Design-Beamer mit innovativer Bildtechnik
Der chinesischen Beamerhersteller XGIMI überraschte uns schon des Öfteren mit besonderen Features in exzellenter Verarbeitungsqualität. Das neue Topmodell Horizon Ultra setzt sich nun mit weiteren Innovationen von der Konkurrenz ab.
Beim Auspacken dieses ziemlich kompakten Projektionswürfels wird klar, dass XGIMI in puncto Qualitätsanspruch nicht kleckert, sondern klotzt. Bereits der Karton ist äußerst stabil und edel. Weiß glänzend mit goldenem Druck versprüht er einen Hauch Luxus und Langlebigkeit. Das mag nicht besonders nachhaltig erscheinen, in Zeiten, in denen andere auf billige unbedruckte Wegwerfpappe umschwenken, doch wir mögen die hochwertige Kiste, weil der Beamer gern in ihr gelagert werden würde, nachdem er seine Schuldigkeit im Wohnzimmer getan hat.
Im Karton stoßen wir erst einmal auf eine smarte kleine Fernbedienung und ein mächtiges externes Netzteil. Ein solches war sinnvoll für die kleinen XGIMIBrüder, die ja teilweise akkubetrieben funktionieren. Diesen 300 Watt starken Klotz hätten wir nun aber lieber im Horizon Ultra integriert gesehen.
Kompakt und edel
Der Vorteil der ausgelagerten Spannungsversorgung liegt jedoch darin, dass der Beamer etwas kompakter ausfallen konnte. Und es ist insgesamt erstaunlich, wie viel Lichtleistung aus dem wunderhübschen Kleingerät strömt, und das bei wohnlich dezenter Lüfterkulisse. Wo manch Mitbewerber mit selbst definierten LEDLumen protzt, bleibt XGIMI realistisch und gibt 2300 ISOLumen an. Das ist nett professionell, vor allem, da wir den exzellenten Wert im Labor absolut nachvollziehen konnten. Das Beste dabei ist aber, dass der Beamer die volle Power nicht wie üblich mit einem absonderlichen Grünstich erkauft, sondern 2100 echte Lumen in von uns kalibrierten natürlichen Farben abgibt, sogar filterfrei im maximalen HDRFarbraum. Für die Lichtquelle hat XGIMI sich schon die erste Besonderheit einfallen lassen. Der Hersteller entwickelt seine optische Technologie selbst und hat sich 278 Patente für die Kombination von Laser und LED gesichert. Dabei kommen im Horizon Ultra sechs Farbfrequenzen mit verschiedenen Bandbreiten zum Einsatz, die das
gewaltige HDR-Farbvolumen der Lasertechnik um den angenehmen Bildeindruck von LED-Lampen ergänzen könnten. Zugleich sollen die gefürchteten Speckle-Artefakte unterdrückt werden. Besondere Aufmerksamkeit widmet XGIMI den optischen Linsen, die ebenfalls selbst hergestellt werden. Während die Mitbewerber ihre 4k-Beamer scheinbar immer billiger und damit unschärfer bauen, gibt der Horizon Ultra die Pixel seines 0,47 Zoll großen DLP-Chips messerscharf und mit deutlich weniger Farbsäumen am Bildrand wieder, als wir erwartet haben. Wie üblich, wird das letzte Quäntchen an Schärfe durch Pixelshift erzielt, doch insgesamt wirkt die Abbildung detaillierter als bei vielen Konkurrenten. Dazu setzt XGIMI jetzt eine Technik ein, die andere immer schon verwendeten: ein Zoom. Es arbeitet motorisch 1,3-fach mit demselben Projektionsverhältnis, mit dem auch die meisten anderen ordentlichen DLP-Geräte aufwarten. XGIMI nennt ein 1,5-faches Projektionsverhältnis „Long-Throw“, für unsere Heimkino-Dimensionen genügt die Entfernung von der Leinwand noch immer nicht für eine Kellerinstallation. Der Horizon Ultra offenbart seine Stärken lieber im Wohnzimmer.
