Crucero - Das Kreuzfahrtmagazin
Ein Wochenende in Barcelona
Gänse, Gondeln und natürlich Gaudí – das erwartet Barcelona-besucher, wenn sie in Spaniens inoffizielle Hauptstadt der Lebensfreude reisen.
WWo beginnen in einer Stadt wie Barcelona? Am besten im ältesten Viertel, dem Barri Gotic. Nirgends ist die mittelalterliche Stimmung so präsent wie dort. Wer sich nach der Reise und vor den Erkundungen erst einmal stärken möchte, geht am besten in die Xampanyeria, ins Can Paixano. Dort herrscht ein quirliger Mix aus Einheimischen und Touristen. Sitzplätze sind Mangelware. Das machen die spritzigen Cavas, die katalanischen Sektspezialitäten, die köstlichen Tapas und der herzliche Service wieder wett. So gestärkt geht's auf zum Mittelpunkt des Viertels, der Kathedrale auf der Pla de la Seu.
Der dreischiffige gotische Prachtbau trägt den Namen der Heiligen Eulàlia, die zugleich die Schutzheilige von Barcelona ist. Und wenn der Besucher im Inneren der Kirche Gänseschnattern hört, liegt das nicht am zuvor genossenen Cava, sondern an den dreizehn schneeweißen Gänsen, die im Kreuzgang und dem dazugehörigen Wasserbecken leben. Dreizehn Gänse sind es, weil die junge Eulàlia erst dreizehn Jahre alt war, als sie der Sage nach in einem Nagelfass durch eine enge Gasse, heute die Baixada de Santa Eulàlia, getrieben wurde. Das strahlende Weiß der Gänse steht für ihre Unschuld.
Wem das zu schwermütig ist, der steigt auf die seit kurzem zugängliche Aussichtsplattform der Kathedrale und genießt den spektakulären Blick auf das darunterliegende Gassengewirr und die Stadt. Was es da noch alles zu erkunden gibt! Zum Beispiel das angrenzende Mode- und Trendviertel El Born. Große Kaufhäuser sind hier Fehlanzeige, dafür sprießen kleine Modelabels, Ateliers und Läden mit wunderbarem handwerklichem Krimskrams in den verwinkelten Gassen. Romantiker fahren anschließend – vielleicht sogar mit einem Picknickkorb, den sie in den kleinen Lebensmittelläden des Viertels
zusammengestellt haben – zu den Bunkers del Carmel und betrachten den Sonnenuntergang über Barcelona aus einzigartiger Perspektive. Anschließend ist ein Abendessen mehr als wohlverdient. Entweder wird der Hunger mit Pimientos de Padron (kleine grüne Paprika, angebraten mit Salz), Champiñones al Ajo (angebratene Champignons) oder Jamon Serrano in einer der vielen Tapasbars gestillt, ansonsten ist das Els 4Gats eine geschichtsträchtige und gute Alternative. Der ehemalige Künstlertreff, in dem unter anderem auch Picasso seinen Durst (und Hunger) stillte und seine erste Ausstellung hatte, ist heute wieder ein traditionelles Restaurant mit einem gemütlichen Vorraum und einem etwas förmlicheren Restaurantsaal. Die Überzeugung, die Gründer Pere Romeu aus Paris mitgebracht hatte, nämlich dass Künstler ohne Geld auch mit Werken bezahlen könnten, zeigt sich noch heute anhand zahlreicher Zeich- nungen und Skizzen an den Restaurantwänden. Besonders spanisch, pardon katalanisch, wird die Stimmung, wenn Gitarrenspieler und einheimische Gäste einander an Lautstärke überbieten
möchten. Bei einer Flasche Wein und dem berühmten Churros mit Schokolade zum Dessert lässt sich das Spektakel wunderbar genießen. Der nächste Tag beginnt mit einem Streifzug durch Gaudís Park Güell. Neben den Zuckergussdächern der Pförtnerhäuschen sind Salamanderbrunnen und die Hundert-säulenhalle Hauptattraktionen des künstlich angelegten Parks. Von der großen Panoramaterrasse aus können Parkbummler einen unvergleichlichen Blick auf das erwachende Barcelona werfen und anschließend mit Vogelgezwitscher im Ohr durch den taufeuchten Park schlendern. Ab acht Uhr dreißig kostet ein großer Teil des Parks Eintritt, wirkliche Frühaufsteher sparen sich das und besuchen den Park zwischen sechs und acht Uhr morgens umsonst. Gemeinsam mit Joggern und Hundebesitzern auf ihren morgendlichen Touren können sie sich wie echte Barcelonès fühlen.
