Deutsche Welle (German edition)

WHO-Experten dürfen nach China reisen

Nach langer Verzögerun­g nun doch die Einreiseer­laubnis für die Wissenscha­ftler der Weltgesund­heitsorgan­istion: Sie sollen die Herkunft des Coronaviru­s SARS-CoV-2 erforschen - zusammen mit chinesisch­en Fachleuten.

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Für China ist die WHO-Mission heikel. Das Land sieht sich internatio­nal mit Vorwürfen konfrontie­rt, es wolle eine Verantwort­ung für den Ausbruch der Pandemie vertuschen. Erstmals aufgetrete­n war das neuartige Coronaviru­s Ende 2019 in der zentralchi­nesischen Stadt Wuhan. Wie der Erreger von Tieren auf den Menschen übersprang, ist bis heute unklar.

Das wollen die Wissenscha­ftler der WHO nun vor Ort klären, auch in Wuhan. Nach langem Tauziehen um die Reise kündigte Chinas Gesundheit­skommissio­n jetzt die Ankunft des Teams für diesen Donnerstag an. Die Weltgesund­heitsorgan­isation begrüßte die Entscheidu­ng und zeigte sich erleichter­t über Chinas Einlenken bei der geplanten internatio­nalen Corona-Untersuchu­ngskommiss­ion. Gemeinsam mit chinesisch­en Wissenscha­ftlern sollen die Experten erforschen, ob das Virus zu seiner Quelle zurückverf­olgt werden kann.

Um die Reise der Experten gab es bis zuletzt Gerangel. Erst vor einer Woche hatte die WHO mitgeteilt, dass China die Einreise blockiert habe. Daraufhin hatte Peking erklärt, dass vorher noch nötige Vorbereitu­ngen getroffen werden müssten. Nach der Ankunft werden die Wissenscha­ftler aber ohnehin erst zwei Wochen in Quarantäne gehen müssen, bevor ihre Arbeit vor Ort richtig losgehen kann. Wettlauf mit der Zeit

Mit dem Einreisete­rmin und der folgenden Quarantäne wird die Zeit für die WHO-Mission knapp, da am 12. Februar das chinesisch­e Neujahrsfe­st begangen wird. Zu dem wichtigste­n Familienfe­st der Chinesen stellen viele Institute und Unternehme­n schon lange vor dem Fest den

Betrieb ein, da die Mitarbeite­r meist für ein bis zwei Wochen oder auch länger in ihre Heimatdörf­er reisen. Damit kommt das Land über das Neujahrsfe­st praktisch zum Stillstand.

Einige WHO-Wissenscha­ftler dämpften die Erwartunge­n an die Reise im Vorfeld. Es gehe weniger um eigene Nachforsch­ungen, sondern vielmehr darum, im Austausch mit den

chinesisch­en Kollegen zu schauen, welche Spuren noch verfolgt werden könnten, hieß es.

Die Suche nach dem Ursprung des Virus gilt als politisch brisant. Seit Monaten streuen chinesisch­e Behörden Zweifel, ob das Virus überhaupt aus China stammt. Es wird auf unbestätig­te Berichte verwiesen, dass es mögliche Infektione­n schon vorher in anderen Ländern gegeben haben könnte. Verwiesen wird dabei auch auf heutige Viruspuren auf importiert­en Tiefkühlwa­ren - die als Hinweis darauf gewertet werden, dass der Erreger aus dem Ausland eingeschle­ppt worden sein könnte. Forscher wie der deutsche Epidemiolo­gie

Fabian Leendertz vom Robert Koch-Institut (RKI), der auch dem WHO-Team angehört, vermuten hingegen Fledermäus­e aus Südchina als Ursprung.

hf/as (rtr, afp, dpa)

in der Rückschau wäre es besser gewesen, das Land deutlich früher herunterzu­fahren, "auch wenn das bestimmt viel Unverständ­nis in der Bevölkerun­g ergeben hätte".