Kinderleicht aufgebaut
Dieser Beamer ist ja auch zu schön designt, um ihn zu verstecken. Schaltet man ihn ein, schiebt sich die stoffbespannte Abdeckung dezent nach unten und gibt die Optik frei, die im Betrieb schon wenige Sekunden nach Einschalten das smarte Hauptmenü auf den Schirm zaubert. Doch erst einmal heißt es, den Beamer auf die Leinwand, die Wand, die Decke oder was auch immer ausrichten. Und hier hatte XGIMI bei den kleinen portablen Geräten Pionierarbeit geleistet, die sich hier wiederfindet. Es gibt nicht nur Autofokus und Autokeystone, sondern sogar eine Erkennung von Objekten, die bei der Projektion umgangen werden – daneben wie üblich eine Farbkorrektur für bunte Wände und einen Blendschutz, wenn man sich dem Lichtweg nähert. Im Prinzip richtet sich der Beamer also fast von selbst ein und verlangt danach nur die Erstinstallation der Oberfläche von Android-TV.
Richtig smart
Der Beamer setzt auf Googles TVBetriebssystem in Version 11 und stellt ihm einen Quadcore A55 (1,5 GHz) mit 2 GB RAM und 32 GB ROM zur Seite, von denen nach Installation all unserer Lieblings-Apps noch 23 frei waren. Neben den beiden HDMI-2.0-Eingängen kann man so Videos über Wi-Fi 6 streamen oder Equipment mit Bluetooth 5.2 einbinden. Verfügbar ist die volle Bandbreite des Google-Universums samt Sprachsteuerung – mit der üblichen kleinen Ausnahme: Netflix hat wieder einmal bei der offiziellen Lizenz herumgezickt. Darum liegt dem Beamer die Beschreibung bei, wie man den beliebten Dienst per Workaround nutzen kann. Das klappte im Test leider nur ohne
Ultra-HD oder HDR. Mit Prime, Disney, Apple, Paramount und Maxdome ist der Rest des Angebots ohne Makel, und selbst für lineares Fernsehen stehen Quellen wie Magenta-TV, Pluto, Zattoo, Joyn oder RTL bereit – ganz zu schweigen von den Möglichkeiten, die sich über Kodi bieten. Das System läuft stabil, wir haben aber schon TV-Geräte oder Streamer gesehen, die etwas schneller in den Menüs reagieren.
Nicht ganz so gut wie bei unseren liebsten Fernsehgeräten ist XGIMI die Einbindung seiner Feature-Spezialitäten in die Menüstruktur von Android gelungen. Neben den „Geräteeinstellungen“gibt es „Projektoreinstellungen“, wobei wir immer dachten, der Projektor wäre das Gerät. Wo die wirklich wunderbar vielen Setups zu Bild und Optik zu finden sind, ist nicht immer ganz klar. So gibt es zwei verschiedene Einstellungen für die RGB-Balance, also den Weißabgleich, das Zoom ist ein Unterpunkt des Trapezausgleichs, der Autofokus dagegen nicht. Die Bildvorwahl gehört zu den „Verknüpfungseinstellungen“– insgesamt sollte alles etwas logischer aufgebaut sein. Die ausgiebig vorhandenen Kalibrationsoptionen
werden bei Wahl des Bildsetups „Benutzerdefiniert“aufgerufen, die übrigen Voreinstellungen erlauben kaum Justagen. Man kann also nicht unterschiedliche Bildkompositionen zum Beispiel für 24p-Kinofilme und Fernsehsendungen programmieren. Immerhin werden die Einstellungen für jede Quelle einzeln gespeichert, lassen sich jedoch nicht kopieren. So sind dann Dutzende Farbraumwerte manuell zu übertragen, wenn man die Kalibration auf den HDMIs und bei VoD haben will.
Knallige Farben, mächtige Helligkeit
Die Leuchtkraft des XGIMI ist wie erwähnt hochrangig, doch leider waren alle Voreinstellungen unseres Musters deutlich zu bunt und frisch, mussten also für wirklich neutrale Farben abgeglichen werden. Dabei spricht der Hersteller davon, dass jedes Gerät in der Fabrik einzeln kalibriert und auf Deltawerte um eins gebracht wird; dass es also Abweichungen von der normierten Farbdarstellung in der Qualität eines Studiomonitors zeigen dürfte. Das gilt offenbar zwar für die Weißbalance und Eckpunkte des Farbraums, aber nicht für Mischfarben. Wir haben im Labor erst nach einer Justage des Farbraums wirklich exzellente Eindrücke in HDTV und HDR hinbekommen. Die Laser/LEDTechnik liefert alle versprochenen Vorteile, also heftige Lichtstärken und zugleich erheblich weniger Speckle als Laser-TVs. In HDR wird allerdings ein Kompromiss in den breitbandigen Farbfrequenzen von Grün sichtbar: Während Rot und Blau superbunt können, reicht die Reinheit von Grün nicht aus, um mehr als 90 Prozent des DCIFarbraums abzudecken.
