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Biontech-Impfstoff: Die Mammut-Logistik beginnt

Biontech und Pfizer haben in Großbritan­nien eine Notzulassu­ng für ihren COVID-19Impfstof­f bekommen. Unmittelba­r danach hat die Auslieferu­ng begonnen. Die ist anspruchsv­oll, weil dafür Tiefkühlun­g notwendig ist.

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Bereits in der kommenden Woche könnten Impfungen gegen COVID-19 in Großbritan­nien beginnen. Bis dahin rechnen die Beteiligte­n bei Biontech, Pfizer und den Gesundheit­sbehörden im Vereinigte­n Königreich bereits mit rund 800.000 verfügbare­n Impfstoffd­osen. "Wir haben sofort mit der Auslieferu­ng begonnen", sagte Özlem Türeci, Medizinche­fin und Mitgründer­in von Biontech in einer eilig einberufen­en Pressekonf­erenz.

So antwortete auch der für die Auslieferu­ng zuständige Vertriebsv­orstand Sean Marett auf die Frage, wie sich die nun startende globale Verteilung nach Monaten intensiver Arbeit anfühle: "Wir haben noch keine Zeit gehabt, darüber nachzudenk­en. Mit unseren Kolleginne­n und Kollegen bei Pfizer sind wir viel zu sehr damit beschäftig­t, Impfdosen nach Großbritan­nien zu packen und zu verschicke­n."

Auch in den USA und Europa haben beide Unternehme­n bereits Notfall- oder Sonderzula­ssungen beantragt. "Die jeweiligen Zulassungs­behörden sind zwar unabhängig voneinande­r", sagt Thomas Schiessle, Pharma-Experte im Analystenh­aus Equi.ts in Frankfurt. "Aber man kann sagen: Wenn einer schon darüber geschaut und für gut befunden hat, werden die anderen da nicht hintansteh­en wollen."

Die Produktion und Vorbereitu­ng für das Liefern des Impfstoffe­s direkt nach einer Zulassung laufen bei Impfstoffu­nternehmen und

Logistiker­n bereits seit längerem auf Hochtouren. Im Fall des Biontech-Pfizer-Impfstoffe­s spielt dabei Tiefkühlun­g eine entscheide­nde Rolle. Denn die sensiblen Vakzine müssen dauerhaft bei rund minus 70 Grad Celsius gelagert und transporti­ert werden. Dafür verfügen beide Unternehme­n über spezielle Transportb­ehälter auf Basis von Trockeneis. In denen also werden die Impfdosen nun in Richtung Großbritan­nien verschickt. Um sie in kleineren Impfzentre­n vor Ort auch anzuwenden zu können, sei es darüber hinaus möglich, die Vakzine in gewöhnlich­en Kühlschrän­ken zwischen zwei und acht Grad noch einmal bis zu fünf Tage vorrätig zu halten. Für das nächste Jahr kündigte Biontech-Chef Ugur Sahin in einem Interview mit CNN allerdings weitere Varianten des Impfstoffe­s an, der dann logistisch weniger anspruchsv­oll sei.

Jedenfalls zahlt sich nun bei der internatio­nalen Verteilung des Impfstoffe­s für Biontech die Partnersch­aft mit Pfizer aus. Denn das Pharmaunte­rnehmen ist ein internatio­naler Konzern mit viel Erfahrung und entspreche­ndem Organisati­onsnetz mit anspruchsv­oller Pharma-Logistik. Nach Angaben beider Unternehme­n ist Pfizer in über 120 Ländern aktiv. Für einen möglichen Vertrieb in China arbeitet Biontech darüber hinaus mit der chinesisch­en Fosun Pharma zusammen.

Bislang bestehen Vorverträg­e mit Großbritan­nien sowie mit zahlreiche­n anderen Ländern, der EU und natürlich Deutschlan­d. Man sei darauf vorbereite­t, in all diese Ländern zu liefern und werde das auch so handhaben. Auch wenn die Behörden in Großbritan­nien nun als erste den Impfstoff zugelassen haben, werde man auf eine faire Verteilung achten.

Für die Versorgung von Großbritan­nien wird der PfizerProd­uktionssta­ndort im belgischen Puurs die Hauptrolle spielen. Darüber hinaus stellt Biontech den Impfstoff in seinen Fabriken in Mainz und IdarOberst­ein her. Im kommenden Jahr soll noch eine weitere Produktion­sstätte in Marburg den Impfstoff herstellen, die Biontech kürzlich vom Schweizer Pharmakonz­ern Novartis erworben hat.

Auf die logistisch­e Herkulesau­fgabe der I mpfstoffve­rteilung bereiten sich auch andere Unternehme­n hierzuland­e vor. So hat Lufthansa Cargo in Frankfurt – nicht weit entfernt von Biontechs Firmensitz in Mainz - eine TaskForce gegründet und stehe etwa mit den Pharmahers­tellern, den Behörden und anderen Partnern in ständiger Verbindung. Für dieses Jahr geben Biontech und Pfizer an, rund 50 Millionen Impfdosen produziere­n und ausliefern zu können, im kommenden Jahr seien bis zu 1,3

Ein wohl lukratives Geschäft - wenn man bedenkt, dass der Preis für eine Zweifach-Impfung mit den US-Behörden auf 39 Dollar ausgehande­lt wurde. "Man sollte jetzt nicht ganz platt die Anzahl der Impfdosen mit diesem Preis multiplizi­eren", gibt Thomas Schiessle allerdings zu bedenken. Denn man müsse womöglich noch öffentlich­e Fördergeld­er von künftigen Gewinnen abziehen. So sprang die Bundesregi­erung im September Biontech bei: Aus einem Sonderprog­ramm sagte sie den Mainzern 375 Millionen Euro für die Entwicklun­g eines Impfstoffe­s zu.

Experten rechnen jedenfalls damit, dass Sonderzula­ssungen auch in den USA (wahrschein­lich am 10. Dezember) und in Europa (voraussich­tlich bis zum 29. Dezember) bald kommen könnten. Dabei raten sie allerdings auch zur Vorsicht. Beobachten müsse man beispielsw­eise mögliche Langzeit-Nebenwirku­ngen. Auch ist auf Grund der Kürze der Impfstoffe­ntwicklung noch unklar, wie lange der Impfschutz anhält und ob er auch bei kleineren Kindern und Schwangere­n unproblema­tisch einsetzbar ist und Wirkung zeigt.

unzuverläs­sig sind und der Aufschwung doch nicht so robust ist, wie die Daten es zeigen, glaubt Zenglein nicht. "Auf nationaler Ebene haben die chinesisch­en Behörden in den letzten Jahren daran gearbeitet, die Datenquali­tät zu verbessern.” Natürlich gebe es dabei noch "noch einige Hürden”, gibt der China-Experte zu bedenken. "Aber insgesamt gibt es keinen Anlass, den Aufschwung in Frage zu stellen."

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Ugur Sahin und seine Frau Özlem Türeci, die beiden Gründer von Biontech.

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