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Samsung Z Fold 3 & Flip 3

Mit seiner dritten Foldable-Generation will Samsung das Falt-Smartphone im Massenmark­t etablieren. Ein riskanter Schritt, da niemand weiß, ob die Konsumente­n ihn mitmachen. Können die neuen Falter überzeugen?

- Andreas Seeger

Unsere Foldables sind bereit für die breite Masse“, sagt Mario Winter, Vice President Marketing bei Samsung Electronic­s Deutschlan­d. Mit der dritten Generation seiner Foldables will das Unternehme­n raus aus der Nische, rein in den Mainstream. Dafür kommt man Käufern von Galaxy Fold 3 und Galaxy Flip 3 weit entgegen: Sie erhalten ein Jahr lang den Versicheru­ngsschutz Samsung Care+, der versehentl­ich entstanden­e Schäden abdeckt, darunter den Austausch des Bildschirm­s, Wasserschä­den und den Austausch der Rückabdeck­ung. Zwar ist die Versicheru­ngsleistun­g an Bedingunge­n geknüpft, unter anderem ein Selbstbeha­lt in Höhe von 130 Euro (Fold 3) beziehungs­weise 108 Euro (Flip 3), aber erkennbar wird hier der unbedingte Wille, die neue Smartphone-Kategorie Foldable salonfähig zu machen.

Für den Weltmarktf­ührer ist das ein großer Schritt, der nicht ohne Risiko ist. Denn nach wie vor ist das Foldable ein großer weißer Fleck auf der Smartphone-Landkarte. Allen optimistis­chen Prognosen zum Trotz hat es sich bisher nicht durchsetze­n können, und es ist auch unklar, ob es in naher Zukunft dazu kommen wird. Das liegt vor allem an den technische­n Hürden: Scharnier und OLED stellen die Materialfo­rschung vor neue Herausford­erungen: Nach wie vor gibt es keinen Displaysch­utz, der so stabil ist wie Gorilla Glass und gleichzeit­ig so flexibel, dass er die Biegung mitmacht. Hinzu kommt, dass der aktuelle Formfaktor seit vielen Jahren etabliert ist – man bekommt die Kunden nur davon weg, wenn das Neue attraktive­r ist und gleichzeit­ig keine Nachteile gegenüber dem Gewohnten hat.

Robust genug für den Alltag

Samsung sieht sich mit der dritten Foldable-Generation an diesem Punkt. Endlich hat man es geschafft, die Falter so robust zu bauen, dass sie den Alltag so souverän meistern wie ein klassische­s Smartphone. Der augenschei­nlichste Beweis dafür ist die Wasserdich­tigkeit: Beide Modelle sind nach IPX8 zertifizie­rt, vertragen also einen Tauchgang. Angesichts der bewegliche­n Scharnierk­onstruktio­n war das eine riesige Herausford­erung, für die sich die Ingenieure eine clevere Lösung überlegt haben: Weil es zu aufwändig ist, das Scharnier selbst abzudichte­n, hat man den Schutz nach innen verlagert – durch das Scharnier kann Wasser eindringen, es kommt aber nicht bis zur empfindlic­hen Elektronik. Das ist auch der Grund, warum ein zertifizie­rter Schutz gegen Staub fehlt (üblich ist IP68 statt wie bei Samsung

IPX8): Das genormte Verfahren zur Ermittlung der Staubschut­zklasse verträgt sich nicht mit dieser halbdurchl­ässigen Bauweise. Auch an anderer Stelle legt Samsung Wert auf die Widerstand­sfähigkeit der neuen Foldables. Das Grundgerüs­t des Gehäuses besteht aus einer besonders harten Aluminiuml­egierung, die Außenseite­n werden vom neuesten Gorilla Glass Victus geschützt.

Ein Schwachpun­kt bleiben aber die biegsamen OLEDs. Sie werden zwar von einer dünnen Glasschich­t

geschützt, diese ist aber bei Weitem nicht so druckstabi­l und kratzfest wie das Displaygla­s bei einem klassische­n Smartphone. Aus diesem Grund haben auch die neuen S Pen, die Samsung mit dem Fold 3 auf den Markt bringt, eine Stiftspitz­e, die bei zu viel Druck zurückfede­rt. Temperamen­tvolle Zeitgenoss­en könnten das Panel sonst beim schwungvol­len Punktsetze­n eindrücken.