Auf den Spuren Gaudís geht's weiter zur Casa Mila. Das Wohnhaus, das die Einwohner Barcelonas respektlos „la Pedrera“, Knochenhaufen nennen lässt nicht nur Architektenherzen höher schlagen und wer noch nicht gefrühstückt hat, holt das im Café de la Pedrera nach. So gestärkt geht's weiter auf dem Passeig de Gràcia zur Casa Batlló, die dem Heiligen Georg gewidmet ist. Bunt und geheimnisvoll schimmern die glitzernden Mosaiksteinchen und beim längeren Draufschauen lassen sich Formen und Figuren entdecken. Ist das Magie? Dann geht's weiter auf dem Passeig de Grà-
cia. Immer lauter und fröhlicher wird die Stimmung zwischen all den Marken- und Modegeschäften und so mancher sehnt sich zurück nach der morgendlichen Ruhe. Fashionistas hingegen schweben auf der Modemeile im siebten Himmel. Nach der Hektik der Plaça de Catalunya geht's lebhaft weiter und nimmermüde Bummler befinden sich auf der wohl berühmtesten Straße der katalanischen Metropole, den Ramblas. Wie ein grandioses Spektakel lässt sich das Treiben von einer der recht steilen Bänke unter den Bäumen genießen.
Eindrücke der ganz anderen, aber keinesfalls weniger verlockenden Art bietet La Boqueria, das Herzstück der Ramblas und der wohl berühmteste Markt Barcelonas. Seine Wurzeln gehen bis ins dreizehnte Jahrhundert zurück. El Mercat de Sant Josep de la Boqueria war einst ein Fleisch-, dann ein Fisch- und Lebensmittelmarkt und ist auch heute noch ein Erlebnis für alle Sinne. Verkäufer scherzen untereinander und mit Kunden, Waren werden lautstark und gestenreich ange- priesen, der Duft von Obst und Meeresfrüchten wabert durch die Luft und all das macht den Besuch zu einem unvergleichlichen Erlebnis. Wer angesichts der Leckereien Appetit verspürt, probiert die marktfrischen Tapas bei „El Quim de la Boquería“oder lässt sich mit einer Paella und einem Glas vino tinto, rotem Wein, oder einer cerveza, einem Bier, verwöhnen. Wer jetzt noch Lust und Energie hat, bummelt weiter hinunter zum Strand. Auf der Placa Portal de la Pau steht das Monument a Cristòfor Colom, die Kolumbussäule. Direkt unter dem großen Seefahrer befindet sich eine Aussichtsplattform und von dort aus lässt sich entweder der zurückgelegte Weg verfolgen, auf`s Meer blicken oder einfach das Panorama genießen. Anschließend gibt's einen Sundowner am Meer und die Gewissheit: Barcelona bietet einfach für jeden Geschmack etwas.
Irgendetwas fehlt doch noch? Ja, richtig, Barcelonas Wahrzeichen, die Sagrada Familia. Und dafür ist am nächsten Morgen genau der richtige Moment, den unfertigen und einzigartigen Sakralbau von Antoni Gaudí zu besichtigen. Anschließend geht's erneut hoch hinaus und zwar zum Hafen. Wer schwindelfrei auch bei Preisen ist, geht zuerst zum Mittagessen ins Torre d`alta Mar, das sich im Torre Sant Sebastià, einem der Seilbahnstützpunkte im modernen Eixample–viertel befindet. Ein Aufzug bringt Besucher und Gäste in knapp achtzig Meter Höhe auf eine Plattform und von dort aus ins Restaurant. Keine Sorge, der geniale Ausblick über Barcelona und den Hafen ist auch günstiger zu haben. Nämlich bei einer Gondelfahrt mit der Transbordador Aeri del Port, die ebenfalls von dort startet. Für knapp 17 Euro können Schwindelfreie die Gondel besteigen und Barcelona aus der Vogelperspektive begutachten. Die Gondel schwebt über die riesigen Kreuzfahrtschiffe, den Frachthafen und natürlich Port Vell, den alten Hafen. Wem das Schaukeln in luftiger Höhe bereits auf der Hälfte der Strecke genügt, steigt in der inzwischen zweithöchsten Seilbahnstütze der Welt, der Torre Jaume I, aus. Weiter geht's ansonsten zur Endstation am Berg Montjuïc, mit festem Boden unter den Füßen zum efeubewachsenen Castell de Montjuïc, um die quirlige Stadt mit Vogelgezwitscher im Ohr friedlich und beinahe wie ein Gemälde zu genießen. In den Parkanlagen von Barcelonas Hausberg veranstalten die Einwohner an den Wochenenden ausgedehnte Picknicks. Unglaubliche Essensmengen, Spiel, Musik und viel Lachen und Reden gehören dazu. Auf dem Weg, den Berg hinab geht's vorbei am Olympiastadion, dem Botanischen Garten, der Fundació Joan Miró und schließlich der Font Màgica, dem magischen Brunnen. Abergläubische werfen eine Münze hinein. Wer möchte nicht in diese herrliche Stadt zurückkehren?