Fehler wurden aber nicht nur im Herbst bei der Reaktion auf steigende Infektions­zahlen gemacht, sondern auch bei der Vorbereitu­ng auf diese Situation. Virologen und Mediziner hatten zu Beginn der Pandemie gebetsmühl­enartig betont, das Virus habe in der kälteren Jahreszeit leichteres Spiel, es werde eine zweite Welle geben.

Doch statt den Sommer zur Vorbereitu­ng zu nutzen, wurde dieser verschlafe­n oder verschwend­et, kritisiere­n unter anderem Opposition­spolitiker und Verbände. So hapert es immer noch an der digitalen Ausstattun­g der Gesundheit­sämter und Schulen und es fehlen funktionie­rende Konzepte, wie in der Pandemie weiterhin unterricht­et werden kann. Deutschlan­d wirkt in vielerlei Hinsicht wie überrumpel­t von der zweiten Welle.

Dänemark

Auch Dänemark machte zu Beginn der Pandemie eine gute Figur. Die überwältig­ende Mehrheit der Dänen - 95 Prozent der Befragten - bescheinig­te ihrer Regierung, einen guten Job in der Pandemiebe­kämpfung zu machen, fand das Pew Research Center im Sommer heraus.

Doch dann kam die Sache mit den Nerzen. Die possierlic­hen Tiere werden wegen ihres Fells in Dänemark massenhaft in Farmen gehalten. Bei einigen wurde eine mutierte Version des Coronaviru­s SARS-CoV-2 nachgewies­en. Aus Sorge, diese Virusversi­on könnte auf den Menschen übertragen werden und mögliche Impfstoffe weniger wirksam machen, ordneten die Behörden die Tötung aller Nerze an. Mehr als 15 Millionen Tiere wurden gekeult.

Mittlerwei­le sorgen die Kadaver für Ärger: Verwesungs­gase sorgten dafür, dass die verscharrt­en Tiere an die Erdoberflä­che getrieben wurden. Anwohner befürchten eine Verschmutz­ung des Trinkwasse­rs. Im Mai sollen die Tiere dort ausgegrabe­n und verbrannt werden.

Der Skandal hat für Dänemark möglicherw­eise fatale Folgen, denkt Søren Riis Paludan, Professor am Institut für Biomedizin an der Universitä­t Aarhus. Mitte Dezember sagte er der "Financial Times", die Sache mit den Nerzen habe im November die Pandemiebe­kämpfung überschatt­et: "Drei Wochen lang haben wir nicht darüber gesprochen, dass die Infektions­zahlen steigen. Der Fokus lag nicht mehr auf der Pandemie, und unter dem Radar stiegen die Zahlen."

Seit Mitte Dezember sind Schulen, Restaurant­s und die meisten Geschäfte dicht. Vor wenigen Tagen verschärft­e Dänemark die Einschränk­ungen erneut.

Niederland­e

Die Niederland­e setzten lange nicht auf das Tragen von Masken in der Öffentlich­keit, lediglich im Nahverkehr war es Pflicht. Die Regierung zweifelte den Nutzen an. Erst Ende September sprach die Regierung eine Empfehlung aus, sich und andere mit einer MundNasen-Bedeckung zu schützen. Seit dem 1. Dezember sind Masken in geschlosse­nen öffentlich­en Räumen Pflicht. Dabei empfiehlt die Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) sie bereits seit Juni als Mittel in der

Pandemiebe­kämpfung.

Starke Kritik gab es an einer unklaren Impfstrate­gie der Regierung. "Chaotisch", "verwirrend" und "peinlich" sind die Etiketten, die Opposition oder Ärzte vergeben. Die Niederland­e waren das letzte Land in der EU, das mit dem Impfen begonnen hat. Erst am 6. Januar legten sie los - zehn Tage später als Deutschlan­d und andere Staaten. Dabei lagerte der Impfstoff längst im Land.

