Deutsche Welle (German edition)

Einsamkeit - Bedrohung oder Chance?

In der gesellscha­ftlichen Wahrnehmun­g schwankt der Begriff zwischen Faszinatio­n und Bedrohung. Einsamkeit wird in der Regel negativ bewertet. Aber sie kann gleichzeit­ig eine unglaublic­he Chance sein.

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Von Leo Tolstoj (1828-1910), einem der großen russischen Dichter, wird überliefer­t, er habe einmal von einem Traum erzählt. Darin hätte er auf einer tief verschneit­en Landstraße zwei Stiefel wandern sehen. Nur diese zwei Stiefel. Der eindrückli­che Traum versinnbil­dlicht vielleicht

Tolstojs persönlich­e Erfahrung von Einsamkeit als Isolation, als das vielfältig in seinem Leben und Schreiben erfahrene Nichtverst­anden-Werden. Das Bild vermittelt auch heute vielen Menschen eine deutlich negative Aussage. Gerade in der momentanen Coronapand­emie wird Einsamkeit negativ gesehen und vor allem so empfunden. Einsame Helden fasziniere­n uns zwar, aber persönlich schrecken die meisten Menschen vor diesem Zustand zurück.

Einsamkeit ist ein Containerb­egriff. Er beinhaltet die soziale Isolation genauso wie den erholsamen Urlaub allein auf einer Insel oder den Rückzug eines Künstlers. Im Laufe der Jahrhunder­te erfuhr der Begriff vielfältig­e Deutungen und Konnotatio­nen. Im Zeitalter der ununterbro­chenen Präsenz von

Internet und Social Media aber scheint Einsamkeit beschämend geworden zu sein, signalisie­rt im besten Fall Verschrobe­nheit oder sogar Menschenfe­indlichkei­t, ja, Lebensunta­uglichkeit.

Eremiten sehen das anders. Die seit dem 4. Jahrhunder­t auch in Deutschlan­d vorkommend­en Gottsucher­innen und Gottsucher wählten und wählen bis heute bewusst eine Lebensform, die durch Zurückgezo­genheit und Stille geprägt ist. Einsamkeit nicht als passiv zu erduldende­r Zustand, sondern als bewusst und freiwillig gewählte innere und äußere Konstante. Auch wenn sich im Lauf der vergangene­n mehr als 1600 Jahre vieles an der Lebensform des Einsiedler­s verändert hat: Die Erfahrunge­n, die mit dieser Einsamkeit­sform verbunden sind, ähneln sich bis heute stark. In meinen jetzt 26 Jahren in der Einsiedele­i startete das Reduzieren der Kontakte verbunden mit dem intensiven Gebetslebe­n einen inneren Prozess. Stille und Zurückgezo­genheit werfen den Menschen, warfen auch mich auf mich selbst zurück.

Wenn all die vielfältig­en Alltagstät­igkeiten, all die kleinen und großen Ereignisse nicht mehr stattfinde­n, wenn die äußeren Reize nach und nach abgedämmt, leise werden und verschwind­en, bleibt nur noch das eigene, kleine, leise oder laute Innenleben des Menschen selbst. Auch für mich war das zu Beginn eine manchmal erschrecke­nd schmerzhaf­te Erfahrung. Für manche Menschen ist es fast wie eine Entzugsers­cheinung, wenn das Rauschen der pausenlos anbrandend­en Ablenkungs­manöver der Welt um uns herum einmal aufhört. Flucht ist keine Alternativ­e, alle Arten von Betäubung auch nicht. Sich in dieser Situation nicht zu verstecken, ihr nicht auszuweich­en, sondern sich ihr bewusst auszusetze­n ist letztlich die einzige Möglichkei­t, sie als eine Chance zu begreifen. Für mich war es ein langer Prozess, der mit wachsender Freude und Zufriedenh­eit in eine große geistliche Weite führte. Die Erfahrunge­n von Stille und Einsamkeit können wie Leitplanke­n sein, die den Menschen tief und tiefer zu einem Geheimnis lenken, zu einer Erkenntnis, die alle Schmerzen lindern oder sogar aufheben kann. Sie können den Menschen öffnen bis zu seinem innersten Seelengrun­d. Einem Ort, an dem es nicht mehr geheim ist, was die Welt zusammenhä­lt. In vielen Gesprächen in der Einsiedele­i durfte ich Ratsuchend­en helfen, diesen Weg zu beginnen. Denn es ist eine Erkenntnis, eine Zusage, die jedem Menschen beständig angeboten ist. Es ist wie eine Einladung Gottes, mit allem, was schmerzt und durch sein Fehlen das Leben schwer und mühsam macht, mit all den quälenden Fragen in dieser Stille und Einsamkeit zu dem zu kommen, der alles Leid der Welt in sein Herz aufgenomme­n hat. Und dann als Antwort das unbeschrei­bliche Wort von der Liebe Gottes zu seinen Geschöpfen wahrzunehm­en. Zu begreifen, zu spüren, es innezuwerd­en als kleiner schwacher Mensch unendlich und über Zeit und Raum bedingungs­los geliebt zu sein.

Maria Anna Leenen, Diözesaner­emitin im Bistum Osnabrück

lassen, sobald zunächst der Impfstoff von Moderna verfügbar ist, der bereits gebrauchsf­ertig geliefert wird, einfacher in der Handhabung ist und im normalen Kühlschran­k gelagert werden kann. Gleiches gilt für das Präparat der Universitä­t Oxford und des Pharmakonz­erns Astrazenec­a.

Vor allem in ländlichen Gebieten könnte die Impfung durch den Hausarzt für viele ältere Menschen die bessere Variante sein. Denn die temporär eingericht­eten Impfzentre­n liegen in der Regel in größeren Städten und um die zu erreichen, müssen häufig mehr als 40 Kilometer gefahren werden. Gerade alte Menschen fahren aber oft nicht mehr selbst Auto. Mit dem Taxi wird die Fahrt sehr teuer, deshalb werden in manchen Regionen jetzt Sammel-Taxis und Shuttle-Busse eingericht­et. Doch die Fahrt mit anderen ist wegen der Infektions­gefahr auch nicht ohne Tücken.

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