Crucero - Das Kreuzfahrtmagazin
EINE LADY AUF ABENTEUERKURS
Ein magischer Moment. Die Sonne glüht am Horizont und lässt goldene Lichter auf den Wellen tanzen. Ein Pärchen steht Arm in Arm an der Reling und summt leise mit, als „Conquest of Paradise“, die Auslaufmelodie der Star Clipper, übers Deck klingt. Der präc
Segeltörn um Bali mit Star Clipper
Kapitän Sergey Tunikov lässt die Segel setzen. Knarrend schiebt sich das weiße Tuch die vier Masten hinauf. Bald flattern sechzehn mächtige Segel im Abendhimmel und bringen die Star Clipper auf Kurs. Für den Kapitän ist das der Höhepunkt jedes Törns, jener Moment, in dem die Segel wie in vergangenen Zeiten die Masten hochklettern und sich alle Passagiere auf dem offenen Deck versammeln, um dieses eindrucksvolle Schauspiel zu bestaunen. „Dann wachsen wir alle wie in einer Schicksalsgemeinschaft zusammen, ein meditativer Moment voll positiver Energie“, sagt Sergey Tunikov.
ROUTE ZU VERSTECKTEN BUCHTEN
Den Hang zur Romantik teilt der Kapitän mit seinen Passagieren. Gut 90 Gäste sind an Bord gegangen, um unter vollen Segeln die schönsten Ecken rund um Bali zu erkunden. Eine ganz besondere Tour, denn kein anderes Kreuzfahrtschiff nimmt Kurs auf die kleinen Anlegestellen und versteckten Buchten, die Ziel des 115 Meter langen und 15 Meter breiten Windjammers sind. Viele Passagiere haben sich der besonderen Route wegen für die Fahrt mit dem Viermaster der monegassischen Reederei Star Clippers entschieden. „Eine Schiffsreise ist ideal, um die indonesische Inselwelt ganz authentisch zu entdecken. Wir laufen kleine, noch unentdeckte Strände an und besuchen Orte, die nur wenige Touristen je sehen“, erzählen Biba und Daniel, die wie etwa ein Drittel der Passagiere aus Australien kommen und an Bord ihren Hochzeitstag begehen. Der Großsegler steuert auf der siebentägigen Tour gleich mehrere indonesische Inseln an, darunter Bali, Java und Lombok. Aus Seemanns-perspektive eine Fahrt mit Herausforderungen, findet der Kapitän: „Die Strömung rund um die Inseln ist stark. Außerdem müssen wir häufig im Slalom zwischen den kleinen Fischerbooten hindurchfahren, denn die Leute hier haben keine Erfahrung mit Kreuzfahrtschiffen.“Das mag für den Kapitän ein Nachteil sein, für die Passagiere ist es ein Glück.
EIN FREUNDLICHES „HALLO!“
Wenn die Star Clipper vor einem kleinen Hafen den Anker wirft, wird sie bestaunt wie ein Besucher von einem anderen Stern. Kaum landen die Tenderboote oder Zodiaks am Strand, läuft das ganze Dorf zusammen und begrüßt die Gäste mit freundlichem Hallo und diesem besonderen Lächeln, das Asienreisende schon immer bezaubert hat. Wer mag, kann die Tage am Strand verbummeln oder in den Orten nach Tempeln, Moscheen oder winzigen Lokalen, den Warungs, Ausschau halten. Auch am Strand ist für Abwechslung gesorgt. Die Star Clipper bietet – bereits im Reisepreis inkludiert – von Wasserski über Paddeln bis Schnorcheln alles, was Wassersportler glücklich macht. Und doch ist die Verlockung groß, einen Ausflug ins jeweilige Inselinnere zu unternehmen, hinein in den dichten Dschungel voller exotischer Pflanzen und landschaftlicher wie kultureller Überraschungen.
BALI – EINE ZAUBERHAFTE INSEL
Zunächst wartet Bali, jene zauberhafte Insel mit den unzähligen Tempeln, feinen Sandstränden und sanftmütigen Menschen, deren Leben auch heute noch von hinduistischen Ritualen und Zeremonien bestimmt ist. Die Star Clipper startet in Balis Hafen Benoa im Süden, nimmt dann aber Kurs auf die wenig besuchte Nordküste und ankert vor Lovina Beach. Schon zur Begrüßung flattern bunte, von Hand bemalte Drachen im tropischen Wind. Dann geht es ins Inselinnere, hoch hinaus zum Ulun Danu Tempel, der wie eine Fata Morgana im heiligen Bratansee ruht. Die Tempeltürme spiegeln sich im Wasser des Sees. Hinter der Szenerie erhebt sich eine geschwungene Bergkulisse.