Sehr positiv fiel allerdings die Schärfe der Abbildung ins Auge, doch hapert es leider zuerst am Schwarzwert. Im XGIMI steckt eine Iris, die der Hersteller als dynamisch bezeichnet, doch sie fährt nicht automatisch je nach Szenenhelligkeit zu, sondern von einem Raumlichtsensor gesteuert. Wir haben als In-Bild-Kontrast bei offener Blende enttäuschende 184:1 gemessen. Ist sie geschlossen werden noch 97 Lumen bei 809:1 erzielt. Die dynamische Blende sollte also genutzt werden, um abends satteres Schwarz und düstere Schatten zu bekommen. Der Lichtsensor sorgt nebenbei noch für die Farbanpassung an die Umgebung – überaus intelligent.
Die Bildverarbeitung dieses Beamers wirkt recht hochwertig,
gibt es doch Optionen wie Bewegungsglättung, lokale Kontrastoptimierung und Rauschfilter. Das Ganze arbeitet sehr ordentlich, wie üblich mit verringerter Farbschärfe. Dabei ist die Wiedergabe allerdings auf 60 fps optimiert. Spielt man 24pKinofilme nativ ein kommt es zum Pulldown. Noch kritischer ist europäisches Fernsehen (mit 50 Hertz), denn dabei wird jeder fünfte Frame wiederholt. Das Ruckeln verschwindet sofort, wenn man die Bewegungskompensation auf „Schwach“stellt, was mit lobenswert wenigen Artefakten einhergeht ist. Dennoch liegt der glattere Filmlook nicht jedem. Die 60 fps sind übrigens auch das Höchste der Gefühle beim Gaming, dafür sprechen wir keine Empfehlung für ambitionierte Zocker aus.
Kommen wir zu einem Punkt, den der Horizon Ultra allen seinen Mitbewerbern voraus hat: Er unterstützt HDR mit den dynamischen Metadaten von Dolby Vision. Das ist Neuland, ist aber für Beamer enorm sinnvoll. Kein Projektor erzielt nämlich die Schwarzwerte oder absoluten Lichtstärken, die HDR eigentlich erwartet. Und hier kommt dann Dolby Vision ins Spiel, das die Durchzeichnung szenenabhängig anpasst, damit lichtschwache Geräte das Clipping minimieren, während dunkle Details gut differenzierbar bleiben.
Das funktioniert hier sehr gut für die Brillanzanpassung (Tonemapping), allerdings schienen uns die Farben fahler zu sein als mit deaktiviertem Dolby Vision im UHDBlurayPlayer. Obwohl die DolbyTaktik hier überarbeitet werden könnte, muss man XGIMI schon einmal höchstes Lob für die frühe Implementierung aussprechen – und auch dafür, dass noch 3DFilme unterstützt werden, die nicht mehr im Fokus des Marketings stehen.
Der satte Klang dieses Alleskönners ist übrigens auch sehr attraktiv. Für den 24WattStereosound zeichnet Harman/Kardon verantwortlich. Natürlich reicht er nicht an die Weihen eines MehrkanalHeimkinosystems heran, doch so manche EinstiegsSoundbar erblasst vor Neid bei der Wärme und Harmonie des Klangs. Die Räumlichkeit ist bei der richtigen Sitzposition verblüffend, aber virtuell.
Fazit
Der Horizon Ultra von XGIMI kombiniert exzellente Smartheit, Eleganz und Bedienfreundlichkeit von Kleinbeamern mit enormer HDRLeuchtkraft und sattesten Farben, wie sie sonst nur ausgewachsene Heimkinogeräte der Spitzenklasse anbieten. Seine Technik setzt neue Standards, die optische Hardware ist besonders hochwertig. Potenzial gibt es noch bei der Farbabstimmung.