Crucero - Das Kreuzfahrtmagazin
SÜDSEE - EINE REISE DURCH DAS PARADIES
Zu den Inseln Französisch Polynesiens mit der Aranui 5
AUF DEM WEG ZU DEN MARQUESAS
Auf dem Weg in den Norden hält das Schiff zum ersten Mal in der Lagune von Fakarava. Der Vulkan, der vor Jahrmillionen diese Insel bildete, ist längst wieder im Meer versunken. An seiner Stelle ist eine farbenprächtige Lagune entstanden, denn der Korallengürtel ist erhalten geblieben. Das Schiff hat vor Rotuava im Nordosten der Insel Anker geworfen. Manche Gäste gehen Schwimmen, andere hören einen Vortrag der Animateure zum Thema Kokosnüsse. Ich entscheide mich für eine Wanderung auf eigene Faust. Ein Sturm, dessen Ausläufer mit Windstärke 5 bis 6 auch die „ Aranui 5“durchrüttelten, hat Palmen zerzaust und manche Gärten unter Wasser gesetzt. Außerhalb der Hauptsaison sind die meisten Tauchschulen verwaist. Nach einigen Kilometern entdecke ich an einem Strand voller Korallen einen alten Leuchtturm. Die früher auf den Turm führende Leiter baumelt quietschend durch die Luft, während der Wind auf der Seeseite hohe Wellen auf das Riff branden lässt. Viel ruhiger ist das Meer inmitten der Lagune, die so groß ist, dass ich ihr anderes Ende nicht sehen kann. Dann geht es nach drei Stunden Aufenthalt wieder an Bord. Auch auf dem Rückweg macht das Schiff auf einer Insel des Tuamotu Archipels Station. Rangiroa, das zweitgrößte Atoll der Welt, besitzt einen der schönsten Strände. Die Zeit am Strand von Reporepo vergeht wie im Fluge. Ich entspanne im Schatten der Palmen und schwimme im klaren Wasser. Erfahrene Taucher buchen einen Tauchgang im Pass von Tiputa, durch den das Schiff zuvor in die Lagune fuhr. Dort gibt es neben Delphinen auch Haie und Rochen. Ähnlich entspannt ist das Programm auf Bora Bora, der bekannten, palmengesäumten Insel. Am in die Wolken aufragenden Mont Otemanu hinterließen die Amerikaner Bunker und Kanonen, die man heute besichtigen kann. Am frühen Morgen lasse ich mich für einen kurzen Abstecher in die Inselhauptstadt Vaitape bringen. Zahlreiche exklusive Geschäfte und Hotels wetteifern dort um die Aufmerksamkeit der Gäste. Dann geht es weiter zum Motu Tapu. Dieses private Inselchen liegt malerisch in der blau und grün schimmernden Lagune und hat einen schneeweißen Sandstrand. Majestätische Eisenholzbäume dienen als willkommener Schutz vor der intensiven Sonne. Erst am Abend geht es nach dem Tag am Traumstrand zurück auf ´s Schiff, wo ich andere Gäste wiedertreffe, die sich für einen Hubschrauberrundflug (ab 335 Euro für 30 Minuten) entschieden haben und eindrucksvolle Bilder zeigen.
RUNDGANG AN BORD
Während der beiden Seetage der Reise habe ich Zeit, das Schiff zu erkunden. Schnell entdecke ich mit der Veranda-bar im Heck des Schiffes einen meiner Lieblingsorte. Bequeme Sessel und der Blick auf das Meer machen die Bar zu einem gefragten Treffpunkt. Einen tollen Blick in Fahrrichtung und auf die Fracht bietet die Sky Bar auf Deck 9. Ungefähr auf Höhe der Wasserlinie liegen der kleine aber schön eingerichtete SPA- Bereich sowie ein Fitnessstudio ohne Fenster. Ein Deck höher befinden sich die Rezeption und die gut sortierte Bordboutique. Während diese Bereiche dem Komfort anderer Kreuzfahrtschiffe in nichts nachstehen, hat man an anderen Stellen Kompromisse gemacht. Der Speisesaal ist praktisch eingerichtet, wäre mit Panoramafenstern aber deutlich attraktiver. Gleiches gilt für die Lounge mit bequemen Sesseln, die für Filmvorführungen und Vorträge genutzt wird. Seefahrtbegeisterte werden die Politik der offenen Brücke schätzen. Fast jederzeit kann man den Kapitän und seine Offiziere besuchen, Fragen stellen und bei der Navigation zuschauen. Gelungen ist auch der Zuschnitt der nach hinten geöffneten Außendecks. Oberhalb des Pools ermöglichen drei weitere Decks den Blick auf die Aktionsfläche, auf der von den Entertainern Nui und Nahau während der Reise Tanz, Musik und kulinarische Abende präsentiert werden. Für das leibliche Wohl sorgt Heuere Adams, der in seinem Stammbaum wie viele Polynesier ein Besatzungsmitglied der „ Bounty“wissen will. Der Autodidakt hat einen abwechslungsreichen Speiseplan mit Elementen aus der polynesischen, asiatischen und französischen Küche zusammengestellt. Seine persönlichen Favoriten von der Speisekarte sind Schwein in Honig geröstet, Zicklein in Kokos und Thunfischmousse. Sein als Vorspeise gereichter „Poisson cru“aus rohem Thunfisch ist ein Gedicht.
