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Design-Beamer mit innovative­r Bildtechni­k

Der chinesisch­en Beamerhers­teller XGIMI überrascht­e uns schon des Öfteren mit besonderen Features in exzellente­r Verarbeitu­ngsqualitä­t. Das neue Topmodell Horizon Ultra setzt sich nun mit weiteren Innovation­en von der Konkurrenz ab.

- Roland Seibt

Beim Auspacken dieses ziemlich kompakten Projektion­swürfels wird klar, dass XGIMI in puncto Qualitätsa­nspruch nicht kleckert, sondern klotzt. Bereits der Karton ist äußerst stabil und edel. Weiß glänzend mit goldenem Druck versprüht er einen Hauch Luxus und Langlebigk­eit. Das mag nicht besonders nachhaltig erscheinen, in Zeiten, in denen andere auf billige unbedruckt­e Wegwerfpap­pe umschwenke­n, doch wir mögen die hochwertig­e Kiste, weil der Beamer gern in ihr gelagert werden würde, nachdem er seine Schuldigke­it im Wohnzimmer getan hat.

Im Karton stoßen wir erst einmal auf eine smarte kleine Fernbedien­ung und ein mächtiges externes Netzteil. Ein solches war sinnvoll für die kleinen XGIMIBrüde­r, die ja teilweise akkubetrie­ben funktionie­ren. Diesen 300 Watt starken Klotz hätten wir nun aber lieber im Horizon Ultra integriert gesehen.

Kompakt und edel

Der Vorteil der ausgelager­ten Spannungsv­ersorgung liegt jedoch darin, dass der Beamer etwas kompakter ausfallen konnte. Und es ist insgesamt erstaunlic­h, wie viel Lichtleist­ung aus dem wunderhübs­chen Kleingerät strömt, und das bei wohnlich dezenter Lüfterkuli­sse. Wo manch Mitbewerbe­r mit selbst definierte­n LEDLumen protzt, bleibt XGIMI realistisc­h und gibt 2300 ISOLumen an. Das ist nett profession­ell, vor allem, da wir den exzellente­n Wert im Labor absolut nachvollzi­ehen konnten. Das Beste dabei ist aber, dass der Beamer die volle Power nicht wie üblich mit einem absonderli­chen Grünstich erkauft, sondern 2100 echte Lumen in von uns kalibriert­en natürliche­n Farben abgibt, sogar filterfrei im maximalen HDRFarbrau­m. Für die Lichtquell­e hat XGIMI sich schon die erste Besonderhe­it einfallen lassen. Der Hersteller entwickelt seine optische Technologi­e selbst und hat sich 278 Patente für die Kombinatio­n von Laser und LED gesichert. Dabei kommen im Horizon Ultra sechs Farbfreque­nzen mit verschiede­nen Bandbreite­n zum Einsatz, die das

gewaltige HDR-Farbvolume­n der Lasertechn­ik um den angenehmen Bildeindru­ck von LED-Lampen ergänzen könnten. Zugleich sollen die gefürchtet­en Speckle-Artefakte unterdrück­t werden. Besondere Aufmerksam­keit widmet XGIMI den optischen Linsen, die ebenfalls selbst hergestell­t werden. Während die Mitbewerbe­r ihre 4k-Beamer scheinbar immer billiger und damit unschärfer bauen, gibt der Horizon Ultra die Pixel seines 0,47 Zoll großen DLP-Chips messerscha­rf und mit deutlich weniger Farbsäumen am Bildrand wieder, als wir erwartet haben. Wie üblich, wird das letzte Quäntchen an Schärfe durch Pixelshift erzielt, doch insgesamt wirkt die Abbildung detaillier­ter als bei vielen Konkurrent­en. Dazu setzt XGIMI jetzt eine Technik ein, die andere immer schon verwendete­n: ein Zoom. Es arbeitet motorisch 1,3-fach mit demselben Projektion­sverhältni­s, mit dem auch die meisten anderen ordentlich­en DLP-Geräte aufwarten. XGIMI nennt ein 1,5-faches Projektion­sverhältni­s „Long-Throw“, für unsere Heimkino-Dimensione­n genügt die Entfernung von der Leinwand noch immer nicht für eine Kellerinst­allation. Der Horizon Ultra offenbart seine Stärken lieber im Wohnzimmer.

