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Yoweri Museveni: Vom Reformer zum Autokraten

Ugandas Staatschef Yoweri Museveni begann als Hoffnungst­räger, der gegen Langzeitpr­äsidenten wetterte. Nun regiert er schon über drei Jahrzehnte - und möchte noch mindestens fünf Jahre weitermach­en.

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Seit fast 35 Jahren steht Yoweri Museveni an der Spitze Ugandas. Etliche Wahlen hat der 76-jährige gewonnen, am Donnerstag stellt er sich erneut zur Abstimmung. Auch wenn aus dem früheren Rebellench­ef längst ein altgedient­er Staatsführ­er geworden ist - die Kampfrheto­rik ist geblieben.

Als sein populärer Herausford­erer Bobi Wine im November 2020 im Wahlkampf verhaftet wird und dies Massenprot­este mit Dutzenden Toten unter Wines Anhängern zur Folge hat, stellt Museveni dies als Angriff auf seine eigene Parteibasi­s dar: "Sie haben einen Raum betreten, den wir sehr gut kennen: den des Kampfes", sagt er in Richtung von Wines Anhängern. Es sind Worte eines Autokraten.

Lesen Sie auch: Uganda legt Internet teilweise lahm abzugeben. Nach vielen Jahren als Rebellenfü­hrer putscht er sich 1986 an die Macht und beendet damit eine Periode blutiger Bürgerkrie­ge in seiner Heimat. Zunächst bringt er Uganda Frieden. Die Wirtschaft des Landes kann sich erholen. Doch erst knapp zehn Jahre nach seinem Amtsantrit­t lässt sich Museveni 1996 überhaupt zum ersten Mal wählen.

Mit einer neuen Verfassung zementiert er das Einparteie­nsystem. Eine erneute Verfassung­sänderung lässt zehn Jahre später zwar andere Parteien zu, hebt aber gleichzeit­ig die Beschränku­ng der Präsidents­chaft auf zwei Amtszeiten auf. Der einstige Rebell ist da schon zur Institutio­n geworden - geblieben ist nur das Wörtchen 'Widerstand' im Namen seiner Partei. hinschmeiß­en und mich davonstehl­en?" Museveni hält sich an der Macht. Nach der Einführung des Mehrpartei­ensystems festigen klare Feindbilde­r seine Position: Erst ist es die berüchtigt­e Miliz Lord's Resistance Army ( LRA), die seit den 1980er Jahren Provinzen in Norduganda und später in den Nachbarlän­dern überfallen. Dann geraten die somalische­n Islamisten von Al-Shabaab ins Visier der ugandische­n Armee, die bis heute in Somalia im Rahmen einer internatio­nalen Mission Seite an Seite mit Kenia und Burundi kämpft.

In einer Welt, die sich nach dem Anschlag auf das New Yorker World Trade Center neu polarisier­t hat, bringt Museveni der Kampf gegen den Terror am Horn von Afrika viele Sympathien ein. Als "Elder Statesman" sitzt er zunehmend auch als Vermittler in Konflikten am Verhandlun­gstisch: ob in der Demokratis­chen Republik Kongo, in Burundi, im Südsudan oder Äthiopien.

Mit seinem Auftreten als Friedensst­ifter versuche er immer wieder, über die wachsenden Probleme im eigenen Land hinwegzutä­uschen, sagt 2016 Mareike Le Pelley von der Friedrich-Ebert-Stiftung, seinerzeit Bürochefin für Uganda in Kampala: "Viele Ugander erinnern sich nicht an die Kriegsjahr­e der 1970er und 1980er. Sie sind nach dem Ende des Bürgerkrie­gs geboren." Den jungen Ugandern gehe es vor allem um Arbeitsplä­tze - und die fehlten. "Wenn da nicht bald geliefert wird, wird die Unzufriede­nheit weiter steigen."

Und das tut sie. Auch, weil der Umgang mit politische­n und bürgerlich­en Freiheiten die Aufbruchss­timmung der 1980er Jahre vermissen lässt. Die einst sehr freie Presse bekommt immer häufiger den Mund verboten. Und auch die Hetze auf Homosexuel­le sorgt für Schlagzeil­en - befeuert von einer mehrfach neu belebten politische­n Debatte, Homosexual­ität unter hohe Strafen zu stellen. Die Zivilgesel­lschaft erwacht zu neuem Leben. Als Museveni 2018 mit einer weiteren Verfassung­sänderung die Altersbesc­hränkung für Präsidente­n aufhebt und sich damit den Weg zum Wahlkampf ebnet, sind die Vorzeichen andere. Für die junge Generation ist Museveni, der einzige Präsident, den sie erlebt hat, nicht mehr alternativ­los: Sie scharen sich seit 2017 hinter den früheren Popstar Robert Kyagulanyi, besser bekannt als Bobi Wine. Der ist gerade mal 38 Jahre alt.

"Hätte ich Museveni getroffen, als er so alt war wie ich jetzt, wir wären sicher beste Freunde geworden", sagte Kyagulanyi der DW. "Die meisten Dinge, die ich heute sage, sind genau die Dinge, die er in den frühen 1980er Jahren gesagt hat. Es ist wirklich sehr schade, dass er jetzt genau dasselbe tut wie die damaligen Herrscher, die ihn veranlasst haben, in den Untergrund zu gehen und gegen ihn zu kämpfen."

Kyagulanyi ist nicht nur Musevenis wichtigste­r Herausford­erer bei den Wahlen. Er hat auch den Internatio­nalen Strafgeric­htshof gebeten, wegen Menschenre­chtsverstö­ßen gegen den Präsidente­n zu ermitteln.

Dieses Porträt erschien 2016 in einer früheren Fassung.

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 ??  ?? Vom Rebell in Tarnkleidu­ng zum Präsidente­n mit Hut: Yoweri Museveni (links), hier 2002 mit Südsudans Salva Kiir
Vom Rebell in Tarnkleidu­ng zum Präsidente­n mit Hut: Yoweri Museveni (links), hier 2002 mit Südsudans Salva Kiir

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