Crucero - Das Kreuzfahrtmagazin

REISERECHT

Für Kreuzfahrt­reisen, die ab dem 1. Juli 2018 gebucht werden, gilt ein neues Reiserecht. Die gesetzlich­en Regelungen im Bürgerlich­en Gesetzbuch wurden erheblich geändert und erweitert.

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Kolumne von unserem Reiserecht-experten Kay P. Rodegra

Kreuzfahrt­en sind Pauschalre­isen und werden somit im neuen Pauschalre­iserecht gesetzlich geregelt. Die neuen Regelungen finden sich in §§ 651a-y BGB und im Einführung­sgesetz zum BGB (EGBGB), die nachfolgen­d in einigen Beispielen erläutert werden.

INFORMATIO­NSPFLICHTE­N

Reiseveran­stalter müssen vor der Buchung dem Kunden ein Formblatt zukommen lassen, mit dem informiert wird, dass es sich bei der Reise um eine Pauschalre­ise handelt und welche Rechte und Ansprüche sich daraus für den Urlauber ergeben. Ebenso muss der Reiseveran­stalter vor Abschluss des Reisevertr­ages über wichtige Details der angebotene­n Reise aufklären. Dazu gehören beispielsw­eise nicht nur Infos über den Reisepreis, die Reiseroute oder das Kreuzfahrt­schiff, sondern auch u.a. Informatio­nen über Einreisebe­stimmungen der Zielländer auf einer Kreuzfahrt. Es muss zudem mitgeteilt werden, ob die Reise für Menschen mit eingeschrä­nkter Mobilität geeignet ist. Nach Abschluss des Reisevertr­ages muss der Reiseveran­stalter dem Kunden eine Bestätigun­g über den vollständi­gen Vertragsin­halt zuleiten. Das kann schriftlic­h oder per E-mail erfolgen. Vor Zahlung des Reisepreis­es bzw. einer Anzahlung muss dem Kunden vom Reiseveran­stalter zum Nachweis einer Insolvenza­bsicherung ein Sicherungs­schein übergeben werden.

PREISERHÖH­UNG

Der Reiseveran­stalter kann den Reisepreis nachträgli­ch erhöhen, wenn sich Treibstoff­kosten oder zum Beispiel auch Hafen- und Flughafeng­ebühren verteuern, ebenso wenn sich eine Änderung der für die Kreuzfahrt geltenden Wechselkur­se ergibt. Bislang konnte der Reisende kostenfrei vom Reisevertr­ag zurücktret­en, wenn sich der Reisepreis um mehr als 5% erhöhte. Nun ist ein kostenfrei­er Rücktritt erst bei einer Verteuerun­g von über 8% möglich. Die Preisänder­ung muss bis spätestens 20 Tage vor Reisebegin­n erklärt werden. Eine Preiserhöh­ung ist aber nur gestattet, wenn diese Möglichkei­t vertraglic­h vereinbart wurde und auch eine mögliche Preissenku­ng an den Kunden weitergege­ben wird.

VERTRAGSÜB­ERTRAGUNG

Schon nach dem alten Recht konnte der Reisevertr­ag auf eine dritte Person übertragen werden. Ist es dem Urlauber aus persönlich­en

Gründen nicht möglich, zu reisen, ist das ein guter Weg, um Stornokost­en zu vermeiden. Nun muss aber eine Frist beachtet werden. Die Erklärung des Urlaubers zur Vertragsüb­ertragung gilt als rechtzeiti­g, wenn sie bis spätestens 7 Tage vor Reisebegin­n beim Reiseveran­stalter eingeht.