Nicht weit entfernt lockt ein schöner Panoramaausblick auf die Zwillingsseen Buyan und Tamblingan, die einst verbunden waren und im 19. Jahrhundert durch einen Erdrutsch getrennt wurden. Doch Bali bietet nicht nur reiche Kultur und entspanntes Strandleben sondern auch eine paradiesische Natur. Neben den von Palmen gesäumten Küsten und den bunten Korallenriffen locken mächtige Vulkane, duftende Frangipani-bäume und hellgrün leuchtende Reisterrassen, die so kunstvoll angelegt sind, dass sie Treppen zum Himmel genannt werden. Im Landesinneren erhebt sich ein mächtiges Gebirge, gekrönt vom 3.148 Meter hohen, aktiven Vulkan Gunung Agung. Tiefe Schluchten durchziehen die üppig bewachsenen Berge, Wasserfälle donnern in die Tiefe oder perlen glitzernd durchs Grün. An den steilen Berghängen leuchten die Reisfelder, die durch ein ausgeklügeltes System bewässert werden, so dass jeder Reisbauer ausreichend Wasser für eine gute Ernte erhält.
MONKEY FOREST IN UBUD
Ein Highlight auf der Insel ist das Städtchen Ubud, das auf einem Ausflug erkundet werden kann. Hier, im zentralen Hochland Balis, schlägt das kulturelle Herz der Insel. Nirgendwo sonst begegnet man einer derartigen Vielzahl von Galerien und Holzschnitzer-läden – von Kitsch bis Kunst ist hier alles zu finden, das der Dekoration dienen könnte. Die Attraktion Ubuds ist jedoch der Monkey Forest, der Affenwald. Rund 600 Makaken-affen leben frei in diesem kleinen Wäldchen, das den Balinesen heilig ist. Die Makaken turnen über die mit Moos bewachsenen Statuen, klettern an mächtigen Hängewurzeln in die Bäume oder sitzen im Haupttempel auf der Brüstung. Für ein kleines Eintrittsgeld können Besucher den Monkey Forest betreten und sich dem Ansturm der quirligen Tiere stellen. Wer eine Banane in der Hand hält, kann mit hautnahem Kontakt rechnen. Die Makaken springen behände auf Arme und Schulter und greifen frech nach den leckeren Früchten.
INSEL DER TEMPEL
Vor allem aber ist Bali die Insel der Tempel. Nicht weniger als 20.000, so heißt es, sind auf der Insel zu finden. Große und kleine Schreine, verziert mit steinernen Figuren der Götter und Dämonen, die das Leben der überwiegend hinduistischen Bevölkerung bestimmen. Fast jeder Besucher kann Zeuge eines Tempelfestes werden. Sie sind keineswegs für Touristen inszeniert, sondern feste Bestandteile der religiösen Vorstellungswelt der Balinesen. Geprägt ist diese von den immer währenden Gegensätzen zwischen Himmel und Hölle, Gut und Böse, dem Reinen und dem Unreinen, der Helligkeit und der Dunkelheit. Wenn sie, so denken die Balinesen, beiden Seiten huldigen, den Göttern wie den Dämonen, halten sie die Welt in der Balance und leben in Harmonie. Und so beginnt jeder Tag mit einer Opfergabe. Mal sind es Blüten, die in Palmenblätter gewickelt sind, dann wieder geflochtene Körbchen mit kunstvoll zu Pyramiden aufgeschichteten Reiskörnern, Früchten und Blumen. Vor der Haustür, im Familientempel oder an Straßenkreuzungen werden diese Opfergaben platziert, um die Götter zu erfreuen und die Dämonen zu besänftigen.