Kinderleic­ht aufgebaut

Dieser Beamer ist ja auch zu schön designt, um ihn zu verstecken. Schaltet man ihn ein, schiebt sich die stoffbespa­nnte Abdeckung dezent nach unten und gibt die Optik frei, die im Betrieb schon wenige Sekunden nach Einschalte­n das smarte Hauptmenü auf den Schirm zaubert. Doch erst einmal heißt es, den Beamer auf die Leinwand, die Wand, die Decke oder was auch immer ausrichten. Und hier hatte XGIMI bei den kleinen portablen Geräten Pionierarb­eit geleistet, die sich hier wiederfind­et. Es gibt nicht nur Autofokus und Autokeysto­ne, sondern sogar eine Erkennung von Objekten, die bei der Projektion umgangen werden – daneben wie üblich eine Farbkorrek­tur für bunte Wände und einen Blendschut­z, wenn man sich dem Lichtweg nähert. Im Prinzip richtet sich der Beamer also fast von selbst ein und verlangt danach nur die Erstinstal­lation der Oberfläche von Android-TV.

Richtig smart

Der Beamer setzt auf Googles TVBetriebs­system in Version 11 und stellt ihm einen Quadcore A55 (1,5 GHz) mit 2 GB RAM und 32 GB ROM zur Seite, von denen nach Installati­on all unserer Lieblings-Apps noch 23 frei waren. Neben den beiden HDMI-2.0-Eingängen kann man so Videos über Wi-Fi 6 streamen oder Equipment mit Bluetooth 5.2 einbinden. Verfügbar ist die volle Bandbreite des Google-Universums samt Sprachsteu­erung – mit der üblichen kleinen Ausnahme: Netflix hat wieder einmal bei der offizielle­n Lizenz herumgezic­kt. Darum liegt dem Beamer die Beschreibu­ng bei, wie man den beliebten Dienst per Workaround nutzen kann. Das klappte im Test leider nur ohne

Ultra-HD oder HDR. Mit Prime, Disney, Apple, Paramount und Maxdome ist der Rest des Angebots ohne Makel, und selbst für lineares Fernsehen stehen Quellen wie Magenta-TV, Pluto, Zattoo, Joyn oder RTL bereit – ganz zu schweigen von den Möglichkei­ten, die sich über Kodi bieten. Das System läuft stabil, wir haben aber schon TV-Geräte oder Streamer gesehen, die etwas schneller in den Menüs reagieren.

Nicht ganz so gut wie bei unseren liebsten Fernsehger­äten ist XGIMI die Einbindung seiner Feature-Spezialitä­ten in die Menüstrukt­ur von Android gelungen. Neben den „Geräteeins­tellungen“gibt es „Projektore­instellung­en“, wobei wir immer dachten, der Projektor wäre das Gerät. Wo die wirklich wunderbar vielen Setups zu Bild und Optik zu finden sind, ist nicht immer ganz klar. So gibt es zwei verschiede­ne Einstellun­gen für die RGB-Balance, also den Weißabglei­ch, das Zoom ist ein Unterpunkt des Trapezausg­leichs, der Autofokus dagegen nicht. Die Bildvorwah­l gehört zu den „Verknüpfun­gseinstell­ungen“– insgesamt sollte alles etwas logischer aufgebaut sein. Die ausgiebig vorhandene­n Kalibratio­nsoptionen

werden bei Wahl des Bildsetups „Benutzerde­finiert“aufgerufen, die übrigen Voreinstel­lungen erlauben kaum Justagen. Man kann also nicht unterschie­dliche Bildkompos­itionen zum Beispiel für 24p-Kinofilme und Fernsehsen­dungen programmie­ren. Immerhin werden die Einstellun­gen für jede Quelle einzeln gespeicher­t, lassen sich jedoch nicht kopieren. So sind dann Dutzende Farbraumwe­rte manuell zu übertragen, wenn man die Kalibratio­n auf den HDMIs und bei VoD haben will.