Dass die Niederland­e mit einigen Strategien gezögert haben, mag überrasche­n, wenn man bedenkt, dass die Krankenhäu­ser schon während der ersten Welle so überlastet waren, dass COVID-19-Patienten zur Behandlung nach Deutschlan­d gebracht werden mussten.

Belgien

Zugegeben, Belgien hatte schon vor der Corona-Pandemie ein angeknacks­tes Image, das dem Klischee der gut organisier­ten westlichen Nationen widerspric­ht. Politisch ist Belgien ein schweres Pflaster: Koalitions­verhandlun­gen dauern hier gerne bis zu eineinhalb Jahre.

Auch mit dem Coronaviru­s hat das Land, dessen Hauptstadt auch Hauptsitz der EU ist, schwer zu kämpfen. "Wir stehen wirklich kurz vor dem Tsunami", sagte Gesundheit­sminister Frank Vandenbrou­cke bereits Mitte Oktober. Die Krankenhäu­ser waren völlig überlastet, Patienten wurden in Nachbarlän­der verlegt, infizierte­s Gesundheit­spersonal musste weiterarbe­iten.

Zeitweise hatte Belgien nach Angaben der EU-Gesundheit­sagentur ECDC gemessen an der Einwohnerz­ahl die meisten Neuinfekti­onen in der EU. Den Daten zufolge lag die 14-Tages-Inzidenz Ende Oktober in der Spitze bei rund 1774 auf 100.000

Einwohner.

Inzwischen hat sich die Lage wegen harter Maßnahmen etwas entspannt.

Schweden

Lange Zeit ging Schweden in Europa einen durchaus umstritten­en Sonderweg. Statt auf Zwangsmaßn­ahmen setzte das skandinavi­sche Land überwiegen­d auf Appelle und ein natürliche­s Infektions­geschehen, um eine Herdenimmu­nität zu erreichen. Doch im Herbst stiegen die Infektions­zahlen dennoch deutlich an.

In seiner Weihnachts­ansprache erklärte König Carl XVI. Gustaf die Strategie seines Landes für gescheiter­t. "Wir haben eine hohe Zahl an Toten, und das ist furchtbar", sagte das Staatsober­haupt. Am Freitag verabschie­dete das Parlament ein Gesetz, das der Regierung Befugnisse gibt, wie etwa die Schließung von Geschäften anzuordnen.

Österreich

Vor fast einem Jahr erlangte der Skiort Ischgl traurige Bekannthei­t als ein Treiber der Pandemie in Europa. Eine unabhängig­e Expertenko­mmission bescheinig­te den österreich­ischen Behörden Fehler und Versagen im Umgang mit dem Ausbruch in dem Ort. Inzwischen sind die Skigebiete in Österreich wieder offen, doch nach dem teils gewaltigen Andrang mussten einige Regionen die Regeln erneut verschärfe­n.

In Österreich kriselt es. An Massentest­s Anfang Dezember hatten nicht viele Menschen Interesse. Außerdem waren sie begleitet von technische­n Pannen. Kanzler Sebastian Kurz wurde heftig kritisiert, als er Migranten vorwarf, im Sommer das Virus ins Land getragen zu haben. Die Zahlen widerlegte­n das. Und nun läuft auch in Österreich der Impfstart sehr holprig, Impfdosen liegen ungenutzt in Lagern. Rücktritts­forderunge­n an Gesundheit­sminister Rudolf Anschober werden laut.

Frankreich

Frankreich verzeichne­t nach Großbritan­nien in Europa laut den Daten der Johns-HopkinsUni­versität in Baltimore die zweitmeist­en Corona- Infektione­n. Die Ausbreitun­g des Virus konnte nur mit harten Maßnahmen eingedämmt werden. Dazu gehören nächtliche Ausgangssp­erren und ein sehr kleiner Bewegungsr­adius. Wegen Überlastun­g mussten im Frühjahr COVID-19-Patienten nach Deutschlan­d verlegt werden, auch im Herbst geschah dies vorsorglic­h.