SASAK AUF LOMBOK UND ABKÜHLUNG AM WASSERFALL
Neben Bali locken auf dem Indonesien-törn der Star Clipper viele weitere Highlights. So nimmt der Viermaster Kurs auf die weiter östlich gelegene Insel Lombok, die anders als das hinduistische Bali muslimisch geprägt ist. Ein faszinierender Ausflug führt die Passagiere der Star Clipper zum Dörfchen Senaru, in dem die Sasak auch heute noch auf traditionelle Weise in einfachen Bambushütten leben. Hier wird der Reis per Hand gestampft, Bananen köcheln auf offenem Feuer und die Männer breiten den Tabak zum Trocknen in der Sonne aus. Die Sasak lassen die Besucher gerne in ihre Hütten schauen, in denen sich Großfamilien auf wenigen Quadratmetern drängen und die Kinder auf der Erde schlafen. Weiter geht es auf einen Spaziergang durch den Tropenwald mit riesigen Farnen, duftenden Frangipani-bäumen und Kakaobäumen, an denen dicht an dicht schweren Früchte mit ledrigen Schalen hängen. Ziel ist der Sendang Gile Wasserfall, der sich durch üppiges Grün in zwei Stufen in die Tiefe stürzt und den Spaziergängern eine willkommene Abkühlung bietet. Wer hier badet, bleibt für ewig jung, erzählt man. Kein Wunder also, dass viele Besucher ihre Badesachen auspacken und sich unter die perlenden Wasserstrahlen stellen.
VULKAN AUF JAVA
Der spektakulärste Ausflug der Reise steht für Java auf dem Plan. Die Ausflügler werden mit Atemmasken ausgerüstet und warten gespannt auf das Abenteuer, das angekündigt ist. Es geht zum Mount Bromo, einem brodelnden Vulkan, der nach dem Hindugott Brahma benannt und von einer gruseligen Legende umrankt ist. Schon die Anreise ist ein Erlebnis: Zunächst fährt man mit dem Bus über verschlungene Pfade durch eine sattgrüne, fruchtbare Landschaft, dann mit Jeeps für jeweils vier Personen zur riesigen Caldera, genannt das „Meer aus Sand“. Doch damit nicht genug. Vom Basislager aus geht es mit Pferd und Führer durch eine staubige Ebene zum Fuß des Vulkans. Spätestens jetzt wird allen klar, warum eine Atemmaske zur Ausrüstung gehört. Einer nach dem anderen bindet sich Maske oder Tuch um, damit der Staub nicht in Mund und Nase dringt. Vom Fuß des Berges geht es über eine steile Steintreppe bis zum Kraterrand. Die mühselige Anreise lohnt, denn die Szenerie ist spektakulär. Die Besucher drängen sich auf dem Kraterrand zusammen und blicken staunend in die Tiefe. Unten dampft und grollt es. Schwefelschwaden steigen auf und der Vulkan scheint lautstark zu protestieren – die Götter, so heißt es, fordern Opfergaben. Früher mussten Eltern, die die Götter um Kindersegen gebeten hatten, ihr letztgeborenes Kind in den Feuerschlund werfen. Heute beharren die Götter nicht mehr auf Menschenopfern und so schleudern die Besucher Blumengebinde in die Tiefe, die sie zuvor fliegenden Händlern für ein paar Rupiah abgekauft haben.
POSTKARTEN-IDYLL
Doch auch Badelustige und Sonnenanbeter kommen auf der Indonesien-tour mit der Star Clipper auf ihre Kosten. Am letzten Tag des Törns wartet auf der winzigen Insel Gili Sudak, die zu Lombok gehört, ein Sonnenparadies wie von einer Postkarte. Ein Mini-resort mit zwölf Bungalows, einige strohgedeckte Unterstände und kleine Fischerboote, die im badewannenwarmen Wasser dümpeln – mehr gibt es nicht. Die Star-clipper-gäste geben sich in traumhafter Umgebung dem süßen Nichtstun hin und stehen nur auf, um sich am fantastischen Barbecue zu bedienen, das die Schiffs-crew zur Mittagszeit am Strand aufbaut. Wer Bewegungsdrang verspürt, kann das Angebot des SportTeams nutzen. Dieses bringt Kajaks, Paddling-boards und Schnorchelausrüstung auf die Insel und animiert zu Wasseraktivitäten. Besonders empfehlenswert ist ein Schnorchelausflug im kristallklaren Wasser, in dem schillernde Fische, Seepferdchen und Korallen zu sehen sind.
KEINE GEWÖHNLICHE KREUZFAHRT
„Diese Tour mit der Star Clipper ist keine gewöhnliche Kreuzfahrt, sie ist eine Expedition“, hatte Kapitän Sergey Tunikov schon zu Beginn der Kreuzfahrt gesagt. Er sollte Recht behalten. Statt mit übervollen Stränden und monotonen Shoppingangeboten werden die Passagiere mit außergewöhnlichen und selten gebotenen Erlebnissen verwöhnt.