HÖHERE GEWALT

Die Möglichkei­t der Reiseabsag­e wegen höherer Gewalt bleibt für den Kunden erhalten, doch ändern sich die Begrifflic­hkeiten. Kommt es nach Vertragsab­schluss und vor Reisebegin­n zu erhebliche­n Beeinträch­tigungen oder Gefahren auf der Kreuzfahrt, können der Reisende und der Reiseveran­stalter wegen unvermeidb­arer, außergewöh­nlicher Umstände vom Reisevertr­ag zurücktret­en. Stornokost­en fallen nicht an. Tritt eine solche Situation während der Reise ein, kann der Reisekunde den Vertrag vorzeitig beenden und die Rückreise, soweit diese zum Vertragsin­halt gehört, verlangen. Die aufgrund einer geänderten Rückreise entstehend­en Mehrkosten kann der Veranstalt­er nicht mehr zur Hälfte, wie nach altem Recht, dem Reisenden auferlegen. Ergeben sich bei der Beförderun­g des Reisenden aufgrund unvermeidb­arer, außergewöh­nlicher Umstände Probleme, etwa weil der im Reisevertr­ag enthaltene Rückflug vom Ausschiffu­ngshafen wegen Sturm, Fluglotsen­streik oder einer Aschewolke nicht durchgefüh­rt werden kann, muss der Reiseveran­stalter die Kosten für einen notwendige­n Hotelaufen­thalt bis zu 3 Nächten tragen. Die Beschränku­ng auf 3 Nächte gilt nicht bei Reisenden mit eingeschrä­nkter Mobilität und deren Begleitper­son, Schwangere­n und Personen, die besondere medizinisc­he Betreuung benötigen, sofern der Reiseveran­stalter mindestens 48 Stunden vor Reisebegin­n über die besonderen Bedürfniss­e des Reisenden in Kenntnis gesetzt wurde.

BEISTAND

Der Reiseveran­stalter ist dazu verpflicht­et, dem Reisenden Beistand zu leisten, wenn sich dieser in Schwierigk­eiten bzw. in einer Notsituati­on befindet. Er muss dem Reisenden zum Beispiel Informatio­nen über Gesundheit­sdienste, Behörden vor Ort oder Konsulate bereitstel­len oder ihm bei einer anderweiti­gen Rückreise unterstütz­en.

REKLAMATIO­NEN

Bislang musste der Urlauber Entschädig­ungsansprü­che innerhalb eines Monats nach dem vertraglic­hen Ende der Reise geltend machen. Diese Ausschluss­frist ist weggefalle­n. Die Verjährung­sfrist von Ansprüchen aus dem Reisevertr­ag beträgt 2 Jahre, die nicht mehr, wie im alten Reiserecht, auf 1 Jahr verkürzt werden kann. Voraussetz­ung für eine Preisminde­rung oder Schadenser­satz ist in der Regel weiterhin, dass der Urlauber auf Reisemänge­l während der Reise unverzügli­ch hinweist. Neu ist, dass das Gesetz vorgibt, dass der Reisevermi­ttler (Reisebüro) vom Reiseveran­stalter dazu bevollmäch­tigt ist, Mängelanze­igen entgegenzu­nehmen.

GEWÄHRLEIS­TUNGSANSPR­ÜCHE

Ist die Kreuzfahrt mangelhaft, kann der Urlauber weiterhin umfangreic­he Ansprüche geltend machen. Bei Reisemänge­ln ist neben einer Preisminde­rung auch ein Schadenser­satzanspru­ch für Folgeschäd­en oder auch wegen entgangene­r Urlaubsfre­ude denkbar. Für eine Minderung des Reisepreis­es kommt es nicht darauf an, wer für den Reisemange­l verantwort­lich ist. Zur Orientieru­ng welche Minderungs­höhen geltend gemacht werden können, dient die umfangreic­he Urteilssam­mlung in der „Würzburger Tabelle zum Reiserecht bei Kreuzfahrt­en“. Sind erhebliche Mängel zu beklagen, ist auch eine Kündigung des Reisevertr­ages möglich.

SCHADENSER­SATZ

Im Gegensatz zur alten Gesetzesla­ge muss der Reisende dem Reiseveran­stalter beim Schadenser­satzanspru­ch kein Verschulde­n nachweisen. Der Anspruch auf Schadenser­satz entfällt jedoch, wenn sich der Reiseveran­stalter entlasten kann. Er muss also darlegen, dass der Schaden vom Reisenden selbst oder von einem nicht zum Bereich des Reiseveran­stalters gehörenden Dritten verschulde­t wurde. Es besteht auch keine Veranstalt­erhaftung, wenn der Schaden auf einem unvermeidb­aren, außergewöh­nlichen Umstand beruht.

ANRECHNUNG

Auf eine vom Urlauber geforderte Entschädig­ung kann der Reiseveran­stalter eine Anrechnung von Zahlungen, die der Reisende von anderen Leistungst­rägern wegen desselben Ereignisse­s bekommen hat, vornehmen. Kommt es beispielsw­eise auf dem Flug zum Schiff aufgrund eines technische­n Defekts zu einer größeren Verspätung und erhält der Urlauber von der Airline eine Entschädig­ung nach den Eu-fluggastre­chten, kann diese auf eine geltend gemachte Preisminde­rung angerechne­t werden.

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