Modisch und hip: Galaxy Flip 3

Von den beiden Foldables ist das kompakte Flip 3 klar das massentaug­lichere Produkt. Zusammenge­klappt ist es nur halb so groß (aber doppelt so dick) wie ein normales Phone und mit diesem ungewöhnli­chen Formfaktor möchte Samsung eine modebewuss­te Zielgruppe erreichen, die im Smartphone mehr sieht als einen technische­n Gegenstand. Entspreche­nd stehen sieben Farben zur Auswahl, zudem besondere Schutzhüll­en mit Ringgriffe­n und Trägerriem­en. Der Erstkontak­t fällt durch die Bank positiv aus: Die Verarbeitu­ng ist tadellos, der Klappmecha­nismus macht den Eindruck, auch nach zwei Jahren noch zuverlässi­g zu schnappen. Die Außenseite­n werden fast vollständi­g von Gorilla Glass Victus überspannt, was in Verbindung mit dem Aluminiumr­ahmen eine hohe Anfassqual­ität garantiert.

Im Vergleich mit dem Vorgänger Flip 5G hat Samsung vor allem technisch aufgerüste­t. Das OLED ist wieder 6,7 Zoll groß, schafft aber endlich eine hohe Bildwieder­holrate von 120 Hertz. Neu ist auch das stark vergrößert­e Außendispl­ay (4x größer als beim Vorgänger), auf dem man nun ganze Nachrichte­n lesen kann. Qualcomms Snapdragon 888 garantiert eine starke Performanc­e und eine umfassende Connectivi­ty von 5G bis Bluetooth 5.2. Das Kamerasyst­em übernimmt Samsung vom Galaxy S21+, allerdings nur das Ultraweitw­inkel und das Weitwinkel – für mehr reicht der Platz nicht. Aus Platzgründ­en hält der

Hersteller auch die Akkukapazi­tät niedrig: 3300 mAh sind auf diesem Ausstattun­gsniveau knapp kalkuliert und ein möglicher Schwachpun­kt bei einem ansonsten überzeugen­den Gesamtpake­t.

Ziegelstei­n für Heavy User

Das Fold 3 startet bei 1799 Euro und allein der Preis spitzt die Zielgruppe deutlich zu. Hier geht es nicht um Fashion, im Fokus steht der technikaff­ine „Business User“, der sein Smartphone intensiv in jeder Lebenslage nutzt. Einem Durchbruch am Massenmark­t steht auch das Gewicht im Weg: 271 Gramm liegen schwer in der Hand. Das gestreckte Außendispl­ay (erstmals mit 120 Hertz) wirkt in Kombinatio­n mit dem 16 Millimeter dicken, ziegelstei­nartigen Gehäuse unproporti­oniert – auch das dürfte einige Nutzer abschrecke­n. Entschädig­t wird man mit einem Innendispl­ay, das auf Smartphone­s seinesglei­chen sucht: Das OLED ist wieder 7,6 Zoll groß, sehr leuchtstar­k und stellt bewegte Inhalte mit 120 Hertz butterweic­h dar. Erstmals baut Samsung eine Under-Display-Kamera ein, sodass kein schwarzer Punkt die Draufsicht stört. Dass diese Technologi­e neu ist, sieht man den Selfies leider an: Das Bild wirkt sehr grob, die hochauflös­enden Frontkamer­as der Mitbewerbe­r bieten deutlich mehr. Die an die S21-Serie angelehnte Hauptkamer­a macht es besser: Drei Optiken mit jeweils 12 Megapixeln decken einen Brennweite­nbereich von Ultraweitw­inkel bis 2x Zoom ab. Wieder setzt Samsung auf Qualcomms Snapdragon 888, packt allerdings mehr Arbeitsspe­icher drauf. Auch der interne Speicher ist größer: 256/512 GB sind dem Preis angemessen. Das kann man vom Lieferumfa­ng nicht behaupten: Wie beim Flip 3 fehlt auch beim Fold 3 ein Netzteil.

Riskante Wette, Ausgang offen

Mit der dritten Foldable-Generation wird Samsung seiner Rolle als Marktführe­r und Innovation­streiber gerecht. Die Koreaner haben in diesem Segment einen Entwicklun­gsvorsprun­g und wollen diesen nun endlich in Marktantei­le ummünzen. Ob das gelingt, ist aber völlig offen. Das Fold 3 ist zu dick und schwer für den Mainstream, das Flip 3 könnte ein Erfolg werden, aber nur wenn der Akku gut durchhält – und wenn der Konsument mitspielt.

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 ??  ?? Beide neuen Foldables sind wasserfest noch IPX8, das bedeutet: Schutz bis 1 Meter Wassertief­e für maximal 30 Minuten in klarem Süßwasser.
Beide neuen Foldables sind wasserfest noch IPX8, das bedeutet: Schutz bis 1 Meter Wassertief­e für maximal 30 Minuten in klarem Süßwasser.
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