Nach den teilweise langen und anstrengenden Ausflügen ist die Rückkehr auf das komfortable schwimmende Zuhause umso schöner. Stets begrüßt Kreuzfahrtdirektorin Steffi Adels die Ausflügler an Bord in fließendem Deutsch, Englisch und Französisch und bittet dann alle in die Tropical Bar, wo es die Informationen für den nächsten Tag gibt.
HERAUSFORDERUNG: TRANSFER AN LAND
Steffi Adels, die seit 2013 als Kreuzfahrtdirektorin auf den drei Segelschiffen von Star Clippers arbeitet, ist neben Kapitän Tunikov der ruhende Pol an Bord. „Auf Segelschiffen wie unseren stößt man bei schlechtem Wetter an seine Grenzen“, erzählt sie von den Herausforderungen ihres Jobs. „Wir haben nicht die Bandbreite an Angeboten wie die großen Kreuzfahrtschiffe, um Schlechtwettertage mit Dauerunterhaltung zu überbrücken und müssen improvisieren. Auf Wettergegebenheiten müssen wir als Segelschiff auch logistisch sehr flexibel reagieren. Bei Sturm kann es zum Beispiel zu Verspätungen oder Programmänderungen kommen.“Auf den Routen durch die indonesische Inselwelt sind vor allem die Transfers an Land eine Herausforderung. Häufig gibt es eine nasse Landung, die in Einzelfällen auch zur Folge haben kann, dass die Gäste bis zur Hüfte ins Wasser gehen müssen, um in die Zodiacs zu gelangen. Andererseits machen gerade diese kleinen Abenteuer den Reiz der Reisen aus und gehören später zu den unvergesslichen Momenten des Urlaubs. Segelkreuzfahrten in Asien unterscheiden sich durchaus von solchen durchs Mittelmeer oder die Karibik, findet Steffi Adels. „Klassische Ziele wie das Mittelmeer sind operativ eine einfache Destination, da wir fast immer im Hafen liegen. Die Reisen durch die indonesischen Gewässer sind dagegen echte Expeditionskreuzfahrten. Wir improvisieren viel und bieten den Gästen authentische Erlebnisse.“Die Tage auf der Star Clipper sind dicht gefüllt mit Landgängen und vielen Aktivitäten an Bord, die von Yoga-kursen zum Sonnenaufgang über Workshops zum Mixen von Cocktails oder Knüpfen von Seemannsknoten bis zum Mastklettern mit dem Sportteam und dem italienischen Abend mit Schiffsmusiker Antonio reichen. Auch der unterhaltsame Showabend mit Gesang, Tanz und Magie, dargeboten von der Crew, und das Captain’s Dinner mit Champagner dürfen nicht fehlen – wobei Kapitän Tunikov ein begnadeter Unterhalter ist. Doch auch technischen Fragen stellt sich der Kapitän – zum Beispiel der nach den elektrischen Winden, die auf den Schiffen von Star Clippers eingesetzt werden, um die Segel zu setzen. „Ich kam von der Kruzenshtern und war am Anfang tatsächlich etwas irritiert“, gibt er zu und dann zu ergänzen: „Letztlich segeln wir aber wie in alten Zeiten, nur dass wir uns das Leben mit der elektrischen Winde etwas vereinfachen. Vor allem kommen wir mit einer 7-köpfigen Deckcrew aus, im anderen Fall wäre es ein Vielfaches. Das ist auf einem Schiff, das vor allem Passagiere aufnehmen möchte, schon aus Kapazitätsgründen von großem Nutzen.“Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass die Star Clipper, Star Flyer und Royal Clipper sehr häufig unter Segeln fahren können. Manchmal werden sie dabei vom Motorantrieb unterstützt, damit die Routenpläne eingehalten werden. Denn schließlich wollen alle Urlauber am vereinbarten Termin wieder im Hafen sein, schon allein, um ihren vorgebuchten Flug zu bekommen.
SEGEL SETZEN
Doch jenseits aller Diskussionen um technische Details ist es vor allem ein Highlight, das die Passagiere jeden Tag zum Sonnenuntergang wie ein Magnet an Deck zieht: das Setzen der Segel. So findet sich Abend für Abend eine eingeschworene Gemeinschaft auf dem offenen Deck ein, schaut über die Wellen oder legt die Köpfe in den Nacken. Die Ankerkette klackert, die Takelage quietscht und knarrt, dann ist das Werk vollbracht. Sechzehn Segel flattern an den vier hoch in den Himmel ragenden Masten im lauen Abendwind. Die Star Clipper neigt sich sanft zur Seite und nimmt ganz unmerklich Fahrt auf, Kurs aufs nächste Abenteuer.