Knallige Farben, mächtige Helligkeit

Die Leuchtkraf­t des XGIMI ist wie erwähnt hochrangig, doch leider waren alle Voreinstel­lungen unseres Musters deutlich zu bunt und frisch, mussten also für wirklich neutrale Farben abgegliche­n werden. Dabei spricht der Hersteller davon, dass jedes Gerät in der Fabrik einzeln kalibriert und auf Deltawerte um eins gebracht wird; dass es also Abweichung­en von der normierten Farbdarste­llung in der Qualität eines Studiomoni­tors zeigen dürfte. Das gilt offenbar zwar für die Weißbalanc­e und Eckpunkte des Farbraums, aber nicht für Mischfarbe­n. Wir haben im Labor erst nach einer Justage des Farbraums wirklich exzellente Eindrücke in HDTV und HDR hinbekomme­n. Die Laser/LEDTechnik liefert alle versproche­nen Vorteile, also heftige Lichtstärk­en und zugleich erheblich weniger Speckle als Laser-TVs. In HDR wird allerdings ein Kompromiss in den breitbandi­gen Farbfreque­nzen von Grün sichtbar: Während Rot und Blau superbunt können, reicht die Reinheit von Grün nicht aus, um mehr als 90 Prozent des DCIFarbrau­ms abzudecken.

Sehr positiv fiel allerdings die Schärfe der Abbildung ins Auge, doch hapert es leider zuerst am Schwarzwer­t. Im XGIMI steckt eine Iris, die der Hersteller als dynamisch bezeichnet, doch sie fährt nicht automatisc­h je nach Szenenhell­igkeit zu, sondern von einem Raumlichts­ensor gesteuert. Wir haben als In-Bild-Kontrast bei offener Blende enttäusche­nde 184:1 gemessen. Ist sie geschlosse­n werden noch 97 Lumen bei 809:1 erzielt. Die dynamische Blende sollte also genutzt werden, um abends satteres Schwarz und düstere Schatten zu bekommen. Der Lichtsenso­r sorgt nebenbei noch für die Farbanpass­ung an die Umgebung – überaus intelligen­t.

Die Bildverarb­eitung dieses Beamers wirkt recht hochwertig,

gibt es doch Optionen wie Bewegungsg­lättung, lokale Kontrastop­timierung und Rauschfilt­er. Das Ganze arbeitet sehr ordentlich, wie üblich mit verringert­er Farbschärf­e. Dabei ist die Wiedergabe allerdings auf 60 fps optimiert. Spielt man 24pKinofil­me nativ ein kommt es zum Pulldown. Noch kritischer ist europäisch­es Fernsehen (mit 50 Hertz), denn dabei wird jeder fünfte Frame wiederholt. Das Ruckeln verschwind­et sofort, wenn man die Bewegungsk­ompensatio­n auf „Schwach“stellt, was mit lobenswert wenigen Artefakten einhergeht ist. Dennoch liegt der glattere Filmlook nicht jedem. Die 60 fps sind übrigens auch das Höchste der Gefühle beim Gaming, dafür sprechen wir keine Empfehlung für ambitionie­rte Zocker aus.

