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Was bringt ein Impeachment gegen Trump?
Warum streben US-Demokraten kurz vor Ende der Amtszeit von Präsident Trump noch ein Amtsenthebungsverfahren an? Bereits am Mittwoch könnte sich das Repräsentantenhaus mit dem Vorstoß befassen. Die DW befragt Experten.
Nie mehr Trump lautet die Devise der US-Demokraten. Kurz vom dem Ende der Amtszeit von US-Präsident Donald Trump wollen sie mit einem zweiten Amtsenthebungsverfahren sichergehen, dass dieser nicht erneut ins Weiße Haus einziehen kann.
"Eine Amtsenthebung hätte eine hohe symbolische Bedeutung", erklärt Sheri Berman, Politikwissenschaftlerin am Barnard College, der Schwester-Uni der Columbia University in New York. "Die Demokraten wollen klarmachen, dass niemand über dem Gesetz steht", sagt sie im DW-Interview.
Der Präsident, so Berman, habe zur Volksverhetzung beigetragen und zu Gewalt aufgewiegelt. "Deswegen ist es für die Demokratie wichtig, ihn zur Verantwortung zu ziehen." Ein weiterer Grund sei der 14. Verfassungszusatz.
"Sollte Trump im Senat verurteilt werden, kann man ihn möglicherweise davon abhalten, noch einmal zu kandidieren", so Berman. Im Normalfall können US-Präsidenten zwei Amtszeiten absolvieren. Da diese nicht zwingend direkt aufeinander folgen müssen, könnte Trump 2024 also wieder kandidieren.
Mit Kabelbindern ins Kapitol
Die Erinnerungen an die Bilder vom vergangenen Mittwoch dürften vielen US-Amerikanern noch immer in den Knochen stecken. Ein gewalttätiger Mob stürmte das Kapitol in Washington, wo Kongressabgeordnete und Senatoren gerade dabei waren, den Wahlsieg des Demokraten Joe Biden zu zertifizieren. Fünf Menschen starben, darunter ein Polizeibeamter.
Die Menge, die mit Waffen und Fessel instrumenten wie Kabelbindern ins Kapitol eindrang, kam von einer Veranstaltung, auf der Trump kurz zuvor seine Unterstützer dazu aufgerufen hatte, den angeblich gefälschten Wahlsieg von Joe Biden unter keinen Umständen zu akzeptieren.
"Man gibt sich nicht geschlagen, wenn es um Diebstahl geht", sagte Trump. "Unser Land hat genug ausgehalten, wir werden das nicht mehr hinnehmen." Dann drängte Trump seine Unterstützer, sich in Richtung Kongress in Bewegung zu setzen und den republikanischen Abgeordneten "die Sorte Stolz und Verwegenheit" zu geben, die sie "brauchen, um unser Land zurückzuerobern".
"Direkte Bedrohung" für die Demokratie
Diese Aussagen nehmen die Demokraten im Kongress unter Führung von Nancy Pelosi nun zum Anlass, um ein zweites Amtsenthebungsverfahren gegen den US-Präsidenten anzustrengen - falls Vizepräsident Mike Pence nicht den 25. Verfassungs zusatz in Anspruch nimmt und Trump praktisch wegenUn zurechnungsfähigkeit aus dem Amt komplimentiert. Das gilt aber als ausgeschlossen.
"Wir werden mit höchster Dringlichkeit handeln und unsere Verfassung und unsere Demokratie beschützen", schrieb Nancy Pelosi in einem Brief an demokratische Kongressmitglieder ." Dieser Präsident ist eine direkte Bedrohung für beide."
Der Impeachment- Dokument, das die Demokraten am Montag präsentierten, beschuldigt Trump, zu "Gewalt gegen die Regierung der Vereinigten Staaten" animiert zu haben. Außerdem wird darin der 14. Verfassungs zusatz zitiert, indem es heißt, dass niemand, der sich an einem "Aufstand oder einer Rebellion" gegen die Vereinigten Staaten beteiligt habe, je wieder ein öffentliches Amt bekleiden dürfe. Bereits am Mittwoch könnte sich das Repräsentantenhaus mit dem Vorstoß beschäftigen.
Amtsenthebung, Teil zwei
Im Dezember 2019 hatten die demokratischen Kongress abgeordneten dafür gestimmt, ein Impeachment-Verfahren gegen Trump im Senat abzuhalten. Grundlage damals war ein Telefongespräch des US-Präsidenten mit seinem ukrainischen Amtskollegen gewesen, in dem Trump darum bat, die Ukraine solle prüfen, ob rechtlich gegen den Sohn des damals-nochPräsident schafts bewerbersJoe Biden vorgegangen werden könnte.
Wie später herauskam, hielt die Trump-Regierung außerdem lange Militärhilfe für die Ukraine zurück. Für die Demokraten handelte es sich bei diesem Verhalten um Amtsmissbrauch. Sie stimmten mit ihrer Mehrheit im Repräsentanten haus für ein Impeachment Trumps. Die benötigte Zwei-Drittel-Mehrheit im Senat fehlte ihnen aber, so dass der Präsident nicht seines Amtes enthoben wurde.
Nach vorne schauen
Auch bei dem aktuellen Verfahren gegen Trump fehlt den Demokraten die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit von 67 Senatoren. Falls genügend republikanische Senatoren für eine Verurteilung Trumps stimmen sollten, könnte der Senat im Anschluss darüber abstimmen, ob man Trump jegliche zukünftige Kandidaturen verbietet. Dafür würde eine einfache Mehrheit, die die Demokraten im Senat haben, ausreichen.