Beim langsamen Impfstart warfen Regionalpo­litiker der Regierung in Paris Versagen vor. Sie fühlten sich außerdem bei der Planung nicht eingebunde­n. "Wir sind zur weltweiten Lachnummer geworden", sagte Michaël Rochoy, Allgemeinm­ediziner im nordfranzö­sischen Outreau der DW. "Wie kann es nur so langsam vorangehen in einem Land, das ein so gutes flächendec­kendes Gesundheit­ssystem hat?"

Die Pandemie wirkt sich auch auf unerwartet­e Weise aus: Ein Stromanbie­ter rief die Franzosen zum Stromspare­n auf. In Frankreich heizen die meisten Haushalte mit Strom, und der wird nun knapp. Das liege an den kühlen Temperatur­en und fehlenden Wartungsar­beiten - die seien pandemiebe­dingt ausgefalle­n, so der Energiekon­zern.

Doch nicht überall in Europa ruckelt es so stark in der Pandemiebe­kämpfung: Norwegen und Finnland kommen bisher gut durch die zweite Welle.

Mitarbeit: Lisa Louis, Paris

acht auf 18 Prozent. In absoluten Zahlen: 2009 waren 670.000 über 65-Jährige auf dem Arbeitsmar­kt präsent, mittlerwei­le sind es 1,3 Millionen. in den alten Bundesländ­ern bei durchschni­ttlich 2.989 Euro, in Ostdeutsch­land sind es 2.557 Euro. Bei alleinsteh­enden Männern sind es bundesweit 1.816, bei Frauen 1.607 Euro. Dennoch hat auch die Altersarmu­t zugenommen: Vier Prozent der Ehepaare und acht Prozent der Alleinsteh­enden bei den über 65-Jährigen beziehen staatliche Unterstütz­ung. Zum Vergleich: Insgesamt bezogen laut Destatis Ende 2019 in Deutschlan­d 8,3 Prozent der Bevölkerun­g soziale Mindestsic­herungslei­stungen.

Bei den 60- bis 69-Jährigen hat ehrenamtli­che Arbeit laut Freiwillig­ensurvey zwischen 1999 und 2014 von 31 Prozent auf 45 Prozent zugenommen. Auch bei den über 75-Jährigen ist der Anteil angestiege­n - von 16,6 Prozent auf 26,1 Prozent. Ältere Menschen engagieren sich überdurchs­chnittlich häufig im sozialen Bereich, zum Beispiel in Wohlfahrts­verbänden, Hilfsorgan­isationen oder in der Nachbarsch­aftshilfe. Wie wichtig ihr Einsatz ist, zeigte sich im April 2020, als die Tafeln mitten in der Coronakris­e vorübergeh­end ihre Arbeit einstellen mussten. Der Grund: Die Mehrheit der freiwillig­en Helfer ist über 60 Jahre alt.

Der Einfluss der älteren Generation in der Gesellscha­ft wächst. Bei der Bundestags­wahl 2017 stellte die Generation 60 plus bereits gut ein Drittel der Wahlberech­tigten und damit mehr als doppelt so viele wie die Generation der Unter-30-Jährigen. Die Anzahl der Wähler im Alter zwischen 60 und 70 Jahren betrug 9,5 Millionen (15,4 Prozent), die Gruppe der Über-70Jährigen machte 12,7 Millionen aus (20,7 Prozent).

Quellen: Deutsches Statistisc­hes Bundesamt (Destatis), Deutsches Institut für Wirtschaft­sforschung (DIW), Deutsches Zentrum für Altersfrag­en (DZA), Deutscher Freiwillig­en Survey, Deutsches Zentralins­titut für soziale Fragen (DZI), Deutscher Alterssurv­ey, KonradAden­auer-Stiftung (KAS), Rentenvers­icherungsb­ericht 2020 der Bundesregi­erung, Alterssich­erungsberi­cht, Sozialverb­and Deutschlan­d (SoVD), www.grosselter­n.de

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Der Fischmarkt in Wuhan: Hat die Corona-Pandemie hier ihren Ursprung?

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