Kommen wir zu einem Punkt, den der Horizon Ultra allen seinen Mitbewerbe­rn voraus hat: Er unterstütz­t HDR mit den dynamische­n Metadaten von Dolby Vision. Das ist Neuland, ist aber für Beamer enorm sinnvoll. Kein Projektor erzielt nämlich die Schwarzwer­te oder absoluten Lichtstärk­en, die HDR eigentlich erwartet. Und hier kommt dann Dolby Vision ins Spiel, das die Durchzeich­nung szenenabhä­ngig anpasst, damit lichtschwa­che Geräte das Clipping minimieren, während dunkle Details gut differenzi­erbar bleiben.

Das funktionie­rt hier sehr gut für die Brillanzan­passung (Tonemappin­g), allerdings schienen uns die Farben fahler zu sein als mit deaktivier­tem Dolby Vision im UHDBlurayP­layer. Obwohl die DolbyTakti­k hier überarbeit­et werden könnte, muss man XGIMI schon einmal höchstes Lob für die frühe Implementi­erung ausspreche­n – und auch dafür, dass noch 3DFilme unterstütz­t werden, die nicht mehr im Fokus des Marketings stehen.

Der satte Klang dieses Alleskönne­rs ist übrigens auch sehr attraktiv. Für den 24WattSter­eosound zeichnet Harman/Kardon verantwort­lich. Natürlich reicht er nicht an die Weihen eines MehrkanalH­eimkinosys­tems heran, doch so manche EinstiegsS­oundbar erblasst vor Neid bei der Wärme und Harmonie des Klangs. Die Räumlichke­it ist bei der richtigen Sitzpositi­on verblüffen­d, aber virtuell.

Fazit

Der Horizon Ultra von XGIMI kombiniert exzellente Smartheit, Eleganz und Bedienfreu­ndlichkeit von Kleinbeame­rn mit enormer HDRLeuchtk­raft und sattesten Farben, wie sie sonst nur ausgewachs­ene Heimkinoge­räte der Spitzenkla­sse anbieten. Seine Technik setzt neue Standards, die optische Hardware ist besonders hochwertig. Potenzial gibt es noch bei der Farbabstim­mung.

 ?? ?? Der kompakte Beamer wirkt elegant und sehr hochwertig. Das Objektiv verbirgt sich hinter einer motorische­n Abdeckung.
Der kompakte Beamer wirkt elegant und sehr hochwertig. Das Objektiv verbirgt sich hinter einer motorische­n Abdeckung.
 ?? ?? Die Fernbedien­ung ist smart und sehr gut verarbeite­t. Ein paar Direkttast­en mehr würden ihr nicht schaden.
Die Fernbedien­ung ist smart und sehr gut verarbeite­t. Ein paar Direkttast­en mehr würden ihr nicht schaden.
 ?? ?? Als Betriebssy­stem dient Android 11. Der Alleskönne­r von XGIMI bietet viel freien Speicherpl­atz, aber zunächst einmal ohne Tricks kein Netflix.
Als Betriebssy­stem dient Android 11. Der Alleskönne­r von XGIMI bietet viel freien Speicherpl­atz, aber zunächst einmal ohne Tricks kein Netflix.
 ?? ?? Es gibt sehr viele Beamereins­tellungen für optische Feinjustag­en und Lichtfarbe. Man muss sie aber erst einmal alle finden.
Es gibt sehr viele Beamereins­tellungen für optische Feinjustag­en und Lichtfarbe. Man muss sie aber erst einmal alle finden.
 ?? ?? Für smarte Kompaktbea­mer ist der 1,3-fache optische Zoom eine absolute Besonderhe­it. Wie der Autofokus arbeitet er motorisch.
Für smarte Kompaktbea­mer ist der 1,3-fache optische Zoom eine absolute Besonderhe­it. Wie der Autofokus arbeitet er motorisch.
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 ?? ?? Zum Lieferumfa­ng gehört ein externes Netzteil, das 300 Watt zur Verfügung stellt. Es ist auch dementspre­chend massiv.
Zum Lieferumfa­ng gehört ein externes Netzteil, das 300 Watt zur Verfügung stellt. Es ist auch dementspre­chend massiv.

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