VULKANINSELN VORAUS!
Die Marquesas-inseln ragen als imposante Spitzen eines unterseeischen Gebirges aus dem Ozean. Bis heute sind die Basaltinseln von kargen Gebirgskämmen geprägt. Anders als im Süden gibt es in diesem Archipel aufgrund der kühleren Wassertemperaturen keine schützenden Korallenriffe. Die Wellen des Pazifiks erreichen die Inseln unmittelbar. Sogar die Uhren gehen hier anders – auf den Marquesas ist es eine halbe Stunde später als in der Hauptstadt Papeete. Zum ersten Mal gehe ich auf der Insel Hiva Oa an Land. Vom Pier in Puamau ist es nicht
weit zur katholischen Kirche, in der die Gemeinde an diesem Morgen eine lebhafte Messe feiert. Weiter geht es zur Kultstätte Mea´a Ipona. Dieser Ort war einst das religiöse Zentrum einer längst vergangenen Kultur. Rituale wurden zelebriert. Menschen wurden geopfert. Einige Tikis, in Fels gehauene Stellvertreter wichtiger Persönlichkeiten, sind bis heute zu sehen, nachdem der zwischenzeitlich als Plantage und Weide genutzte Ort wiederentdeckt und restauriert wurde. Ähnlich sehenswert ist die historische Stätte Kamuhei auf der Insel Nuku Hiva. Dort ist nicht nur ein Tohua, ein historischer Festplatz, zu sehen, sondern auch ein riesiger Banyan- Baum. Dieser Luftwurzelbaum, der so groß sein soll, dass man seine Krone sogar aus dem Weltraum erkennen kann, war einst Schauplatz grausamer Menschenopfer. Mehr als hundert Schädel wurden in seiner Nähe gefunden. Man vermutet, dass der rund 10.000 Mitglieder zählende Stamm Opfer brachte, um von den Göttern gute Ernten und Erfolg im Krieg zu erbitten. Für die Gäste der „ Aranui 5“zeigen Musiker und Tänzer aus dem Nachbarort auf einer Bühne direkt neben dem Baum ihren archaischen Tanz. Dröhnende Trommeln und laute Rufe untermalen die wilden Bewegungen. Oberhalb des Baumes entdecke ich später 400- 500 Jahre alte, in den Felsen geritzte Bilder von Schildkröten, Vögeln und Fischen. Vor vielen Jahren ermöglichte die heutige Restaurantbetreiberin Yvonne Katupa als ehemalige Bürgermeisterin die Restaurierung der Kultstätte. Ihr Restaurant „Chez Mamie Yvonne“liegt in der Bucht von Hatiheu. Während ich Spanferkel aus dem traditionellen Erdofen, gebratenen Fisch und andere regionale Köstlichkeiten probiere, blicke ich auf den 1.200 Meter hohen Mount Tekao, dessen Lavaspitzen aus dem grünen Dickicht ragen.
DIE KULTUR DER MAORI
Während der Reise erfahren die Gäste Hintergründe zum Leben auf den Inseln, die zwischen 500 vor und 500 nach Christus von Südostasien aus mit großen Auslegerbooten besiedelt wurden. Da die alten Kulturen in Polynesien nie eine Schriftsprache entwickelten, sind die Überlieferungen nur bruchstückhaft. Tanz, Gesang und Tattoos waren über lange Zeit feste Bestandteile des Lebens der Menschen. Als die christlichen Missionare die Inseln erreichten, wurde die einheimische Kultur nach und nach zurückgedrängt. Mehr als hundert Jahre lang waren viele der polynesischen Riten und Bräuche sogar ganz verboten, bis sie schließlich wieder erlaubt wurden. Erleben kann man ihre Renaissance nicht nur beim alle vier Jahre stattfindenden „ Festival des Arts des Îles Marquises“, sondern auch bei touristischen Vorführungen auf fast allen Inseln. Auch an Bord wird die Kultur wieder zum Leben erweckt. Eines Abends an Bord erzählt mir der reich tätowierte Mahalo Pahuatini von der Vergangenheit. Eigentlich ist der Seemann längst in Rente – doch das Leben an Bord lässt ihn nicht los, sodass er weiter auf dem Schiff bleibt und mitarbeitet. Schon am ersten Tag der Reise erleben die Gäste eine sehenswerte Tanzshow. Ein Tanzkurs sorgt dafür, dass Tage später einige Freiwillige mit den Animateuren zum kraftvollen Haka- Kriegstanz auf der Bühne stehen.
