Crucero - Das Kreuzfahrtmagazin
Das Land zwischen den Meeren
„Oh wie schön ist Panama!“– diesen Gedanken haben sicherlich nicht wenige Passagiere, die an Bord ihres Flugzeugs die karibische Sonne mit einem Cocktail in der Hand begrüßen und sich dabei schmunzelnd an Janoschs Kinderbuch erinnern.
Schon am Vorabend im Hotel in Panama-stadt wächst die Vorfreude auf den legendären Kanal, der die schnelle Passage in den Pazifik ermöglicht. Der Panama-kanal hat mit 82 Kilometern gerade einmal die Länge eines Doppelmarathons, gehört aber zu den wichtigsten Wasserstraßen der Erde. Er macht den langen Seeweg um Südamerika zwischen dem windumtosten Kap Hoorn und der nicht minder ungemütlichen Antarktis herum überflüssig. Auch das weiß der informierte Tourist aus dem Reiseführer, doch die Realität toppt das Angelesene bei Weitem.
26 Meter Höhenunterschied gilt es, an den Miraflores-schleusen zu überwinden, und wie von Geisterhand heben sich mächtige Dampfer und in deren Schatten kleinere Boote nach oben, um ihre Fahrt durch das kleine Panama fortzusetzen. Eine technische Meisterleistung! Rechts und links der Ufer steigen Nebelschwaden aus dem undurchdringlichen Dschungel in den wolkenverhangenen tropischen Himmel hinauf. Auf ein lautes Papageien-gurren erfolgt prompt ein gellender Affenschrei als Antwort, nicht auszumachen, woher er aus dem grünen Dickicht kommt – kaum jemand, der nicht seine Kamera in die Höhe hält und abdrückt.
Feine Sandstrände, jede Menge Robinson-crusoe-inseln, Korallenriffe und unberührte Regenwälder mit großem Artenreichtum sind unvergessliche Abstecher und von Panama-stadt schnell zu erreichen. Wenigstens einen kurzen Zwischenstopp in der Hauptstadt des Tropenparadieses sollten selbst ganz Eilige einlegen. Das historische Viertel der Kapitale, der Salón Bolívar und die archäologischen Stätten von Panamá Viejo gehören zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Weit lebendiger als die Geister der Vergangenheit sind die Menschen in Panama-stadt. Sie sind freundlich, tolerant und weltoffen. In den Avenidas herrscht geschäftiger Trubel. Das lebensbejahende und gelassene Latino-flair ist permanenter Begleiter bei einem Bummel durch die vibrierende Hauptstadt. Von den blasshäutigen Nachfahren der kastilischen Großgrundbesitzer bis hin zu den indigenen Guaymí in ihren strahlend bunten Trachten ist alles vertreten, selbstbewusste Afro-panamaer runden das multikulturelle Bild ab. Reggeaton heißt die musikalische Klammer, zu der alle Ja sagen und die gute Laune macht. Der tanzbare Sound steht wie kein zweiter für „La Vida Loca“. Klar, dass er aus jeder Bar an jeder Ecke wummernd nach draußen wabert und sich kaum jemand seiner Wirkung entziehen kann.
REGENWALD MITTEN IN DER STADT
Und plötzlich, nur einen Steinwurf von der Skyline aus Glas und Beton entfernt, eine ganz andere Szenerie: fast unberührter Regenwald mitten in der Stadt. Über 265 Hektar erstreckt sich der vor Leben nur so strotzende Parque Natural Metropolitano. Das Krächzen der bunten Aras übertönt das ferne Rauschen der Autopistas, und fast unbemerkt huschen Geckos über die Füße. Man spürt förmlich die bohrenden Blicke der Springaffen, die einen
neugierig aus dem hohen Geäst herunter auf Schritt und Tritt beobachten und hektisch von Liane zu Liane schwingen. Wer mehr Zeit für ein Land voller Vielfalt und Kontraste mitbringt, darf sich auf einige Steigerungen freuen. Da ist zum Beispiel der Nationalpark Darién an der Grenze zu Kolumbien − eine Einrichtung der Superlative. Das mit knapp 6.000 Quadratkilometern größte Schutzgebiet Zentralamerikas weist eine reiche Biodiversität auf, die weltweit ihresgleichen sucht.
Alleine 20 verschiedene Walarten haben vor der Küste ihren Lebensraum, und auch in der Luft wimmelt es nur so. Mehr als 500 Vogelspezies nisten im Darién. Mit steigender Höhe verändert sich die Landschaft. Nebelige Bergwälder bedecken die Hänge des Cerro Tacarcuna, der mit 1.845 Metern Höhe seine Umgebung weit überragt, nicht nur ein abwechslungsreiches Terrain für eine Trekkingtour.
Anders Portobelo, einst einer der wichtigsten Häfen der spanischen Krone. Portobelo besticht durch seinen karibischen Charme und eine dicke Schicht Patina. Üppiger Dschungel reicht fast bis an die Strände der malerischen Bucht heran, in der Segelyachten und Schwimmer sich das kristallklare Wasser teilen – fast zu schön für ein Bilderbuch. Die mächtigen, morbid wirkenden Forts mit ihren rostigen Kanonen konnten die Ha- fenstadt an der Karibikküste allerdings auch nicht vor dem berühmten Piraten Henry Morgan schützen. Der furchtlose Freibeuter eroberte mit einer Handvoll Spießgesellen 1688 den wichtigen spanischen Stützpunkt und raubte alles, was nicht niet- und nagelfest war. Besuchermassen sucht man in diesem Badeort zum Glück vergeblich.
Der Geheimtipp verfügt nur über wenige Unterkünfte, dafür besitzt der Ort eines der am meisten verehrten Heiligtümer: den Schwarzen Christus. Die Statue soll Portobelo einst von einer Cholera-epidemie befreit haben. Gläubige aus ganz Panama gedenken dieses Wunders jährlich bei der großen Prozession am 21. Oktober.
Doch nicht nur an diesem Tag lohnt es sich, in Panama zu sein. Auch an jedem anderen der übrigen 364 Tage gibt es etwas zu entdecken im Land zwischen den Meeren.