"In einigen Monaten werden die Republikaner vielleicht weniger darüber besorgt sein, mit Trump-Unterstützern wichtige Wähler zu verärgern", mutmaßt Politik wissenschaftlerin Berman. "Aber es könnte auch genau anders herum kommen. Vielleicht denken auch einige 'Ja, das war schlimm, aber jetzt wollen wir nach vorn schauen."
Fest steht, dass das Verfahren ohnehin nicht mehr vor der Amtseinführung von Joe Biden am 20. Januar abgeschlossen würde. Bis zur Abstimmung im Senat, da ist sich Berman sicher, werden einige Monate vergehen. Schließlich werde der neue Präsident Biden erstmal andere Prioritäten haben, wie die Bestätigung seiner Nominierungen für Kabinettsposten durch den Senat.
Ob die US-Verfassung ein Amtsenthebungsverfahren überhaupt zulässt, wenn der
Nein, die Ereignisse vom 6. Januar waren kein Ausrutscher. Sie waren auch kein Zufall. Sie waren die zwangsläufige Konsequenz einer vierjährigen Präsidentschaft, die auf Wut statt Wahrheit setzte und die politische Haltung der Anhänger in Hass auf "das Andere" verkehren konnte.
Donald Trump trägt die Verantwortung
Ich war vor Ort und habe mit meinen eigenen Augen und Ohren erlebt, wie die Rede von Donald Trump an diesem kalten Januartag die überwiegend friedlichen Demonstrierenden in einen wütenden Mob verwandelte. Es besteht überhaupt gar kein Zweifel, dass der Präsident die Menschen aufgefordert hat, das Kapitol zu stürmen. Wie sonst sollten Sätze wie dieser verstanden werden: "Man wird unser Land niemals mit Schwäche zurückerobern, man muss Stärke zeigen und man muss stark sein". Er rief sie der Masse zu - verbunden mit der Aufforderung, in Richtung Kapitol zu marschieren.
Ich habe mit den Menschen gesprochen, die aus dem ganzen Land in die Hauptstadt gekommen waren, um gegen das angeblich "gestohlene" Wahlergebnis zu protestieren. Die Mehrheit waren DurchschnittsAmerikanerinnen und Amerikaner. Die wirklich davon überzeugt sind, dass der eigentliche Sieger der Präsidentschaftswahl Donald Trump heißt. Infiltriert von seinen Lügen. Gefangen in ihren Social-MediaBlasen. Angefeuert auch von jenen republikanischen Spitzenpolitikern, die völlig verantwortungslos an diesem gefährlichen Lügengebäude mitbauten. Und die ihren Eid, die Verfassung zu respektieren, der persönlichen
Machtgier geopfert haben.
Republikaner müssen sich besinnen
Und genau weil es nicht nur eine Handvoll Spinner ist, müssen die Demokraten alles tun, um zu verhindern, dass der noch amtierende Präsident ein weiteres Mal zu einer Wahl antreten kann. Donald Trump hat Blut an seinen Händen. Menschen sind beim Sturm auf das Kapitol gestorben. Das allein ist Grund genug, ein zweites Amtsenthebungsverfahren anzustreben. Aber noch viel wichtiger ist es, die entsprechenden Mehrheiten im Kongress zu organisieren, um einen Erlass zu verabschieden, der sicherstellt, dass Donald Trump nie wieder für ein öffentliches Amt kandidieren darf. Dafür braucht es eine Zweidrittelmehrheit, die nur zustande kommt, wenn sich knapp 20 Republikaner endlich besinnen.
Es sind schwere Entscheidungen, die die Demokraten in den kommenden Tagen zu treffen haben. Streben sie das Verfahren sofort an, riskieren sie, dass die ersten Wochen der Präsidentschaft von Joe Biden von der Diskussion über Donald Trumps Zukunft überschattet werden. Manche plädieren deshalb dafür zu warten, bis sich die neue Regierung etabliert hat und überlebenswichtige Schritte im Kampf gegen die COVIDKatastrophe gegangen werden konnten. Zwischen drei- und viertausend Menschen sterben täglich an dem Virus in den USA. Auch wenn es das noch nie gab, das Verfahren gegen Donald Trump könnte auch noch Wochen nach der Amtsübergabe eingeleitet werden.
Es mag sein, dass sich durch diese Schritte viele TrumpAnhänger darin bestätigt werden fühlen, dass das politische System in den Vereinigten Staaten "unterwandert" ist. Das aber muss in Kauf genommen werden.
Die republikanische Partei hat wieder und wieder den Beweis geliefert, dass sie Donald Trumps Machtspiel nicht gewachsen ist. Wenn er die Möglichkeit hat, in vier Jahren noch einmal zu kandidieren, wird er die Republikaner weiter in Geiselhaft nehmen und vor sich hertreiben. Und nicht nur das. 73 Millionen Menschen haben 2020 Donald Trump ihre Stimme gegeben. Es ist durchaus möglich, dass es 2024 einige Millionen mehr sind, wenn er weiter daran arbeiten kann, die Realität in eine Trump-Show umzudeuten - mit der Aussicht, ins Weiße Haus zurückzukehren.
Es muss allen politisch Verantwortlichen deutlich gemacht werden, dass die Verbreitung von Lügen und das Schüren von Hass Konsequenzen hat - und politische Karrieren sofort beendet. Der Sturm auf das Kapitol war nur ein erster Vorgeschmack auf das, was noch kommen kann.