Claire aus dem SPA erklärt die Herstellung von Monoi- Öl, dem traditionellen, heiligen Öl der Polynesier. Es besteht aus Kokosöl, in das frisch geerntete Tiare- Blüten eingelegt werden. Aus der typischen Frucht der Inseln und den lieblich duftenden Blüten entsteht ein kristallklares Öl, das nicht nur bei polynesischen Schönheitsritualen zum Einsatz kommt.
ENTSPANNUNG WIRD GROSS GESCHRIEBEN
Das Programm des nächsten Tages erfahren die Gäste beim abendlichen Briefing mit ihrem Reiseleiter. Für die deutschsprachigen Gäste ist auf dieser Reise Valentina Casanova Bruzzese aus der italienischen Schweiz zuständig. Sie plaudert über Organisatorisches, über Kultur und Geschichte und gibt praktische Tipps für den nächsten Tag. Von ihr erfahre ich nicht nur, dass die Gäste sich an Bord kostenfrei Schnorchel- Equipment leihen können, sondern auch, dass das Schiff jedem Gast an drei Tagen einen kostenfreien Wäscheservice anbietet. Weniger erfreulich ist eine andere Überraschung: An mehreren Tagen überschneiden sich die Zeiten des Landgangs mit denen der Vorträge. Da das Angebot an Vorträgen, Workshops und anderen Aktivitäten wie auf kleineren Schiffen üblich überschaubar ist, wären Überschneidungen gewiss vermeidbar. Die Vorträge werden zum Teil auf Deutsch, oft aber auch nur auf Französisch und Englisch angeboten. Filme werden meist nur in der französischen Originalversion gezeigt. Insgesamt bleibt bei der Reise viel Zeit für Entspannung. Das gilt trotz des im Reisepreis enthaltenen Ausflugsprogramms. Zu dem gehört zum Beispiel eine Wanderung zu einem Kreuz oberhalb der Bucht von Hakahau auf der Insel Ua Pou. An anderen Tagen geht es mit Jeeps oder Bussen zu Kultstätten, landschaftlich reizvollen Orten oder kleinen Museen. Auf Hiva Oa führt eine Wanderung zum oberhalb der Bucht gelegenen Friedhof „Cimetière Calvaire“, auf dem Paul Gauguin und Jacques Brel ihre letzte Ruhe fanden. Im Tal kann man das Gauguin-museum (4 Euro) mit Reproduktionen von Bildern des Malers, der Polynesien mit seinen Bildern bekannt gemacht hat, besuchen. Dort steht auch eine Rekonstruktion seines verrufenen „ Haus der Freuden“. Bekannt wurde der Maler, für dessen Werk „Wann heiratest Du?“vor zwei Jahren rund 300 Millionen Dollar bezahlt worden sein sollen, erst zehn Jahre nach seinem Tod. Sportliche Passagiere können sich auf der abgelegenen Insel Fatu Hiva auf eine 16 km lange Wanderung begeben. Der Aufstieg von Omoa führt vom Meer aus bis auf 640 Meter Höhe. Der eindrucksvolle Ausblick auf die vulkanischen Felsen, das Meer
und über üppig grüne Ebenen belohnt für die bei 30 Grad kräftezehrende Wanderung.
KUNSTHANDWERK ALLER ORTEN
Die Ortschaften haben sich auf den gelegentlichen Besuch von Touristengruppen eingestellt und verkaufen meist hochwertiges Kunsthandwerk als Mitbringsel. Da die Tikis in aller Welt bekannt sind und quasi als „Pop-ikone der Südsee“gelten, sind geschnitzte Figuren auf jedem Markt zu haben. Andere Souvenirs werden nur an bestimmten Orten hergestellt. So ist Fatu Hiva bekannt für bemaltes Tapa. Bei einer Präsentation erfahren wir, wie Tapa aus der Rinde von Bäumen hergestellt wird. Zunächst wird die Rinde vom Holz getrennt. Die innere Rinde wird dann mit einem Stück Eisenholz von beiden Seiten so lange gestampft, bis sie zu einer Art Tuch wird. Dieses wird getrocknet, mit Stärke eingestrichen und dann mit traditionellen Motiven bemalt. Auf Ua Poa hingegen sind Blumensteine im Angebot. Diese seltenen vulkanischen Steine mit hellen Einschlüssen lassen sich zu interessantem Schmuck verarbeiten. Andere Dörfer haben sich auf Knochenschnitzereien oder lokaltypische Holz- und Steinarbeiten spezialisiert. Überall verkauft werden Muschel- und Samenschmuck und bunte Pareos. Auf den Tuamotu Inseln weiter im Süden ist die Perlenzucht ein wichtiger Wirtschaftszweig. Bei der Besichtigung einer Perlenfarm erfährt man, wie in die Austern ein Fremdkörper operiert wird, um den sich über zwei Jahre eine Perle bildet. Doch selbst bei optimalen Bedingungen sind unter tausend Perlen nur 20 Perfekte der Qualität A. Jede Einzelne unterscheidet sich in Größe, Form und Oberfläche. Weniger Einfluss auf den Preis haben hingegen die Farbnuancen. Schwarz, goldschimmernd oder grünlich – hier zählt der Geschmack.
