riskante Wette, Ausgang offen
Mit der dritten Foldable-Generation wird Samsung seiner Rolle als Marktführer und Innovationstreiber gerecht. Die Koreaner haben in diesem Segment einen Entwicklungsvorsprung und wollen diesen nun endlich in Marktanteile ummünzen. Ob das gelingt, ist aber völlig offen. Das Fold 3 ist zu dick und schwer für den Mainstream, das Flip 3 könnte ein Erfolg werden, aber nur wenn der Akku gut durchhält – und wenn der Konsument mitspielt.