DAS BESONDERE AUF DEN ZWEITEN BLICK
Die Schönheit der bezaubernden Inseln in den Weiten des Südpazifiks lässt sich oft erst auf den zweiten Blick in Worte fassen. Imposante Sehenswürdigkeiten wie in anderen Regionen gibt es hier nicht, dafür aber viel zu entdecken. Manche Gäste „erobern“auf Ua Poa nicht weit vom Schiff entfernt einen einsamen Strand, auf dem sie seit längerer Zeit die ersten Fußspuren hinterlassen. Andere bewundern die geschnitzten Figuren der Darstellung des Kreuzweges in den Kirchen. Wieder andere kommen mit der 81jährigen Rose ins Gespräch, die am Rand von Taiohae ein kleines provisorisches Museum betreibt und bis heute den Traum hegt, ein echtes Museum zur „Contact Period“ zu eröffnen. „Wenn ich aufwache, denkt mein Kopf ich wäre 30“, erklärt die Seniorin, die sich bereits vor Jahrzehnten in die Inseln verliebt hat, ihre großen Pläne. Wer sich für Pflanzen interessiert, lernt nicht nur den als Medikament genutzten Noni-saft kennen, sondern auch Kerzennüsse. Diese kann man anzünden und wie mit einem Öllämpchen die Nacht erhellen. Fängt man den Ruß auf, erhält man die Farbe für die 1819 mit dem Pomare Code verbotenen und erst seit 1980 wieder populären Tattoos. Einst wurden diese mit spitzen Haizähnen oder Vogelknochen gestochen. Wer von der Reise ein Tattoo als dauerhaftes Souvenir mitbringen möchte, findet auf den Inseln und sogar an Bord Meister-tätowierer, die den Wunsch erfüllen. Auch bei den polynesischen Pflanzen kommt es auf die Details an. Bei einer Wanderung koste ich eine pinkfarbene Blüte, die wie ein Pilz schmeckt. Eine direkt daneben wachsende mit weißen Blüten hingegen wäre giftig. Die landschaftliche Schönheit und auch die herzliche Art der Bewohner gehören zu den gleich erkennbaren Besonderheiten der Region. „Polynesier haben kein Gefühl für Zahlen – hier geht es um Gemeinschaft, nicht um Besitz”, erklärt Aranui-hoteldirektorin Vaihere Vivish. Wer auf den Inseln unterwegs ist, wird häufig auf Freundlichkeit treffen, nicht jedoch auf Aufdringlichkeit. Das macht die Südseeinseln zu einem sehr angenehmen Reiseziel, das aufgrund der Vielzahl der Inseln am besten bei dieser faszinierenden Kreuzfahrt zu entdecken ist.
ABSCHIED IN PAPEETE
Nach 14 Tagen kommt das Schiff zum Abschluss der Reise nach Papeete zurück. Beim Frühstück heißt es Abschied nehmen von den anderen Gästen und der Besatzung. Da die meisten Flüge erst am Abend abheben, bleibt Zeit für eine Inselrundfahrt. Einer der Höhepunkte von Tahiti trägt den Namen Venus Point. Dort gibt es gleich neben dem schwarzen Strand Denkmäler für den britischen Kapitän Samuel Wallis, den Franzosen Louis Antoine de Bougainville und für James Cook. Neben den Gedenksteinen der Entdecker stehen ein strahlend weißer Leuchtturm und ein wilder Hibiskus, dessen Blüten im Laufe des Tages mehrfach die Farbe wechseln. Im leichten Dunst zeigt sich die Silhouette der Nachbarinsel Moorea. Am Straßenrand überall auf der Insel sind längliche Kästen zu sehen – doch diese sind nicht für Post, sondern für die Lieferung von Baguettes. Eine Fülle von Sinneseindrücken kommt mit zurück aus dem französischen Überseegebiet nach Europa.